Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (6. Senat) - 6 K 1203/15
Tenor
I. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vom 18. Mai 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2015 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um 500.000,00 € reduziert werden.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten, sofern nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Streitig ist, ob der Kläger im Zeitpunkt des Zuflusses einer Abfindung als in Großbritannien ansässig anzusehen war mit der Folge, dass nach dem DBA Großbritannien 1964 das Besteuerungsrecht ausschließlich bei Großbritannien liegt.
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Der am ... 1962 geborene Kläger war bis 31.12.2008 Vorsitzender der Geschäftsführung der D GmbH, einer Tochtergesellschaft der D AG; der Anstellungsvertrag war mit der D AG abgeschlossen.
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Am 15.05.2008 schlossen der Kläger und die D AG einen Aufhebungsvertrag, nach dem der Anstellungsvertrag zum 31.12.2008 beendet wurde; zum Ausgleich für den Verlust seines Arbeitsplatzes wurde dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 500.000 € brutto zugesagt. Diese Abfindung wurde auf dem Konto des Klägers am 05.01.2009 gutgeschrieben.
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Am 10.12.2008 gab der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland auf und mietete in London eine Wohnung an. Der Mietvertrag war zunächst befristet für sechs Monate abgeschlossen (Ziffer 1.6.1). Nach Ablauf der Befristung verlängerte der Kläger den Mietvertrag jeweils um einen Monat bis zu seinem Auszug. Zum 01.09.2009 zog der Kläger wieder nach Deutschland.
- 5
Der Beklagte erfasste die Abfindung im Einkommensteuerbescheid für 2009. Die sog. Fünftel-Regelung wendete er nicht an, da die Abfindung die bis Ende 2009 entgehenden Einnahmen nicht überstieg.
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Der Kläger legte hiergegen Einspruch ein.
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Zur Begründung trug er vor, er sei im Zeitpunkt des Bezugs der Abfindung „resident“ im Sinne des nationalen britischen Steuerrechts gewesen und deshalb sei die Abfindung ausschließlich in Großbritannien zu versteuern.
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Er habe vor seinem Umzug im Zusammenhang mit einer geplanten Beratungstätigkeit im Telekommunikationsbereich die B Ltd. gegründet.
- 9
Nach dem BMF-Schreiben vom 14.09.2006, Rz. 21 (BStBl I S. 532) seien Abfindungen, die einem Arbeitnehmer anlässlich seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis gezahlt würden, regelmäßig als nachträgliche Tätigkeitsvergütungen den Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit zuzuordnen. Es handele sich nicht um zusätzliches Entgelt für die frühere Tätigkeit. Deshalb sei für die Besteuerung der Zeitpunkt der Auszahlung maßgeblich.
- 10
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 05.02.2015 als unbegründet zurück.
- 11
Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe in der Zeit vom 10.12.2008 bis 31.08.2009 in Deutschland weder einen Wohnsitz, noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Damit habe keine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland bestanden.
- 12
Eine natürliche Person sei in Großbritannien mit ihrem gesamten Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie dort „resident“ sei. Eine gesetzliche Definition dieses Begriffs gebe es nicht. Der Begriff leite sich vielmehr aus der britischen Rechtsprechung ab. Maßgeblich seien die tatsächlichen Umstände. Dabei zählten nicht nur die tatsächlichen Tage des Aufenthalts, sondern es sei eine Wertung anhand der Gesamtumstände vorzunehmen.
- 13
Eine Person, die einen Aufenthalt von weniger als zwei Jahren plane, oder die noch nicht wisse, wie lange sie bleiben werde, begründe die Ansässigkeit in Großbritannien erst, wenn sie sich mindestens 183 Tage im britischen Steuerjahr dort aufhalte oder in vier aufeinander folgenden Steuerjahren jeweils mindestens 91 Tage dort anwesend sei (Levedag in Wassermeyer, DBA Großbritannien, Anhang Rz. 17 ff.). Dabei spiele die Absicht, mit der der Aufenthalt in Großbritannien begründet worden sei, keine Rolle.
- 14
Nach britischem nationalem Steuerrecht werde in Großbritannien durch die Wohnsitznahme nicht automatisch die unbeschränkte Steuerpflicht ausgelöst. Maßgeblich sei die physische Anwesenheit im britischen Steuerjahr, das vom 06.04. eines Jahres bis zum 05.04. des jeweiligen Folgejahres dauere. Verbringe eine Person mehr als 183 Tage im Steuerjahr in Großbritannien, dann gelte sie unwiderleglich als „resident“.
- 15
Der Kläger sei im Steuerjahre 2008/2009 nur an 116 Tagen und im Steuerjahr 2009/2010 nur an 148 Tagen in Großbritannien anwesend gewesen und erfülle damit die zeitlichen Voraussetzungen für die unwiderlegbare Vermutung nicht.
- 16
Nach außen hin sei nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger die feste Absicht gehabt habe, dauerhaft nach Großbritannien zu gehen.
- 17
In Art. II Abs. 1 DBA Großbritannien 1964 werde der Mittelpunkt der Lebensinteressen als das Gebiet definiert, zu dem die betroffene Person die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe. Dies sei an objektiven Kriterien zu messen.
- 18
Die persönlichen Beziehungen des Klägers seien enger zu Deutschland, da er deutscher Staatsbürger sei, lange in Deutschland gelebt habe und eine in Deutschland lebende Tochter habe. Auch wirtschaftliche Beziehungen habe er weiterhin zu Deutschland, da er die ihm gehörende, zuvor selbst genutzte Wohnung möbliert vermiete. Seine Konten in Deutschland habe er beibehalten. Allein der geplante Aufbau seiner Selbstständigkeit in Großbritannien lasse keine Rückschüsse darauf zu, dass er auch seinen Lebensmittelpunkt habe verlagern wollen.
- 19
Komme eine Person ohne ernsthafte Absichten der dauernden Sesshaftigkeit nach Großbritannien oder sei sie diesbezüglich unentschlossen, so könne sie nach allgemeiner DBA-Kommentierung nicht als „resident“ (ansässig) angesehen werden.
- 20
Da der Kläger im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung mithin weder in Deutschland, noch in Großbritannien ansässig gewesen sei, sei das DBA Großbritannien 1964 nicht anwendbar. Das deutsche Besteuerungsrecht sei nicht eingeschränkt.
- 21
Der Kläger sei im Zeitpunkt des Bezuges der Abfindung in Deutschland beschränkt steuerpflichtig gewesen. Seit dem 01.09.2009 sei er unbeschränkt steuerpflichtig.
- 22
Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG gehörten Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit, die als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG für die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt würden, zu den inländischen Einkünften, sofern die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen hätten. Nach dem BFH-Urteil vom 19.12.2001 – I R 63/00 greife § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG auch dann, wenn ein im Ausland wohnender Arbeitnehmer eine Nachzahlung für die frühere Tätigkeit im Inland erhalte. Entscheidend sei somit der wirtschaftliche Zusammenhang mit der inländischen Tätigkeit. Dieser bestehe im Fall des Klägers. Gemäß § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG gelte der Arbeitslohn in Form einer Entschädigungszahlung (sonstiger Bezug) im Kalenderjahr des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) als bezogen, also im Streitjahr 2009.
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Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG seien die während der Zeit der beschränkten Steuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in die Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht mit einzubeziehen. Somit seien die gesamten Einkünfte des Veranlagungszeitraums 2009 zu veranlagen.
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Die Abfindung könne nicht nach § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 EStG im Rahmen der sog. Fünftel-Regelung ermäßigt besteuert werden, da sie die bis Ende 2009 entgehenden Einnahmen nicht überstiegen habe; das Merkmal der Zusammenballung von Einnahmen i.S. des § 34 EStG sei somit nicht erfüllt.
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Hilfsweise für den Fall der Bejahung der Ansässigkeit in Großbritannien sei Art. 11 DBA Großbritannien 1964 anzuwenden. Die Abfindung gehöre grundsätzlich zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit. Art. 11 Abs. 3 regele die Behandlung von Gehältern, Löhnen und ähnlichen Vergütungen, die eine in einem der Gebiete ansässige Person – hier Großbritannien – für eine in dem anderen Gebiet – hier Deutschland – ausgeübte nicht selbstständige Arbeit beziehe. Diese Vergütungen dürften nur dann in dem erstgenannten Gebiet – hier Großbritannien – besteuert werden, wenn
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a) der Empfänger sich in dem anderen Gebiet – hier Deutschland – insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhalte
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b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitnehmer gezahlt würden, der nicht in dem anderen Gebiet – hier Deutschland – ansässig sei und
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c) die Vergütungen nicht vom Gewinn einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung abgezogen würden, die der Arbeitgeber in dem anderen Gebiet – hier Deutschland – habe.
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Diese Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen, um das Besteuerungsrecht Großbritannien zuzuordnen.
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Stelle man auf das britische Steuerjahr ab, das vom 06.04.2008 bis zum 05.04.2009 gedauert habe, so habe der Kläger sich mehr als 183 Tage in Deutschland aufgehalten. Der Kläger sei tatsächlich im anderen Gebiet, nämlich Deutschland ansässig gewesen und die Vergütungen seien von einer Einrichtung gezahlt worden, die der Arbeitgeber D AG in Deutschland habe.
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Dieses Ergebnis stimme auch mit der Willensrichtung späterer Konsultationsvereinbarungen zwischen Deutschland und Großbritannien vom 08.11.2011 und vom 09.07.2012 überein, die sich auch in dem aktuellen BMF-Schreiben vom 12.11.2014 niederschlügen (Rz. 195). Danach stehe das Besteuerungsrecht für Abfindungen, die als Vergütung aus dem früheren Arbeitsverhältnis oder für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gezahlt würden, dem früheren Tätigkeitsstaat zu.
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Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, zwischen der D AG und ihm habe ein Konzernarbeitsverhältnis für mit Organverantwortung betraute Führungskräfte der Konzern-Tochtergesellschaften bestanden. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag vom 15.05.2008 sei der Kläger Vorsitzender der Geschäftsführung der D GmbH, einer Tochtergesellschaft der D AG gewesen. Die Bestellung des Klägers als Vorsitzender der Geschäftsführung habe mit Ablauf des 31.12.2008 geendet. Da die D AG angekündigt habe, den Kläger nicht erneut zum Vorstand zu bestellen, sei zwischen den Parteien am 15.05.2008 ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden.
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Gemäß § 3 des Anstellungsvertrages vom 22.03.2006/26.03.2006 hätten die Bezüge des Klägers aus einem Jahresgrundgehalt, einer variablen Jahresabschlussvergütung sowie einer garantierten Basistantieme bestanden. Entsprechend § 3 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages vom 15.05.2008 sei vereinbart worden, dass der Kläger für die vorzeitige Beendigung seines Anstellungsvertrages eine einmalige Abfindung in Höhe von 500.000 € brutto in entsprechender Anwendung der §§ 9,10 Kündigungsschutzgesetz erhalte. Im Rahmen des Aufhebungsvertrages habe der Kläger vom Arbeitgeber eine Abrechnungsbescheinigung bis einschließlich Dezember 2008 erhalten, in die die Abfindung einbezogen worden sei. Den insgesamt bescheinigten Betrag in Höhe von 1.067.298,16 € habe die D AG für 2008 vollumfänglich der Lohnsteuer unterworfen.
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Der Kläger sei seit dem 01.08.2008 freigestellt gewesen. Während dieser Zeit seien die monatlichen Bezüge weiter gezahlt worden. Die Abfindung in Höhe von 500.000 € betreffe damit vollumfänglich den Verlust des Arbeitsplatzes. Sie sei für zukünftige Einnahmen bezahlt worden und stelle kein Entgelt für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Es handele sich nicht um bereits verdiente Gehaltsansprüche. Alle Zahlungen des Arbeitgebers, sowohl das Jahresgrundgehalt als auch die variablen Bezüge bis zum 31.12.2008, seien als Arbeitslohn zusätzlich zur vereinbarten Abfindung gezahlt worden.
