Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 K 1353/09
Tenor
I. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2005 vom 20. Oktober 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2009 werden aufgehoben.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Streitig ist der Ansatz eines Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft.
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Die Kläger sind die Rechtsnachfolger nach ihrem 2003 verstorbenen Vater. Mit notariellem Kaufvertrag vom 09.02.2005 erwarben sie von der Stadt K das Eigentum an dem in K, R-Straße Hausnummer belegenen Erbbaugrundstück, Fl.Nr. .../12, Gebäude- und Freifläche, 1.357 m² groß, für 49.017 Euro (Bl. 8 ff Rechtsbehelfsakten – Rb-Akten). Dieses Grundstück war in Abt. II des Grundbuchs mit einem am 15.08.1955 eingetragenen Erbbaurecht bis zum 01.04.2054 für die Kläger belastet (jährlicher Erbbauzins iHv 175,54 €), ihnen stand ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle zu (Bl. 37 Rb-Akten). In der gleichen Urkunde wurde das Erbbaurecht aufgehoben und dessen Löschung sowie die des Vorkaufsrechts bewilligt und beantragt, beide Rechte wurden am 17.05.2005 gelöscht (Bl. 38 Rb-Akten).
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Am 21.07.2005 verkauften die Kläger dieses Grundstück und das angrenzende Grundstück Fl.Nr. .../152, Wald, R-Straße, 1.995 m² groß, das Teil des Gesamtgutes der Erbengemeinschaft und vor mehr als 30 Jahren vom Erblasser erworben worden war, für insgesamt 145.000 Euro (Bl. 5 ff Vertragsakten). Der Kaufpreis teilte sich nach Ziffer II. des Vertrags wie folgt auf:
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- Grund und Boden
50.000 €
- Gebäude
95.000 €
- 5
Eine wegen Zweifeln an dieser Aufteilung durch den Beklagten veranlasste Verkehrswertermittlung durch einen Bausachverständigen vom 05.07.2007 kam zu folgendem Ergebnis (Bl. 18 ff Vertragsakten):
- 6
Grundstück .../12
Grundstück .../152
Bodenwert
74.000 €
5.000 €
bauliche Anlagen
66.000 €
-
Summe
140.000 €
5.000 €
Gesamtsumme
145.000 €
- 7
Hiervon ausgehend ermittelte der Beklagte in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2005 vom 20. Oktober 2008 folgenden Veräußerungsgewinn iSd § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG:
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- anteiliger Veräußerungserlös (145.000 € x 51,03%)
73.993,50 €
- darauf entfallende Anschaffungskosten
./.50.626,00 €
- anteilige Veräußerungskosten (5.818,48 € x 51,03)
./. 2.969,17 €
- Spekulationsgewinn
20.398,00 €
- 9
Den hiergegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2009 als unbegründet zurück.
- 10
Bestünden wie im Streitfall angesichts des sich nach der Verkehrswertermittlung ergebenden und von der Aufteilung im Kaufvertrag erheblich abweichenden anteiligen Bodenwerts Zweifel an einer vertraglichen Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein Grundstück, sei dieser nach dem Verhältnis der Verkehrswerte für die Einzelwirtschaftsgüter Grund und Boden und Gebäude aufzuteilen. Der Beklagte müsse nicht die Aufteilung aus einem Kaufvertrag akzeptieren, sondern habe den Sachverhalt nach § 88 AO von Amts wegen zu ermitteln. Während bei geringfügigen Abweichungen nicht kleinlich zu verfahren sei, ergebe sich im Streitfall ein Unterschied zwischen vertraglich vereinbartem und gutachterlich ermitteltem Boden-Verkehrswert von 48%. Der Gutachter sei nach anerkannten Methoden vorgegangen. Die Wertsteigerung des Grundstücks erkläre sich dadurch, dass das Erbbaurecht vor der Veräußerung gelöscht worden sei. Mit dieser Befreiung des Grundstücks von einer dinglichen Belastung sei eine Wertsteigerung des Grund und Bodens erfolgt. Die Käufer hätten so ein unbelastetes Grundstück erworben.
- 11
Mit der hiergegen gerichteten Klage wenden sich die Kläger gegen den Ansatz eines Veräußerungsgewinns.
