Urteil vom Finanzgericht Köln - 15 K 445/12
Tenor
Der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften 2008 vom 8. Juli 2011 nebst Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2012 wird mit der Maßgabe geändert, dass die laufenden Einkünfte der KG i.H.v.
-2.365,86 € festgestellt werden.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die ... KG -deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist- als Leasinggeberin wirtschaftliche Eigentümerin digitaler Anzeigesysteme war und ihr deswegen die Befugnis zur Vornahme von Absetzungen für Abnutzungen gemäß § 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zustand.
3Die ... KG (im Folgenden KG) als Käufer und zukünftiger Leasinggeber und die P GmbH als Verkäufer und zukünftiger Leasingnehmer schlossen mehrere gleichlautende Kauf- und Leasingverträge („sale and lease back“) über sog. Informationssysteme bzw. Medienrechner (Leasingobjekte). Das System bestand jeweils aus einem handelsüblichen Rechner, einer Wandhalterung und TFT-Monitor(en) und diente dazu, an werbewirksamen Standorten von Kunden („Abonnenten“) des Leasingnehmers aufgestellt zu werden und dort Informationsprogramme und Werbesendungen auszustrahlen. Das Geschäftsmodell wurde auch in einer Vielzahl von weiteren, zu diesem Zweck gegründeten Leasinggesellschaften verfolgt und war durch die erste Komplementär-GmbH (G-GmbH) als „Renditemodell“ konzipiert worden. Die Geschäftsidee war in einem in den Vertragsakten des Beklagten befindlichen „Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft“ dargelegt.
4Die Leasingverträge sahen im Streitfall eine Vertragslaufzeit von vier Jahren (48 Monate) vor. Geregelt wurde jeweils ein Kaufpreis (für den Erwerb durch die KG), monatliche Leasingraten (der P GmbH) und einen Restwert i.H.v. 10 % des Kaufpreises bei Vertragsende. Das Rechnersystem (Leasingobjekt) wurde zunächst vom Leasinggeber (KG) auf Wunsch des Leasingnehmers (P GmbH) zu den Verkaufs-, Lieferungs- und Gewährleistungsbedingungen des Herstellers oder Lieferanten erworben.
5Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verträge (Bl. 175 ff. d. A.) verwiesen. Ein von der Klägerin vorgelegtes Informationsblatt zum Leasingobjekt wies eine technische Haltbarkeit der Bildschirme von 40.000 bis 50.000 Betriebsstunden aus.
6Im Jahr 2008 wurden der Leasingvertrag außerordentlich von der KG gekündigt. Über das Vermögen der Leasingnehmerin wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
7Nachdem die KG keine Feststellungserklärung für das Jahr 2008 abgegeben hatte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und erließ unter dem 12. April 2010 einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO)) stehenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15 Abs. 4 EStG. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 12. April 2010 (RB-Akte des Beklagten) Bezug genommen.
8Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Der Beklagte erließ am 13. Juli 2010 und am 8. Juli 2011 weitere Bescheide.
9Nachdem die KG weiterhin keine Feststellungserklärung abgegeben hatte, wies der Beklagte die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2012 als unbegründet zurück. Die V GmbH war zum Einspruchsverfahren hinzugezogen worden.
10Am 10. Februar 2012 hat die Klägerin als „Gesamtrechtsnachfolgerin der .... KG“ wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung von Einkünften 2008 und des verrechenbaren Verlustes nach § 15 a Abs. 4 EStG Klage erhoben.
11Sie hat im Klageverfahren eine Feststellungserklärung für das Jahr 2008 eingereicht. Beigefügt war ein Jahresabschluss der ...KG (Bl. 27 ff der Akte).
12Die Erklärung weist folgende Zahlen aus:
13Verlust -6.446 €
14(hierin enthalten AfA 8.062 €)
15Laufende Einkünfte -7.845,32 €
16Vergütungen aufgrund gesellschaftsrechtlicher Grundlage 1.400,- €
17Aufteilung/Zurechnung
18V 1.000,- €
19G Gmbh 400,- €
20Klägerin -7.845,32 €
21Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Feststellungserklärung Bezug genommen.