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Der Kläger habe seine Wohnung in H bereits seit dem 01.07.2008 möbliert vermietet. Vorübergehend habe er eine möblierte Wohnung in K angemietet. Am 10.12.2008 habe er sich in Deutschland abgemeldet. Das Mietverhältnis über die angemietete Wohnung in K sei zum 31.12.2008 gekündigt worden. Der Kläger habe im Jahr 2008 seinen Wohnsitz nach London verlagert. Er habe am 12.12.2008 ein Apartment in London angemietet. Der Kläger habe somit im Zeitpunkt des Zuflusses der Abfindung ausschließlich einen Wohnsitz in London gehabt. Er habe auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr in Deutschland gehabt.
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Da es für den Kläger sehr schwer gewesen sei, im Rahmen seiner Tätigkeit in Deutschland Arbeit zu finden, habe er sich ab dem Zeitpunkt der Freistellung bemüht, eine neue Existenz in England aufzubauen. Dazu habe er bereits während seiner Freistellung Gespräche mit Herrn Dr. H, dem Geschäftsführer der X International zwecks Übernahme der Geschäfte für die X in London geführt. Die X International sei im Bereich der Headhunter weltweit die Nummer 5. Hier habe er als managing director tätig werden sollen. Er habe in Absprache mit Herrn Dr. H eine Partnerschaft für eine Headhunter Organisation aufbauen sollen. Darüber hinaus habe eine Vereinbarung bestanden, selbst als Headhunter erfolgsabhängig tätig zu werden. Der Kläger habe parallel eine Beratungstätigkeit im Telekommunikationsbereich geplant und über eine eigene neu gegründete Gesellschaft Projekte im Bereich Telekommunikation, Medien, Industrie und Sanierung gewinnen wollen. Als weiteres Standbein habe er zusammen mit Herrn Dr. E, dem Gründer der deutschen B GmbH auch in Großbritannien eine gleiche Gesellschaft gründen wollen.
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Der Kläger sei im Hinblick auf den Aufbau seiner neuen Existenz auch davon ausgegangen, mehrere Jahre in London zu verbringen. Insoweit hätten bereits die im Rahmen der Existenzplanung geführten Gespräche und die geplanten Vereinbarungen ein langfristiges mehrjähriges Engagement des Klägers in London erforderlich gemacht.
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Spätestens mit Anmeldung des Telefonanschlusses und Einzug in das gemietete Apartment in London habe der Kläger im Dezember 2008 seine berufliche und private Lebensplanung komplett nach Großbritannien verlagert. Dies ergebe sich nicht nur aus der Absicht, für die X International zu arbeiten, sondern auch objektiv aus dem Aufbau sozialer Kontakte zu Sportklubs und Sponsoring. Der Kläger sei Mitglied des R Sports Club gewesen und darüber hinaus habe er die B Ltd. gegründet. Im persönlichen Bereich sei zu diesem Zeitpunkt das Scheidungsverfahren des Klägers eingeleitet gewesen; die Ehegatten hätten getrennt gelebt. Auch im Hinblick auf das laufende Scheidungsverfahren sei der Aufbau einer neuen Existenz in London langfristig angelegt gewesen.
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Nur aufgrund der Wirtschafts- und Bankenkrise 2008/2009 hätten die angestrebten Ziele und Erwartungen nicht erreicht werden können. Aufgrund der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 und insbesondere ab Mai bis Juni 2009 sei die Krise in Großbritannien so heftig gewesen, dass der Kläger erhebliche Kosten habe aufwenden und Verluste hinnehmen müssen. Da aufgrund der Bankenkrise insbesondere am Finanzstandort London die Bedingungen sich sehr verschlechtert hätten und auch niemand mehr investiert habe, sei der Kläger gezwungen worden, seine geplante Existenz in London zur Vermeidung weiterer Verluste aufgrund der hohen Kosten und fehlenden Einkünfte in Frage zu stellen und auch seinen Wohnsitz in London aufzugeben. Aufgrund der Gespräche mit Headhuntern habe der Kläger sodann eine Option für eine Tätigkeit bei der Firma T in M (Deutschland) gehabt.
- 40
Das Scheitern der beruflichen Planung habe allein auf der Bankenkrise und deren Auswirkungen am Bankenplatz London beruht. Diese Krise habe den Kläger aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, im September 2009 eine neue Tätigkeit in Deutschland anzunehmen und wieder nach Deutschland zurückzukehren.
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Die Abfindung sei am 05.01.2009 auf dem Konto des Klägers gutgeschrieben worden. Soweit das beklagte Finanzamt die Abfindung zunächst im Jahr 2008 der Besteuerung unterworfen habe, sei dem Einspruch des Klägers gegen die Veranlagung 2008 stattgegeben worden. Sodann habe das Finanzamt die Ansicht vertreten, dass die Besteuerung im Jahr 2009 zu erfolgen habe.
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Da der Kläger im Zahlungszeitpunkt am 05.01.2009 in Großbritannien ansässig gewesen sei und Abfindungen nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 OECD-Musterabkommen grundsätzlich in dem Staat zu besteuern seien, in dem der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zuflusses der Abfindung ansässig sei, habe das Besteuerungsrecht dem Grunde nach im Jahr 2009 dem Staat Großbritannien oblegen. Eine Entlassungsabfindung für einen in das Ausland verzogenen Arbeitnehmer, die den Verlust künftigen Arbeitsverdienstes abgelten solle und keinen Zusammenhang zu einer tatsächlich ausgeübten Tätigkeit im Inland aufweise, zähle nicht zu den beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG. Der der Lohnsteuer unterworfene Teil der Abfindung in Höhe von 500.000 € sei nicht im Rahmen einer unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers zu erfassen. Der Kläger sei bereits im Dezember 2008 nach London verzogen und habe im Zeitpunkt der Zahlung der Abfindung keinen Wohnsitz in Deutschland gehabt. Damit habe zum Zeitpunkt der Zahlung entsprechend § 9 AO auch kein gewöhnlicher Aufenthalt des Klägers in Deutschland bestanden. Unter Bezugnahme auf die BFH-Rechtsprechung zur Auslegung von Regelungen des Doppelbesteuerungsrechts bei Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit (entsprechend Art. 15 des OECD-Musterabkommens) würden Entlassungsabfindungen, die den Verlust des Arbeitsplatzes und den damit einher gehenden Verlust des künftigen Arbeitsverdienstes abgelten sollten, nicht für die Ausübung einer konkreten Tätigkeit im Inland oder Ausland gezahlt, sondern für die Beendigung der Tätigkeit. Deshalb sei eine Besteuerung dem Ansässigkeitsstaat vorbehalten (vgl. BFH-Urteil vom 24.02.1988 – I R 143/84, BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819; BFH-Beschluss vom 12.09.2006 – I B 27/06, BFH/NV 2007, 13; BMF-Schreiben vom 14.09.2006, BStBl I 2006, 532, Tz. 121). Unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 27.08.2008 – I R 81/07 folge daraus, dass eine Abfindung, die den Verlust künftigen Arbeitsverdienstes abgelten solle und keinen Zusammenhang zu einer tatsächlich ausgeübten Tätigkeit im Inland aufweise, nicht zu den beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG zähle. Entsprechend den Ansichten in Rechtsprechung und Literatur stelle auch die Änderung des Tatbestandes in § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG durch das Steueränderungsgesetz 2003 lediglich sicher, dass eine Besteuerung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht erfolgen könne. Unter Hinweis auf das DBA Großbritannien komme im vorliegenden Fall eine Besteuerung der Abfindungszahlungen in Deutschland jedoch nicht in Betracht. In Großbritannien sei man unbeschränkt steuerpflichtig, wenn man „resident“ oder „domiciled“ sei. Im vorliegenden Falle des Klägers als Ausländer komme nur „resident“ in Frage; dabei werde wiederum unterschieden zwischen „ordinarily resident“ und „resident“. Für die Frage der Ansässigkeit komme es auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles an. Dabei seien nicht einfach die Anzahl der Tage die man in Großbritannien verbringe, maßgeblich. In Ziffer 2.2 des Schreibens HM Revenue & Costoms, Residence, domicile and the remittance basis, Stand November 2013 (Bl. 109-115 PA), seien die wesentlichen Aspekte aufgeführt, nach denen eine Person „resident“ in Großbritannien sei:
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· Soziale Beziehungen habe der Kläger in Großbritannien aufgebaut, indem er sich nicht nur geschäftlich engagiert, sondern auch sozial im Rahmen von Freundschaften integriert habe. Er habe auch seine Freizeit in London organisiert und sei z.B. Mitglied in dem R Sports Club gewesen.
- 44
· Der Kläger habe enge geschäftliche Beziehungen in London geknüpft, indem er versucht habe, für X International in London eine Struktur aufzubauen. Er sei selbstständig erfolgsabhängig als Headhunter tätig geworden, habe eine englische Gesellschaft gegründet und versucht im Bereich Telekommunikation, Medien und Industrie Projekte zu gewinnen und zu verwirklichen. Bereits im Rahmen dieser umfangreichen Tätigkeiten und Beschäftigungen habe der Kläger enge Verbindung nach Großbritannien geschaffen.
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· Der Kläger habe auch über so genannte „property ties“ verfügt, indem er ein Apartment angemietet habe.
- 46
Damit zeigten schon die von der britischen Finanzverwaltung aufgezeigten Kriterien, dass eine so enge Beziehung zu Großbritannien bestanden habe, dass eine „residence“ vorgelegen habe. Das einzige Kriterium, das vorliegend etwas geringer ausgeprägt sei, seien die persönlichen familiären Beziehungen. Dies sei aber auch nachvollziehbar, da der Kläger im Zeitpunkt seines Umzugs nach Großbritannien bereits von seiner Ehefrau getrennt gelebt habe und ab diesem Zeitpunkt bezüglich der getrennt lebenden Ehefrau auch keine ausgeprägten persönlichen Beziehungen und Verbindungen zu Deutschland mehr bestanden hätten.
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Der Kläger habe zudem auch die Voraussetzungen als „ordinarily resident“ erfüllt. Das Schreiben der britischen Finanzverwaltung liste in Ziffer 3 ab Seite 9 die Kriterien hierfür auf. Eine Person sei „ordinarily resident“, wenn ihr Aufenthalt in Großbritannien für die Zeit der Betrachtung typisch und nicht nur gelegentlich sei. Dabei sei es nicht erforderlich, dass eine Person vorhabe, dauerhaft in Großbritannien zu verbleiben. Vielmehr seien folgende Kriterien ausreichend:
- 48
· Der Aufenthalt müsse für einen gewissen Zeitraum als beständig anzusehen sein. Die Person müsse sich in Großbritannien für diesen Zeitraum niedergelassen haben. Diese Voraussetzung erfülle der Kläger, indem er in London ein Apartment angemietet habe, seinen deutschen Wohnsitz aufgegeben und seinen Lebensmittelpunkt nach London verlegt habe. Auch die Aktivitäten neben der beruflichen Orientierung wie z.B. der Aufbau sozialer Kontakte und die Gestaltung seiner Freizeit im Rahmen einer Mitgliedschaft in einem Sportclub hätten gezeigt, dass er sich dort niedergelassen habe.
- 49
· Der Aufenthalt in Großbritannien für eine bestimmte Zeit sei auch Teil der üblichen und gebräuchlichen Lebensweise. Der Kläger habe sich in London niedergelassen, sein soziales Leben in London konzentriert und sich in erheblichem Maße beruflich engagiert. Er habe mehrere Projekte begleitet, eine Firma gegründet und auch im Rahmen der dargelegten Absprachen und beruflichen Vorhaben mit seinen Partnern und Auftraggebern die Absicht gehabt, mehrere Jahre in London tätig zu sein.
- 50
· Der Kläger sei schließlich auch freiwillig nach Großbritannien gekommen.
- 51
Die gesamten Umstände des Aufenthalts des Klägers in Großbritannien zeigten bereits objektiv, dass er schon im Zeitpunkt des Umzugs vorgehabt habe, dort seinen Lebensmittelpunkt einzurichten und sich nur gelegentlich noch außerhalb des U.K. und insbesondere in Deutschland aufzuhalten.
- 52
Nach dem lokalen Recht in Großbritannien sei es zwar grundsätzlich möglich, dass eine Person „ordinarily resident“, jedoch nicht „resident“ sei. Dies sei allerdings unüblich und komme wohl auch nur in Fällen des Wegzugs aus Großbritannien vor.
