Urteil vom Landesarbeitsgericht Köln - 11 Sa 898/13
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 30.08.2013 – 19 Ca 634/13 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung mit dem 31.12.2012 beendet worden ist und der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin über das vereinbarte Befristungsende hinaus weiter zu beschäftigen.
3Die Klägerin war zunächst ab dem 01.08.2005 bei der Stadt W angestellt. Die Anstellung erfolgte laut Arbeitsvertrag vom 21.07.2005 für die Arbeitsgemeinschaft R -E (ARGE RE) bis zur Kündigung bzw. Auflösung der ARGE, längstens bis zum 31.12.2009. Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages vom 21.07.2005 wird auf Bl. 43 ff. d. A. verwiesen. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Aufhebungsvertrags vom 30.01.2009 zum 31.01.2009.
4Die ARGE RE bestand aus der Bundesagentur für Arbeit, dem beklagten Kreis sowie zehn weiteren kreisangehörigen Kommunen, u.a. den Städten W und H . Sie wurde nach der Neuregelung des Sozialhilferechts im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II gebildet. Der Gründung der ARGE RE lag die Vereinbarung über die Gründung und Ausgestaltung einer Arbeitsgemeinschaft gemäß § 44 b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) (Bl. 266 ff. d. A.) zugrunde. Die Kommunen stellten gegen Kostenerstattung Personal der ARGE RE zur Verfügung. Der Geschäftsführer der ARGE RE hatte bezüglich dieses Personals das fachliche und das dienstaufsichtsrechtliche Direktionsrecht, soweit es für einen störungsfreien Arbeitsablauf bei der ARGE RE erforderlich war. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Dienstüberlassungsvertrag vom 01.07.2005 (Bl. 262 ff. d. A.) Bezug genommen.
5Bereits am 08.01.2009 hatte die Klägerin mit der Stadt H einen Arbeitsvertrag für die Zeit ab dem 01.02.2009 bis zum 31.1.2009 geschlossen. Als Befristungsgrund wurde auf § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages vom 08.01.2009 wird auf Bl. 49 f. d. A. verwiesen. Nach Kostenübernahmeerklärung der ARGE RE verlängerten die damaligen Arbeitsvertragsparteien das Arbeitsverhältnis bis zum 31.12.2010, Änderungsvertrag vom 03.04.2009 (Bl. 54 d. A.).
6Der Geschäftsführer der ARGE RE unterrichtete die Klägerin mit Schreiben vom 12.07.2010 (Bl. 55 f. d. A.) davon, dass der Kreispersonalausschuss des Beklagten auf seinen Vorschlag hin am 24.06.2010 beschlossen habe, allen geeigneten befristeten Arbeitskräften, die in der ARGE RE tätig seien, im Rahmen eines strukturierten Auswahlverfahrens die Möglichkeit zu eröffnen, als Stammkräfte zum Beklagten zu wechseln. Durch die beabsichtigte Vorgehensweise werde Personalkontinuität und Handlungsfähigkeit der ARGE RE gesichert und ein positives Zeichen von der Politik gesetzt. Er bat die Klägerin, wie auch die anderen befristet beschäftigten Arbeitnehmer, mitzuteilen, ob sie an der unbefristeten Beschäftigung beim Beklagten in der derzeitigen Funktion interessiert seien.
7Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 14.07.2010 ihr Interesse bekundet hatte, teilte ihr der Beklagte mit Schreiben vom 29.09.2010 (Bl. 58d. A.) mit, dass nach Auswertung des Auswahlverfahrens beabsichtigt sei, die Klägerin ab dem 01.01.2011 unbefristet einzustellen.
8Der Beklagte beteiligte den Personalrat unter dem 15.10.2010 nach § 72 LPVG NRW zur unbefristeten Einstellung von Mitarbeitern für die gemeinsame Einrichtung nach § 44 b SGB (nunmehr: Jobcenter) ab dem 01.10.2011, u. a. auch bezüglich der Klägerin. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligungsschreibens vom 15.10.2010 wird auf Bl. 286 ff. d. A. verwiesen.
9Nachdem auf der Trägerversammlung am 26.11.2010 zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Beklagten keine Einigung über den Haushalt und den Stellenplan der gemeinamen Einrichtung für das Jahr 2011 erzielt werden konnte, beteiligte der Beklagte den Personalrat erneut nach § 72 LPVG. Er nahm von seinem ursprünglichen Ansinnen der unbefristeten Einstellung der Mitarbeiter Abstand und teilte dem Personalrat mit, dass wegen der finanziellen Unabwägbarkeiten nunmehr beabsichtigt sei, mit den Mitarbeitern einen befristeten Arbeitsvertrag für die Dauer von zwei Jahren abzuschließen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Beteiligungsschreiben vom 30.11.2010 (Bl. 291 f. d. A.) Bezug genommen.
