Urteil vom Niedersächsisches Finanzgericht (3. Senat) - 3 K 406/10
Tatbestand
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Streitig ist der Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens.
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Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr an mehreren Gesellschaften beteiligt. Er war zu 50 v.H. Gesellschafter der G Baugesellschaft mbH & Co. KG sowie Gesellschafter der … Küchen & Bäder G OHG und der G E GmbH & Co. KG. Außerdem führte er als Einzelunternehmer das G Küchenzentrum.
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Bei der G Baugesellschaft mbH & Co. KG handelt es sich um ein Bauträgerunternehmen. Es hat nach Angaben in der Lohnsteuer-Arbeitgeberakte nur einen Arbeitnehmer. Der Firmensitz befindet sich im gleichen Gebäudekomplex wie das G Küchenstudio. Neben dem Kläger sind seine beiden Söhne C und J G zu je 25 v.H. an der G Baugesellschaft mbH & Co. KG beteiligt.
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Durch Feststellungsbescheid vom 21. Februar 2005 ist dem Kläger ein Gewinnanteil an der G Baugesellschaft mbH & Co. KG in Höhe von 291.664,- € zugewiesen worden. Geschäftsführerin der G Baugesellschaft mbH & Co. KG war die Klägerin. Ausweislich der Lohnsteuerkarte bezog die Klägerin im Streitjahr 2003 ein Gehalt von 31.994,68 €. Andere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezog sie nicht.
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Der Klägerin stand nach dem Geschäftsführervertrag vom 6. Mai 2002 ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, welches nach § 3 Satz 3 und 4 des Vertrages nur für Geschäftszwecke verwendet werden darf; Privatfahrten sind untersagt. Tatsächlich wurde der Klägerin seit dem 1. Mai 2002 als Dienstwagen ein Porsche 911 4 S mit einem Listenpreis von 80.000,- € zur Verfügung gestellt.
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Mit Einkommensteuerbescheid 2003 vom 6. April 2005 setzte der Beklagte die Einkommens-teuer zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
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In der Zeit vom 9. Juni 2006 bis zum 17. August 2006 fand bei der G Baugesellschaft mbH & Co. KG eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Der Lohnsteueraußenprüfer vertrat die Auffassung, dass der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung eines dienstlich überlassenen Kraftfahrzeuges zu versteuern sei. Die Klägerin habe weder ein Fahrtenbuch geführt, noch habe ihr Arbeitgeber das Verbot der Nutzung des Fahrzeugs für Privatfahrten ernstlich überwacht. Damit gelte der aus der Lebenserfahrung abgeleitete Anscheinsbeweis, dass das überlassene Fahrzeug auch für Privatfahrten genutzt werde. Den Nutzungsvorteil mit 80.000,- € x 0,12 % = 9.600,- €; zusätzlich brachte der Prüfer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Betrag von 288,- € (15 Fahrten pro Monat, 1km Entfernung) in Ansatz.
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Mit Datum vom 26. Oktober 2006 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2003 gem. § 164 Abs. 2 AO entsprechend den Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung und setzte, neben mehreren für dieses Verfahren nicht erheblichen Punkten, die Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit um 9.888,- € auf 41.882,- € herauf, wogegen die Kläger Einspruch einlegten. Diesen Bescheid änderte der Beklagte später nochmals am 3. Dezember 2009 aus für dieses Verfahren nicht erheblichen Gründen; dabei hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
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Den Einspruch hat der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom 3. Juni 2010 als unbegründet zurückgewiesen.
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Im Klageverfahren tragen die Kläger vor, dass die Klägerin den Porsche 911 nicht für private Zwecke genutzt habe. Für private Fahrten habe ihr ein im Privatvermögen gehaltener Mini Cooper S zur Verfügung gestanden. Dieser sei dem Porsche im Gebrauchswert und Status durchaus vergleichbar. Der Porsche eigne sich wegen seines kleinen Kofferraums auch nicht für Urlaubsfahrten. Sie habe den Porsche immer auf dem Firmengelände stehen lassen. Gegen eine Privatnutzung des Porsches spreche auch die relativ geringe Fahrleistung, die keinen Raum für weitere Privatfahrten lasse.
