Anerkenntnisurteil vom Landesarbeitsgericht Hamm - 14 Ta 88/14
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 18. Dezember 2013 (1 Ca 690/12) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 gültigen Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO zulässige und als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde der Klägerin vom 30. Januar 2014 ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die bewilligte Prozesskostenhilfe wegen ungenügender Mitwirkung der Klägerin im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. gemäß § 124 Nr. 2 ZPO a. F. aufgehoben.
31. Die Aufhebung der durch Beschluss vom 18. Dezember 2013 bewilligten Prozesskostenhilfe durch die hier angefochtene Entscheidung ist nach formal ordnungsgemäßer Beteiligung der Klägerin erfolgt. Zwar ist im automationsgestützten Verfahren die Aufforderung, sich über eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, der Klägerin lediglich formlos übersandt und nicht ihren Prozessbevollmächtigten zugestellt worden. Entsprechendes gilt für die unter dem 22. Mai 2013 und 18. Juli 2013 erfolgten Erinnerungen des Arbeitsgerichts.
4Mit Schreiben vom 25. Oktober 2013, welches den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am selben Tage zugestellt worden ist, wurden diese dann vom Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine erneute Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse trotz der Erinnerung nicht abgegeben hatte, und zugleich aufgefordert, nunmehr diese Auflage binnen eines Monats zu erledigen. Die Zustellung einer solchen Erinnerung, mit der unter Fristsetzung die Auflage erteilt wird, eine „erneute“ Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachzureichen, ist ausreichend, um die Voraussetzungen zu erfüllen¸ die an ein ordnungsgemäßes Verfahren, das zur Aufhebung einer bewilligten Prozesskostenhilfe führen soll, zu stellen sind.
5a) Zwar ist grundsätzlich bereits die erste Aufforderung zur Mitwirkung im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO), nämlich sich über eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, nicht an die Partei selbst, sondern an deren Prozessbevollmächtigten zuzustellen, wenn dieser sie bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat (vgl. LAG Hamm, 5. Juli 2013, 5 Ta 254/13, juris; 30. September 2013, 14 Ta 160/13, juris jeweils m. w. N.). Das hat zur Folge, dass die formlose Übersendung im automationsgestützten Verfahren und dieser nachfolgende formlose Erinnerungen an die Abgabe der Erklärung nicht ausreichen, um das Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 2 ZPO a. F. (= § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) ordnungsgemäß durchzuführen. Fehlt es an einer Zustellung der Aufforderung, ist die Aufhebung der Bewilligung zu Unrecht erfolgt. Nicht zuletzt im Hinblick auf die nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO) nur zeitlich begrenzt für vier Jahre nach rechtskräftiger Entscheidung oder sonstiger Beendigung des Verfahrens bestehende Möglichkeit einer Abänderung der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung ist es erforderlich, dass der Aufhebungsentscheidung des Arbeitsgericht ein von ihm formal ordnungsgemäß durchgeführtes Verfahren zugrunde liegt. Ist das nicht der Fall, verbleibt es bei der ursprünglichen Bewilligung (vgl. LAG Hamm, 30. September 2013, a. a. O.¸ 23. Juni 2014, 14 Ta 330/14, demnächst juris).
6b) Mit der Zustellung der Aufforderung vom 25. Oktober 2013, eine erneute Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse binnen eines Monats abzugeben, an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin war jedoch dem Erfordernis der Zustellung im Nachprüfungsverfahren Genüge getan. Denn für einen Prozessbevollmächtigten wird hieraus hinreichend deutlich, dass bei einer Untätigkeit seiner Partei innerhalb der gesetzten Frist ein Rechtsverlust im Prozesskostenhilfeverfahren droht und er deswegen die im Mandatsverhältnis erforderlichen Maßnahmen zur Wahrung der Rechte seiner Partei zu ergreifen hat. Der Zweck des Zustellerfordernisses des § 172 Abs. 1 ZPO, nämlich das Interesse der Partei zu wahren, das gesamte Verfahren in den Händen ihres Prozessbevollmächtigten zusammenzuführen und diesen dadurch in die Lage zu versetzen, die Partei über den Stand des Verfahrens auf dem Laufenden zu halten und die notwendigen Schritte zu unternehmen (vgl. BGH, 8. Dezember 2010, XII ZB 38/09, MDR 2011, 183; LAG Hamm, 23. Juni 2014, 14 Ta 330/14, demnächst juris), wird durch die Zustellung einer Auflage zur Abgabe einer Erklärung im Nachprüfungsverfahren gewahrt. Das Schreiben des Arbeitsgerichts vom 25. Oktober 2013 beschränkt sich nicht darauf, die Prozessbevollmächtigten über den gerichtlichen Schriftverkehr mit ihrer Partei zu informieren oder diesen Schriftverkehr kommentarlos zu übersanden, was nicht für eine ordnungsgemäß zugestellte Aufforderung zur Mitwirkung im Nachprüfungsverfahren ausreicht (vgl. LAG Hamm, 23. Juni 2014, 14 Ta 330/14, demnächst juris).