10Der Kreistag beschloss unter Abänderung seines Beschlusses vom 08.07.2010 auf der Grundlage der Beschlussvorlage 492/2010 (Bl. 211 f. d. A.) unter dem 09.12.2010, die Verwaltung zu ermächtigen, die im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch in der ARGE RE befristet beschäftigten Mitarbeitern nach Feststellung der Geeignetheit im Rahmen des von der Trägerversammlung noch zu genehmigenden Stellenplans des zukünftigen Jobcenters R -E (Jobcenter RE) ab dem 01.01.2011 für die Dauer von zwei Jahren nach dem TzBfG in die Dienste des Beklagten zu übernehmen.
11Sodann schloss die Klägerin mit dem beklagten Kreis einen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2012 zur Wahrnehmung von Aufgaben nach dem SGB II in der gemeinsamen Einrichtung des Jobcenters RE. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag vom 15.12.2010 Bezug genommen (Bl. 59 ff. d. A.).
12Unter dem 20.12.2010 vereinbarten der Beklagte und die Bundesagentur für Arbeit als Träger die Fortführung der von der ARGE RE wahrgenommenen Aufgaben durch die Jobcenter ab dem 01.01.2011. Die kreisangehörigen Kommunen traten der Vereinbarung bei. Sie stellten auch den Jobcentern für die einheitliche Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende Personal gegen Kostenerstattung zur Verfügung. Dem Geschäftsführer der Jobcenter obliegt nach näherer Maßgabe des § 4 der Vereinbarung das Direktionsrecht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung vom 20.12.2010 wird auf Bl. 278 ff. d. A. verwiesen.
13Mit der am 21.01.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 31.12.2012.
14Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 30.08.2013 (Bl. 116 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die sachgrundlose Befristung verstoße nicht gegen § 14 Abs. 2 TzBfG. Das Vorbeschäftigungsverbot werde durch die Beschäftigung bei unterschiedlichen Arbeitgebern nicht tangiert. Die Befristung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken zwischen der Stadt H und dem Beklagten nicht vorliege. Der Arbeitgeberwechsel sei Folge der Gesetzesänderung zu § 44 b SGB II. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
15Gegen das ihr am 22.10.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.11.2013 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 21.01.2014 begründet.
16Die Klägerin meint, die Stadt H und der Beklagte seien als derselbe Arbeitgeber im Sinne des TzBfG anzusehen. Sie seien beide Teil der gemeinsamen Einrichtung ARGE bzw. Jobcenter, Bindeglied sei die Bundesagentur für Arbeit. Die Leitungsmacht habe stets bei der Bundesagentur für Arbeit gelegen. Die rechtliche und tatsächliche Verbundenheit zwischen der Stadt H und dem Beklagten ergebe sich schon aus der Aufgabenstellung der einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende und deren organisatorische Bewältigung. Für eine missbräuchliche Vertragsgestaltung durch den Beklagten sprächen folgende Gesichtspunkte: unveränderte Tätigkeit am selben Arbeitsort, Verzicht auf eine Probezeit, identische Vergütung nach dem TVöD, Veranlassung der Bewerbung durch den Vorarbeitgeber auf Briefkopf der ARGE RE, Interessenbekundung des Beklagten in Abstimmung mit der Personalverwaltung und Einstellung ohne Vorstellungsgespräch. Auf eine Sachgrundbefristung aus Haushaltsgründen könne sich der Beklagte nicht berufen, denn es handele sich bei der ausgeübten Tätigkeit um eine Daueraufgabe und die Haushaltslage sei zum Zeitpunkt der Einstellung ungeklärt gewesen. Die Klägerin behauptet, fast alle der 150 befristet übernommenen Mitarbeiter seien, anders als die Klägerin, mittlerweile in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Sie sieht darin einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und eine Diskriminierung.
17Die Klägerin beantragt,
181. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht aufgrund der Befristung zum 31.12.2012 beendet ist, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31.12.2012 hinaus fortbesteht;
192. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin über den 31.12.2012 hinaus zu unveränderten Bedingungen im Jobcenter R -E , Geschäftsstelle K , als Persönlicher Ansprechpartner Leistung im Bereich Sozialgesetzbuch II. Buch (SGB II) weiter zu beschäftigen.
