Urteil vom Finanzgericht Hamburg (2. Senat) - 2 K 277/16

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Auflösung und Zurechnung eines Unterschiedsbetrags im Sinne von § 5a Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

2

Die Klägerin zu 1) ist eine im Jahr 2003 gegründete GmbH & Co. KG, deren Geschäftsgegenstand unter anderem der Erwerb und Betrieb des Seeschiffes MS "XX" war. Ab dem 1. Januar 2007 optierte die Klägerin zu 1) zur Gewinnermittlung nach der im Betrieb geführten Tonnage gemäß § 5a EStG.

3

Mit MEMORANDUM OF AGREEMENT vom ... 2013 veräußerte die Klägerin zu 1) die MS "XX". Die Übergabe des Schiffes fand am 22. Oktober 2013 statt. Die Klägerin zu 1) kehrte nach der Veräußerung des Seeschiffes zur Gewinnermittlung gemäß §§ 4, 5 EStG zurück und beschloss Ende 2016 ihre Auflösung. Seitdem befindet sie sich in Liquidation. Liquidatorin ist ihre Komplementärin.

4

Der Kläger zu 2) war zu Beginn des Streitjahres 2013 als Kommanditist mit einem Kapital von ... € an der Klägerin zu 1) beteiligt, der Kläger zu 3) mit einem Kapitalanteil von ... € und die Beigeladene zu 1) mit einem Kapitalanteil von ... €. Sie waren jeweils im Handelsregister als Kommanditisten eingetragen. Die Beigeladene zu 1) hatte den Kommanditanteil von dem ursprünglich Beteiligten A, ihrem Ehemann, durch Schenkungs- und Abtretungsvertrag vom ... 2008 erworben. Nach § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin zu 1) war für die Übertragung des Kommanditanteils eine Zustimmung der Komplementärin erforderlich. Diese stimmte der Übertragung Anfang Januar 2009 zu.

5

Der Beklagte stellte mit Änderungsbescheid vom 2. April 2015 die Unterschiedsbeträge zwischen Buchwerten und Teilwerten der Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen, gemäß § 5 Abs. 4 EStG auf den 31. Dezember 2006 gesondert und einheitlich fest. Dabei wurden für die Kläger zu 2) und 3) und den Rechtsvorgänger der Beigeladenen zu 1) folgende Beträge festgestellt:

Name   

Kapital

UB Seeschiff

UB-Fremdwährungsdarlehen I

UB-Fremdwährungsdarlehen II

B       

... € 

... € 

- ... €

... € 

B2    

... € 

... € 

- ... €

... € 

A       

... € 

... € 

- ... €

... € 

6

Diese Beträge wurden im fortentwickelten Verzeichnis gemäß § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG auf den 31. Dezember 2012 wie folgt ausgewiesen:

Name   

Kapital

UB Seeschiff

UB Fremdwährungsdarlehen I

UB Fremdwährungsdarlehen II

B       

... € 

... € 

- ... €

- ... €

B2    

... € 

... € 

- ... €

- ... €

A2    

... € 

... € 

- ... €

- ... €

7

Die Kläger zu 2) und 3) gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2013 die Beigeladene zu 2), eine GmbH & Co. KG. Das gezeichnete Kapital an der Beigeladenen zu 2) beträgt ... €. An ihr sind die C Beteiligungsverwaltung GmbH als Komplementärin mit einem festen Kapitalanteil in Höhe von ... € (99 %) und die Kläger zu 2) und 3) jeweils mit einem festen Kapitalanteil von ... € (0,5 %) beteiligt. Die Gewinn- und Verlustverteilung erfolgt nach dem Gesellschaftsvertrag im Verhältnis der Kapitalkonten I der Gesellschafter, auf denen deren Kapitaleinlagen verbucht werden.

8

Mit gleichlautenden Verträgen vom ... 2013 brachten die Kläger zu 2) und 3) jeweils mehrere Kommanditanteile als Kommanditeinlage zum ... 2013 in die Beigeladene zu 2) ein. Dies waren jeweils Anteile an der Klägerin zu 1) und Anteile an Schwesterpersonengesellschaften im sogen. D Flottenfonds. Die Einbringungen erfolgten gemäß § 1 Abs. 2 der Verträge jeweils zum Verkehrswert. Soweit der Verkehrswert der Kommanditanteile die Haftsumme überschreitet, sollte der die Haftsumme übersteigende Betrag dem Kapitalkonto II der Kläger zu 2) und 3) gutgeschrieben werden. Die Einbringungen sollten gemäß § 1 Abs. 3 der Einbringungsverträge nach § 24 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) für ertrag- und gewerbesteuerliche Zwecke zu Buchwerten erfolgen. Die Versteuerung eines Einbringungsgewinns sollte durch die Bildung von negativen Ergänzungsbilanzen vermieden werden.

9

Die Komplementärin der Klägerin zu 1) stimmte den Einbringungen jeweils am 2. Juli 2013 zu.

10

Mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2013 war die Beigeladene zu 3) gegründet worden. Sie verfügt über ein durch Einlagen zu erbringendes gezeichnetes Kapital in Höhe von insgesamt ... €. Daran sind die E-Beteiligungsverwaltung GmbH als Komplementärin mit einem festen Kapitalanteil in Höhe von ... € (99 %), die Beigeladene zu 1) mit einem festen Kapitalanteil von ... € (0,6647 %), A mit einem festen Kapitalanteil von ... € (0,3123 %) und F mit einem festen Kapitalanteil von ... € (0,023 %) beteiligt. Die Gesellschafter nehmen am Gewinn und Verlust im Verhältnis der unveränderlichen Kapitalkonten I teil. Auf diese Konten wird die Einlage der Gesellschafter gebucht.

11

Mit Vertrag vom ... 2013 brachte die Beigeladene zu 1) mehrere Kommanditanteile in die Beigeladene zu 3) ein. Darunter waren auch der Anteil an der Klägerin zu 1) und die Anteile an Schwesterpersonengesellschaften im sogen. D Flottenfonds. Die Einbringungen erfolgten gemäß § 1 Abs. 2 des Vertrages jeweils zum Tag des Vertragsschlusses und zum Verkehrswert. Soweit der Verkehrswert der Kommanditanteile die Haftsumme überschreitet, sollte der die Haftsumme übersteigende Betrag dem Kapitalkonto II der Beigeladenen zu 1) gutgeschrieben werden. Die Einbringungen sollten gemäß § 1 Abs. 3 des Vertrages für ertrag- und gewerbesteuerliche Zwecke nach § 24 UmwStG zu Buchwerten erfolgen. Die Beigeladene zu 1) sollte die Versteuerung eines Einbringungsgewinns durch Bildung einer negativen Ergänzungsbilanz vermeiden.