- 12
Die von dem Bausachverständigen ermittelten Verkehrswerte für Gebäude iHv 66.000 Euro und Grund und Boden iHv 74.000 Euro würden bestritten. Der im Vertrag vom 09.02.2005 vereinbarte Kaufpreis iHv 49.017 Euro sei durch den Gutachterausschuss der Stadt K festgesetzt worden. Die Annahme, dieser habe einen zu niedrigen Kaufpreis für den Erwerb festgesetzt, erscheine weltfremd.
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Der Beklagte übersehe, dass der Erblasser bis zu seinem Tode bereits seit 50 Jahren erbbauberechtigt gewesen sei. Das nach § 1 Abs. 1 Erbbaurechtsgesetz veräußerliche und vererbliche Erbbaurecht sei im Wege der Universalsukzession auf die Erben übergegangen. Insoweit gelte § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG bzw. die sog. „Fußstapfentheorie“. Der Erbfall sei kein entgeltlicher Erwerb und damit keine Anschaffung iSd EStG.
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Die dingliche Rechtsposition, die der Erblasser im Laufe der Zeit erworben habe und die möglicherweise zu einem günstigen Anschaffungspreis geführt habe, sei bei der Bewertung bzw. der Ermittlung eines eventuellen Veräußerungsgewinns als steuerneutral zu berücksichtigen. Der Grund für eine Wertsteigerung des Grund und Bodens, nämlich der Wegfall der dinglichen Belastung und somit der damalige Zeitwert des geerbten Erbbaurechts dürfe als ererbter geldwerter Vorteil nicht werterhöhend angesetzt werden.
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Die Kläger beantragen, den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2005 vom 20. Oktober 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2009 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Er nimmt Bezug auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und weist ergänzend darauf hin, dass das Grundstück bei Erwerb zugunsten der Kläger belastet gewesen und sodann von dieser Last befreit veräußert worden sei. Ein Erbbaurecht sei ein grundstücksgleiches Recht und als solches ein selbständiges, neben dem Grundstück bestehendes Wirtschaftsgut. Dieses sei bei der Berechnung des Gewinns wertmäßig nicht berücksichtigt worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze verwiesen (§ 105 Abs. 3 Satz 2 FGO).
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
- 20
Der angefochtene Bescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
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Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Kläger im Streitjahr 2005 einen steuerpflichtigen Gewinn aus einem Veräußerungsgeschäft erzielt haben. An- und Verkauf des Grundstücks R-Straße erfüllen im Ergebnis die Voraussetzungen nach § 23 EStG nicht.
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Zu den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 2 EStG gehören auch solche aus privaten Veräußerungsgeschäften iSd § 23 EStG. Unter diesen Begriff fallen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG in der für das Streitjahr 2005 geltenden Fassung auch Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen wie z.B. Erbbaurechte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung eines Wirtschaftsgutes nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Unter Anschaffung oder Veräußerung iSd § 23 EStG ist die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts zu verstehen. Gewinn oder Verlust aus solchen Veräußerungsgeschäften ist nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits.
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Diese gesetzlichen Voraussetzungen scheinen im Streitfall zunächst erfüllt zu sein. Die Kläger haben am 09.02.2005 das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück für 49.017 Euro erworben und das Grundstück innerhalb der genannten Frist wieder veräußert; dabei erzielten sie, unter Einbeziehung des benachbarten Waldgrundstücks, einen Veräußerungspreis iHv 145.000 Euro.
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Indes berücksichtigt diese Betrachtung nicht, dass der Wertzuwachs, den das Grundstück erfahren hat, ausschließlich darauf beruht, dass die Kläger das bei Eigentumserwerb auf dem Grundstück lastende Erbbaurecht aufgehoben haben und dieses sowie das entsprechende Vorkaufsrecht am 17.05.2005 löschen ließen. Andere Ursachen für eine Wertsteigerung des Grundstücks sind von den Beteiligten nicht genannt worden und auch für den Senat nicht ersichtlich.