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Auch dem Kläger sei für betriebliche Fahrten ein Dienstwagen überlassen worden; zudem habe ihm ein weiteres im Privatvermögen gehaltenes Fahrzeug zur Verfügung gestanden. Bei diesen beiden Fahrzeugen habe es sich um einen Aston Martin und einen BMW 760i gehandelt.
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Die Kläger haben erstmals im Klageverfahren ein Fahrtenbuch (Bl. 18, 19 FG-Akte) eingereicht. Sie räumen ein, dass dieses seinerzeit nicht existiert habe. Es hätten aber Aufzeichnungen über die Fahrten in Form einer Excel-Tabelle existiert, die nachträglich in die geschlossene Form des Fahrtenbuches übertragen worden seien. Das Fahrtenbuch bezieht sich auf die Jahre 2003-2006. Der Anfangskilometerstand im Jahre 2003 beträgt 5.040, der Endstand am 1. November 2003 - weitere Fahrten im Jahre 2003 sind nicht dokumentiert - lautet 10.729. Neben dem Datum wird in dem Fahrtenbuch die Fahrzeit aufgezeichnet. Das Fahrtenbuch enthält z.B. folgende Eintragungen:
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Datum Fahrzeit Ort Zweck der Fahrt
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15.2.2003 9-19 Uhr Frankfurt Messe Ambiente
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03.-04.2003 7-23 Uhr Valencia Messe Cersaie
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30.5.2003 7-23 Uhr Nürnberg Stone + tec
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17.1.2004 9-11.30 Uhr Frankfurt Messe Ambiente
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1.10.2004 6-23.45 Uhr Bologna Keramik Messe
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Auf Nachfrage des Gerichts im Termin zur mündlichen Verhandlung, wie es sein könne, dass die Klägerin innerhalb nur eines Tages mit dem Auto von G nach Bologna und wieder zurück gefahren sei und für die Fahrt nach Valencia einschließlich des Messebesuchs nur zwei Tage aufgewandt habe, erklärte die Klägerin, dass die Eintragung sich nicht auf die Fahrt, sondern auf die Zeit des Messebesuchs beziehe. Auf weitere Nachfrage, warum sie einen so weiten Weg wie nach Valencia nicht mit dem Flugzeug, sondern mit dem Auto zurückgelegt habe, erklärte sie, dass sie dort eine Vielzahl von Prospekten erhalten habe, die sie nicht mit dem Flugzeug habe transportieren können. Unterlagen über die Fahrt würden jedoch nicht existieren, da die Kosten der Reise von Geschäftspartnern übernommen worden wären.
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Die Kläger beantragen,
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unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2003 vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt vom 3. Dezember 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2010 die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 9.888 € zu mindern und die Einkommensteuer 2003 entsprechend niedriger festzusetzen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte sieht die Angaben in dem Fahrtenbuch als nicht glaubhaft an, da es erst nachträglich vorgelegt worden sei. Reisekostenabrechnungen, die die Eintragungen be-stätigen würden, seien nicht vorhanden.
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Das Urteil vom 21. April 2010 VI R 46/08 betreffe einen Fahrzeugpool; das Nutzungsverbot sei streng überwacht worden.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
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Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nicht um einen geldwerten Vorteil für die private Nutzung eines dienstlich überlassenen Kraftfahrzeugs zu erhöhen.
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Einnahmen sind gem. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4-7 EStG zufließen. Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeuges zu privaten Fahrten ist nach § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kalendermonat 1 Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Kann das Fahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich der Wert für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG).
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Die Einkünfte der Klägerin sind nicht um einen entsprechenden Nutzungsvorteil zu erhöhen, weil der Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass die Klägerin das ihr überlassene betriebliche Fahrzeug auch zu privaten Fahrten nutzt. Dies geht zum Nachteil des Beklagten, der insoweit die Feststellungslast trägt.