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In die Gesamtbetrachtung sei vorliegend auch einzubeziehen, dass der Kläger fast ein gesamtes Jahr versucht habe, in London geschäftlich Fuß zu fassen und die Anzahl der Tage in Großbritannien nur deshalb nicht den Anforderungen genügten, weil sie sich auf zwei britische Steuerjahre verteilten. Es leuchte durchaus ein, dass das Steuerrecht Großbritanniens es nicht allein diesem Zufall unterwerfe, ob jemand als „resident“ angesehen werde. Sollte die Auffassung der Finanzverwaltung richtig sein, wäre die Ansässigkeit und damit die Steuerpflicht in Großbritannien auch sehr leicht gestaltbar, was nicht den Intentionen eines entwickelten Steuerrechts entsprechen könne.
- 54
Art. 11 des DBA Großbritannien bestimme die Zuordnung des Besteuerungsrechts in Fällen der nicht selbstständigen Tätigkeit. Dabei stehe das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat, hier also Großbritannien zu. Art. 11 Abs. 3 DBA Großbritannien regele den Fall, dass sich eine Person mindestens 183 Tage eines Steuerjahres im Tätigkeitsstaat aufhalte. Steuerjahr sei dabei das Jahr, in dem die Vergütung gezahlt werde, hier also das Jahr 2009. Die Einspruchsentscheidung stelle auf das Steuerjahr in Großbritannien ab. Da es hier jedoch um die Besteuerung im Tätigkeitsstaat Deutschland gehe, müsse sich das Steuerjahr nach dem Tätigkeitsstaat bestimmen. Im Steuerjahr 2009 habe der Kläger sich weniger als 183 Tage in Deutschland aufgehalten. Gegen die Rechtsansicht der Finanzverwaltung spreche weiterhin, dass ein DBA gar nicht zum Tragen käme bzw. nicht anwendbar wäre, wenn man erst im 2. Halbjahr des Steuerjahres nach Großbritannien komme.
- 55
In Erwiderung der Stellungnahme des Beklagten trägt der Kläger vor, die Auffassung des Beklagten zur Steuerpflicht in Großbritannien decke sich nur teilweise mit den Regelungen der britischen Finanzverwaltung, die in deren Broschüre dargelegt seien. Auch bei kürzerem Aufenthalt bestehe eine Ansässigkeit in Großbritannien, wenn von Anfang an die Absicht bestehe, dort für einen längeren Zeitraum zu leben. Allerdings sei es hierfür im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten nicht erforderlich, eine Wohnung zu besitzen oder einen 3-jährigen Mietvertrag abgeschlossen zu haben. Mietverträge würden in Großbritannien – anders als in Deutschland – in der Regel nicht unbefristet, sondern für eine feste Mindestvertragslaufzeit abgeschlossen. Üblich sei ein Zeitraum von sechs Monaten oder einem Jahr, wobei sich die Mietzeit um den gleichen Zeitraum verlängere, wenn keine Partei kündige. Ein Mindestmietvertrag von drei Jahren sei im Umkreis von London nicht möglich.
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Der Beklagte gehe auf alle Möglichkeiten der Begründung einer Ansässigkeit in Großbritannien ein. Relevant sei jedoch nur, dass der Kläger eine Form der „residence“ begründe. Im Streitfall liege klägerseits die sogenannte „ordinary residence“ vor. Hierzu werde insbesondere auf 3.2 des Schreibens der britischen Finanzverwaltung hingewiesen. Ergänzend zu den bereits vorgetragenen Kriterien
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· ausschließlicher Wohnsitz in Großbritannien bereits im Jahr 2008
- 58
· umfangreiche berufliche Vorbereitungen für einen längeren Aufenthalt in Großbritannien
- 59
· soziale Kontakte in erheblichem Umfang bereits zu Beginn des Aufenthalts
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· Abbruch der Beziehungen zur damaligen Ehefrau aufgrund des laufenden Scheidungsverfahrens
werde vorgetragen:
- 61
Die ...-Mitgliedschaft im R Sports Club London habe der Kläger langfristig abgeschlossen und erst im Jahr 2010 gekündigt. Er könne durch Zeugen belegen, dass er sich häufig im Sportclub aufgehalten habe.
- 62
Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass der Kläger auch beabsichtigt habe, in London zu promovieren und sich dort in einer Hochschule zu immatrikulieren. Dies vor dem Hintergrund, dass der Abschluss des Klägers als Master of science aus den USA für eine Promotion in Deutschland nicht anerkannt worden sei, die Anerkennung in England jedoch ohne Probleme möglich sei. Erste Priorität habe für den Kläger jedoch vor der Aufnahme des berufsbegleitenden Promotionsstudiums gehabt, zunächst ein stabiles Einkommen zu erzielen.
- 63
Der Kläger habe auch bereits persönliche Beziehungen in London unterhalten. So habe er bereits im Dezember 2008 eine Freundin kennengelernt, mit der er beabsichtigt habe, eine gemeinsame Wohnung zu beziehen. Die Beziehung habe dadurch geendet, dass die Freundin eine Stelle in den USA angenommen habe. Der Kläger habe zu diesem Zeitpunkt keine persönlichen Beziehungen mehr nach Deutschland gehabt. Die Tochter des Klägers habe bei seiner getrennt lebenden Ehefrau gelebt. Bis auf die Unterhaltszahlungen habe er zu ihr zum damaligen Zeitpunkt keinen Kontakt gehabt. Der Kontakt zur Tochter sei erst wieder im Jahr 2012 intensiviert worden.
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Bezüglich der Tätigkeit des Klägers für die X UK werde zum weiteren Nachweis der E-Mail-Verkehr zwischen dem Kläger und Frau G bzw. Herrn Dr. H übermittelt (Bl. 154-159 PA). Als ehemaliger CEO der D sei der Kläger auch in der Lage gewesen, die Themen bei British Y erfolgreich zu verkaufen. Dafür habe der Kläger etwa ein Jahr als Zeitaufwand eingeplant.
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Die Firma B sei Marktführer im Bereich Web Display Advertising gewesen. Da England im Bereich des Internets sehr fortschrittlich sei, sei dies eine weitere wichtige Wachstumssäule für den Kläger in London gewesen.
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Unzutreffend sei die Auffassung des Beklagten, dass man nur bei mindestens 183 Tagen Aufenthalt im Jahr und wenn die feste nach außen sichtbare Absicht bestehe für mindestens drei Jahre in Großbritannien zu bleiben, ab Beginn des Aufenthalts als „ordinarily resident“ anzusehen sei. Es bestehe im britischen Steuerrecht keine Kumulation zwischen einem Aufenthalt von 183 Tagen im Jahr und einer Bleibensabsicht. So schreibe die britische Finanzverwaltung in ihrer Broschüre auf Seite 6 unten:
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„Sie können auch dann resident im Vereinigten Königreich sein, wenn Sie sich hier weniger als 183 Tage im Steuerjahr aufhalten. Dies bestimmt sich danach, wie häufig und wie lange Sie hier sind, dem Grund und dem Muster ihres Aufenthalts und ihrer Beziehung zu UK. Dies kann den Aufenthalt ihrer Familie, ihres Eigentums, ihres Arbeitslebens und ihrer sozialen Beziehungen umfassen.“
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Auch das Beispiel 1 auf Seite 10 der Broschüre zeige, dass eine Person „resident“ und „ordinarily resident“ sein könne, obwohl sie sich weniger als 183 Tage in UK aufhalte.
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Die Darstellung der steuerlichen Auswirkungen der Ansässigkeit in Großbritannien sei vorliegend irrelevant, da es allein auf die Begründung eines Aufenthalts nach dem Doppelbesteuerungsabkommen ankomme. Diese Ansässigkeit allein sei maßgeblich für die Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Großbritannien.
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Zu den alternativen Begründungen des Beklagten sei darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens nicht davon abhänge, ob tatsächlich eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat bestehe. Eine tatsächliche Steuerpflicht der frei zu stellenden Zahlung verlange weder das DBA Großbritannien noch die Rechtsprechung des BFH, noch das Bundesfinanzministerium. Der BFH habe in mehreren Entscheidungen klar gemacht, dass es für die Freistellung in Deutschland auf die Besteuerung im Ansässigkeitsstaat gerade nicht ankomme. Trotz unterschiedlicher Interpretation der Abfindungszahlungen habe der BFH es in mehreren Entscheidungen abgelehnt, seine Auslegung der betreffenden DBA zu ändern, obwohl es in diesen Fällen zu einer Keinmal-Besteuerung gekommen sei (vergleiche unter anderem BFH-Urteil vom 02.09.2009 – I R 111/08 und I R 90/08, BStBl. 2010 II, 294).
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Die Finanzverwaltung habe auf diese Rechtsprechung mit Verständigungsvereinbarungen zu den jeweiligen DBA mit den betroffenen Staaten reagiert. So sei zu Beispiel mit Großbritannien am 08.11.2011 eine Verständigungsvereinbarung abgeschlossen worden. Dadurch werde klar, dass auch das Bundesfinanzministerium davon ausgehe, dass eine tatsächliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat für die Anwendung der Steuerbefreiung nach dem DBA in Deutschland nicht erforderlich sei.
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Sollten die Ausführungen des Beklagten auf Seite 7 seiner Stellungnahme dahin zu verstehen sein, dass eine Besteuerung in Deutschland auch bei Ansässigkeit in Großbritannien möglich wäre, weil die Abfindungszahlung nicht nach Großbritannien überwiesen worden sei, entspräche dies nicht der zutreffenden Interpretation des DBA mit Großbritannien. Zwar sehe Art. II Abs. 2 des hier anwendbaren DBA 1964 grundsätzlich einen Rückfall bei fehlender Überweisung nach Großbritannien vor, allerdings gelte diese Vorschrift nicht für Abfindungszahlungen. Das Finanzgericht Nürnberg habe sich in seinem rechtskräftigen Urteil vom 14.12.2010 (1 K 1134/2008) der herrschenden Meinung in der Literatur angeschlossen und in Tz. 45 dezidiert aufgeführt, dass die „remittance basis“-Klausel des DBA Großbritannien für Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit keine Relevanz habe.
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Zu den Alternativüberlegungen des Beklagten zu den Verständigungsvereinbarungen sei auf die bereits zitierte BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 02.09.2009 – I R 111/08 und I R 90/08, BStBl. 2010 II, 294) hinzuweisen. Die vom Beklagten zitierte Regelung, dass die Vereinbarung in allen noch offenen Fällen anzuwenden sei, möge zwar die Finanzverwaltung binden. Da Verständigungsvereinbarungen jedoch ebenso wie neu abgeschlossene DBA als völkerrechtliche Verträge nach Art. 59 Abs. 2 Grundgesetz in nationales Recht zu transformieren seien, könnten sie Wirkung erst ab der Veröffentlichung des Transformationsgesetzes im Bundesgesetzblatt erlangen. Eine Rückwirkung, die auch von den Gerichten zu beachten wäre, sei daher ausgeschlossen.
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Der Kläger habe zur Zeit der Zahlung der Abfindung keinen Wohnsitz in Deutschland gehabt und sei nicht unbeschränkt steuerpflichtig gewesen. Wie § 50d Abs. 8 EStG knüpfe auch § 50d Abs. 9 EStG an die unbeschränkte Steuerpflicht an. Diese Norm sei deshalb nicht einschlägig, weil vorliegend keine unbeschränkte Steuerpflicht gegeben sei. Die technische Zusammenfassung von rechtlich zwei Steuererklärungen im Rückzugsjahr nach § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG reiche nicht aus, eine unbeschränkte Steuerpflicht zu begründen.