12

Die Komplementärin der Klägerin zu 1) stimmte der Einbringung am 11. Juli 2013 zu.

13

In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2013 vom 12. Januar 2015 löste die Klägerin zu 1) die Unterschiedsbeträge für das Seeschiff und die Fremdwährungsdarlehen aufgrund des Verkaufs des Schiffes und der Rückführung der Verbindlichkeiten auf und rechnete sie - soweit hier streitgegenständlich - nicht den Klägern zu 2) und 3) und der Beigeladenen zu 1) als ursprüngliche Kommanditisten zu, sondern den Beigeladenen zu 2) und 3), in die die Kommanditanteile vor dem Verkauf des Seeschiffes eingebracht worden waren.

14

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2013 stellte der Beklagte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von insgesamt ... € für die Klägerin zu 1) fest. Darin ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe von ... € (§ 5 Abs. 4 Satz 3 EStG) enthalten. Den Klägern zu 2) und 3) und der Beigeladenen zu 1) wurden die anteilig auf sie entfallenden Unterschiedsbeträge jeweils als mittelbar Beteiligte (über ihre Kommanditgesellschaften) in voller Höhe zugerechnet. In einer Anlage zum Bescheid wird dazu ausgeführt, dass sie ihre Kommanditanteile jeweils in neu gegründete Kommanditgesellschaften eingebracht hätten. Aufgrund des Schiffsverkaufs sei der einheitlich und gesondert festgestellte Unterschiedsbetrag aufzulösen und dem laufenden Gewinn zuzurechnen. Letzteres den jetzt mittelbar beteiligten Gesellschaftern, weil die seinerzeitige Feststellung des Unterschiedsbetrags personenbezogen erfolgt sei und diese Personenbindung bestehen bleibe. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).

15

Die Klägerin zu 1) legte am 10. November 2015 Einspruch gegen diesen Bescheid ein. Der Einspruch richtete sich unter anderem gegen die Zurechnung der aufgelösten Unterschiedsbeträge bei den Klägern zu 2) und 3) und bei der Beigeladenen zu 1) sowie der versagten Übertragung der Unterschiedsbeträge auf die Beigeladenen zu 2) und 3). Aufgrund der Einbringungen zu Buchwerten in die Personengesellschaften (§ 24 UmwStG) sei der Unterschiedsbetrag nicht gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG aufzulösen, weil dadurch kein Ausscheiden des Gesellschafters bewirkt werde.

16

Mit Änderungsbescheid vom 19. Juli 2016 stellte der Beklagte aufgrund einer Anpassung an die Ergebnisse einer Außenprüfung die Einkünfte der Klägerin zu 1) aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € fest. Darin ist ein zuzurechnender Unterschiedsbetrag in Höhe von ... € enthalten. Den Klägern zu 2) und 3) und der Beigeladenen zu 1) wurden nunmehr die aufgelösten Unterschiedsbeträge jeweils nicht in voller Höhe, sondern nur insoweit gewinnerhöhend zugerechnet, als ihnen als Gesellschafter der Kommanditgesellschaften keine Gesellschaftsrechte gegenüberstehen (jeweils über 99 %). Die restlichen Anteile an den Unterschiedsbeträgen wurden den Beigeladenen zu 2) und 3) zugerechnet. Die Zurechnungen erfolgten in folgender Höhe:

Name   

Kapital

Unterschiedsbetrag

B       

... € 

... € 

        

(bis 26.2.2013)   

        

B2    

... € 

... € 

        

(bis 26.2.2013)

        

A2    

... € 

... € 

        

(bis 25.6.2013)

        

C Holding KG

... € 

... € 

        

(ab 27.2.2013)

        

E Schiffsholding KG   

... € 

... € 

        

(ab 26.6.2013)

        

17

Mit Entscheidung vom 6. September 2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

18

Die Klägerin zu 1) hat am 6. Oktober 2016 Klage erhoben (2 K 277/16). Die Kläger zu 2) und 3) haben jeweils am 7. Oktober 2016 Klage erhoben (2 K 278/16 und 2 K 282/16). Der Senat hat die Klagen mit Beschlüssen vom 11. Juli 2017 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az. 2 K 277/16 verbunden.

19

Die Kläger wenden sich dagegen, dass der Beklagte die aufzulösenden Unterschiedsbeträge nicht jeweils in voller Höhe den Beigeladenen zu 2) und 3) zugerechnet hat. Die Einbringungen seien jeweils zu Buchwerten gemäß § 24 UmwStG erfolgt. Deshalb seien die Unterschiedsbeträge nach dem BMF-Schreiben vom 31. Oktober 2008 (BStBl. I 2008, S. 956, Rz. 28) auf die Kommanditgesellschaften übergegangen, in die Anteile eingebracht worden seien.

20

Die Kommanditanteile an den Schiffsgesellschaften seien jeweils in eine einheitliche Gesellschaftsstruktur übertragen worden, um den Verwaltungs-, Abwicklungs- und Veräußerungsaufwand zu minimieren und um Risiken aus auflebenden Außenhaftungen gemäß § 172 Abs. 4 des Handelsgesetzbuches (HGB) vor dem Hintergrund der Schifffahrtskrise sowie der drohenden Insolvenz einer Vielzahl von Schiffsgesellschaften zu verringern.

21

Die Kommanditanteile an der Klägerin zu 1) seien jeweils mit Abschluss der Einbringungsverträge auf die Beigeladenen zu 2) und 3) übergegangen. Dies liege daran, dass bereits zu diesem Zeitpunkt das wirtschaftliche Eigentum im Sinne von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO übergegangen sei. In § 2 Abs. 2 der Einbringungsverträge sei der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums mit Vertragsabschluss geregelt. Die Beigeladenen zu 2) und 3) besäßen als Personengesellschaften eigene Rechtssubjektivität und seien damit im zivilrechtlichen Sinne Gesellschafter der Klägerin zu 1) geworden. Dementsprechend seien sie Mitunternehmerinnen der Klägerin zu 1) geworden und in deren Feststellungsverfahren einzubeziehen. Die Kläger zu 2) und 3) und die Beigeladene zu 1) seien mit der Einbringung der Mitunternehmeranteile jeweils aus der Klägerin zu 1) als Gesellschafter ausgeschieden. Sie seien nur noch als mittelbare Mitunternehmer über ihre Holdinggesellschaften an der Klägerin zu 1) beteiligt. Die auf der Ebene der Klägerin zu 1) festgestellten Besteuerungsgrundlagen seien den Holdinggesellschaften und nicht deren Gesellschaftern zuzurechnen.