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Zweck der Vorschrift des § 23 Abs. 1 EStG ist es, innerhalb einer bestimmten Frist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen. Daraus ergibt sich u.a. das Erfordernis der Nämlichkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut; da die die Gewinnermittlung regelnde Vorschrift des § 23 Abs. 3 EStG ausdrücklich auch Herstellungskosten erwähnt, bedeutet Nämlichkeit lediglich Identität im wirtschaftlichen Sinn. Der BFH hat dieses Merkmal stets als Identität im wirtschaftlichen und nicht im rechtlichen Sinn verstanden (Pfützenreuter in jurisPR-SteuerR 17/2006 Anm. 4 m.w.N.). Die Frage, ob die erforderliche Nämlichkeit gegeben ist oder ein anderes Wirtschaftsgut ("aliud") vorliegt, erfordert einen wertenden Vergleich von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Eine derartige Wertung obliegt dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz (BFH-Urteil vom 13. April 2010, IX R 36/09, BStBl II 2010, 792).
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Eine wirtschaftliche Identität in diesem Sinn hat der BFH beispielsweise bei der Veräußerung von Wertpapieren angenommen, die als Wertpapiere mit variablem Zins (Floating-Rate-Notes) erworben und sodann in festverzinsliche Schuldverschreibungen (Bonds) umgetauscht worden waren. In einem solchen Fall, bei dem Emittent, Inhaber, Nennbetrag und Laufzeit unverändert blieben, das Umtauschrecht zum Bezug der Bonds bereits mit dem Kauf der Floating-Rate-Notes erworben wurde und im Fall eines Umtausches die Floating-Rate-Notes gelöscht und die (nicht gesondert handelbaren) Bonds neu ausgegeben wurden, bedeutete der Umtausch nicht die Anschaffung eines neuen Wertpapiers. Daher erachtete der BFH die zunächst erworbenen und sodann dafür eingetauschten Papiere als wirtschaftlich identisch (BFH-Urteil vom 30. November 1999, IX R 70/96, BStBl II 2000, 262).
- 27
Für den Bereich der Veräußerungen von Grundstücken hat der BFH entschieden, dass etwa die Abgabe eines Meistgebots bei einer Zwangsversteigerung und Abtretung der Rechte daraus in ihrer Wirkung dem Abschluss eines Kaufvertrags über ein Grundstück gleichkomme (BFH-Urteil vom 28. Juni 1977, VIII R 30/74, BStBl II 1977, 827).
- 28
Weil der Erwerb eines Restitutionsanspruchs als gegen eine Behörde auf Zuteilung von (Grundstücks-) Eigentum durch Verwaltungsakt gerichteter öffentlich-rechtlicher Anspruch der Anschaffung des von diesem erfassten Grundstücks gleichsteht, ist der entgeltliche Erwerb des Restitutionsanspruchs und die spätere Veräußerung des rückübertragenen Grundstücks als Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang eines nämlichen Wirtschaftsguts iSd § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG anzusehen (BFH-Urteil vom 13. Dezember 2005, IX R 14/03, BStBl II 2006, 513 m.w.N.).
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Diesen Entscheidungen liegt die Überlegung zugrunde, dass beim Meistgebot das Eigentum durch Zuschlagsbeschluss des Vollstreckungsgerichts (§§ 81 Abs. 1, 90 Abs. 1 ZVG) übertragen wird und das Eigentum an einem Grundstück auf den Restitutionsberechtigten gleichermaßen durch Unanfechtbarkeit der positiven Entscheidung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen übergeht (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Vermögensgesetz - VermG) (vgl. Pfützenreuter, a.a.O.).
- 30
Nämlichkeit zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut ist auch dann noch (teilweise) gegeben, wenn ein unbebautes Grundstück parzelliert und eine Parzelle innerhalb der Spekulationsfrist veräußert wird (BFH-Urteil vom 19. Juli 1983, VIII R 161/82, BStBl II 1984, 26) oder bei Aufteilung eines Hausgrundstücks innerhalb der steuerschädlichen Frist in veräußertes Wohnungseigentum (BFH-Urteil vom 23. August 2011, IX R 66/10, BFH/NV 2012, 94).