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Von dem Ansatz eines geldwerten Vorteils ist allerdings nicht deshalb abzusehen, weil die Klägerin ein Fahrtenbuch geführt hat und in diesem Fahrtenbuch keine Privatfahrten aufgeführt sind. Denn das sog. „Fahrtenbuch“ genügt nicht den Anforderungen, die an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind. Ganz abgesehen davon, dass das Fahrtenbuch, wie von den Klägern dargelegt, erst Jahre nach dem Streitjahr auf der Grundlage anderer Aufzeichnungen erstellt worden ist, enthält es eindeutig unzutreffende Eintragungen hinsichtlich Datum und Fahrzeit. So ist es bei einer einfachen Entfernung zwischen G und Bologna von 1.075 km und zwischen G und Valencia von rund 1.962 km selbst mit einem schnellen Auto nicht möglich, diese Strecken in 17 Stunden 45 Minuten (1.10.2004 6-23.45 Uhr) bzw. 40 Stunden (3./4.4.2003, 7-23 Uhr) zurückzulegen und innerhalb dieses Zeitraums auch noch eine Messe zu besuchen. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass es sich bei den in dem Fahrtenbuch eingetragenen Daten und Zeiten nicht um die Zeit der Nutzung des Kraftfahrzeuges handelt, sondern um die Zeit des Besuchs der jeweiligen Messen. Damit fehlen aber jegliche Angaben zu Fahrtbeginn und Fahrtende, weil die Fahrten zu und von den Messen zurück nach Hause an dem oder den vorherigen bzw. nachfolgenden Tag/Tagen stattgefunden haben müssen. Die vorgelegten Aufzeichnungen stellen insofern der Sache nach kein Fahrtenbuch, sondern einen Terminkalender dar.
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Nach der Rechtsprechung des BFH spricht aufgrund der Lebenserfahrung ein Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis) dafür, dass ein zur privaten Nutzung überlassenes Kraftfahrzeug auch tatsächlich privat genutzt wird (BFH Urteil vom 21. April 2010 VI R 46/08, BStBl. II 2010, 848). Die Privatnutzung ist in diesem Fall mit der 1%-Regelung anzusetzen. Allerdings kann der Anscheinsbeweis durch den Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden; dazu bedarf es nicht des vollen Beweises des Gegenteils. Der Anscheinsbeweis ist vielmehr schon dann entkräftet oder erschüttert, wenn ein Sachverhalt substantiiert dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt. Die bloße Behauptung des Steuerpflichtigen, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt zu haben, genügt allerdings nicht, um die Anwendung der 1 %-Regelung auszuschließen (BFH Urteile vom 17. November 2009 VI B 11/09, BFH/NV 2010, 650; vom 27. Mai 2009 VI B 123/08, BFH/NV 2009, 1434).
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Die Anwendung der 1 %-Regelung setzt indessen voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hatte. Denn § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG begründet ebenso wenig wie § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG originär einen steuerbaren Tatbestand, sondern bewertet lediglich der Höhe nach einen Vorteil, der dem Grunde nach feststehen muss. Dementsprechend bezeichnet die ständige Rechtsprechung des BFH die 1 %-Regelung auch als eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung, die nicht zur Anwendung kommt, wenn eine Privatnutzung ausscheidet (BFH Urteile vom 13. Februar 2003 X R 23/01, BStBl II 2003, 472; vom 7. November 2006 VI R 19/05, BStBl II 2007, 116.). Der Ansatz eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils rechtfertigt sich deshalb nur insoweit, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch gestattet, den Dienstwagen privat zu nutzen. Die unbefugte Privatnutzung des betrieblichen PKW hat dagegen keinen Lohncharakter. Denn ein Vorteil, den der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers erlangt, wird nicht "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt und zählt damit nicht zum Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG (BFH Urteil vom 21. April 2010 VI R 46/08, BStBl. II 2010, 848).