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Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vom 18. Mai 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2015 dahin zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nicht selbstständiger Arbeit um 500.000 € reduziert werden.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Er trägt ergänzend zur Begründung der Einspruchsentscheidung vor, soweit eine natürliche Person in Großbritannien ansässig sei, sei sie dort unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Die „Ansässigkeit“ sei dabei jeweils nach den Gesetzen des betroffenen Staates zu prüfen. Während im deutschen Steuerrecht jemand ansässig und somit unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG sei, der einen Wohnsitz (§ 8 AO) oder einen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) habe, gelte dies für Ausländer in Großbritannien nicht in gleicher Weise. Die Steuerpflicht für Ausländer in Großbritannien richte sich grundsätzlich nach den Verhältnissen des Steuerpflichtigen, dem so genannten persönlichen Status. Bedeutend seien in diesem Zusammenhang die Begriffe
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· non resident
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· resident
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· ordinarily resident
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· domiciled
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· not domiciled
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Die Steuerpflicht in Großbritannien trete ein, wenn eine Person „resident“ sei. Eine Möglichkeit, dies unangefochten zu unterstellen, seien die tatsächlich (körperlich) dort verbrachten Tage: Eine Person gelte dann als „resident“, wenn sie mindestens 183 Tage innerhalb eines Steuerjahres (06.04. bis 05.04. des Folgejahres) in Großbritannien verbracht habe (nur die körperliche Anwesenheit zähle). Wenn eine Person weniger als 183 Tage im Steuerjahr in Großbritannien verbracht habe, gelte diese Person der Tage-Regelung zufolge als „no resident“. Sofern die Person in Großbritannien lediglich regelmäßig Besuche über vier aufeinander folgende Jahre vornehme, die im Durchschnitt 91 Tage oder länger andauerten (habitual visitor), werde sie ab Beginn des 5. Steuerjahres als „resident“ angesehen.
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Werde eine natürliche Person als „resident“ in Großbritannien angesehen, dann gelte dies grundsätzlich nur für den gesamten Zeitraum eines Steuerjahres (pro Steuerjahr neue Prüfung). Für diese entsprechenden Jahre werde die Steuer anhand der Zeit, die der Steuerpflichtige dort gelebt habe, kalkuliert und nicht anhand des gesamten Steuerjahres. Das bedeute, dass das Steuerjahr in einen „non resident“ und einen „resident“ Teil aufgespalten werde.
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Ferner gelte eine Person in Großbritannien als ansässig, die die klare, nach außen erkennbare Absicht habe, in Großbritannien für mehr als zwei Jahre dort verweilen zu wollen und dort ihren festen Lebensmittelpunkt zu verwirklichen. Soweit dies von Beginn an in begründeter Form bewiesen bzw. glaubhaft gemacht werde, gelte die Person bereits mit dem Zuzug als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Als Indizien könnten hierbei z.B. gelten, in Großbritannien zu leben und dort eine Wohnung zu besitzen oder zumindest einen 3-Jahres-Mietvertrag abgeschlossen zu haben. Aber auch weitere Sachverhalte, welche Rückschlüsse auf die Absicht des dauernden Verbleibens in Großbritannien gäben, seien im Rahmen einer Gesamtfallüberprüfung zu berücksichtigen. Weitere Indizien ergäben sich z.B. aus familiären Bindungen und der Art der geschäftlichen und beruflichen Tätigkeit, dem Planungsverhalten der Person in dem neuen Staat sowie die privaten und wirtschaftlichen Verhältnisse in seinem früheren Heimatstaat im Verhältnis zum neuen Staat.
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Die steuerlichen Auswirkungen seien folgendermaßen:
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a) nur „resident“: Die Person zahle nur Einkommensteuer auf Einkommen, die innerhalb Großbritanniens erwirtschaftet würden. Im Ausland erzieltes Einkommen unterliege nicht der britischen Einkommensteuer, selbst wenn es nach Großbritannien transferiert werde. Es gälten die Steuergesetze des Heimatlandes.
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b) „resident“ aber „not ordinarily resident“ und/oder „non domiciled“: Es finde die Besteuerung nach Zuflussprinzip und Welteinkommensprinzip statt. Die Person zahle auf ihr gesamtes in Großbritannien erwirtschaftetes Einkommen Einkommensteuer. Arbeitslohn unterliege der britischen Einkommensteuer, wenn die Person im Ausland für einen britischen Arbeitgeber oder in Großbritannien für einen ausländischen Arbeitgeber tätig werde. Einkünfte aus dem Ausland seien nur steuerpflichtig, wenn sie nach Großbritannien transferiert würden (remittance basis).
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c) „ordinarily resident“ sei ein Steuerpflichtiger dann, wenn es für ihn typisch sei, dass er sich in Großbritannien aufhalte. Dabei werde von einer noch stärkeren Verbindung nach Großbritannien ausgegangen als bei dem eingangs erwähnten Begriff „resident“. Der Status „ordinarily resident“ liege immer vor, wenn eine Person bereits ihr ganzes Leben in Großbritannien verbracht habe. „ordinarily resident“ sei man spätestens nach dem 3. Jahr als „resident“. „Ordinarily resident“ und damit auch gleichzeitig „resident“ sei man ab Beginn des Aufenthalts nur bei einem Aufenthalt von mindestens 183 Tagen im Jahr und wenn die feste, nach außen sichtbare Absicht bestehe, für mindestens 3 Jahre in Großbritannien zu bleiben. Wenn eine Person ohne ernsthafte Absicht der Sesshaftigkeit nach Großbritannien komme oder wenn sie diesbezüglich bei der Einreise unentschlossen sei, könne nicht von einer festen 3-jährigen Aufenthaltsabsicht ausgegangen werden.
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Auswirkungen bei dem Status „ordinarily resident“ aber nicht „domiciled“ habe es insbesondere, wenn eine Person neben ihren Einkünften aus Großbritannien auch (aus dortiger Sicht) ausländische Einkünfte erzielte. Für die letztgenannten Einkünfte gälten dann besondere Regelungen. Einkünfte aus dem Ausland müssten nur versteuert werden, wenn diese nach Großbritannien transferiert würden. Der Steuerpflichtige habe in diesem Fall die Möglichkeit, Einkünfte nicht nach dem Zuflussprinzip, sondern nach dem Verbringungsprinzip, der so genannten „remittance basis“, zu besteuern. Das bedeute, dass der Steuerpflichtige nur das Einkommen versteuern müsse, dass er körperlich nach Großbritannien verbracht habe.
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Bei der Behandlung der Einkünfte spiele der Begriff „domiciled“ neben den vorgenannten Begriffen „ordinarily resident“ und „resident“ eine wichtige Rolle. Der Begriff „domiciled“ beziehe sich auf den bürgerlich-rechtlichen Wohnsitz (ähnlich „Heimat-Wohnsitz“) und sei ein Ausdruck mit technischer Bedeutung. So sei eine Person - vereinfacht ausgedrückt - in Großbritannien rechtlich wohnhaft (domiciled), wenn diese Person dort geboren sei oder in Großbritannien ihren dauerhaften Wohnsitz habe, während das nicht gelte, wenn diese Person nicht in Großbritannien geboren sei und/oder nicht beabsichtige, dort dauerhaft zu bleiben. Beheimatet sei man grundsätzlich dort, wo der Ursprungswohnsitz des Vaters bzw. unter bestimmten Umständen der Mutter gewesen sei. Seine Heimat behalte man bis zu dem Zeitpunkt, in dem man bewusst eine neue begründen wolle bzw. begründe. Dies sei nur unter engen Voraussetzungen möglich. Eine gewählte Heimat sei nur möglich, wenn eine Person in dem gewählten Land physisch anwesend sei oder dort ihren Wohnsitz habe und bei Zuzug die Absicht bestehe, diese Heimat auch auf unbeschränkte Zeit beizubehalten.
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Das gesamte Welteinkommen unterliege in diesem Fall der britischen Einkommensteuer, unabhängig ob es nach Großbritannien transferiert werde oder nicht. Die „domicile rules“ Großbritanniens erlaubten es also, dort zu wohnen, ohne dort domiziliert zu sein und deshalb keine Steuern zu zahlen.
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Zur Prüfung der vorgenannten Tatbestandsmerkmale habe der Kläger im Rahmen seiner steuerlichen Mitwirkungspflichten den Sachverhalt hinreichend aufzuklären. Dies gelte insbesondere, da innere Absichten einer natürlichen Person durch dritte Personen regelmäßig lediglich durch äußere Umstände und Handlungen erkannt werden könnten. Nach § 90 Abs. 2 AO bestünden darüber hinaus bei Auslandssachverhalten besondere Mitwirkungspflichten.
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Als Zwischenergebnis sei festzuhalten, dass unter Berücksichtigung der so genannten 183-Tage-Regelung dem Kläger der „resident“-Status nicht zugesprochen werden könne.
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Im Falle des Klägers lägen zudem indiziell Anhaltspunkte vor, die darauf hindeuteten, dass der Kläger im Zeitpunkt der Zuzugs nicht die Absicht gehabt habe, länger in Großbritannien zu verweilen und somit nicht den Status als „ordinarily resident“ erlangt habe:
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· Aus der im Januar 2009 datierten Vereinbarung („MOU“ - memorandum of understanding) zwischen der X International, der X International Germany GmbH und dem Kläger gehe hervor, dass die geschäftlichen Beziehungen zuerst zeitlich befristet gewesen seien, nämlich am 01.02.2009 begonnen hätten und nach 6 Monaten hätten enden sollen; die Beteiligten hätten vereinbarungsgemäß erst nach Ablauf dieser Frist überprüfen und gemeinsam vereinbaren wollen, ob diese Vereinbarung verlängert werden solle.
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· Weiter gehe aus diesem Schriftsatz hervor, dass im Augenblick der Vereinbarung die Rolle und die Aufgabe des Klägers noch nicht definiert gewesen sei. Deshalb habe der Kläger vor Abschluss dieses Projekts noch nicht damit rechnen können, dass sein dortiges Tätigwerden von Bestand und Dauer sei.
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· Dies spiegele sich auch in der Tatsache wider, dass der am 12.12.2008 abgeschlossene Mietvertrag bis zum 14.06.2009 befristet gewesen sei. Hätte der Kläger die Absicht gehabt, seinen künftigen Lebensmittelpunkt nach Großbritannien zu verlagern, bzw. hätte er ernsthaft mit einem mehrjährigen Engagement in Großbritannien gerechnet, so hätte er - lebensnah gesehen - die Mietdauer höchstwahrscheinlich nicht auf die zeitliche Spanne des vorgenannten Probeprojekts abgestimmt, sondern er hätte gleich einen längerfristigen Mietvertrag abgeschlossen.
- 99
· Der Kläger habe in seiner Einkommensteuererklärung 2009 keine Einkünfte aus Großbritannien erklärt. In einem Schreiben seines Steuerberaters vom 21.03.2013 werde versichert, dass der Kläger in Großbritannien nur Verluste erzielt und deshalb sowohl für 2008 als auch für 2009 in Großbritannien keine Steuererklärung abgegeben habe. Deshalb sei davon auszugehen, dass sämtliche Kosten des Klägers während seines Auslandsaufenthalts aus Mitteln von Konten, die er in Deutschland weiterhin unterhalten habe, getragen worden seien und somit in Großbritannien keine wirtschaftliche Sicherheit, in Deutschland hingegen aber eine solche bestanden habe.
- 100
· Der Kläger habe auch nach seinem Wegzug noch Grundbesitz in Deutschland beibehalten, der zwar vermietet worden sei, aber erforderlichenfalls auch für den Eigenbedarf jederzeit hätte genutzt werden können.
- 101
· Wäre der Aufenthalt in Großbritannien langfristig geplant gewesen, so hätte der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest ein Großteil seiner Bankkonten nach Großbritannien transferiert.
- 102
· Der Kläger habe nicht dargelegt, wieso er allein wegen einer Wirtschaftskrise, wegen der er erhebliche Verluste habe hinnehmen müssen, seinen Wohnsitz in Großbritannien habe aufgeben müssen und wieso er trotz hoher Qualifikation keine andere Arbeit dort gefunden habe. Es deute alles darauf hin, dass die Dauer des Aufenthalts in Großbritannien allein von der Verwirklichung der geschäftlichen Vorhaben abhängig gemacht worden sei (wobei der Erfolg oder Misserfolg eingangs noch völlig unklar gewesen seien) und die vom Kläger dargelegten sozialen und geschäftlichen Beziehungen und Kontakte wohl doch nicht so tiefgreifend gewesen seien, dass er trotz geschäftlicher Misserfolge weiterhin in Großbritannien habe bleiben wollen.