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Stellt ein Erbbauberechtigter in Ausübung eines angeschafften Erbbaurechts ein Wohngebäude her und veräußert er dieses zusammen mit dem Erbbaurecht innerhalb der steuerschädlichen Frist nach dessen Anschaffung, besteht hinsichtlich des Erbbaurechts Nämlichkeit mit der Folge, dass ein Spekulationsgeschäft nur hinsichtlich dieses Erbbaurechts vorliegt. Für das Gebäude fehlt es an der erforderlichen Anschaffung (BFH-Urteil vom 30. November 1976, VIII R 202/72, BStBl II 1977, 384).
- 32
Im Hinblick auf diese an Einzelfällen orientierte Rechtsprechung kommt der Senat angesichts der Umstände des Streitfalls zu dem Ergebnis, dass es an einer Nämlichkeit zwischen dem von den Klägern erworbenen und dem wenig später veräußerten Wirtschaftsgut fehlt. Dies ist - mag es auch an einer Umgestaltung des Grundstücks selbst fehlen - durch die Eigenart des das „Wirtschaftsgut Grundstück“ belastenden Erbbaurechts bedingt, unabhängig davon, ob dieses im Ergebnis als ein neben dem Wirtschaftsgut Grundstück bestehendes selbständiges Wirtschaftsgut oder als ein das Wirtschaftsgut Grundstück in erheblichem Maße belastendes, den Klägern zustehendes Nutzungsrecht anzusehen ist.
- 33
Bei einem Erbbaurecht, wie es den Klägern vorliegend zugestanden hat, handelt es sich um ein grundstücksgleiches Recht iSd bürgerlichrechtlichen Vorschriften des BGB (vgl. §§ 1 Abs. 1, 11 Abs. 1 der Verordnung über das Erbbaurecht - ErbbauVO - bzw. Erbbaurechtsgesetz - ErbbauRG), das veräußer- und vererblich ist. Es vermittelt dem Berechtigten das Recht, auf dem belasteten Grundstück ein Bauwerk zu haben, §§ 1, 12 ErbbauRG. In der Rechtsprechung ist ein Erbbaurecht als ein der Anschaffung unterliegendes neben dem Grundstück bestehendes selbständiges Wirtschaftsgut und jedenfalls bestimmte einmalige Aufwendungen für dessen Erwerb (Grunderwerbsteuer, Maklerprovision, Notar- und Gerichtsgebühren) sind im Unterschied zu Erbbauzinszahlungen als Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts "Erbbaurecht“ angesehen worden (BFH-Urteile vom 30. November 1976, VIII R 202/72, a.a.O.; vom 04. Juni 1991, X R 136/87, BStBl II 1992, 70). Mit Urteil vom 23. September 2003, IX R 65/02, BStBl II 2005, 159 hat der BFH darauf hingewiesen, dass es zwischen den Beteiligten eines Erbbaurechtsverhältnisses wie bei jeder anderen Nutzungsüberlassung zu einem Leistungsaustausch kommt, innerhalb dessen die Erbbauzinsen bei dem Grundstückseigentümer als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und nicht als Veräußerungsentgelt anzusehen sind. Wirtschaftlich betrachtet hat der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten das erschlossene Grundstück zur Nutzung ("zum Haben eines Bauwerks", § 1 ErbbauVO) zu überlassen. Der Erbbauberechtigte hat ein Entgelt für eine Nutzungsüberlassung wie ein Mieter oder Pächter zu zahlen, das aber, selbst wenn es als Einmalbetrag gezahlt wird, nicht für eine Anschaffung geleistet wird, sondern um das Grundstück nutzen zu können. Dies kann für ihn ggfls. zu Werbungskosten führen (so auch BFH-Urteil vom 08. Juni 1994, X R 51/91, BStBl II 1994, 779), es handelt sich dabei aber nicht um Anschaffungskosten. Ein Erbbaurechtsverhältnis ist deswegen einkommensteuerlich wie ein Miet- oder Pachtverhältnis zu werten. Die Besonderheit des Erbbaurechts besteht lediglich darin, die Rechtsbeziehungen zu verdinglichen, so dass sie auch zwischen den Nachfolgern im Erbbaurecht und im Grundstückseigentum gelten (vgl. dazu auch Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Anm. 89, 122, 350).