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Im Streitfall ist der Klägerin nach ihrem Anstellungsvertrag die private Nutzung des Porsches 911 ausdrücklich untersagt. Damit greift nach der neueren Rechtsprechung des VI. BFH der Anscheinsbeweis nicht ein. Soweit nicht das Nutzungsverbot nur zum Schein ausgesprochen wurde (BFH Urteil vom 6. Oktober 2011 VI R 64/10, BFH/NV 2012, 408), streitet der aus der Lebenserfahrung abgeleitete Beweis des ersten Anscheins nicht dafür, dass die Klägerin den ihr zur ausschließlich dienstlichen Nutzung überlassenen Pkw abredewidrig für Privatfahrten verwendet.
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Allerdings verkennt das Gericht nicht, dass sich der Sachverhalt insoweit von den jüngst vom VI. Senat des BFH entschiedenen Fällen dadurch unterscheidet, dass die Klägerin nicht Angestellte, sondern Geschäftsführerin der G Baugesellschaft GmbH war. Der VI. Senat des BFH hat in seiner Argumentation unter anderem darauf abgestellt, dass ein Arbeitnehmer, würde er sich über ein arbeitsvertragliches Nutzungsverbot hinwegsetzen, arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zur Kündigung zu gewärtigen hätte oder sich unter Umständen gar einer Strafverfolgung aussetzen würde (BFH Urteil vom 6. Oktober 2011 VI R 64/10, BFH/NV 2012, 408). Dieses Argument versagt hingegen im Streitfall. Denn die Klägerin ist Alleingeschäftsführerin der G Baugesellschaft GmbH; es gibt keinen ihr übergeordneten Bediensteten, der auf die Einhaltung des Nutzungsverbots dringen und bei Verstoß gegen das Nutzungsverbot ihr gegenüber Sanktionen verhängen oder gegebenenfalls eine Kündigung aussprechen könnte. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der mit ihr zusammenveranlagte Ehemann, der Kläger, zu 50 % an der G Baugesellschaft GmbH beteiligt ist und die übrigen Anteile von den beiden Söhnen des Klägers gehalten werden. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen unerlaubter Privatnutzung des Pkw wäre auf die Höhe des Familienvermögens ohne Einfluss; eine Kündigung der Klägerin würde die Einkommenssituation der Familie eher schädigen, weil gegebenenfalls ein familienfremder Geschäftsführer bestellt werden müsste.
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Die Umsatzsteuersenate des BFH haben für den vom zugrunde liegenden Lebenssachverhalt her identischen Fall der Überlassung eines Kraftfahrzeuges durch das Unternehmen an sein Personal (§ 3 Abs. 1 b Nr. 2 UStG in der aktuellen Gesetzesfassung, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b UStG nach altem Recht) die parallele Frage, ob eine Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes vorliegt, wenn sich der "Leistungsempfänger" eigenmächtig oder widerrechtlich einen Gegenstand oder eine Nutzung verschafft, entgegen der der neueren Rechtsprechung des VI. Senats entsprechenden Argumentation der Vorinstanz (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil des 16. Senats vom 19. Januar 2006 16 K 63/03, DStRE 2008, 632) dahingehend entschieden, dass ein Verbot der privaten Nutzung eines Kraftfahrzeuges den Beweis des ersten Anscheins der privaten Nutzung eines dem Angestellten überlassenen Kraftfahrzeuges nur dann erschüttert, wenn es ernsthaft ausgesprochen wird (BFH Urteil vom 8. Oktober 2008 XI R 66/07, BFH/NV 2009, 616; ebenso BFH Beschluss vom 16. Juni 2009 V B 131/08 BFH/NV 2009, 1678 für den Fall des Geschäftsführers eines Unternehmens), was nur aufgrund einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles zu entscheiden sei. Der Umstand, dass das Nutzungsverbot klar und eindeutig vereinbart sei, reiche für sich nicht aus; vielmehr müsse geklärt werden, ob und wie der Unternehmer die Einhaltung des Nutzungsverbotes kontrolliert.