- 103
· Es könne nicht nachvollzogen werden, dass der Kläger sämtliche Kontakte in seinem Heimatland Deutschland abgebrochen habe. Er lebe zwar von seiner Ehefrau getrennt, habe aber auch aus dieser Ehe eine Tochter, die zumindest damals in Deutschland gelebt habe. Aufgrund seiner deutschen Herkunft könne darüber hinaus lebensnah in Betracht gezogen werden, dass er auch einen gewissen Verwandten- und Bekanntenkreis gehabt habe, mit dem er auch Kontakte gepflegt habe. Er habe in Deutschland nicht unerhebliche wirtschaftliche Werte (Konten, Grundbesitz) gehabt, worin ebenfalls eine Bindung zu Deutschland gesehen werden könne. Zudem sei es nicht schlüssig, weshalb es für den Kläger trotz anzunehmender guter Geschäftskontakte, die er im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Vorsitzender der Geschäftsführung einer Tochtergesellschaft der D AG gehabt haben dürfte, sehr schwer gewesen sei, in Deutschland Arbeit zu finden. Nach heutigen Erkenntnissen habe der Kläger nach seiner Rückkehr nach Deutschland wieder Arbeit gefunden.
- 104
· Letztlich habe der Kläger auch nicht erklärt, wo er sich nach Ablauf seines Mietvertrages in London aufgehalten habe. Denkbar sei auch, dass es sich teilweise oder ganz, eventuell zur Vorbereitung des Rückumzuges, wieder in Deutschland aufgehalten habe. Dies würde eine Korrektur der Berechnung der 183-Tage-Regelung nach unten bewirken.
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Wegen der relativ kurzen Aufenthaltsdauer des Klägers in London sei davon auszugehen, dass sein vor dem Zuzug nach Großbritannien wohl unbestritten in Deutschland liegender Lebensmittelpunkt nicht durch die sozialen und geschäftlichen Kontakte in London völlig verloren gegangen sei. Über enge private Kontakte (z.B. Lebensgefährtin), die in der Regel indiziell einen Rückschluss auf den Lebensmittelpunkt zuließen, habe der Kläger bislang nichts vorgetragen. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Indizien (private Kontakte in Deutschland, ungewisse Berufsaussichten in Großbritannien, keine erkennbare Ausrichtung auf längere Anwesenheitsdauer in Großbritannien) sei nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Kläger beabsichtigt habe, nach Deutschland zurückzukehren, falls das berufliche Projekt scheitere – was letztlich wohl auch der Fall gewesen sei, was wiederum darauf schließen ließe, dass keine feste Absicht, in Großbritannien zu bleiben, bestanden habe.
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Für gegenteilige Behauptungen trage der Kläger die allgemeine Beweislast nach § 90 Abs. 1 EStG bei steuermindernden Tatsachen und die spezielle Beweislast nach § 90 Abs. 2 AO bei Auslandssachverhalten. Mit allgemeinen Behauptungen könne er dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Soweit als Beweis Zeugenaussagen angeboten würden, erscheine dies nicht Erfolg versprechend, da sich private Absichten stets im Innern eines Menschen manifestierten und solche Absichten selten bis nie von Dritten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf deren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden könnten. Äußerungen von dritter Seite, die auch lediglich einen Parteivortrag darstellten, halte der Beklagte für nicht aussagekräftig und damit für verzichtbar.
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Allein das Vorbringen des Klägers, dass er bereits soziale Kontakte und geschäftliche Beziehungen in Großbritannien geknüpft habe, beweise nicht, dass er damit die feste und klare nach außen erkennbare Absicht besessen habe, lange Zeit bzw. auf Dauer in Großbritannien zu bleiben. Zum einen bleibe es bei einem gewissen zeitlichen Aufenthalt in einem Land – gerade in einer bedeutenden geschäftlichen Position, wie sie der Kläger innegehabt habe und einer Großstadt wie London – nicht aus, dass soziale Kontakte gefunden und vertieft, sowie geschäftliche Beziehungen geknüpft und gepflegt würden. Ein gesellschaftliches Miteinander sei bei normaler Lebensführung regelmäßig gegeben, auch bei zeitlich befristeten Aufenthalten. Darüber hinaus würden bekanntermaßen gerade in Sportclubs Geschäftsbeziehungen geknüpft und zuweilen dort auch Geschäfte abgeschlossen. Ungeachtet dessen stellten zwischenmenschliche Kontakte und sportliche Aktivitäten mehr oder weniger einen wichtigen Bestandteil des menschlichen Lebens dar, so dass allein die vorgenannten Aktivitäten nicht ausschließlich bei Auswanderern zu beobachten seien und vorliegend deshalb kein maßgebliches Kriterium für die Einstufung als „ordinarily resident“ darstellten.
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Nach erfolgter Gesamtfallbetrachtung ergebe sich folgendes Fazit: Der Kläger habe in Großbritannien während seines gesamten dortigen auch Aufenthaltes – also auch im Zeitpunkt des Zuflusses der Abfindung – im Steuerjahr 2008/2009 – weder den Status „resident“ noch „ordinarily resident“ noch „domiciled“ gehabt. Ein DBA sei in 2009 deshalb nicht anzuwenden.
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In Deutschland habe der Kläger im Veranlagungsjahr 2009 nach deutschem Steuerrecht ab September 2009 einen Wohnsitz gemäß § 8 AO innegehabt und sei somit dort unbeschränkt steuerpflichtig gewesen.
- 110
Es ergebe sich folgende Rechtsfolge: Laut den Vorgaben des DBA Großbritannien 1964 gehe das Besteuerungsrecht für die in Deutschland verbliebene Abfindungszahlung aus dem ehemaligen Arbeitsverhältnis des Klägers nicht an Großbritannien, da der Kläger keinen persönlichen Status gehabt habe, der eine britische Steuerpflicht für Auslandseinkünfte hätte auslösen können. Inländische britische Einkünfte des Klägers seien nicht vorhanden gewesen. Bereits mangels allgemeiner Steuerpflicht in Großbritannien liege kein Fall vor, der im Rahmen eines Doppelbesteuerungsabkommens zu entscheiden wäre.
- 111
Da das volle Besteuerungsrecht Deutschland zustehe, sei ein Progressionsvorbehalt nicht einschlägig. Die Abfindung sei gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG in die Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht einzubeziehen.
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Alternativ gelte:
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Aufgrund des vom Kläger vorgetragenen Sachverhalts, dass er keine Steuererklärung beim britischen Fiskus abzugeben gehabt habe, ergäben sich keine spezifischen Anhaltspunkte dafür, welchen Status der Kläger aus der Sicht der britischen Finanzverwaltung innegehabt habe.
- 114
Rein fiktiv angenommen, der Kläger wäre im Falle eines fiskalischen Zugriffs als „resident“ eingestuft worden, so wäre er nur mit seinen in Großbritannien erwirtschafteten inländischen Einkünften dort steuerpflichtig gewesen. Das Besteuerungsrecht für die von einem deutschen Arbeitgeber stammende und in Deutschland verbliebene Abfindungszahlung hätte Deutschland gehabt. Aus britischer Sicht hätten nicht transferierte ausländische Einkünfte vorgelegen.
- 115
Weiterhin fiktiv angenommen, der Kläger würde im Falle eines fiskalischen Zugriffs als „ordinarily resident“ oder „not domiciled“ eingestuft, so könnte zwar grundsätzlich nach dem Verbringungsprinzip, der so genannten „remittance basis“ besteuert werden (auf Antrag). Da die Abfindungszahlung aber nicht nach Großbritannien transferiert worden sei, hätte der Kläger kein Wahlrecht für diese Besteuerungsart gehabt. Falls ein Wahlrecht bestanden hätte und die britische Besteuerung nicht gewählt worden wäre, so wäre nach der Rückfallklauseln gemäß Art. II Abs. 2 DBA Großbritannien 1964 das Besteuerungsrecht wieder Deutschland zugeordnet worden.
- 116
Ausführungen des Klägers dazu, ob die Auflösungsabfindung einen Zusammenhang mit der ehemaligen inländischen Tätigkeit gehabt habe oder nicht, seien vorliegend unerheblich, denn tatsächlich sei im Rahmen der „remittance basis“-Besteuerung lediglich maßgebend, dass es sich aus der Sicht Großbritanniens um ausländische Einkünfte gehandelt habe und somit nur eine Transferierung nach Großbritannien – falls der richtige persönliche Status vorhanden gewesen wäre (gegebenenfalls plus Option) – eine Steuerpflicht in Großbritannien ausgelöst hätte.
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Auch nach dieser alternativen Sichtweise stehe somit das Besteuerungsrecht Deutschland zu.
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Zu Konsultationsvereinbarungen zwischen Großbritannien und Deutschland – ebenfalls nur fiktiv, falls DBA zur Anwendung gekommen wäre – sei auszuführen:
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Aus diversen Konsultationsvereinbarungen zwischen Deutschland und Großbritannien (Verträge vom 08.11.2011 und 09.07.2012) gehe hervor, dass Großbritannien die Abfindungen für vorzeitiges Ausscheiden aus einem früheren Arbeitsverhältnis nach deren wirtschaftlichem Hintergrund (dem Charakter der Auszahlung) steuerlich behandele. Während Abfindungen mit Versorgungscharakter als Ruhegehälter im Ansässigkeitsstaat besteuert würden, stehe das Besteuerungsrecht für Abfindungen, bei denen es sich um Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen oder andere Vergütungen aus dem früheren Arbeitsverhältnis handele oder die allgemein für das vorzeitige Ausscheiden aus einem früheren Arbeitsverhältnis gewährt würden, dem früheren Tätigkeitsstaat (hier Deutschland) zu. Es werde davon ausgegangen, dass dies auch bei Veranlagungszeiträumen vor der Verständigungsvereinbarung vom 08.11.2011 gelte, denn in dieser deutsch-britischen Verständigungsvereinbarung hätten die Parteien sich in Abs. 4 ausdrücklich dazu geäußert, indem sie klar gestellt hätten, dass die Vereinbarung in allen offenen Fällen anzuwenden sei.
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Weiter sei anzumerken, dass in § 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG Entlassungsabfindungen ausdrücklich genannt seien. Diese hätten nach ständiger Rechtsprechung immer dann Inlandsbezug wenn ein inländischer Arbeitgeber sie auszahle. Soweit der Kläger das BFH-Urteil vom 27.08.2008 – I R 81/07 anführe, gehe es um die Rechtslage vor 2003.
- 121
Die unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei von der Rechtslage in Großbritannien völlig verschieden. Für die unbeschränkte Steuerpflicht nach deutschem Recht reiche es aus, wenn an einem Tag im Kalenderjahr ein Wohnsitz in Deutschland bestehe. Durch den Rückumzug ab September 2009 sei der Kläger unbeschränkt steuerpflichtig geworden.
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Soweit der Kläger meine, es sei auf das Steuerjahr in Deutschland abzustellen, komme es auf die jeweilige Tätigkeit an. Sofern es um eine Tätigkeit in Großbritannien gehe, sei auf das dortige Steuerjahr abzustellen. Soweit es um eine Abfindung für eine frühere Tätigkeit in Deutschland gehe, sei der Veranlagungszeitraum in Deutschland, also das Kalenderjahr maßgeblich. Jedes Steuerjahr sei für sich zu betrachten; die Zeiten des Gesamtaufenthalts dürften nicht addiert werden. Die Aussage in der Einspruchsentscheidung zu a) sei daher dahin gehend zu korrigieren, dass der Kläger sich in dem anderen Staat – Deutschland – 122 Tage aufgehalten habe, also weniger als 183 Tage. Die Voraussetzungen zu b) und c) seien aber erfüllt, so dass sich am Ergebnis nichts ändere.
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Ungeachtet dessen, dass in Art. II Abs. 2 DBA Großbritannien 1964 eine Rückfallklausel enthalten sei, ergebe sich das Besteuerungsrecht Deutschlands auch aus § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG. Da die „Ansässigkeit“ in Deutschland und Großbritannien unterschiedlich definiert werde und das Steuerjahr in Großbritannien vom für Deutschland maßgeblichen Kalenderjahr abweiche, sei der Kläger nicht in Großbritannien ansässig gewesen. Deshalb sei in Großbritannien keine Steuerbarkeit der Abfindung begründet worden. Dies würde zu sog. „weißen Einkünften“ führen, was § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG vermeiden wolle. Bei dieser Vorschrift handele es sich um eine Rückfallklausel für die Fälle, in denen im anderen Staat die Einkünfte nicht besteuert würden, weil die Nicht-Besteuerung im anderen Staat die Folge eines Qualifikationskonfliktes sei. Qualifikationskonflikte hätten ihre Ursache in einer nicht übereinstimmenden Anwendung der Vorschriften des DBA durch die Vertragsstaaten, weil sie
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· von unterschiedlichen Sachverhalten ausgingen,
- 125
· die Abkommensbestimmungen unterschiedlich auslegten
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oder
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· Abkommensbegriffe, die im DBA nicht definiert seien, nach ihrem nationalen Recht unterschiedlich auslegten.