22Mit Beschluss vom 4. Juni 2012 ist das Verfahren zum Ruhen gebracht worden bis zum Ergehen einer die Instanz abschließenden Entscheidung des FG Köln in dem Verfahren 12 K 3660/11. Das Verfahren 12 K 3660/11 ist zwischenzeitlich eingestellt worden. Das Verfahren ist daraufhin wieder aufgenommen worden.
23Die Klägerin ist der Auffassung, die streitgegenständlichen Wirtschaftsgüter (digitale Anzeigesysteme) seien der KG als Anlagevermögen zuzurechnen. Dieser stünden daher auch die entsprechenden Abschreibungen zu. Die Nutzungsdauer der streitgegenständlichen Wirtschaftsgüter richte sich nicht nach den amtlichen AfA-Tabellen. Es handele sich bei den verleasten Gegenständen um Industriegeräte, deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer schon nach Herstellerangaben mindestens 5,1 Jahre betrage. Die amtlichen AfA Tabellen könnten daher nicht herangezogen werden um die wirtschaftliche Zurechnung zu belegen. Es seien die garantierten Betriebsstunden (50.000) zugrundezulegen.
24Der Beklagte versage die Abschreibung zu Unrecht mit der Begründung, dass dem Kauf bzw. dem Verkauf des Wirtschaftsguts und der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums bei wirtschaftlicher Betrachtung nur der Charakter eines Sicherungsgeschäfte zukomme; und lediglich ein Finanzierungsgeschäft gegeben sei.
25Im Streitfall verpflichte sich der Leasingnehmer durch eine Rückkaufsvereinbarung Leasinggegenstände auf Verlangen der KG zurück zu erwerben. Es liege also ein Leasingvertrag mit Verkaufsoption vor, ein solcher Fall werde unter Z. III.1. (Vertrag ohne Kauf oder Verlängerungsoption) des BMF Schreibens vom 19. April 1971 (Bundessteuerblatt I 1971, 264) geregelt. Im vorliegenden Fall betrage die Vertragslaufzeit vier Jahre. Diese Vertragsdauer liege innerhalb der Bandbreite von 40-90 % der Nutzungsdauer, wenn die Nutzungsdauer zwischen viereinhalb und zehn Jahren betrage. Für die relevanten Wirtschaftsgüter sei eine Nutzungsdauer von mindestens fünf Jahren zugrundegelegt worden, so dass die Vertragslaufzeit von vier Jahren innerhalb der oben genannten Bandbreite liege. Nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens sei das Wirtschaftsgut sowohl aus Ertrags-, als auch aus Umsatzsteuerlicher Sicht der KG zuzurechnen. Es sei der KG die Verfügungsmacht an dem Wirtschaftsgut verschafft worden und von Lieferungen an die KG auszugehen. Der KG seien die Wirtschaftsgüter daher zuzurechnen; hieraus ergebe sich die AfA Berechtigung.
26Ferner schaffe die umsatzsteuerliche Übergangsregelung des BMF im Schreiben vom 4.12.2008 einen Vertrauensschutz zu Gunsten der KG. Im letzten Absatz des BMF-Schreibens werde nämlich ausgeführt, dass bei Vertragsabschlüssen vor dem 1. Juli 2009 ebenfalls die bisherige umsatzsteuerliche Handhabe des Sachverhaltes weiter durchgeführt werden dürfe und dass die Finanzverwaltung diese Handhabe aus Gründen des Vertrauensschutzes zu befolgen habe.
27Durch die im Widerspruch zum BMF-Schreiben stehende Gesetzesanwendung verletze der Beklagte den Vertrauensschutz, welche durch die Verwaltungsanweisungen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben geschaffen worden sein.
28Die Klägerin beantragt,
29den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften 2008 vom 8. Juli 2011 nebst Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2012 mit der Maßgabe zu ändern, dass die der Klägerin zuzurechnenden Einkünfte i.H.v-7.845 festgestellt werden,
30hilfsweise die Revision zuzulassen.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen,
33soweit sie über einen zu berücksichtigenden Verlust i.H.v. 2.365,86 € hinausgeht.