22

Durch die Einbringungen zu Buchwerten seien die Holdinggesellschaften in die steuerliche Rechtsposition der Einbringenden eingetreten. Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Umwandlungssteuerrechts sei davon auszugehen, dass die unter das Gesetz fallenden Umstrukturierungen keine steuerlichen Belastungen auslösen sollten, weshalb auch die Unterschiedsbeträge als Buchwerte anzusehen seien und als solche fortgeführt werden könnten. Hinsichtlich der vergleichbaren Übertragung von Anteilen nach § 6 Abs. 3 EStG sei ein Übergang des Unterschiedsbetrags im sogenannten Tonnagesteuer-Erlass ausdrücklich vorgesehen. Entsprechendes müsse auch für eine Einbringung nach § 24 UmwStG gelten. Eine spätere Besteuerung der stillen Reserven, die in dem Unterschiedsbetrag gebunden seien, sei auf der Ebene des Erwerbers sichergestellt. Damit werde die Zielsetzung des § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG durch die Einbringung der Mitunternehmeranteile nicht vereitelt.

23

Auch sei das besondere Verzeichnis im Sinne von § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG fortzuführen. Aus der Regelung des § 5a Abs. 4 Satz 4 EStG folge, dass die besonderen Verzeichnisse und die gesondert und einheitlich festgestellten Beträge fortgeschrieben bzw. aktualisiert werden müssten. Fortschreibungen seien somit unter anderem erforderlich, wenn Veränderungen im personellen Bestand einträten und eine Hinzurechnung nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG nicht vorzunehmen sei. Eine solche Veränderung sei aufgrund der Einbringung der Mitunternehmeranteile in die Holdinggesellschaften gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG erfolgt. Die Fortschreibung des besonderen Verzeichnisses führe zwangsläufig zu einer Divergenz zwischen der gesonderten und einheitlichen Feststellung und dem Verzeichnis. Deshalb könne die für den Unterschiedsbetrag in der Vergangenheit durchgeführte Feststellung nicht Grundlage für den Veranlagungszeitraum 2013 sein. In der Feststellung seien steuerliche Sachverhalte, die danach eingetreten seien, nicht abgebildet. Maßgebend für eine ordnungsgemäße Zuweisung des Unterschiedsbetrags könne demzufolge nur das laufend fortgeschriebene Verzeichnis sein.

24

Zwar sei der Unterschiedsbetrag für jeden Gesellschafter einheitlich und gesondert festzustellen. Der Einhaltung des Individualbesteuerungsgrundsatzes bedürfe es in Ausnahmefällen aber dann nicht, wenn die spätere steuerliche Erfassung des Unterschiedsbetrags auch nach dem Übertragungsvorgang gewährleistet bleibe. Insoweit sei in der Rechtsprechung auch anerkannt, dass den einer bestehenden Gesellschaft beitretenden Kommanditisten höhere Verluste zugewiesen werden dürften, als den bisherigen Gesellschaftern. Zudem sei es für die Erfolgsneutralität der Einbringung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG grundsätzlich nicht erforderlich, dass stille Reserven in dem eingebrachten Vermögen auch ausschließlich dem Einbringenden zugeordnet würden. Sie könnten, ohne die Erfolgsneutralität des Einbringungsvorgangs zu durchbrechen, etwa durch Buchung auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto, auch auf andere Gesellschafter übergehen. Für die Verteilung des aufzulösenden Unterschiedsbetrages seien die handelsrechtlichen und gesellschaftsvertraglichen Regelungen maßgeblich, denn § 5a EStG treffe weder in Abs. 4 noch in Abs. 4a eine Regelung, wie der Unterschiedsbetrag auf die Gesellschafter zu verteilen sei.

25

Dass die Fälle nach § 24 UmwStG steuerlich nicht anders behandelt werden dürften als solche nach § 6 Abs. 3 EStG, ergebe sich überdies unmittelbar aus dem BMF-Schreiben vom 12. Juli 2002 (BStBl I 2002, 614, Rz. 28). Hinzu komme, dass auch die Regelungen zur Fortschreibung des Verzeichnisses keinerlei Differenzierungen zwischen den Fällen des § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG enthielten.

26

Ein weiteres Argument für den Übergang des Unterschiedsbetrags als Folge der Einbringungen sei eine Analogie des § 5a EStG zur Gesetzessystematik des § 34a EStG. Nach § 34a Abs. 5 Satz 2 und § 34a Abs. 7 EStG finde eine Nachversteuerung nicht statt, wenn mit Nachversteuerungsbeträgen behaftete Wirtschaftsgüter zu Buchwerten oder Mitunternehmeranteile durch steuerneutrale Rechtsfolge nach § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG übertragen würden. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung für die nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG festgestellten Unterschiedsbeträge sei zwar unterblieben. Es liege aber auf der Hand, dass - wie in § 34a Abs. 7 EStG - bei einer steuerneutralen Übertragung nicht nur die Versteuerung des Unterschiedsbetrags unterbleibe, sondern dieser infolge der Übertragung auf den Rechtsnachfolger übergehe, um dort zu einem späteren Zeitpunkt versteuert zu werden.

27

Darüber hinaus seien die Unterschiedsbeträge auch nicht mit der Begründung anteilig aufzulösen, die Einbringenden hätten als Gegenleistung für die Einbringung keine die Höhe der Kapitalkonten widerspiegelnden Gesellschaftsrechte an der Holding erhalten. Die vom Beklagten angeführte Argumentation, dass es neben einem wirksamen Übertragungsvorgang zu Buchwerten im Sinne von § 24 UmwStG noch zusätzlich einer Kommanditistenstellung zu 100 % bedürfe, gehe weder aus dem sogenannten Tonnagesteuer-Erlass hervor, noch finde sie einen Niederschlag in den Voraussetzungen einer erfolgsneutralen Übertragung im Sinne von § 24 UmwStG. Es liege jeweils keine verdeckte Einlage in die Holdinggesellschaften vor, so dass auch nicht unter diesem Gesichtspunkt eine Auflösung des Unterschiedsbetrags zu erfolgen habe. Es sei kein bilanzierungsfähiger Vermögensvorteil auf die Holdinggesellschaften übergegangen. Der Unterschiedsbetrag stelle keine bilanzielle Größe dar.