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Erfasst würden bei dieser Vorschrift Einkünfte, die im anderen DBA-Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig seien, weil sie von einer Person bezogen würden, die in diesem Staat nicht aufgrund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Orts ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig sei. Diese Tatbestandsvoraussetzungen liege hier vor. § 50d Abs. 9 EStG könne auch dann zur Besteuerung von Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit führen, wenn die Einkünfte nach § 50d Abs. 8 EStG steuerfrei belassen werden könnten. Die Regelungen des § 50d Abs. 8 und 9 EStG seien insoweit nebeneinander anzuwenden. Bei Abfindungszahlungen wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses handele es sich nach deutschem Steuerrecht eindeutig um Einkünfte nach § 19 EStG. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass Großbritannien auf ein ihm zustehendes Besteuerungsrecht verzichtet habe. Der Kläger habe bereits in seinem Schreiben vom 22.03.2008 erklärt, dass er in Großbritannien keine Steuererklärung abgegeben habe, weil er keinerlei positive Einkünfte in Großbritannien erzielt habe. Dies stehe in Widerspruch zu seiner Behauptung, dass das Besteuerungsrecht der Abfindung Großbritannien zustehe. In diesem Zusammenhang werde nochmals auf die besonderen Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten gemäß § 90 Abs. 2 AO hingewiesen. Soweit der Kläger vortrage, dass die Einkünfte in Großbritannien steuerfrei seien und deshalb keine Rückfallbesteuerung in Deutschland infrage käme, könne dem nicht gefolgt werden. Der Kläger müsse im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten konkret darlegen, nach welcher nationalen Vorschrift in Großbritannien das dem dortigen Finanzamt vermeintlich zustehende Besteuerungsrecht für die Abfindungszahlung des Klägers wegen Steuerfreiheit nicht ausgeübt worden sei.
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Der Beklagte vertrete hingegen die Auffassung, dass die Abfindungszahlung wegen der fehlenden Ansässigkeit des Klägers im streitbefangenen Zeitraum bereits nicht steuerbar sei, was eine Steuerfreiheit ausschließe. Nur Einkünfte, die steuerbar seien, könnten in der Folge entweder steuerpflichtig oder steuerfrei sein. Nicht steuerbare Einkünfte seien per se von der Besteuerung ausgenommen; hier greife auch kein DBA. Der Auffassung des Klägers, dass es unerheblich sei, ob in Großbritannien eine Besteuerung stattgefunden habe oder nicht, könne nicht gefolgt werden.
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Eine Beweisaufnahme erachte das FA für nicht erforderlich, da für die streitbefangene Abfindung, die nach deutschem Recht zweifelsfrei Arbeitslohn sei und von einem inländischen Arbeitgeber gezahlt worden sei, das Besteuerungsrecht Deutschland zustehe. Dies sei unabhängig davon, wann die Abfindung dem Kläger zugeflossen sei, denn gem. Art. XI Abs. 2 DBA Großbritannien 1964 sei ein Zuflusszeitpunkt nicht maßgeblich.
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Zur Beurteilung der geplanten Aufenthaltsdauer des Klägers in Großbritannien komme es auf die im Januar 2009 datierte Vereinbarung „MOU – memorandum of understanding“ zwischen der X International, der X International Germany GmbH und dem Kläger an, da diese den größten Aufschluss bringe. Aus diesem Memorandum gehe nämlich hervor, dass die geschäftlichen Beziehungen zeitlich befristet gewesen seien, nämlich am 01.02.2009 begonnen hätten und nach sechs Monaten endeten; die Vertragsparteien hätten vereinbarungsgemäß nach Ablauf dieser Frist überprüfen und gemeinsam vereinbaren wollen, ob die Vereinbarung verlängert werden solle. Im Augenblick der vorläufigen Vereinbarung seien die Rolle und die Aufgaben des Klägers noch nicht definiert gewesen. Auch deshalb habe der Kläger vor Ablauf der Prüfungsphase noch nicht damit rechnen können, dass seine Tätigkeit von Bestand und Dauer sei. Dies werde unterstützt durch die Tatsache, dass er einen befristeten Mietvertrag abgeschlossen habe.
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Das Urteil des FG Nürnberg vom 14.12.2010 – 1 K 1134/2008 betreffe den umgekehrten Fall, dass der in Deutschland steuerpflichtige Kläger Einkünfte in England bezogen habe.
- 133
Ergänzend wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen (§ 105 Abs. 3 Satz 2 FGO).
- 134
Das Gericht hat schriftliche Auskünfte der Zeugen Dr. E (Bl. 191/192 PA) und Dr. H (Bl. 207 PA) eingeholt.
- 135
Herr Dr. E hat die Fragen mit Email vom 13.12.2017 beantwortet (Bl. 200 PA).
- 136
Herr Dr. H hat die Fragen mit Schreiben vom 04.01.2018 (Bl. 229 – 231 PA) beantwortet.
- 137
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Dr. E. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2018 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 138
Die Klage ist begründet.
- 139
Die einkommensteuerliche Erfassung der Abfindung in Höhe von 500.000 € ist rechtswidrig.
1.
1.1.
- 140
Zu Recht hat der Beklagte den Kläger als im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung als mit diesen Einkünften in Deutschland gem. § 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG beschränkt steuerpflichtig behandelt.
- 141
In Deutschland hatte der Kläger am 05.01.2009 weder einen Wohnsitz, noch einen gewöhnlichen Aufenthalt und war damit nicht gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig. Davon ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 FGO) unter Einschluss der eingeholten schriftlichen Auskünfte, des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung überzeugt. Der Kläger hatte seine Wohnungen in Deutschland zu diesem Zeitpunkt aufgegeben, ein Appartement in London angemietet und sich auch tatsächlich dort aufgehalten. Nach Deutschland kehrte er erst nach der Beendigung des Mietverhältnisses in London und einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in Spanien, um den Jakobsweg zu gehen, zurück.
- 142
§ 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG (Fassung seit 2009 unverändert) unterwirft der beschränkten Steuerpflicht Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit, die als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG für die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben.
- 143
Hierunter fallen regelmäßig Abfindungen aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses (§ 24 Nr. 1 a) EStG).
Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die mit dem Aufhebungsvertrag vom 15.05.2008 vereinbarte Abfindung abweichend zu beurteilen wäre. Gem. § 3 des Vertrages wird die Abfindung zum Ausgleich für die vorzeitige Beendigung des Anstellungsvertrages gezahlt. Die ausdrückliche Bezugnahme auf §§ 9, 10 KSchG ist nicht erforderlich. Irrelevant ist auch, dass die Abfindung nicht zusätzlicher Lohn für tatsächlich geleistete Arbeit ist; dies wird gerade nicht vorausgesetzt.
- 144
Der zuvor von der D AG bezogene Arbeitslohn war unzweifelhaft im Inland steuerbar. Der Kläger war zur Zeit des Bezuges noch unbeschränkt steuerpflichtig gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Lediglich für den Monat Dezember bestand die unbeschränkte Steuerpflicht nicht mehr für den ganzen Monat. Da die Tätigkeit im Inland ausgeübt wurde, fällt der Arbeitslohn aber unter § 49 Abs. 1 Nr. 4 a) EStG und ist damit jedenfalls beschränkt steuerpflichtig. Hieran ändert auch die Freistellung gem. dem Aufhebungsvertrag vom 15.05.2008 nichts. Maßgeblich ist, dass die ursprüngliche Arbeitsleistung in Deutschland geschuldet war.
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Die Abfindung ist somit in Deutschland steuerbar.
1.2.
- 146
Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass der Kläger in Großbritannien im Zeitpunkt des Bezuges der Abfindung „resident“ war.
- 147
Das britische Recht unterscheidet zwischen „resident“ und „ordinarily resident“. Im ersten Fall werden nur die britischen Einkünfte der britischen Besteuerung unterworfen, nicht aber die außerhalb von Großbritannien erzielten Einkünfte, außer der Steuerpflichtige verbringt sie nach Großbritannien (remittance basis). Ist der Steuerpflichtige hingegen „ordinarily resident“ oder „domiciled“, so gilt das Welteinkommensprinzip (arising basis of taxation) (vgl. Ziff. 2.1 des Schreibens der britischen Finanzverwaltung HMRC – Bl. 109 ff. PA – und Levedag in Wassermeyer DBA Großbritannien, Anhang).
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Ein Steuerpflichtiger ist in jedem Fall als „resident“ anzusehen, wenn er im britischen Steuerjahr mindestens 183 Tage in Großbritannien anwesend war. Bei kürzerem Aufenthalt kann die „residence“ dennoch zu bejahen sein. Dies hängt ab von der Länge und Häufigkeit der Aufenthalte, deren Zweck, sowie den sozialen Verbindungen zu Großbritannien. Die vom HMRC aufgeführten Beispiele sind nicht abschließend; maßgeblich ist die vorzunehmende Gesamtbetrachtung (Ziffer 2.2 des Schreibens HMRC).
- 149
Ein Steuerjahr dauert in Großbritannien vom 06.04. des ersten Kalenderjahres bis zum 05.04. des folgenden Kalenderjahres (vgl. Levedag in Wassermeyer, DBA-Großbritannien 2010, Anhang DBA-GB Rz. 3).
- 150
Zwar war der Kläger in den Steuerjahren 2008/2009 und 2009/2010 jeweils weniger als 183 Tage in London ansässig; nach den Feststellungen des Senats hat er aber die übrigen Voraussetzungen erfüllt (2.2. des Schreibens der britischen Finanzverwaltung). So hielt er sich in dem Zeitraum von Dezember 2008 bis Juli/August 2009 im Wesentlichen in London auf und entfaltete dort geschäftliche Aktivitäten. Dies allein ist ausreichend. Eine Rolle bei der Gesamtbetrachtung spielt auch, dass der Kläger im Kalenderjahr 2009 die 183 Tage überschritten hat. Weiter hat er in London ein Appartement angemietet und seinen Wohnsitz in Deutschland aufgegeben.
- 151
Hingegen sieht der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens den Nachweis, dass der Kläger „ordinarily resident“ war, nicht als erbracht an; dies wird jedoch nicht als entscheidungsrelevant erachtet.
- 152
„Ordinary residence“ liegt nach Ziff. 3.2. des Schreibens des HMRC neben hier nicht einschlägigen Merkmalen dann vor, wenn der Zweck der Niederlassung in Großbritannien eine gewisse Dauerhaftigkeit erfordert. Dieser Zweck kann z.B. beruflich, geschäftlich oder familiär sein. Die Art des Lebens in Großbritannien muss der üblichen bei einem dauerhaften Aufenthalt entsprechen. Zeitweise Abwesenheit ist unschädlich, wenn sie dem Üblichen entspricht (z.B. Urlaub). Ausdrücklich wird erwähnt, dass man bei der Absicht, für drei Jahre oder länger in Großbritannien zu leben, vom ersten Tag an „ordinarily resident“ ist. Zudem muss man freiwillig nach Großbritannien eingereist sein.
- 153
Die Kriterien für die „ordinary residence“ entsprechen in etwa dem Mittelpunkt der Lebensinteressen (siehe 3.2. des Schreibens der britischen Finanzverwaltung und Levedag in Wassermeyer DBA Großbritannien, Anhang Rz. 19).
- 154
Soweit der Beklagte zusätzlich davon ausgeht, dass die 183 Tage Aufenthalt im Steuerjahr erfüllt sein müssen, ergibt sich dies nicht aus dem Schreiben des HMRC. Auch ein Mietvertrag für mindestens drei Jahre ergibt sich nicht aus dem Schreiben.