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Nach der so verstandenen Rechtsnatur eines Erbbaurechts stehen sich mit dem von den Klägern erworbenen Grundstück, das im Erwerbszeitpunkt mit einem noch lange Zeit Gültigkeit beanspruchenden Nutzungsrecht belastet war, und dem veräußerten Grundstück, das von dieser Belastung befreit war, Wirtschaftsgüter gegenüber, die nicht über die erforderliche Nämlichkeit im Sinne einer wirtschaftlichen Identität verfügen (a.A. Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 30. September 1992, 14 K 81/91, EFG 1993, 233). Die wirtschaftliche Identität des Wirtschaftsguts Grundstück war zum Erwerbszeitpunkt ganz erheblich von dem auf diesem lastenden Recht, das der jeweilige Eigentümer nicht ohne Mitwirkung des Erbbauberechtigten hätte beseitigen können, geprägt. Rechte, die mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden sind, gelten als dessen Bestandteile (§ 96 BGB). Entsprechendes muss für Einschränkungen des Eigentums an einem Grundstück aufgrund dinglicher Rechte gelten. Diese stellen gleichsam "negative Bestandteile" des Grundstücks dar. Erwirbt ein Steuerpflichtiger daher ein mit einem dinglichen Nutzungsrecht belastetes Grundstück, so übernimmt er nicht einerseits ein Grundstück und andererseits - als selbständiges passives Wirtschaftsgut - die Belastung. Vielmehr erwirbt er ein um das Nutzungsrecht bereits gemindertes Eigentum an diesem Grundstück. Seine Befugnisse als Eigentümer iSd § 903 BGB, das Grundstück unbeschränkt zu nutzen und andere von jeder Einwirkung auszuschließen, sind von vornherein begrenzt (BFH-Urteil vom 17. November 2004, I R 96/02, BStBl II 2008, 296 zur Frage der Bilanzierung eines erworbenen mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks m.w.N.). Eine Erbbaurechtsbestellung hat auf den Verkehrswert (den "gemeinen Wert" im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG) eines Grundstücks erheblichen Einfluss. Denn bei Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr wird sich die Belastung eines Grundstücks mit einem Erbbaurecht regelmäßig preismindernd auswirken (vgl. etwa Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 21. März 1996, 195039K 6, EFG 1996, 798). Dies gilt für den Streitfall insbesondere, weil das Erbbaurecht noch bis zum Jahr 2054, also nahezu 50 Jahre, die dem Eigentümer zur Verfügung stehenden Nutzungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt oder sogar unmöglich gemacht hätte. Entsprechendes gilt für Verwertungsmöglichkeiten außerhalb des im Streitfall vollzogenen Sachverhaltes etwa durch Veräußerung des mit dem Erbbaurecht belasteten und mit einem Gebäude bebauten Grundstücks.
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Die Kläger haben über das für ihren Vater bereits seit 1955 bestehende Recht, das im Wege der Rechtsnachfolge auf sie übergegangen ist, durch die Beantragung und Bewilligung der Löschung im Streitjahr verfügt. Diese Verfügung über das Nutzungsrecht führte zu einer spürbar verbesserten Marktgängigkeit und Handelbarkeit des bis dahin aus Sicht des Eigentümers beschränkten Grundstücks, möglicherweise wurde angesichts der für den Eigentümer bestehenden Einschränkungen eine Marktgängigkeit dadurch sogar erst begründet. Infolge dieser Verfügung war es möglich, den Käufern ein nunmehr lastenfreies Grundstück verkaufen zu können. In der Differenz zwischen dem Kaufpreis für das belastete und dem Veräußerungspreis für das entlastete Grundstück dokumentiert sich aber nicht ein Wertzuwachs des „Wirtschaftsguts Grundstück“, vielmehr stellt diese Differenz den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Marktwert des vom Grundstück zu unterscheidenden Rechts „Erbbaurecht“ dar. Dessen, und nur dessen Wert wurde von den Klägern realisiert. Nachdem dieses Recht, bei dem es zur Wertrealisierung gekommen ist und das nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG als grundstücksgleiches Recht (ausnahmsweise) den gleichen steuerlichen Regelungen unterliegt wie ein Grundstück, für die Kläger bereits seit 1955 in ihnen zurechenbarer Weise bestanden hat, hat sich dessen „Veräußerung“, also die Realisierung des ihm innewohnenden Werts, aber außerhalb des 10-jährigen Zeitraumes des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG vollzogen und damit außerhalb der steuerlich relevanten Frist.
