Beschluss vom Landesarbeitsgericht Köln - 11 TaBV 90/13
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 06.12.2013– 19 BV 379/13 – wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Einsetzung und die Besetzung einer Einigungsstelle.
4Die Beteiligte zu 1) ist die auf der Grundlage des § 117 Abs. 2 BetrVG gebildete Personalvertretung des Cockpitpersonals im Betrieb der Beteiligten zu 2), die ein Luftfahrtunternehmen betreibt. Der Tarifvertrag Personalvertretung (TV PV) sieht in § 87 Ziffer f) TV PV ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung hinsichtlich von „Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften“ vor.
5Das Arbeitsgericht hat auf Antrag der Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 06.12.2013 (Bl. 119 ff. d. A.) eine Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand „Vorheizen der Flugzeuge“ eingesetzt, den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Pfeiffer zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt sowie die Anzahl der Beisitzer für jede Seite auf zwei festgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Begriff des Gesundheitsschutzes im Sinne des § 87 Ziffer f) TV PV sei weit auszulegen, eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle nicht anzunehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens sowie der Antragstellung der Beteiligten erster Instanz wird auf I., wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird II. der Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
6Gegen den ihr am 11.12.2013 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 2) am 27.12.2013 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.
7Unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag meint die Beteiligte zu 2), der Regelungsgegenstand der Einigungsstelle sei nicht hinreichend umschrieben. Eine Gesundheitsbeeinträchtigung durch angeblich unzureichendes Vorheizen der Flugzeuge sei nicht plausibel dargetan. Eine besondere Expertise des bestellten Vorsitzenden der Einigungsstelle für den Regelungsgegenstand sei nicht erkennbar.
8Die Beteiligte zu 2) beantragt,
9den Beschluss des Arbeitsgerichtes Köln vom 06.12.2013, Az.: 19 BV 379/13, abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.
10Die Beteiligte zu 1) beantragt,
11die Beschwerde zurückzuweisen.
12Die Beteiligte zu 1) verweist auf drohende Gesundheitsgefahren (Lungen-, Nieren- und Erkältungskrankheiten) für die Cockpitmitarbeiter, wenn in der Wintersaison das Vorheizen der Flugzeuge unterlassen oder unzureichend vorgenommen wird.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.
14II.
151. Die Beschwerde ist zulässig, denn sie ist statthaft und form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden (§§ 98 Abs. 2, 87 Abs. 2 und 3 ArbGG).
162. Die Beschwerde ist unbegründet.
17a) Die Beschwerdekammer teilt nicht die Bedenken der Beteiligten zu 2), der zu prüfende Einsetzungsantrag in der Fassung des angefochtenen Beschlusses sei nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
18Unter Berücksichtigung der Antragsbegründung ergibt sich hinreichend klar, dass Regelungsgegenstand der Einigungsstelle Maßnahmen zum Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit dem „Vorheizen der Flugzeuge“ sind. Damit ist der Kompetenzrahmen der Einigungsstelle ausreichend bestimmt. Das Vorheizen der Flugzeuge selbst ist unstreitig, umstritten ist jedoch insbesondere, ab welcher Außen-/Innentemperatur und zu welchem Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Gesundheit der betroffenen Arbeitnehmer und wirtschaftlicher Belange der Beteiligten zu 2) mit dem Vorheizen begonnen werden soll. Im Bestellungsverfahren muss der Antragsteller nicht angeben, welchen Inhalt die von ihm angestrebte Regelung haben soll (LAG Hessen, Beschl. 11.09.2012 – 4 TaBV 191/12 – m.w.N.).
19b) Gemäß § 98 Abs. 1 S. 1 ArbGG kann ein Antrag auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und auf Festsetzung der Zahl der Beisitzer wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage und sich die beizulegende Streitigkeit erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand subsumieren lässt (vgl. z.B.: LAG Köln, Beschl. v. 28.06.2012– 4 TaBV 17/12 – m.w.N.). Ist die zuständigkeitsbegründende Tatsachengrundlage streitig, ist die Unzuständigkeit der Einigungsstelle anzunehmen, wenn die gegen die die Zuständigkeit der Einigungsstelle sprechenden Tatsachen offenkundig im Sinne des § 291 ZPO sind (LAG Köln, Beschl. v. 15.11.2013 – 4 TaBV 61/13 – m.w.N.)
20Vorliegend hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung, der sich das Beschwerdegericht anschließt und auf die Bezug genommen wird, erkannt, dass eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle für Maßnahmen des Gesundheitsschutzes im Rahmen des Vorheizens der Flugzeuge unter Berücksichtigung des § 87 Ziffer f) TV PV nicht angenommen werden kann. Als Rahmenvorschrift, deren Ausfüllung dem Mitbestimmungsrecht zugänglich ist, kommt § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG in Betracht, sofern eine unmittelbare objektive Gesundheitsgefahr besteht (vgl.: BAG, Beschl. v. 11.12.2012 – 1 ABR 81/11 – m.w.N.). Soweit die Beteiligte zu 2) mit der Beschwerde geltend macht, die Beteiligte zu 1) habe die Gefahr einer Gesundheitsbeeinträchtigung und deren Bezug zu den Arbeitnehmern nicht substantiiert dargetan, kann dem im Rahmen des Einsetzungsverfahrens nach § 98 ArbGG nicht gefolgt werden. Es keinesfalls offenkundig ist, dass durch die bisherige Praxis des Vorheizens der Flugzeuge eine gesundheitliche Gefährdung des Cockpitpersonals ausgeschlossen ist. Die Beteiligte zu 2) hat nicht vorgetragen, ab welcher Temperatur sie wann mit dem Vorheizen der Flugzeuge beginnt. Es ist naheliegend, dass in der Wintersaison ein unzureichendes Vorheizen die Gesundheit der Cockpitmitarbeiter negativ beeinflussen kann. Die weitere Sachverhaltsaufklärung obliegt pflichtgemäß der Einigungsstelle im Rahmen ihrer Zuständigkeit. Der Eilt-Charakter des Verfahrens nach § 98 ArbGG verbietet es, streitige Tatsachen einer umfassenden Sachaufklärung zu unterziehen (LAG Köln, Beschl. v. 05.12.2001 - 7 TaBV 71/01 -).
21c) Die Festsetzung auf zwei Beisitzer je Betriebspartei entspricht der Regelbesetzung einer Einigungsstelle (vgl. z.B. LAG Köln, Beschl. v. 28.06.2012 - 4 TaBV 17/12 – m.w.N.). Gründe von dieser Regelbesetzung abzuweichen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
22d) Soweit die Beteiligte zu 2) sich gegen die Person des eingesetzten Einigungsstellenvorsitzenden wendet, sah das Beschwerdegericht keinen hinreichenden Anlass zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beteiligte zu 2) bemängelt lediglich pauschal eine nicht erkennbare, besondere Expertise. Welche besondere Expertise für den Vorsitz der streitigen Einigungsstelle erforderlich sein soll, erschließt sich aus ihrem Vorbringen nicht. Weder fehlende Unparteilichkeit noch ein Mangel an Rechts- und Fachkenntnissen, Einsichtsfähigkeit, Unabhängigkeit oder Verhandlungsgeschick (vgl. hierzu: Fitting, 26. Auflage, § 76 BetrVG Rdn. 24 m.w.N.) sind auch nur ansatzweise behauptet.
23RECHTSMITTELBELEHRUNG
24Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
25Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 92a ArbGG verwiesen.
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