- 155
Dass der Kläger in Großbritannien keine Steuererklärung abgegeben hat, ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass er selbst sich lediglich als „resident“ angesehen hat mit der Folge, dass die nicht nach Großbritannien transferierte Abfindung dort nicht steuerpflichtig war. Dabei ist zu beachten, dass in Großbritannien das System der Selbstveranlagung gilt (Levedag in Wassermeyer DBA Großbritannien, Anhang Rz. 4). D.h. dass der Kläger selbst entscheidet, mit welchen Einkünften er sich in Großbritannien als steuerpflichtig erachtet. Die dortige Finanzverwaltung kann dies überprüfen.
- 156
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung waren die gesamten – breit gefächerten – geschäftlichen Absichten des Klägers noch wenig konkret. Es war ungewiss, ob geschäftliche Erfolge eintreten würden. Natürlich hat der Kläger selbst die Aussichten positiv beurteilt, sonst hätte er den Schritt nicht getan. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Senat davon ausgeht, dass der Kläger die Entwicklung erst einmal auf sich zukommen lassen und dann endgültig entscheiden wollte, wie es weiter gehen sollte. Dabei wird nicht in Abrede gestellt, dass mit X eine langfristige Zusammenarbeit geplant war. Dies ändert nichts an der Überzeugung des Senats, dass der Kläger sein Verbleiben in London von der künftigen Entwicklung abhängig machen wollte. Gewichtige Indizien hierfür sind insbesondere der zunächst auf sechs Monate befristete Vertrag mit X (Bl. 105 – 107 PA), sowie der Abschluss eines befristeten Mietvertrages, der jeweils monatlich verlängert und damit auch kurzfristig beendet werden konnte.
- 157
Mithin ist davon auszugehen, dass die Abfindung nach britischem Recht nicht steuerbar war, da der Kläger dort lediglich „resident“ war und die Abfindung nicht nach Großbritannien transferiert wurde.
2.
- 158
Nach dem für den Streitfall maßgeblichen DBA Großbritannien (in der für das Streitjahr geltenden Fassung) ist das Besteuerungsrecht für die Abfindung allein Großbritannien zugewiesen.
2.1.
- 159
Art I lautet:
- 160
„Steuern im Sinne dieses Abkommens sind
- 161
a) In der Bundesrepublik Deutschland:
- 162
die Einkommensteuer …
- 163
b) Im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland:
- 164
die income tax …“
- 165
Art. II enthält die Begriffsbestimmungen und lautet – auszugsweise –:
- 166
h) „eine im Vereinigten Königreich ansässige Person“
- 167
i) eine Person, die im Sinne der Steuergesetze des Vereinigten Königreichs im Vereinigten Königreich ansässig ist
- 168
Hiernach war der Kläger im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung im Vereinigten Königreich ansässig, da er das Merkmal „resident“ erfüllte.
2.2.
- 169
Die streitbefangene Abfindung wird nach den Regelungen des Art. XI DBA Großbritannien 1964 nur in Großbritannien besteuert.
- 170
Art. XI lautet:
- 171
„Einkünfte aus Arbeit
- 172
…
- 173
(2) Vorbehaltlich der Art. IX, X und XIII – für den Streitfall nicht einschlägig – werden Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem der Gebiete ansässige Person aus unselbstständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Gebiet besteuert, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Gebiet ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen in diesem anderen Gebiet besteuert werden.
- 174
(3) Ungeachtet des Absatzes 2 werden Vergütungen, die eine in einem der Gebiete ansässige Person für eine in dem anderen Gebiet ausgeübte unselbstständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Gebiet besteuert, wenn
- 175
a) der Empfänger sich in dem anderen Gebiet insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält
- 176
b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber … gezahlt werden, der nicht in dem anderen Gebiet ansässig ist, und
- 177
c) die Vergütungen nicht vom Gewinn einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung abgezogen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Gebiet hat.“
- 178
Die Regelung entspricht Art. 15 OECD-MA, so dass die Auslegung dieser Vorschrift heran gezogen werden kann. Danach fallen auch Abfindungen unter den Begriff der Vergütung für unselbstständige Arbeit, da sie nach deutschem Recht Arbeitslohn sind (Wassermeyer/Schwenke, Kommentierung zu Art. 15 OECD-MA, Rz. 56e).
Gleichwohl wird eine Abfindung nicht als Vergütung für geleistete Arbeit gezahlt, denn der Zweck der Abfindung ist nicht, eine Arbeitsleistung zusätzlich zu vergüten, sondern einen finanziellen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und die damit verbundene Aufgabe des sozialen Besitzstandes zu gewähren. Sie werden aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt (Wassermeyer/Schwenke, Kommentar zu Art. 15 OECD-MA, Rz. 79; vgl. auch die Bezugnahme von Bahns, Kommentar zu Art. XI DBA GB 1964, Rz. 103).
Der bloße Anlasszusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis – der für die Qualifikation der Zahlung als Arbeitslohn ausreicht – genügt nach dem Abkommenswortlaut nicht, um die Zahlung als für ausgeübte Arbeit bezogene Vergütung zu qualifizieren (so auch BFH Urteile vom 02.09.2009 – I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387, Rz. 11 und vom 10.06.2015 – I R 79/13, BFHE 250, 110, BStBl II 2016, 326, Rz. 13 für die identische Abkommensregelung im DBA Schweiz).
- 180
Damit kann Absatz 2 Satz 2, wonach die für die in Deutschland ausgeübte Arbeit bezogenen Vergütungen dort besteuert werden können, auf die Abfindung nicht angewendet werden. Damit ist die Grundregel des Absatzes 2 Satz 1 anzuwenden, wonach die Besteuerung im Ansässigkeitsstaat stattfindet.
- 181
Hieran ändern auch die dem Absatz 2 vorgehenden Bestimmungen des Absatzes 3 nichts.
- 182
Die Bestimmungen des Absatzes 3 lit. a) bis c) müssen kumulativ erfüllt sein, um das Besteuerungsrecht dem „erstgenannten Gebiet“ – hier also Großbritannien – zuzuweisen.
- 183
Die Abfindung wurde von einem in dem „anderen Gebiet“ – Deutschland – ansässigen Arbeitgeber gezahlt, so dass die Bedingung gem. lit. b) nicht erfüllt wäre. Somit kann dahin stehen, ob der Kläger sich im Steuerjahr – abzustellen ist auf das vom 06.04.2008 bis 05.04.2009 dauernde britische Steuerjahr (vgl. Bahns, Kommentar zu Art. XI DBA GB 1964, Rz. 109) – nicht länger als 183 Tage in dem „anderen Gebiet“ – hier also Deutschland – aufgehalten hat, womit die Bedingung gem. lit. a) erfüllt wäre. Absatz 3 würde das Besteuerungsrecht also Deutschland zuweisen.
- 184
Jedoch beziehen auch diese Sonderregelungen sich nur auf Vergütungen, die für eine ausgeübte unselbstständige Arbeit gezahlt werden. Auch Absatz 3 ist damit auf Abfindungen nicht anzuwenden.
2.3.
- 185
Auch aus Art. II Abs. 2 DBA Großbritannien folgt kein Recht auf Besteuerung der Abfindung in Deutschland.
- 186
Art. II Abs. 2 lautet:
- 187
„Ist nach diesem Abkommen für Einkünfte aus Quellen innerhalb eines der Gebiete dort eine Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung zu gewähren, falls die Einkünfte in dem anderen Gebiet steuerpflichtig sind, und sind diese Einkünfte n ach dem geltenden Recht des anderes Gebietes dort nur insoweit steuerpflichtig, als die entsprechenden Beträge in das andere Gebiet überwiesen oder dort entgegen genommen werden, so gilt die nach diesem Abkommen im erstgenannten Gebiet zu gewährende Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung nur für die in das andere Gebiet überwiesenen oder dort entgegen genommenen Beträge.“
- 188
Hierbei handelt es sich um keine sog. „subject to tax-Klausel“, die auf sämtliche Einkünfte anzuwenden ist. Die Vorschrift regelt lediglich die Anwendung von im Abkommen enthaltenen subject-to-tax-Klauseln näher. Sie wäre nur dann anwendbar, wenn das deutsche Recht eine Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung von der Steuerpflicht in Großbritannien – also der Anwendung der „remittance base-Klausel“ – abhängig machen würde. Da dies für Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit nicht der Fall ist, fallen diese Einkünfte auch nicht unter den Anwendungsbereich dieser Klausel (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 14.12.2010 – 1 K 1134/2008, EFG 2011, 1250, Rz. 45 u. 46).
2.4.
- 189
Der Verständigungsvereinbarung gem. Art. 26 Abs. 3 DBA Großbritannien 2010 vom 08.11.2011 kommt keine Rückwirkung zu.
- 190
Absatz 2 dieser Verständigungsvereinbarung regelt für aus Anlass der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen das Besteuerungsrecht für den Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wurde.
- 191
Gemäß Absatz 4 soll die Vereinbarung in allen offenen Fällen angewendet werden.
- 192
Der BFH hat in seinem Urteil vom 02.09.2009 – I R 111/08 hierzu ausgeführt:
- 193
„Zwischen der (völkerrechtlichen) Bindung gegenüber dem anderen Vertragsstaat, der Bindung innerstaatlicher Rechtsanwendungsorgane und der Selbstbindung der die Verständigungsvereinbarung abschließenden und der ihnen nachgeordneten Behörden zu unterscheiden ist. Innerstaatliche Wirkungen kann hiernach eine solche Vereinbarung für die rechtsanwendenden Organe, also vor allem die Rechtsprechung, nur nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Vorgaben des einzelnen Vertragsstaats entfalten. Das kann ihre unmittelbare Wirksamkeit zur Folge haben. Es kann aber auch, wie im Regelfall in Deutschland, voraussetzen, dass die Vereinbarung zunächst nach den Grundsätzen des einschlägigen Verfassungsrechts in einfaches Gesetzesrecht transformiert werden muss (vgl. Art. 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes -GG-). Andernfalls bleibt es bei der Letztverbindlichkeit des Abkommens in seiner in diesem Sinne in nationales Recht umgesetzten Fassung. Diese Fassung allein ist vor dem Hintergrund des grundgesetzlichen Gesetzesvorbehalts (Art. 20 Abs. 3 GG) für die Abkommensauslegung maßgeblich. Denn aus innerstaatlicher Sicht handelt es sich bei der nicht transformierten Verständigungsvereinbarung der beteiligten Finanzverwaltungen lediglich um ein Verwaltungsabkommen und damit der Rechtsnatur nach um eine Verwaltungsvorschrift, die nicht auf einer ihrerseits demokratisch legitimierten Rechtsverordnung i.S. von Art. 80 Abs. 1 GG beruht und die deswegen nicht geeignet ist, positives Recht in verbindlicher Weise zu verändern.
- 194
Das schließt es nicht aus, die Abkommenspraxis der Vertragsstaaten, wie sie in der Verständigungsvereinbarung zum Ausdruck kommt, bei der Abkommensauslegung zu berücksichtigen; es gilt der Grundsatz der Entscheidungsharmonie. In Einklang damit stehen die Grundsätze zur Auslegung von Verträgen nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 -WÜRV- (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757): Ein Vertrag ist danach nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Außer dem bei der Auslegung zu berücksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2 WÜRV näher beschriebenen systematischen "Zusammenhang" sind nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV in gleicher Weise zu berücksichtigen: a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen sowie b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht. So gesehen kann ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame "Übung" der beteiligten Finanzverwaltungen für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein (s. z.B. Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 I R 81/04, BFHE 215, 237, sowie I R 18/04, BFH/NV 2007, 875, beide zu leitenden Angestellten als sog. Grenzgänger i.S. von Art. 15 Abs. 4, Art. 15a DBA-Schweiz 1971), das aber immer nur insofern, als sie nicht dem Wortlaut des Abkommens zuwiderläuft (vgl. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 64/07, BFHE 222, 553, BStBl II 2009, 97). Abgesehen davon, dass das Wiener Übereinkommen (nach Art. 4 WÜRV) nur auf Verträge Anwendung findet, die von Staaten geschlossen werden, nachdem das Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist -und damit, ohne dass dem weiter nachzugehen wäre, nach Lage der Dinge nicht für das DBA-Schweiz 1971-, erzwingen auch diese Grundsätze eine Regelungsauslegung also immer nur nach Maßgabe des Abkommenswortlauts; dieser stellt in abschließender Weise die "Grenzmarke" für das "richtige" Abkommensverständnis dar.