28

Sofern davon auszugehen sei, dass der Unterschiedsbetrag bei einer steuerneutralen Übertragung nach § 24 UmwStG nicht auf den Rechtsnachfolger übergehe, sondern beim ursprünglichen Mitunternehmer gewinnerhöhend aufzulösen sei, müsse eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO erfolgen. Das BMF-Schreiben aus dem Jahr 2008 enthalte eine entsprechende Billigkeitsregelung.

29

Die Klägerin zu 1) beantragt,
den Bescheid vom 19. Juli 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2016 dahingehend zu ändern, dass die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags in Höhe von ... € bei der Beigeladenen zu 1) rückgängig gemacht und ihr Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € festgestellt wird.

30

Der Kläger zu 2) beantragt,
den Bescheid vom 19. Juli 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2016 dergestalt zu ändern, dass die nach § 5a Abs. 4 EStG dem Gewinn hinzuzurechnenden Unterschiedsbeträge der Beigeladenen zu 2) zugerechnet werden.

31

Der Kläger zu 3) beantragt,
den Bescheid vom 19. Juli 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2016 dergestalt zu ändern, dass die nach § 5a Abs. 4 EStG dem Gewinn hinzuzurechnenden Unterschiedsbeträge der Beigeladenen zu 2) zugerechnet werden.

32

Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.

33

Er bezieht sich zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 6. September 2016 und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, dass die Gesetzesinterpretation der Kläger nicht zutreffe. Nach dem möglichen Wortsinn des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG liege ein Ausscheiden eines Gesellschafters vor. Diese Vorschrift erfasse begrifflich jede Form des entgeltlichen oder unentgeltlichen Ausscheidens eines Mitunternehmers aus einer Mitunternehmerschaft. Eine Auslegung gegen diesen eindeutigen Wortsinn sei ausnahmsweise dann zulässig, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führe, welches vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein könne oder wenn sonst anerkannte Auslegungsmethoden dies verlangten. Die seitens der Kläger insoweit vorgetragenen Argumente überzeugten jedoch nicht. Der Gesetzgeber habe mit der personenbezogenen Feststellung des Unterschiedsbetrags eine besondere personelle Bindung an den jeweiligen Gesellschafter bezweckt. Insoweit wirke der Bescheid über den Unterschiedsbetrag als Grundlagenbescheid im Sinne von § 182 AO. Auch die Tatsache, dass es einen Rechtsnachfolger gebe, begründe keine Sicherstellung der Besteuerung. Im Gegenteil sei der Unterschiedsbetrag aufgrund der gesellschaftsvertraglich geregelten Gewinnverteilung ganz überwiegend, zu 99 % oder mehr, von den jeweiligen Komplementärinnen, Gesellschaften mit beschränkter Haftung ohne eigenen Geschäftsbetrieb, zu versteuern. Diese hafteten nur beschränkt mit ihrem eigenen Vermögen, also lediglich mit dem Stammkapital. Abgesehen davon unterliege der Unterschiedsbetrag auf der Ebene der Komplementärin als Kapitalgesellschaft auch einem geringeren Steuersatz. Zudem sei aus den Gesetzgebungsmaterialien zu entnehmen, dass die neue Nr. 3 (Ausscheiden eines Gesellschafters) zur Klarstellung eingefügt worden sei.

34

Eine analoge Anwendung des § 34a Abs. 7 Satz 2 EStG komme nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine Analogie lägen nicht vor. Es fehle schon an einer gesetzlichen Lücke, schließlich habe der Gesetzgeber den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters explizit geregelt. Die Nichtregelung der Anwendbarkeit von § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG zeige gerade im Umkehrschluss, dass es dem gesetzgeberischen Willen entspreche, den personenbezogen festgestellten Unterschiedsbetrag grundsätzlich nicht interpersonal übergehen zu lassen.

35

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

36

Mit Beschlüssen vom 14. November 2016 und vom 1. November 2017 sind die Beiladungen erfolgt.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Akten des Beklagten (Rechtsbehelfsakten, Bilanz- und Bilanzberichtigungsakten, Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuerakten, Akte "Allgemeines", Tonnagesteuerakte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

38

Die Klagen sind zulässig und teilweise begründet.

39

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2013 vom 19. Juli 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2016 ist überwiegend rechtmäßig, soweit darin Feststellungen zu den Einkünften aus Gewerbetrieb für die Kläger zu 2) und 3) (Beteiligte Nr. ... und ...) enthalten sind und verletzt diese Kläger nicht in ihren Rechten, soweit die sie betreffenden Feststellungen rechtswidrig sind. Ihre Klagen haben deshalb keine Erfolg (I). Der Bescheid ist demgegenüber rechtswidrig und verletzt die Beigeladene zu 1) (Beteiligte Nr. ...) in ihren Rechten, soweit im Rahmen der Feststellung ihrer Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Auflösung eines Unterschiedsbetrags im Sinne von § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG in Höhe von ... € gewinnerhöhend zugerechnet worden ist (II.). Die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags ist deshalb bei ihr rückgängig zu machen und die Einkünfte der Beigeladenen zu 1) aus Gewerbebetrieb sind mit ... € festzustellen (§ 102 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

I.

40

Der Beklagte hat den Klägern zu 2) und 3) zu Recht Unterschiedsbeträge im Sinne von § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG in Höhe von ... € (Kläger zu 2) und ... € (Kläger zu 3) bei ihren Einkünften aus Gewerbebetrieb gewinnerhöhend zugerechnet.

41

1)
Die Klägerin zu 1) ist zum Beginn des Jahres 2007 zur Gewinnermittlung nach der im Betrieb geführten Tonnage (sog. Tonnagesteuer) gemäß § 5a EStG gewechselt. Nach § 5a EStG ist der auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfallende Gewinn auf unwiderruflichen Antrag des Steuerpflichtigen unter im Einzelnen näher geregelten Voraussetzungen nach der Tonnage zu ermitteln. Zum Schluss des letzten, der Tonnagebesteuerung vorausgehenden Wirtschaftsjahres ist für jedes unmittelbar dem Betrieb der Handelsschiffe dienende Wirtschaftsgut der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert gesondert und - bei Mitunternehmerschaften - einheitlich festzustellen (§ 5a Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG).

42

Der Unterschiedsbetrag ist dem Gewinn später hinzuzurechnen (§ 5a Abs. 4 Satz 3 EStG); unter anderem in dem Jahr, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder nicht mehr unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient (§ 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG) und in dem Jahr des Ausscheidens eines Gesellschafters hinsichtlich des auf ihn entfallenden Anteils (§ 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG).