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Wirtschaftlich betrachtet hat sich der Wertzuwachs nicht im Grundstück selbst sondern in einem daneben bestehenden und auf dem Grundstück dinglich lastenden Recht vollzogen. Letztlich haben die Kläger ein in seinem originären Wert unverändertes Grundstück veräußert, gleichzeitig über ein weiteres Recht, nämlich das Erbbaurecht verfügt und dabei einen Wertzuwachs realisiert, der indes angesichts dessen lange zurückliegenden Entstehungszeitpunkts nicht steuerpflichtig ist.
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Zu einem entsprechenden Ergebnis gelangt der Senat ausgehend von der Überlegung, dass bei einem Erwerb des Grund und Bodens durch den Erbbauberechtigten - wie im Streitfall - der Restwert des Erbbaurechts den Anschaffungskosten des Grund und Bodens zuzuschlagen ist (vgl. Schmidt/Kulosa EStG § 6 Rz 89 m.w.N.) - unabhängig davon, ob hier ein noch nicht verbrauchter Restbetrag eines vorausgezahlten Nutzungsentgelts in Gestalt des Erbbauzinses oder etwa übernommener Erbbauzinsen noch hinzu kommt (vgl. für den Bereich des Privatvermögens BFH-Urteil vom 11. Januar 1994, IX R 90/92, BFH/NV 1994, 633) -, auch bei einer angenommenen Qualifizierung eines Erbbaurechts als selbständiges Wirtschaftsgut. Zwar stehen sich während der Dauer des Erbbaurechtsverhältnisses wechselseitige Leistungsverpflichtungen gegenüber, die auf die Nutzungsüberlassung des Erbbaugrundstücks einerseits und die Zahlung des Erbbauzinses andererseits gerichtet sind (so auch Urteil des Finanzgerichts Baden Württemberg vom 30. September 1992, 14 K 81/91, a.a.O.). Mit der Bewilligung der Löschung des Erbbaurechts weit vor der vereinbarten Ablaufzeit (im Streitfall: Laufzeit noch bis 01.04.2054) verzichtet der Erbbauberechtigte nach diesem Verständnis auf ein ihm zustehendes Wirtschaftsgut, also einen vermögenswerten Gegenstand, der sich für den Grundstückseigentümer wiederum als belastendes Wirtschaftsgut darstellt. Diesem Wirtschaftsgut, mögen auch die erbbauberechtigten Kläger dafür keine Zahlungen zu erbringen haben, wohnt ein wirtschaftlicher, handelbarer - ein Erbbaurecht ist veräußerlich - Wert inne, der wiederum Einfluss auf den Grundstückswert hat. In diesem Wert können wirtschaftlich betrachtet Anschaffungskosten des Grund und Bodens erkannt werden (a.A. Finanzgericht Baden-Württemberg vom 30. September 1992, 14 K 81/91, a.a.O.).
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Jedenfalls für den umgekehrten Fall, dass der Grundstückseigentümer ein an seinem Grundstück bestehendes dingliches Nutzungsrecht wie z.B. ein Erbbaurecht ablöst, um die insoweit bestehende Beschränkung seiner Eigentümerbefugnis iSd § 903 BGB zu beseitigen und um als Eigentümer die Liegenschaft unbeschränkt selbst nutzen oder veräußern zu können, kann es sich um eine Anschaffung und weitere Anschaffungskosten des Grundstücks handeln (BFH-Urteil vom 26. Januar 2011, IX R 24/10, BFH/NV 2011, 1480).