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Eine ernsthafte Kontrolle des Nutzungsverbots ist aber in Fallgestaltungen wie jener des Streitfalls nicht möglich, weil im Falle eines den Dienstwagen nutzenden Geschäftsführers keine Person mit anderer Interessenlage vorhanden ist, die auf die Einhaltung des Nutzungsverbots dringen könnte. Die „Selbstkontrolle“ durch den den Dienstwagen nutzenden Geschäftsführer oder den Gesellschafter-Ehegatten hingegen ist eine Farce.
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Dennoch bleibt es auch in einer solchen Sachverhaltskonstellation dabei, dass es an einer bewussten Überlassung des Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Geschäftsführer fehlt und so kein Vorteil „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wird. Das Gericht folgt insoweit der Rechtsprechung der oben zitierten Umsatzsteuersenate des BFH nicht, sondern schließt sich der Rechtsprechung des VI. Senats des BFH (Urteil vom 21. April 2010 VI R 46/08, BStBl. II 2010, 848) an.
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Dass sich dies in der Rechtspraxis als „Dummenrechtsprechung“ auswirkt, nach der derjenige, der wahrheitswidrig die Nutzung des Dienstwagens zu privaten Zwecken bestreitet, ohne jegliches Risiko einer strafrechtlichen Ahndung von der Versteuerung des Nutzungsvorteils verschont bleibt, wohingegen jener, der sich der Wahrheit verpflichtet fühlt und die Privatnutzung einräumt, der „Dumme“ ist, der einen Nutzungsvorteil zu versteuern hat, muss demgegenüber hingenommen werden.
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Schließlich führt es auch nicht zum Ansatz eines Nutzungsvorteils, dass die Klägerin nach ihren Einlassungen und den Eintragungen im „Fahrtenbuch“ den Porsche 911 für Zwecke verwendet hat, die nicht zum Geschäftskreis ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der G Baugesellschaft mbH & Co. KG gehören. Denn die von der Klägerin aufgesuchten Messen (z.B. Ambiente Frankfurt, Cevisama Valencia, Cersaie Bologna) befassen sich mit Bad- und Kücheneinrichtung, Keramik und Fliesen und Wohnungseinrichtungen. Der Besuch dieser Messen erfolgte im Interesse des Einzelunternehmens ihres Ehemannes, dem G Küchenzentrum, in dem die Klägerin nicht beschäftigt ist. Mit dem Geschäftszweck des Bauträgerunternehmens G mbH & Co. KG hingegen haben diese Messebesuche - auf die im Übrigen der Großteil der Jahresfahrleistung des Porsche 911 entfällt - ersichtlich nichts zu tun.
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Allerdings kann eine Reise, die an sich privater Natur wäre, wenn sie auf einem eigenen Entschluss des Arbeitnehmers beruhte, dadurch zu einer Dienstfahrt werden, dass sie einer im Rahmen seines Direktionsrechts ausgesprochenen Weisung des Arbeitgebers entspricht; in diesem Falle überlagert die berufliche Veranlassung die private Mitveranlassung. In einem derartigen Sachverhalt liegt kein Verstoß gegen das Verbot der Nutzung des Dienstwagens zu privaten Fahrten vor. So würde beispielsweise die Fahrt mit dem Dienstwagen zum Tennisplatz dann keinen Ansatz eines Nutzungsvorteils nach der 1%-Regelung auslösen, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer die Weisung erteilt, zum Ausgleich seiner starken beruflichen Beanspruchung Sport zu betreiben.