- 195
Der Abkommenstext ist aus Sicht des erkennenden Senats aus den beschriebenen Gründen hinreichend eindeutig. Wenn eine Staatenpraxis dennoch wechselseitig von der bisherigen Abkommensauslegung abweicht, so wird dadurch nicht eine Auslegung, die insbesondere auf dem Abkommenswortlaut gründet, bestätigt. Vielmehr läuft dies auf eine -für den Steuerpflichtigen steuerverschärfende und damit belastende- Abkommensänderung hinaus und ist es allein aus dem bilateralen Bemühen zu erklären, etwaigen Nichtbesteuerungen der betreffenden Abfindungen vorzubeugen. Die Umsetzung dieses Bemühens mag (unbeschadet des Abkommensprinzips der nur virtuellen Doppelbesteuerung) gerechtfertigt und vor allem in der abkommensrechtlich (in Art. 26 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971) vereinbarten Bekundung angelegt sein, Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen zu beseitigen. Sie kann vor dem Hintergrund des Abkommenstextes indes aus deutscher Sicht nur gelingen, wenn die "spätere Übung" oder "Übereinkunft" in positives und mit dem Abkommen gleichrangiges Recht erhoben wird. Es gilt erneut der verfassungsrechtliche Gesetzesvorbehalt. Auf der Basis einer bloßen Verwaltungsvereinbarung gelingt das deswegen nicht.
- 196
Aus demselben Grund scheidet schließlich die vom BMF angemahnte verfassungskonforme Auslegung des Abkommens (nach Maßgabe des Leistungsfähigkeitsprinzips, Art. 3 Abs. 1 GG) aus, um der Gefahr einer doppelten Nichtbesteuerung der Klägerin (und damit sog. weißer Einkünfte) entgegenzutreten.“
- 197
Das Urteil betrifft zwar das DBA Schweiz; die Grundsätze sind jedoch auf die hier zu beurteilende Verständigungsvereinbarung zum DBA Großbritannien zu übertragen.
- 198
Ob zum DBA Großbritannien gem. § 2 Abs. 2 AO mit Zustimmung des Bundesrates eine Rechtsverordnung erlassen wurde, die die Verständigungsvereinbarung übernimmt, kann dahin stehen. Der BFH führt in seinem Urteil vom 10.06.2015 – I R 79/13, BFHE 250, 110, BStBl II 2016, 326, Rz. 18 nämlich aus:
- 199
„Es ist im Schrifttum kontrovers, ob die neugeschaffene Ermächtigungsgrundlage den dafür gebotenen Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) genügt und im Ergebnis geeignet ist, die seitens der Finanzverwaltung beanspruchte (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4.2 Rz 183 ff.) Verbindlichkeit der zwischenstaatlich gefundenen Abkommensauslegung herbeizuführen. Überwiegend wird das verneint und dem schließt sich der Senat an. Die Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010 genügt trotz ihrer unilateralen "Anhebung" in eine Rechtsverordnung den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts nach Art. 20 Abs. 3 GG nicht. Sie fußt mit § 2 Abs. 2 AO n.F. nicht auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, in welcher Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung jedenfalls bezogen auf die Frage nach der Besteuerung von Abfindungszahlungen an einen (ehemals) nichtselbständig tätigen Arbeitnehmer hinreichend bestimmt werden. Dessen aber hätte es nach Art. 80 Abs. 1 GG bedurft.“
- 200
In Rz. 21 führt er weiter aus:
- 201
„§ 2 Abs. 2 AO n.F. ermächtigt jedoch nicht zu Ergänzungen vereinbarter Abkommen; hierzu bedarf es vielmehr der abermaligen Zustimmung des nationalen Parlaments.“
- 202
In Rz. 24 wird ausgeführt:
- 203
„Eine Verwaltungspraxis, welche sich erst nach Inkrafttreten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bildet, wirkt auf die Auslegung des Abkommens prinzipiell nicht zurück.“
3.
- 204
Auch die Regelungen des § 50d Abs. 8 bzw. Abs. 9 EStG führen nicht zu einem Besteuerungsrecht für Deutschland.
- 205
Die unilaterale Rückfallklausel des § 50d Abs. 8 EStG ist verfassungsgemäß (Beschluss des BVerfG vom 15.12.2015 - 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1)
- 206
Die Absätze 8 und 9 können auf denselben Sachverhalt angewendet werden, wobei Abs. 8 anzuwenden ist, wenn Abs.9 nicht greift (Cloer/Hagemann in Bordewin/Brandt § 50d EStG, Rz. 284).
- 207
Die Vorschrift des § 50d Abs. 9 EStG dient ebenso wie § 50d Abs. 8 EStG der Verhinderung sog. „weißer“ Einkünfte. Die DBA verfolgen den Zweck, Doppelbesteuerungen zu vermeiden. Kommt es durch eine vereinbarte Freistellung jedoch zu einer Nicht-Besteuerung, so soll Deutschland trotz der Freistellung das Besteuerungsrecht haben, da der Grund für die Freistellung entfällt. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit wurde bisher vom BVerfG nicht entschieden; die für § 50d Abs. 8 EStG aufgestellten Grundsätze sind allerdings auch für § 50d Abs. 9 EStG anwendbar (so auch Loschelder in Schmidt, § 50d EStG, Rz. 56).
- 208
§ 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG kommt für den Streitfall dem Grunde nach in Betracht. Die Vorschrift betrifft die Nicht-Besteuerung im anderen Staat mangels persönlicher Steuerpflicht – es fehlt an der für die Erfassung der Einkünfte erforderlichen Ansässigkeit im anderen Staat, beschränkte Steuerpflicht reicht nicht aus.
Demnach kann die Vorschrift angewendet werden, wenn auf der voran gegangenen Stufe die Ansässigkeit i.S. von „ordinarily resident“ oder „domiciled“ zu verneinen ist. Ausreichend hierfür dürfte sein, dass der andere Staat die Ansässigkeit verneint und deshalb die Einkünfte nicht erfasst. Ausgehend vom System der Selbstveranlagung in Großbritannien bedeutet dies, dass aufgrund der Nicht-Abgabe einer Steuererklärung in Großbritannien der Kläger dort als lediglich „resident“ anzusehen war.
- 209
§ 50d Abs. 8 EStG will nur durch Nicht-Erklärung im anderen Staat nicht versteuerte Einkünfte erfassen. Die Freistellung von Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit wird nach dieser Vorschrift nur gewährt, wenn der Stpfl. nachweist, dass er entweder die Steuern im anderen Staat entrichtet hat oder der andere Staat auf die Besteuerung verzichtet hat.
- 210
Da § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG dem Grunde nach greift, kommt die subsidiäre Vorschrift des § 50d Abs. 8 EStG bereits dem Grunde nach nicht zur Anwendung.
- 211
Beide Regelungen beziehen sich allerdings nur auf unbeschränkt Steuerpflichtige.
- 212
Der Kläger war im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung nicht unbeschränkt steuerpflichtig.
- 213
Nichts anderes folgt aus der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Laufe des Jahres 2009 und der damit verbundenen Anwendung des § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG.
- 214
Nach dieser Vorschrift ist, wenn der Steuerpflichtige für einen Teil des Kalenderjahres beschränkt steuerpflichtig und für den übrigen Teil des Jahres unbeschränkt steuerpflichtig war, nur eine Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht durchzuführen, in die die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte einzubeziehen sind.
- 215
Der Beklagte folgert hieraus, dass der Kläger aufgrund der Durchführung einer einzigen Veranlagung als unbeschränkt Steuerpflichtiger auch für die Anwendung des § 50d Abs. 8 und/oder 9 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig gelte.
- 216
Hiergegen ist jedoch einzuwenden, dass Zweck der Einfügung des § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG die Vermeidung von nicht gerechtfertigten Progressionsvorteilen durch zwei Veranlagungen in einem Jahr war.
- 217
Dieser Gesetzeszweck spricht dagegen, den Kläger allein aufgrund § 2 Abs. 7 S. 3 EStG im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln, obwohl er zu diesem Zeitpunkt nur beschränkt steuerpflichtig war.
- 218
Auch in seinem Urteil vom 19.12.2001 – I R 63/00, BFHE 197, 495, BStBl II 2003, 302 stellt der BFH - § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG betreffend – auf die Maßgeblichkeit der Verhältnisse im Zeitpunkt der Einkunftserzielung ab.
4.
- 219
Die Abfindung ist auch nicht wegen Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO in Deutschland zu besteuern.
- 220
In seinem Urteil vom 02.09.2009 – I R 111/08, Rz. 22 hatte der BFH aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz die Annahme, dass die dortige Klägerin ihren Wohnsitz nur deshalb in die Schweiz verlegt hat, um der deutschen Steuer zu entgehen, verneint. Das genüge, um einen "nachwirkenden" Besteuerungszugriff Deutschlands auszuschließen.
- 221
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Einbeziehung der schriftlichen Auskünfte, der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme konnte der Senat nicht feststellen, dass der Kläger ausschließlich zur Vermeidung der Besteuerung der Abfindung im Inland seinen Wohnsitz vorüber gehend nach London verlegt hatte und damit ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliegen würde.
- 222
Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung plausibel erläutert, dass er nach seinem Zerwürfnis mit dem Vorstandsvorsitzenden der D AG in Deutschland für sich in absehbarer Zukunft keine beruflichen Chancen mehr sah und warum er sich ausgerechnet in England von der Realisierung der Projekte X und B etwas versprochen hatte. So hat er berichtet von seinen Kontakten nach England und zu X – einem Headhunter – aus der Zeit seiner Tätigkeit für ..., sowie von dem Projekt B, dessen Produkt „digital concierge“ in England leichter zu vermarkten gewesen sei als in Deutschland. Auch was seine geplante Promotion anbelangt, sind die Erklärungen des Klägers plausibel. Auch die Gründe für das letztliche Scheitern seiner geschäftlichen Aktivitäten in London hat der Kläger mit der Finanzkrise nachvollziehbar erläutert.
- 223
Herr Dr. H hat in seiner schriftlichen Antwort auf an ihn gestellten Fragen (Bl. 229 – 231 PA) bestätigt, dass die Finanzkrise letztlich ursächlich für das Scheitern der Pläne für die X gewesen sei.
- 224
Herr Dr. E hat die vom Kläger gemachten Aussagen im Wesentlichen bestätigt. So habe B in England vor allem zwei Produkte, nämlich den „digital concierge“ und ein noch namenloses Produkt im social-media-Bereich für Fußballvereine vermarkten wollen. Der Markt in England sei für derartige Produkte offener gewesen als der deutsche Markt, weshalb man es in England versucht habe. Allerdings habe man keine Investoren gefunden. Dies sei ein typisches Risiko für diese Art von Geschäften. Die Produkte seien gut gewesen. Letztlich seien andere mit ähnlichen Produkten erfolgreich gewesen.
- 225
Hinzu kommt, dass der Kläger plausibel erläuterte, dass er nach der Trennung von seiner Frau keine familiären Gründe hatte, seinen bisherigen Wohnsitz in Deutschland auch während seines Aufenthalts in England beizubehalten.
- 226
Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass der Kläger keine außersteuerlichen Gründe für seinen Umzug nach England hatte.
5.
- 227
Das Gericht brauchte den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nicht nachzugehen. Zum einen erachtet der Senat diese als nicht entscheidungsrelevant (keine Relevanz des Merkmals „ordinarily resident“). Zum anderen hat der Kläger für die benannten Zeugen entweder keine ladungsfähigen Anschriften, bzw. Anschriften im Ausland angegeben. Da das Gericht im Ausland ansässige Zeugen nicht laden kann, hätten diese Zeugen in der mündlichen Verhandlung als präsente Zeugen gestellt werden müssen.
6.
- 228
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
- 229
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten und der Abwendungsbefugnis beruht auf §§ 151 Abs. 2 und 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- 230
Die Fassung des Tenors erfolgt gemäß § 100 Abs. 2 FGO.
- 231
Die Revision wurde gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen. Die Rechtsfrage, ob die Vorschrift des § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des § 50d Abs. 8, bzw. Abs. 9 EStG hat, ist – soweit ersichtlich – bislang höchstrichterlich nicht geklärt.
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