43

2)
Zweck der Feststellung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG ist es, diejenigen stillen Reserven, die sich vor dem Übergang zur Tonnagebesteuerung angesammelt haben, festzuhalten, um deren spätere Besteuerung sicherzustellen. Hintergrund ist dabei, dass die Gewinnermittlung nach § 5a EStG pauschal erfolgt und die Aufdeckung von stillen Reserven keine Auswirkung auf die Besteuerung haben würde. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen jedoch stille Reserven, die außerhalb des Zeitraums der Tonnagebesteuerung und damit vor der begünstigenden Besteuerung angesammelt worden sind, weiterhin der Besteuerung unterliegen, zumal sie regelmäßig mit im selben Zeitraum entstandenen und festgestellten Verlusten korrelieren. Die gesonderte Feststellung des Unterschiedsbetrages stellt die verfahrensmäßige Erfassung des Wertzuwachses dar, weil sich die Höhe der vor dem Wechsel der Gewinnermittlungsart vorhandenen stillen Reserven nachträglich nur noch schwer ermitteln lässt. § 5a Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG dient damit der Sicherung des zukünftigen Besteuerungsverfahrens, ist jedoch nicht mit einer Realisierung der stillen Reserven gleichzustellen. Allein mit der Feststellung des Unterschiedsbetrags ist der Rechtsgrund für den Steueranspruch noch nicht erfüllt. Hierfür bedarf es weiterer Handlungen, die zur tatsächlichen Aufdeckung der stillen Reserven führen, wie in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG festgelegt (vgl. FG Hamburg Urteil vom 25. November 2015 2 K 152/15, EFG 2016, 504; nachfolgend BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2016 IV B 119/15, BFH/NV 2017, 320; FG Bremen Urteil vom 23. März 2017 3 K 2/17 (1), juris).

3)

44

Vorliegend sind die streitgegenständlichen Unterschiedsbeträge für das Seeschiff und die Fremdwährungsdarlehen - unstreitig - dem Gewinn der Klägerin zu 1) des Jahres 2013 zuzurechnen, weil der Auflösungstatbestand des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG erfüllt wurde. Die Klägerin zu 1) veräußerte die MS "XX" mit MEMORANDUM OF AGREEMENT vom ... 2013. Die Übergabe des Schiffes fand am 22. Oktober 2013 statt. Die Fremdwährungsdarlehen wurden mit dem Veräußerungserlös vollständig zurückgeführt.

45

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Kläger zu 2) und 3) bereits vor dem Verkauf des Seeschiffes und der Rückführung der Fremdwährungsdarlehen aus der Klägerin zu 1) im Sinne von § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG ausgeschieden sind und deshalb die auf sie entfallenden Anteile an den Unterschiedsbeträgen ihnen ganz oder jedenfalls teilweise gewinnerhöhend zuzurechnen oder auf die Beigeladene zu 2) als ihre Rechtsnachfolgerin übergegangen sind.

4)

46

Die Beteiligten gehen übereinstimmend zutreffend davon aus, dass die Kläger zu 2) und 3) jeweils mit Ablauf des 26. Februar 2013 aus der Klägerin zu 1) als Kommanditisten ausgeschieden sind.

a)

47

Mit gleichlautenden Verträgen vom ... 2013 brachten die Kläger zu 2) und 3) jeweils unter anderem ihre Kommanditanteile an der Klägerin zu 1) zum ... 2013 in die Beigeladene zu 2) ein. Die Einbringung erfolgte gemäß § 1 Abs. 2 der Verträge jeweils zum Verkehrswert. Soweit der Verkehrswert der Kommanditanteile die Haftsumme überschreitet, sollte der die Haftsumme übersteigende Betrag dem Kapitalkonto II der Kläger zu 2) und 3) gutgeschrieben werden. Die Einbringung sollte gemäß § 1 Abs. 3 des Einbringungsvertrages nach § 24 UmwStG für ertrag- und gewerbesteuerliche Zwecke zu Buchwerten erfolgen. Die Versteuerung eines Einbringungsgewinns sollte durch die Bildung von negativen Ergänzungsbilanzen vermieden werden.

48

Die nach § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin zu 1) für die Übertragung der Kommanditanteile erforderliche Zustimmung der Komplementärin erfolgte am 2. Juli 2013. Die Zustimmung wirkte zivilrechtlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurück (§ 184 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Die später erfolgten Eintragungen des Ausscheidens und Eintretens der Kommanditisten ins Handelsregister (§ 162 Abs. 3 HGB) waren keine Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Anteilsübertragungen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Februar 2004, IV R 70/02, BFH/NV 2004, 714 m. w. N.). Die Einbringungen umfassten jeweils auch alle Beteiligungen der Kläger zu 2) und 3) an den Schwesterpersonengesellschaften der Klägerin zu 1) im sogen. D Flottenfonds, so dass die Voraussetzungen des § 13 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin zu 1) erfüllt waren. Danach sind Verfügungen über Kommanditanteile nur zusammen mit Kommanditanteilen des Gesellschafters an Schwestergesellschaften möglich, so dass die Gesamtbeteiligung des Erwerbers - hier der Beigeladenen zu 2) - sich in demselben Verhältnis auf die Gesellschafter und die Schwestergesellschaften verteilt, wie die Gesamtbeteiligung des übertragenden Gesellschafters.

b)

49

Auch steuerrechtlich haben die Kläger zu 2) und 3) ihre Mitunternehmerstellungen bereits mit Abschluss der Verträge verloren. Der Beigeladenen zu 2) sind die Mitunternehmeranteile nach § 2 Abs. 2 der jeweils insoweit gleichlautenden Einbringungsverträge in Verbindung mit § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin zu 1) bereits zu diesem Zeitpunkt im Sinne eines wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zuzurechnen.

aa)

50

Die steuerrechtliche Zurechnung eines Gesellschaftsanteils kann von der zivilrechtlichen Gesellschafterstellung abweichen. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer ein Wirtschaftsgut für Zwecke der Besteuerung zuzurechnen, wenn der andere die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Erfüllt ein anderer als der zivilrechtliche Gesellschafter die Voraussetzungen eines Mitunternehmers, weil er anstelle des Gesellschafters dessen gesellschaftsrechtliche Position einnehmen kann, die es ihm ermöglicht, Mitunternehmerrisiko zu tragen und Mitunternehmerinitiative zu entfalten, ist diesem der Anteil an der Personengesellschaft zuzurechnen. Denn er ist in der Lage, den zivilrechtlichen Gesellschafter wirtschaftlich auf Dauer aus dessen Stellung zu verdrängen (vgl. BFH-Urteile vom 16. Mai 1989 VIII R 196/84, BStBl II 1989, 877, und vom 28. September 1995 IV R 34/93, BFH/NV 1996, 314; vom 22. Juni 2017 IV R 42/13, DStR 2017, 2653).