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Entsprechend ist im Streitfall zu entscheiden: Die Klägerin hat mit dem Porsche Fahrten unternommen, die zwar nicht im unmittelbaren dienstlichen Interesse des sie anstellenden Unternehmens, wohl aber im Interesse eines anderen Unternehmens ihres Ehemannes, des zu 50 % an der G Baugesellschaft GmbH beteiligten Klägers lagen. Geschäftsführer der GmbH sind, wie aus §§ 6 Abs. 3, 37 Abs. 1, 38 Abs. 1 und 46 Nr. 5 und 6 GmbHG abgeleitet wird - im Unterschied zur AG den Gesellschaftern gegenüber weisungsgebunden (Grundsatz der Weisungsabhängigkeit); den Geschäftsführern ist die Pflicht auferlegt, diese Weisungen auszuführen (Grundsatz der Folgepflicht; Scholz, Kommentar zum GmbHG § 37 Rn. 30; Roth/Altmeppen, Kommentar zum GmbHG § 37 Rn. 3; BFH Urteil vom 14. Dezember 1959 II ZR 187, 57, BGHZ 31, 278). Wenn also die Klägerin die Fahrten zu den Messen in Absprache (und möglicherweise gemeinsam) mit ihrem Ehemann unternimmt - davon kann bei einer intakten Ehe ausgegangen werden -, dann kam sie einer dienstlichen Weisung nach, so dass die Fahrten beruflich und nicht privat veranlasst sind. Ein Verstoß gegen das im Anstellungsvertrag ausgesprochene Nutzungsverbot liegt nicht vor. Dass die Klägerin im Streitjahr 2003 absprachewidrig andere Privatfahrten vorgenommen hat, hat der insoweit beweisbelastete Beklagte nicht nachgewiesen.
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Käme man zu dem Ergebnis, dass die Fahrten für das Küchenstudio den Ansatz eines Nutzungsvorteils nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG rechtfertigen würden, so hätte die Klage dennoch insoweit Erfolg, als der Beklagte die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um einen Betrag von 288,- € für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erhöht hat. Die Klägerin hat glaubhaft geschildert, dass sie den Porsche auf dem Betriebsgelände abstellt und nicht für die Fahrten zwischen Wohnung und Firma nutzt. Demgegenüber hat der Lohnsteueraußenprüfer in keiner Weise dargelegt, aus welchen Umständen er ableitet, dass die Klägerin mit dem Porsche von ihrer Wohnung aus ihren Arbeitsplatz aufsucht. Auch im weiteren Verlauf des Verfahrens hat sich der Beklagte mit dieser Frage an keiner Stelle gesondert beschäftigt, sondern ist ausschließlich auf die Frage der sog. 1%-Regelung eingegangen.
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Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen, weil deren Ermittlung einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Das Gericht lässt gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Revision zu, weil die Frage der Reichweite des Anscheinsbeweises im Falle der Überlassung von Dienstwagen an den Geschäftsführer noch nicht höchstrichterlich geklärt ist.
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Referenzen
- § 164 Abs. 2 AO 1x (nicht zugeordnet)
- 2010 VI R 46/08 4x (nicht zugeordnet)
- FGO § 100 1x
- FGO § 151 1x
- 2009 V B 131/08 1x (nicht zugeordnet)
- GmbHG § 37 Beschränkungen der Vertretungsbefugnis 1x
- 2003 X R 23/01 1x (nicht zugeordnet)
- GmbHG § 6 Geschäftsführer 2x
- 2011 VI R 64/10 2x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 1 b Nr. 2 UStG 1x (nicht zugeordnet)
- FGO § 115 1x
- 2008 XI R 66/07 1x (nicht zugeordnet)
- 2009 VI B 11/09 1x (nicht zugeordnet)
- GmbHG § 38 Widerruf der Bestellung 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- EStG § 8 Einnahmen 4x
- 2006 VI R 19/05 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- 16 K 63/03 1x (nicht zugeordnet)
- GmbHG § 46 Aufgabenkreis der Gesellschafter 1x
- FGO § 135 1x
- EStG § 6 Bewertung 3x
- 2009 VI B 123/08 1x (nicht zugeordnet)