- 39
Der Senat hält den Streitfall für nicht vergleichbar mit der Sachverhaltsgestaltung, wie sie der Entscheidung des Sächsischen Finanzgerichts vom 26. Juli 2007, 3 K 438/04, Juris, zugrunde gelegen hat. Danach führte der von den dortigen Klägern bei Erwerb eines Grundstücks ausgesprochene Verzicht auf Rechtspositionen nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht zu (fiktiven) Anschaffungskosten für den Erwerb eines Grundstücks, weil es für die Anwendung des § 23 EStG ohne Belang sei, aus welchen Gründen die Anschaffungskosten niedrig bemessen waren. Eine innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist realisierte Werterhöhung sei auch in den Fällen gegeben, in denen etwa durch geschickte Kaufverhandlungen oder persönliche Beziehungen niedrige Anschaffungskosten entstanden sind, durch Verkauf innerhalb der Frist aber ein höherer Veräußerungsgewinn erzielt werden kann. Derartige Faktoren sind im Streitfall nicht feststellbar. Die Realisierung der „Werterhöhung“ vollzog sich im Streitfall nicht aufgrund derartiger, mit einem gewissen spekulativen Element versehenen Umstände, sondern einzig vor dem Hintergrund des den Klägern zustehenden Erbbaurechts und der mit dessen Löschung einhergehenden Entlastung des Grundstücks.
- 40
Die Kläger des Streitfalls haben das Grundstück anders als die dortigen Kläger angesichts des ihnen rechtlich zustehenden Erbbaurechts - gedanklich - um dessen Wert verbilligt erworben, während im zitierten Fall der Kaufpreis für das Grundstück unabhängig vom tatsächlichen Verkehrswert im Vergleichswege und zur Vermeidung eines Streites über die Frage, wie hoch der Verkehrswert tatsächlich ist und ob ein Anspruch auf Eigentumsverschaffung nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz bestand, vertraglich und vergleichsweise festgelegt wurde. Der dortige Kaufpreis wurde demnach losgelöst von etwaigen Ansprüchen nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz ermittelt. Im Streitfall haben die den Wert des Grundstücks beeinflussenden Ansprüche der Kläger (das Erbbaurecht) zweifelsfrei bestanden.
- 41
Der Senat lässt sich bei seiner Einschätzung auch von einer „Kontrollüberlegung“ insofern leiten, als bei einer Sachverhaltsgestaltung, bei der die Kläger lediglich das Erbbaurecht an die Käufer veräußert hätten und diese das Grundstück unmittelbar von der Stadt K erworben hätten, ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft der Kläger zweifelsfrei nicht anzunehmen gewesen wäre. Entsprechendes gilt für eine Gestaltung, bei der die Kläger vor Erwerb des Eigentums an dem Grundstück am 09.02.2005 der Stadt K als dem Grundstückseigentümer gegenüber auf das Erbbaurecht verzichtet und sich hierfür von dieser eine an der Restlaufzeit orientierte „Entschädigung“ hätten zahlen lassen. Wenn auch das Gericht den jeweils konkret verwirklichten Lebenssachverhalt zu beurteilen hat und hypothetische Sachverhaltsgestaltungen grundsätzlich unbeachtlich sind, erscheint es mit dem Sinn und Zweck der Regelung des § 23 EStG nicht vereinbar, diese zu wirtschaftlich völlig identischen Ergebnissen führenden Sachverhaltsalternativen steuerlich unterschiedlich zu beurteilen.
- 42
Der Normzweck, nämlich Wertmehrungen aus verhältnismäßig kurzfristigen Wertdurchgängen, also innerhalb der 10-jähigen „Spekulations“-Frist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen, der Einkommensteuer zu unterwerfen (BFH-Urteil vom 23. August 2011, IX R 66/10, a.a.O.), würde, auch wenn es dazu einer Spekulationsabsicht nicht bedarf und auf den Veräußerungsgrund nicht ankommt (BFH-Urteil vom 31. August 1994, X R 66/92, BFH/NV 1995, 391), durch die Einbeziehung des Werts des Erbbaurechts, unabhängig davon, ob man dieses als Wirtschaftsgut oder als bloßes Nutzungsrecht begreift, angesichts der deutlichen zeitlichen Überschreitung der „Steuerverstrickung“ dieses Rechts verfehlt. Im Streitfall fehlt es insoweit an einer Verwirklichung des Grundstückswerts als dem maßgeblichen Anknüpfungspunkt der Norm.
- 43
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten und der Abwendungsbefugnis beruht auf §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- 44
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO, insbesondere auch im Hinblick auf die angesprochene Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg, zuzulassen.
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