51

Dementsprechend kann dem Erwerber eines Anteils an einer Personengesellschaft die Mitunternehmerstellung bereits vor der gesellschaftsrechtlichen Wirksamkeit des Gesellschafterwechsels zuzurechnen sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Erwerber rechtsgeschäftlich eine auf den Erwerb des Gesellschaftsanteils gerichtete, rechtlich geschützte Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann und die ihm die Übernahme des Mitunternehmerrisikos sowie die Wahrnehmung der Mitunternehmerinitiative sichert (vgl. BFH-Urteile vom 25. Juni 2009 IV R 3/07, BStBl II 2010, 182; vom 22. Juni 2017 IV R 42/13, DStR 2017, 2653). Dies ist hier in Bezug auf die Beigeladene zu 2) der Fall.

bb)

52

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Einbringungsverträge verwalteten die Kläger zu 2) und 3) bis zum Wirksamwerden der erforderlichen Zustimmungen die Kommanditanteile mit Wirkung vom Abschluss der Einbringungsverträge an für Rechnung, auf Risiko und im Interesse der Beigeladenen zu 2). Die Kläger zu 2) und 3) durften ihre Rechte als Kommanditisten der Klägerin zu 1) nur nach Weisung und im Interesse der Beigeladenen zu 2) ausüben (§ 2 Abs. 2 Satz 3 der Einbringungsverträge). Sämtliche Zahlungen aus den Kommanditanteilen an die Kläger zu 2) und 3) sollten gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 der Verträge ausschließlich und ohne Abzüge der Beigeladenen zu 2) zustehen. Damit trug die Beigeladene zu 2) bereits mit Abschluss der Einbringungsverträge am ... 2013 das Mitunternehmerrisiko und hatte auch bereits ab diesem Zeitpunkt die Mitunternehmerinitiative inne. Die Beigeladene zu 2) hatte auch bereits mit dem Vertragsschluss eine rechtlich gesicherte Position, die ihr nicht mehr einseitig entzogen werden konnte. Die noch ausstehende Zustimmung der Komplementärin der Klägerin zu 1) konnte gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin zu 1) nur aus wichtigem Grund verweigert werden. Ein wichtiger Grund liegt nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags insbesondere vor, wenn der Gesellschaft gegen den Gesellschafter fällige Ansprüche zustehen oder wenn der Erwerber ein Unternehmen betreibt, das mit der Gesellschaft oder mit dem Vertragsreeder in Wettbewerb steht. Solche oder andere wichtige Gründe, die eine Zustimmungsverweigerung der Komplementärin der Klägerin zu 1) gerechtfertigt hätten, sind weder vorgetragen worden noch ansonsten ersichtlich. Die Komplementärin der Klägerin zu 1) war somit vertraglich zur Zustimmungserteilung verpflichtet, was dann auch am 2. Juli 2013 erfolgte.

5)

53

Die Kläger zu 2) und 3) sind damit vor dem Verkauf des Seeschiffes und der vollständigen Rückführung der Fremdwährungsdarlehen aus der Klägerin zu 1) im Sinne von § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG ausgeschieden, ohne dass es darauf ankommt, ob die Einbringungen in die Beigeladene zu 2) gemäß § 24 UmwStG zu Buchwerten erfolgten.

a)

54

Der Begriff des Ausscheidens eines Gesellschafters wird in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG nicht eingeschränkt. Er bezieht sich semantisch auf den Gesellschafter und den auf ihn entfallenden Anteil. Vom weiten Wortlaut der Vorschrift wird dementsprechend jedes Ausscheiden eines Gesellschafters - ob unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge - erfasst (vgl. Voß in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5a EStG Rn. 76; Kahl-Hinsch in Lademann, EStG, § 5a Rn. 116; Hennrichs/Kuntschik in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 5a EStG, Anm. E 27).

b)

55

Finanzgerichtliche Rechtsprechung zum Begriff des Ausscheidens in dieser Vorschrift liegt - soweit ersichtlich - nicht vor. Die Finanzverwaltung vertrat ursprünglich die Auffassung, dass § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG für den Fall gelte, dass ein Gesellschafter im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG seinen Anteil an der Personengesellschaft veräußere (vgl. BMF-Schreiben vom 12. Juni 2002, BStBl I 2002, 614, Rz. 28). Diese Ansicht wurde später dahingehend ergänzt, dass § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG in den Fällen der Übertragung oder Einbringung zu Buchwerten (als Beispiele werden § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG angeführt) keine Anwendung finde (vgl. BMF-Schreiben vom 31. Oktober 2008, BStBl I 2008, 956). Neuerdings schränkt die Finanzverwaltung ihre Auffassung bei Buchwertübertragungen im Sinne von § 24 UmwStG als Reaktion auf in der Praxis bekanntgewordene Gestaltungsmodelle dergestalt ein, dass der Gesellschafter seinen gesamten Mitunternehmeranteil in die neue Gesellschaft einbringen müsse und sich der Umfang seiner Beteiligung weder im Zuge der Einbringung noch später verringern dürfe. Jede Änderung der Beteiligungsverhältnisse führe zu einer (anteiligen) Auflösung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 EStG (vgl. OFD Niedersachsen vom 19. Mai 2016, juris). Dementsprechend hat der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid die Unterschiedsbeträge den Klägern zu 2) und 3) jeweils anteilig zu 99,5 % gewinnerhöhend zugerechnet.

c)