34Zur Begründung trägt er vor, die Leasinggüter seien hier abweichend vom zivilrechtlichen Eigentum gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nach dem Gesamtbild der Verhältnisse dem Leasingnehmer (P) als wirtschaftlichem Eigentümer zuzurechnen. Im Streitfall sei ein Finanzierungsmodell gegeben. Daher seien die geltend gemachten Abschreibungen nicht zu berücksichtigen. Es seien jedoch Zinsaufwendungen anzuerkennen. Hinsichtlich der Berechnung wird auf die Anlagen zum Schriftsatz des Beklagten vom 22. Januar 2016 Bezug genommen.
35Die Zurechnung der Wirtschaftsgüter ergebe sich bereits daraus, dass nach den amtlichen AfA-Tabellen für Computer und Monitore (in BStBl I 2000, 1532, Ziffer 6.14.3.2) eine Nutzungsdauer von drei Jahren zugrunde zu legen und die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer damit bereits kürzer als die Leasingdauer (vier Jahre) sei. Abgesehen davon betrage der vereinbarte Restwert nach dem Leasingvertrag 10 % des Neuwertes.
36Unter Berücksichtigung des erheblichen Wertverfalls von elektronischen Komponenten (hier: Computer und Monitore) und der intensiven Nutzung der Geräte seien die Verträge wirtschaftlich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse darauf angelegt, dass die KG als Leasinggeber das Andienungsrecht nutze, um die Systeme an den Leasingnehmer zu veräußern, da deren tatsächlicher Wert bei anderweitiger Verwertung bedeutend geringer sei. Eine Verpflichtung zur Andienung ergebe sich für die Komplementärin (und Treuhänderin) gegenüber den Kommanditisten bereits aus handelsrechtlichen Gesichtspunkten, da die Kommanditisten eine gewinnoptimierte Handlungsweise bei dem renditeoptimierten Modell erwarten konnten. Für die Zurechnung komme es auf den bei Vertragsabschluss zu erwartenden normalen Verlauf der Vertragsabwicklung an, außergewöhnliche Ereignisse – beispielsweise die Insolvenz des Leasingnehmers – hätten außer Acht zu bleiben.
37Die in den Zahlungen der KG enthaltenen Zinsanteile seien als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der Beklagte nimmt insoweit Bezug auf seinen Schriftsatz vom 22. Januar 2016.
38Entscheidungsgründe
39A. Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet; im Übrigen unbegründet.
40Der angefochtene Bescheid ist teilweise rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
41I. Zu Recht berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Beträge für Absetzung für Abnutzung nicht gewinnmindernd.
42Die Vornahme von Absetzungen für Abnutzung (AfA) im Sinne der § 7 EStG kann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur auf Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens erfolgen. Die hier aktivierten Wirtschaftsgüter in Form von elektronischen Informationssystemen stellten keine Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens der KG dar und durften daher von der KG nicht aktiviert und abgeschrieben werden.
43Die Zurechnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen richtet sich nicht notwendigerweise nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten. Übt ein anderer als der bürgerlichrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung wirtschaftlich ausschließen kann, so ist diesem das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO).
441. Im Streitfall ist das wirtschaftliche Eigentum unabhängig von der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums auf die KG bei der P verblieben. Die P konnte die KG als Leasinggeberin und zivilrechtliche Eigentümerin bei normalem Verlauf der Vertragsabwicklung für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf die Informationssysteme wirtschaftlich ausschließen. Die Frage, ob der Leasingnehmer wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingguts geworden bzw. – im Fall des „Sale-and-lease-back“ – geblieben ist, hängt nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO davon ab, ob er die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Leasinggeber als zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Dies ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse anhand der getroffenen Vereinbarungen im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Maßgeblich ist dafür der bei Vertragsabschluss zu erwartende normale Verlauf der Vertragsabwicklung; außergewöhnliche Ereignisse – wie hier z.B. die Insolvenz des Leasingnehmers – haben außer Betracht zu bleiben (BFH-Urteil vom 26. Januar 1970 IV R 144/66, BFHE 97, 466, BStBl. II 1970, 264; Niedersächsisches FG, Urteil vom 3. Juli 2013 4 K 188/11, juris; Weber-Grellet in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 32. Auflage 2013, § 5 Rn. 724). Liegt -wie im Streitfall- ein Andienungsrecht des Leasinggebers vor, so ist, wie auch bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Eigentums, bei Einräumung eines Ankaufsrechts des Leasingnehmers, die sich nach dem Wahrscheinlichkeitsgrad der Optionsausübung richtet (BFH-Urteil in BFHE 97, 466, BStBl. II 1970, 264, unter III. 2. c), darauf abzustellen, ob bei Ablauf der Grundmietzeit mit dessen Ausübung zu rechnen ist (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 3. Juli 2013 4 K 188/11, EFG 2013,1724, Rev. BFH IV R 33/13 anhängig). Dies ist auf der Grundlage des mutmaßlichen, wirtschaftlich vernünftigen Verhaltens der Vertragsbeteiligten zu bestimmen (vgl Urteil des FG Münster vom 11. Dezember 2014, 5 K 3068/13 F, EFG 2015, 694, m.w.N.)