7Ein formal ordnungsgemäßes Verfahren vor dem Aufhebungsbeschluss vom 18. Dezember 2013 war damit vom Arbeitsgericht eingehalten worden.
82. Zwar hat das Arbeitsgericht zu Unrecht die Abgabe einer erneuten Erklärung auf dem amtlichen Vordruck angefordert. Die darin liegende Aufforderung zur Ausfüllung des im automationsgestützten Verfahren übersandten, jedoch zur Benutzung freigestellten Formulars ist unzulässig, weil die Partei im Nachprüfungsverfahren hierzu jedenfalls nach der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden (vgl. statt aller LAG Hamm, 12. April 2010,14 Ta 657/09, juris; 5. Mai 2012, 14 Ta 638/09 jeweils m. w. N.) und im vorliegenden Fall anwendbaren Gesetzeslage nicht verpflichtet ist. Denn gemäß § 40 Satz 1 EGZPO sind, soweit eine Partei vor dem 1. Januar 2014 Prozesskostenhilfe beantragt hat, die §§ 114 bis 127 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Das gilt auch für das Nachprüfungsverfahren.
9Bei der Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe kann es jedoch verbleiben, wenn die Partei zuvor im automationsgestützten Verfahren zur Abgabe der Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. aufgefordert und im Rahmen des Beschwerdeverfahrens spätestens vom Beschwerdegericht hieran erfolglos erinnert wurde (vgl. LAG Hamm, 5. Mai 2010, 14 Ta 638/09, juris). Eine Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen der Nichtverwendung des amtlichen Vordrucks ist bei Prozesskostenhilfeanträgen, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden (vgl. § 40 Satz 1 EGZPO), dann nicht gerechtfertigt, wenn aufgrund der vorhandenen Angaben eine Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse daraufhin möglich ist, ob eine Änderung vorliegt (vgl. LAG Hamm, 12. April 2010, 14 Ta 657/09, juris). Das Verbot, die Aufhebung einer Prozesskostenhilfe allein darauf zu stützen, dass dieser Vordruck nicht verwendet wird, schützt aber lediglich die Partei, die überhaupt Angaben zu einer Änderung ihrer Verhältnisse macht. Es gilt jedoch nicht für solche Parteien, die jede Aufforderung zu einer Mitwirkung völlig ignorieren, obwohl sie zunächst im automationsgestützten Verfahren und sodann durch das Beschwerdegericht zur Erfüllung ihrer Mitwirkungspflicht aufgefordert wurden, ohne dass hierzu die Abgabe eines vollständig ausgefüllten amtlichen Vordrucks nebst Belegen verlangt wurde. Bei solchen Parteien ist davon auszugehen, dass eine nochmalige Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung über eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach Abschluss eines für sie zunächst erfolgreichen Beschwerdeverfahrens ohne Aussicht auf Erfolg und reiner Formalismus ist (vgl. LAG Hamm, 5. Mai 2010, a. a. O.).
10Dies ist vorliegend der Fall. Mit Schreiben des Beschwerdegerichts vom 19. Februar 2014 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass die unzulässige Aufforderung des Arbeitsgerichts zur Ausfüllung des Vordrucks nichts daran ändere, dass sie eine Erklärung zu einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber ihrer letzten Erklärung vom 30. März 2012 abzugeben und die Angaben zu belegen hat. Eine Kopie dieser Erklärung war dem Schreiben beigefügt, das Schreiben ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. Februar 2014 zugestellt worden. Die in diesem Schreiben gesetzte Frist bis zum 31. März 2014 hat die Klägerin ungenutzt verstreichen lassen.
11Mangels Mitwirkung der Klägerin ist die Überprüfung einer Änderung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht möglich. Dies rechtfertigt die Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe.
123. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.
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