56

Im Schrifttum wird anknüpfend an die (frühere) Auffassung der Finanzverwaltung wohl einhellig die Ansicht vertreten, dass bei Übertragungen und Einbringungen zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 EStG oder § 24 UmwStG kein Ausscheiden im Sinne von § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG anzunehmen sei (vgl. Seeger in Schmidt, EStG, 36. Aufl. 2017, § 5a Rn. 24; Gosch in Kirchhof, EStG, 16. Aufl. 2017, § 5a Rn. 21; Weiland in Littmann/Bitz/Pust, § 5a EStG Rn. 148; Kahl-Hinsch in Lademann, EStG, § 5a Rn. 116; Hennrichs/Kuntschik in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 5a EStG, Anm. E 27; Hofmeister in Blümich, § 5a EStG, Rn. 24; Bordewin/Brandt, § 5a EStG Rn. 49; Dißars in Frotscher, EStG, § 5a Rn. 75, 75a; von Glasenapp, DStR 2009, 1462; Voß in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5a EStG Rn. 76 - analoge Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG). Zur Begründung wird geltend gemacht, dass für eine Auflösung des Unterschiedsbetrags bei Übertragungen zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG kein Grund bestehe, weil in beiden Fällen die Besteuerung der stillen Reserven, die im Unterschiedsbetrags verkörpert seien, auf der nächsten Ebene gesichert sei (vgl. etwa von Glasenapp, DStR 2009, 1462, 1463; Voß in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5a EStG Rn. 76). Weder aus dem Sinn und Zweck des § 5a EStG noch aus der Gesetzesbegründung zum Steuerbereinigungsgesetz vom 22. Dezember 1999, wodurch § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG eingeführt worden sei, ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass - abweichend von allgemeinen Grundsätzen - steuerverschärfend auch Buchwertübertragungen einkommensteuerliche Folgen nach sich ziehen sollten (vgl. Kahl-Hinsch in Lademann, § 5a EStG Rn. 116; Hennrichs/Kuntschik in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, § 5a EStG Anm. E 27). Bei der Annahme eines Ausscheidens in Fällen der Buchwertfortführung läge ein Widerspruch bei früherer Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 82f der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) vor (vgl. Weiland in Littmann/Bitz/Pust, § 5a EStG Rn. 148).

d)

57

Nach Auffassung des Senats ist eine einschränkende Auslegung des Begriffs "Ausscheiden" in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG in dem Sinne, dass Anteilsübertragungen zu Buchwerten gemäß § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG nicht umfasst werden, nicht möglich, vielmehr wird jede Art des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Personengesellschaft, mithin des Verlustes der unmittelbaren Mitunternehmerstellung, erfasst.

aa)

58

Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine den Wortlaut einschränkende Auslegung der Vorschrift. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Steuerbereinigungsgesetz 1999 soll die neue Nummer 3 des § 5a Abs. 4 EStG klarstellen, dass der Unterschiedsbetrag bei Ausscheiden eines Gesellschafters in Höhe des auf ihn entfallenden Anteils aufzulösen ist (BT-Drucks. 14/1514, 29). Der Gesetzgeber ging offenbar davon aus, dass der Unterschiedsbetrag auch vor der Gesetzesänderung bei einem Ausscheiden eines Gesellschafters (anteilig) aufzulösen war und wollte dies mit der Neuregelung nur klarstellen. Fallgestaltungen, die der Gesetzgeber nicht als Ausscheiden eines Gesellschafters im Sinne der Norm angesehen haben könnte, sind weder ausdrücklich erwähnt, noch kommen sie anderweitig zum Ausdruck. Die Möglichkeit einer interpersonellen Übertragung der im Unterschiedsbetrag verkörperten stillen Reserven wird nicht angesprochen.

bb)

59

Auch Sinn und Zweck der Ermittlung und Festhaltung des Unterschiedsbetrags führen nicht zu einer teleologischen Reduktion des Wortlauts von § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG. Wie oben dargestellt, ist es die Zielsetzung der Regelung des § 5a Abs. 4 EStG, die stillen Reserven, die sich während der Zeit der Regelbesteuerung vor dem Übergang zur Gewinnermittlung nach der Tonnage angesammelt haben, festzuhalten, um sie dann zu späterer Zeit beim umgekehrten Übergang zur regulären Gewinnermittlung, bei der Veräußerung des Seeschiffes oder - wie hier - nach § 5a Abs. 4 Nr. 3 EStG beim Ausscheiden eines Gesellschafters hinsichtlich des auf ihn entfallenden Anteils dem Gewinn hinzuzurechnen. Von der Abgeltungswirkung der pauschal (gewinnunabhängig) errechneten Tonnagesteuer sollen also die bis zum Umstellungszeitpunkt entstandenen stillen Reserven ausgenommen werden. Das Gesetz stellt dabei auf die "historischen" stillen Reserven ab. Dies ist Folge des in sich geschlossenen Systems der vom Gesetzgeber als Privilegierung vorgesehenen Tonnagebesteuerung (vgl. BFH-Urteile vom 19. Juli 2011 IV R 42/10, BStBl II 2011, 878; vom 13. Dezember 2007 IV R 92/05, BStBl II 2008, 583; FG Hamburg, Urteil vom 16. Dezember 2009 3 K 38/09, juris).

60

Dieser Sinn und Zweck der Ermittlung und Feststellung des Unterschiedsbetrags wird durch die verfahrensrechtliche gesonderte und bei Mitunternehmerschaften zudem einheitliche Feststellung (§ 5a Abs. 4 Satz 2 EStG) flankiert. Darin wird jedem Mitunternehmer sein Anteil am Unterschiedsbetrag dem Grunde und der Höhe nach persönlich zugerechnet. Der Gesetzgeber wollte somit - entsprechend dem Transparenzgedanken, der auch in § 5a Abs. 4a Satz 1 EStG zum Ausdruck kommt - die Unterschiedsbeträge zum Übergangszeitpunkt mitunternehmerbezogen festhalten und damit korrespondierend beim Ausscheiden dem Mitunternehmer gewinnerhöhend zurechnen (§ 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG). Dies ist auch systemgerecht, weil der Mitunternehmer regelmäßig in den Genuss der vor dem Übergang zur Tonnagebesteuerung entstandenen Gewinnminderungen gekommen ist, die durch die hinsichtlich der Wirtschaftsgüter, für die Unterschiedsbeträge festgestellt worden sind, berücksichtigte AfA oder Sonder - AfA entstanden sind. Diese besondere Zurechnung spricht gegen die Möglichkeit einer interpersonellen Übertragung der im Unterschiedsbetrag verkörperten stillen Reserven.