45Der Senat kommt unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, die er für zutreffend hält und denen er folgt, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu dem Ergebnis, dass die P als Leasingnehmer die KG für die gewöhnliche Nutzungsdauer und bei gewöhnlichem (gedachten) Vertragsablauf von der Einwirkung auf die Leasingobjekte wirtschaftlich ausschließen konnte.
46a) Die vertraglichen und tatsächlichen Abläufe waren nach Überzeugung des Senats von Beginn an darauf angelegt, dass die KG am Ende der Laufzeit ihr „Andienungsrecht“ nutzt und der Leasingnehmer die Systeme zu dem bereits fest vorvereinbarten Kaufpreis zurückerwirbt. Allein dies war für die KG wirtschaftlich sinnvoll; die KG hatte insoweit „wirtschaftlich keine andere Wahl“. Hierfür spricht neben dem unstreitigen hohen Wertverfall technischer Komponenten insbesondere auch die angelegte intensive Nutzung der Systeme über viele Stunden je Tag in Umgebungen, die teilweise auch durch die Emissionen (z. B. Wärme, Rauch, Staub, etc.) einen erheblichen wertmindernden Einfluss auf die Systeme haben. Nach regulärem Ablauf der vierjährigen Vertragslaufzeit ist der im Streitfall vereinbare Rückkaufwert von 10 % bereits bei isolierter Betrachtung sehr hoch gewählt und führt dazu, dass die KG (bei regulärem Geschehensablauf) alleine deshalb ihr Andienungsrecht nutzen werde, um der Renditeerwartung der Investoren (Kommanditisten) zu entsprechen. Die Rückkaufsvereinbarung kann aus Sicht des Senats verständig gem. §§ 133, 157 BGB nur dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Prozentsatz auf den in den Verträgen angegebenen Kaufpreis bezieht. Anhaltspunkte dafür, einen aktuellen „Marktwert“ oder „Neupreis“ des Systems als Bezugspunkt zu nehmen, bestehen im Streitfall nicht. Über den Rückkaufwert hinaus spricht auch für die Nutzung des Andienungsrechtes, dass der Wert des Systems in den Verträgen zwischen der KG und dem Leasingnehmer einerseits und den Verträgen zwischen Leasingnehmer und den Abonnenten (z. B. Lokalbetreibern) andererseits unterschiedlich angegeben wird und sich bei Ansatz der Wertangabe gegenüber den Abonnenten ein noch höherer Prozentsatz ergäbe. Entscheidend spricht auch für die Ausübung des Andienungsrechts, dass die Veräußerung zu festgelegten Konditionen unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erfolgen sollte. Bei einer „Drittverwertung“ hätte die KG derartige Vereinbarungen nicht oder nur unter erheblichen Preisabschlägen treffen können.
