Beschluss vom Niedersächsisches Finanzgericht (8. Senat) - 8 K 153/19

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Die Entscheidung ergeht kostenfrei.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die Frage, in welchem Umfang die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer der Klägerin abzugsfähig sind.

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Die Klägerin wendet sich gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom ... 2019, mit welchem der Beklagte – das Finanzamt (FA) – die Einkommensteuer auf 0 € festsetzte. Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer berücksichtigte das FA dabei in Höhe von 1.250 €. Den dagegen eingelegten Einspruch, mit welchem die Klägerin einen weitergehenden Abzug der Aufwendungen für das Arbeitszimmer in Höhe von ... € begehrte, sah das FA als zulässig an, nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, sie benötige einen entsprechenden Nachweis gegenüber dem Bundesverwaltungsamt, bei welchem Sie die Freistellung zur Rückzahlung des von ihr in Anspruch genommenen BAföG-Darlehens regelmäßig beantragen müsse. Es wies den Einspruch allerdings mit Einspruchsentscheidung vom ... 2019 als unbegründet zurück.

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Mit der dagegen erhobenen Klage, für welche die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt, verfolgt sie ihr Begehren aus dem Vorverfahren weiter. Auf die Bitte des Berichterstatters, einen Nachweis darüber zu erbringen, dass ein geänderter Einkommensteuerbescheid im Hinblick auf das BAföG-Darlehen benötigt werde, hat die Klägerin einen Bescheid vom ... 2018 über die Freistellung von der Rückzahlungsverpflichtung nach § 18a BAföG des Bundesverwaltungsamts vorgelegt, auf welchen verwiesen wird.

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II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

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1. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. In dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist das Streitverhältnis darzustellen. Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen (§ 117 Abs. 4 ZPO).

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Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für seinen Eintritt eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Für die Gewährung der Prozesskostenhilfe kommt es wesentlich darauf an, ob bei summarischer Prüfung und Würdigung der wichtigsten Tatumstände der vom Antragsteller begehrte Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat, eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten ist insoweit jedoch nicht erlaubt (BFH-Beschluss vom 24. September 2013 III S 21/13 (PKH), BFH/NV 2014, 43, m.w.N.).

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2. Gemessen an diesen Grundsätzen war die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, da die erhobene Klage nach der gebotenen summarischen Prüfung unzulässig ist und daher keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Klägerin ist durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert.

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a) Gemäß § 40 Abs. 2 FGO ist die Klage nur zulässig, wenn die Klägerin geltend macht, durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Hierdurch soll verhindert werden, dass gerichtliche Entscheidungen zu rein abstrakten Rechtsfragen ergehen, denen tatsächlich keine Auswirkung zukommt. Die sogenannte Beschwer wird bei Steuerbescheiden regelmäßig durch eine festzusetzende Steuer zum Ausdruck gebracht. Ausnahmsweise kommt eine Beschwer auch dann in Betracht, wenn zwar keine Steuer festgesetzt worden ist, der Steuerbescheid aber anderweitige Rechtswirkungen im außersteuerlichen Bereich hat (vgl. etwa BFH-Urteil vom 20. Dezember 1994 IX R 124/92, BStBl. II 1995, 628 zur BAföG-Bewilligung).

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b) Danach ist die erhobene Klage unzulässig.

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Zunächst ergibt sich eine Beschwer nicht aus der festgesetzten Steuer, da das FA diese mit 0 € festsetzte.

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Hieran ändern die von der Klägerin geschilderten Umstände nichts. Zwar kann die Klägerin für sich in Anspruch nehmen, dass auch für Zwecke der Freistellung von der Rückzahlung des BAföG-Darlehens auf die sich nach dem EStG zu ermittelnden Einkünfte abzustellen ist (§§ 18a Abs. 1, 21 Abs. 1 S. 1 BAföG). Dies führt im Streitfall allerdings nicht zur Zulässigkeit der Klage.