61

Hinzu kommt, dass der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Unterschiedsbetrags bei der Gewinnfeststellung als Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1 Satz 1 AO zu berücksichtigen ist (vgl. BFH-Urteil vom 19 Juli 2011 IV R 42/10, BStBl II 2011, 878). Er entfaltet somit eine Bindungswirkung in Bezug auf das Zurechnungssubjekt (den Mitunternehmer) und das Zurechnungsobjekt (den zuzurechnenden Betrag). Dem Verzeichnis nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG kommt demgegenüber keine Bindungswirkung zu, sondern es hat nur eine Dokumentationsfunktion für spätere Änderungen der Höhe der Unterschiedsbeträge, die regelmäßig - wie auch vorliegend - nur durch Rückführungen von Fremdwährungsverbindlichkeiten zur Finanzierung des Seeschiffes in Betracht kommen. Es ist auf der Grundlage der zum Übergangszeitraum nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG als Grundlagenbescheide festgestellten Unterschiedsbeträge zu entwickeln. Änderungen in der persönlichen Zurechnung des Unterschiedsbetrags durch Rechtsnachfolgetatbestände wären hingegen durch Änderungen des Feststellungsbescheides umzusetzen, um der Bindungswirkung als Grundlagenbescheid Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der Einführung des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG aber keine besonderen Vorschriften zur Anpassung des Feststellungsbescheids über den Unterschiedsbetrag vorgesehen. Dies spricht ebenfalls dafür, dass jeder Fall des Ausscheidens als Auflösungsgrund angesehen wurde.

62

Zudem waren die Möglichkeiten der interpersonellen Übertragung stiller Reserven bei Buchwertübertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG schon lange vor Einführung des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG gegeben. Es hätte somit nahe gelegen, bei Einführung der streitgegenständlichen Vorschrift entsprechende Ausnahmen festzulegen, wenn eine interpersonelle Übertragung der stillen Reserven vom Gesetzgeber gewollt gewesen wäre. Der Gesetzgeber hat dies aber - anders als bei der eine vergleichbare Konstellation betreffenden Regelung des § 34a EStG in Abs. 7 dieser Vorschrift - nicht vorgesehen.

6)

63

Die den Klägern zu 2) und 3) zuzurechnenden Unterschiedsbeträge betrugen zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus der Klägerin 1) mit Abschluss des 26. Februar 2013 unstreitig insgesamt ... € (Kläger zu 2) und ... € (Kläger zu 3). Sie waren gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG bei ihnen in voller Höhe aufzulösen. Diese sie betreffenden Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden sind somit insoweit rechtmäßig, als anteilig beim Kläger zu 2) ... € und beim Kläger zu 3) ... € gewinnerhöhend zugerechnet worden sind. Soweit der restliche Betrag von ... € nicht den Klägern zu 2) und 3) jeweils zu 1/2 (in Höhe von ... €), sondern der Beigeladenen zu 2) zugerechnet worden ist, ist dies zwar rechtswidrig, verletzt die Kläger aber nicht in ihren Rechten.

7)

64

Soweit die Kläger zu 2) und 3) vortragen, dass die Steuer wegen einer Einbringung der Kommanditanteile zu Buchwerten nach § 24 UmwStG gemäß § 163 AO aus Billigkeitsgründen abweichend festgesetzt werden müsse, weil das BMF im Schreiben vom 31. Oktober 2008 (BStBl I 2008, 95) eine solche Regelung getroffen habe, ist darüber im vorliegenden Verfahren nicht zu befinden. Ein Antrag nach § 163 AO ist bislang nicht gestellt und dementsprechend vom Beklagten auch nicht beschieden worden. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein der im Festsetzungsverfahren ergangene Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2013. Eine Verbindung von Billigkeitsmaßnahme und Steuerfestsetzung/Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die gemäß § 163 Abs. 2 AO möglich ist, hat dementsprechend nicht stattgefunden. Ein Billigkeitsantrag nach § 163 AO wäre in einem gesonderten Verwaltungsverfahren geltend zu machen (vgl. etwa Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 163 AO Rn. 20 ff. m. w. N.).

II.

a)

65

Die Beigeladene zu 1) ist durch die Einbringung ihres Mitunternehmeranteils in die Beigeladene zu 3) nach den obigen Darlegungen zwar im Sinne von § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG aus der Klägerin zu 1) ausgeschieden. Es liegt aber kein auf sie entfallender Anteil an den Unterschiedsbeträgen vor, der aufzulösen ist.

66

Der diesbezügliche Anteil ist mit Änderungsbescheid auf den 31. Dezember 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Unterschiedsbeträge vom 2. April 2015 ihrem Rechtsvorgänger, A, zugerechnet worden (Beteiligter Nr. ...). Dieser Bescheid hat als Grundlagenbescheid eine Bindungswirkung in Bezug auf die personelle Zurechnung des Anteils an den Unterschiedsbeträgen (vgl. BFH-Urteil vom 19 Juli 2011 IV R 42/10, BStBl II 2011, 878). Eine Zurechnung der streitgegenständlichen Unterschiedsbeträge bei der Beigeladenen zu 1) erfolgte nicht. Bereits deshalb ist die gewinnerhöhende Auflösung der Unterschiedsbeträge bei ihr rechtswidrig.

b)

67

Zudem hat die Beigeladene zu 1) den Kommanditanteil an der Klägerin 1) mit Schenkungs- und Abtretungsvertrag vom ... 2008 von A, ihrem Ehemann, erworben. Die Abtretung erfolgte nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags mit Wirkung zum 30. Dezember 2008. Die nach § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin zu 1) erforderliche Zustimmung der Komplementärin der Klägerin zu 1) erfolgte am 13. Januar 2009. Dadurch ist die Anteilsübertragung zivilrechtlich (gemäß § 184 BGB rückwirkend) wirksam geworden. A ist mit der Zustimmung auch steuerrechtlich aus der Klägerin zu 1) im Sinne von § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG als Gesellschafter und Mitunternehmer ausgeschieden. Die auf ihn entfallenden Unterschiedsbeträge wären somit nach den obigen Darlegungen zum Zeitpunkt seines Ausscheidens bei ihm gewinnerhöhend aufzulösen gewesen und konnten deshalb nicht auf die Beigeladene zu 1) übergehen. Dass die Übertragung auf die Beigeladene zu 1) aufgrund ihrer Unentgeltlichkeit möglicherweise unter § 6 Abs. 3 EStG fällt, ändert daran - wie oben dargelegt - nichts.

III.

68

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO, wobei sich die jeweilig zu tragenden Kostenanteile an der Höhe des Streitwerts und der Gewinn- bzw. Verlustquote bemessen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht für erstattungsfähig zu erklären. Sie haben keine Anträge gestellt und sich damit nicht am Kostenrisiko beteiligt oder das Verfahren durch Sachvortrag wesentlich gefördert (§ 139 Abs. 4, § 135 Abs. 3 FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 1, 3 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

69

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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