47b) Die Zurechnung der Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen der P ergibt sich aus Sicht des Senats aus der konkreten Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, bei welcher der Senat weder einer Bindung an die „Leasingerlasse“ der Finanzverwaltung noch an die „amtlichen AfA-Tabellen“ unterliegt. Im Streitfall kann deshalb dahinstehen, ob das Mediensystem bei der AfA gem. § 7 EStG einer typisierten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 3 Jahren unterlag und entsprechend abgeschrieben worden wäre oder ist. Die typisierten Abschreibungsregelungen lassen aus Sicht des Senats keine zuverlässigen oder gar zwingenden Rückschlüsse auf das wirtschaftliche Eigentum zu. Umgekehrt führt deshalb auch die vom Kläger dargelegte technische Nutzungsdauer von über fünf Jahren, die der Senat in der Sache für durchaus plausibel hält, nicht zwangsläufig zu einer Zurechnung der Leasingobjekte an die KG. Eine weiterhin bestehende (möglicherweise auch jahrelange) technische Nutzbarkeit der Leasingobjekte führt im Rahmen der vom Senat vorzunehmenden Gesamtabwägung nach den Verhältnissen des Einzelfalls gleichwohl zur Verneinung des wirtschaftlichen Eigentums des Leasinggebers, da zwischen „technischer Nutzungsmöglichkeit“ und „wirtschaftlicher Ausschlussmöglichkeit“ zu unterscheiden ist und der Vertrag trotz möglicherweise bestehender längerer technischer Nutzbarkeit auf eine Rückveräußerung angelegt ist. Aus diesem Grunde war der Senat auch nicht gehalten, die genaue technische Nutzungsdauer der Systeme durch ein Sachverständigengutachten aufzuklären. Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Umstände besitzt der Senat indes selbst die ausreichende Sachkunde, die wirtschaftliche Beurteilung ist primär Gegenstand richterlicher Sachverhaltsaufklärung und Überzeugungsbildung und als solche einem Sachverständigengutachten nicht zugänglich.
48c) Aus dem sog „Leasingerlass“ der Finanzverwaltung ergibt sich kein für die Klägerin günstigeres Ergebnis. Die Anwendung des Erlasses könnte allenfalls unter dem Gerichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung in Betracht kommen, wenn für die anzunehmende Nutzungsdauer die amtlichen Afa-Tabellen zugrunde gelegt werden. Die Klägerin selbst nimmt jedoch eine abweichende Nutzungsdauer an. Im Übrigen ist der Senat bei seiner Entscheidung nicht an Verwaltungsanweisungen gebunden.
49d) Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der KG genießt für das hiesige Verfahren schon deswegen keinen im BMF-Schreiben vom 4. Dezember 2008 (BStBl I 2008, 1094) zur umsatzsteuerlichen Behandlung von sale-and-lease-back-Geschäften unter Bedingungen gewährten „Vertrauensschutz“, da es sich um ein ertragsteuerliches Verfahren handelt.
50II. Dem wesentlichen Inhalt des Gesamtkonzepts zufolge haben die zwischen der KG und der P geschlossenen und durchgeführten Vereinbarungen der Finanzierung der Informationssysteme gedient. Da es sich nach Vorstehendem bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um ein „Finanzierungsmodell“ handelt, sind die insoweit in den Zahlungen der KG enthaltenen Zinsanteile als Betriebsausgaben der KG zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Berechnung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 22. Januar 2016 Bezug genommen.
51B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 137 FGO. Die Feststellungserklärungen und maßgeblichen Unterlagen wurden erst im Klageverfahren vorgelegt.
52Die Revision ist gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Zur Frage, ob auch ein Andienungsrecht des Leasinggebers die Annahme wirtschaftlichen Eigentums des Leasingnehmers rechtfertigen kann, ist unter dem Aktenzeichen IV R 33/13 bereits ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig.
53C. Der Senat war im Streitfall nicht gehalten, die frühere oder spätere Komplementärgesellschaft notwendig beizuladen. Die KG ist durch Vollbeendigung erloschen, die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin geworden und konnte – abweichend von der früheren Prozessstandschaft der KG (gem. § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO) für ihre Gesellschafter – die Feststellungen kraft eigener Klagebefugnis angreifen. Als nicht am Kapital der KG beteiligte Komplementärin sind Komplementär-GmbHs nicht beizuladen, weil sie von der begehrten Änderung des laufenden Gewinns wegen der festen Haftungsvergütung nicht betroffen sind und der Senat im Ergebnis nur über die Veränderung des Gewinnanteils des Kommanditisten entscheidet (vgl. allgemein hierzu BFH-Urteil vom 24. September 2015 IV R 30/13, BFH/NV 2016, 139).
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.