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Denn einerseits bezieht sich die vom BFH unter Hinweis auf die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte angenommene Bindungswirkung lediglich auf die sich aus § 24 BAföG ergebende Bindungswirkung an den Einkommensteuerbescheid der Eltern des bzw. der Auszubildenden (vgl. aus jüngerer Zeit etwa OVG-Lüneburg, Beschluss vom 26. September 2018 4 LA 367/17, NJW 2018, 3798). Im Streitfall geht es jedoch um den Einkommensteuerbescheid der Klägerin als Empfängerin das BAföG-Darlehens. Für die Voraussetzungen von einer Freistellung der Darlehensrückzahlung kommt es nicht – wie bei den Eltern – auf die Einkommensverhältnisse des vorletzten Kalenderjahres, sondern auf das im Antragsmonat erzielte Einkommen an (§ 18a Abs. 3 Satz 2 BAföG). Mithin wird insofern eine zeitnahe Entscheidung, ggf. aufgrund einer Prognose, getroffen, für welche ein Steuerbescheid, welcher erst nach Ablauf des Kalenderjahres ergehen kann, regelmäßig nicht vorliegt. Zudem wird in der genannten Vorschrift – anders als in § 24 Abs. 2 BAföG – gerade nicht auf den Einkommensteuerbescheid, sondern nur auf das sich nach dem EStG (§ 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG) zu ermittelnde Einkommen abgestellt.

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Selbst wenn im Streitfall – ausnahmsweise, vgl. dazu VG Sigmaringen, Urteil vom 23. Januar 2017 1 K 5304/15, BeckRS 2017, 104231– eine Bindungswirkung bestehen sollte, weil sich die Entscheidung des Bundesverwaltungsamts verzögert, führt dies nicht zur Zulässigkeit der Klage. Denn nach § 18a Abs. 1 Satz 1 BAföG ist eine Freistellung bereits dann vorzunehmen, wenn das „Einkommen monatlich jeweils den Betrag von 1.225 € nicht um mindestens 42 € übersteigt.“ Dabei wären nach § 22 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2 BAföG Jahresbeträge zu zwölfteln. Da der Einkommensteuerbescheid der Klägerin bereits jetzt lediglich einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 7.629 € ausweist und damit das monatliches Einkommen im Sinne § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG rund 636 € beträgt, könnte die Klägerin bereits mit dem ihr vorliegenden Einkommensteuerbescheid eine Freistellung der Darlehensrückzahlungen erreichen.

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Vor diesem Hintergrund würde eine Entscheidung des Senats zu den zwischen den Beteiligten aufgeworfenen Sachfragen der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Vorteil gereichen.

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Überdies ist die Klägerin der Aufforderung, nachzuweisen, dass ein geänderter Einkommensteuerbescheid für die Rückzahlung des BAföG-Darlehens von Bedeutung ist, nicht nachgekommen. Vielmehr hat sie lediglich einen Freistellungsbescheid für die Zeit vom 1. April 2018 bis zum 30. September 2019 vorgelegt. Dafür, dass die Einkünfte des Jahres 2016 von Bedeutung sind, erbringt dies keinen Nachweis. Im Gegenteil ergibt sich aus dem Bescheid eine mehr als zehnjährige Freistellungszeit, so dass die Verhältnisse des Jahres 2016 mutmaßlich bereits berücksichtigt worden sind, was angesichts der grundsätzlich vierteljährlich zu entrichteten Raten und einem damit typischerweise einhergehenden zeitnahen Antrag auf Freistellung auch naheliegend ist. Im Übrigen verlangt das Bundesverwaltungsamt in seinem Bescheid aufgrund von § 18a Abs. 4 BAföG die Erhöhung des Einkommens „im Freistellungszeitraum“ mitzuteilen, verlangt aber ausdrücklich nicht – wie dies bei einer Bindungswirkung zu erwarten gewesen wäre – die Vorlage des Einkommensteuerbescheids.

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Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass er an eine möglicherweise entgegenstehende Auffassung der Finanzverwaltung in AEAO zu § 350 Nr. 3 Buchst. d nicht gebunden ist und eine allgemeine Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheids für das „BAföG-Verfahren“ angesichts der vorstehenden Ausführungen für unzutreffend hält.

 


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