20Der Beklagte beantragt,
21die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
22Der Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Stadt H und der Beklagte seien zu keinem Zeitpunkt durch einen gemeinsamen Betrieb oder eine öffentliche Einrichtung verbunden gewesen. Eine gemeinsame Leitungsmacht des Vorarbeitgebers und des jetzigen Vertragsarbeitgebers habe es niemals gegeben. Eine rechtsmissbräuchliche Umgehung des Anschlussverbots könne nicht angenommen werden. Zwar habe sich die Tätigkeit der Klägerin wegen der zugewiesenen Aufgabenerfüllung nach dem SGB II im Wesentlichen nicht geändert und die Vergütung richte sich aufgrund der VKA-Mitgliedschaft der Stadt H und des Beklagten jeweils nach dem TVöD. Jedoch habe der Vorarbeitgeber weder vor noch nach dem 01.01.2011 das Weisungsrecht ausgeübt. Er habe die Klägerin auch nicht an den Beklagten vermittelt. Vielmehr habe der Beklagte auf Vorschlag der ARGE RE selbst den Entschluss gefasst, der Klägerin einen Arbeitsvertrag anzubieten, der entgegen seinen ursprünglichen Planungen nur deshalb befristet abgeschlossen worden sei, weil die Trägerversammlung sich nicht vor Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien auf einen Haushaltsplan, einen Stellenplan und den damit verbundenen Personalgestellungsverträgen habe einigen können. Die Befristung sei daher auch aus haushaltsrechtlichen Gründen gerechtfertigt. Der Grund dafür, die Arbeitsverhältnisse bei dem Beklagten zu konzentrieren, sei praktischer Natur gewesen und beruhe auf einem Vorschlag des Geschäftsführers der ARGE RE. Zwar habe er als Geschäftsführer das Direktionsrecht auch bezüglich der gestellten Angestellten der zehn Kommunen des Kreises und des Kreises selbst ausüben können. Jedoch habe es sich als umständlich und problematisch erwiesen, dass bei Statusfragen bis zu elf unterschiedliche Personalämter, Personalräte und politische Entscheidungsgremien zu beteiligen gewesen seien. Der Beklagte habe keine Entscheidungs- und Organisationsrechte für den Betrieb des Jobcenters. Insgesamt 18 Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten des Jobcenters RE seien zum 31.12.2012 aufgrund Befristung beendet worden.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 21.01.2014, 24.02.2014, 30.04.2014, 07.06.2014, 09.07.2014, 19.08.2014, 24.09.2014 und 09.10.2014, die Sitzungsniederschriften vom 07.05.2014 und 15.10.2014 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
25I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, denn sie ist gemäߧ 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen des§ 66 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß eingelegt und begründet.
26II. Der Berufung bleibt der Erfolg versagt. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Da das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsabrede vom 15.12.2010 zum 31.12.2012 endete, ist der Beklagte auch nicht verpflichtet, die Klägerin über den Beendigungstermin hinaus zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung rechtfertigen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
271. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die sachgrundlose Befristung nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässig ist, denn die Vorbeschäftigung der Klägerin bei der Stadt H steht der Zulässigkeit der streitbefangenen Befristung nicht entgegen. Die Stadt H ist nicht derselbe, sondern ein anderer Vertragsarbeitgeber als der Beklagte. Es handelt sich um unterschiedliche juristische Personen.
28Arbeitgeber im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist der Vertragsarbeitgeber. Das ist die natürliche oder juristische Person, die mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag geschlossen hat. Ein vorhergehender Arbeitsvertrag hat deshalb nur dann mit demselben Arbeitgeber bestanden, wenn Vertragspartner des Arbeitnehmers bei beiden Verträgen dieselbe natürliche oder juristische Person ist. Das Anschlussverbot ist nicht mit dem Beschäftigungsbetrieb oder dem Arbeitsplatz verknüpft (BAG, Urt. v. 19.03.2014 – 7 AZR 527/12 – m. w. N.).
292. Hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme eines Vertragsgestaltungsmissbrauchs (§ 242 BGB) durch Abschluss des nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG sachgrundlos befristen Arbeitsvertrages vom 15.12.2010 bestehen nicht.
30a) Der unionsrechtlich vorgegebenen Missbrauchskontrolle ist mit der bereits nach nationalem Recht gebotenen Rechtsmissbrauchs-, Vertragsgestaltungs- oder Umgehungskontrolle (§ 242 BGB) Rechnung zu tragen. Bei einer rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung der Zulässigkeit sachgrundloser Befristungsmöglichkeiten nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG – hier bei einer Umgehung des Anschlussverbots nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG – besteht die mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarende Rechtsfolge nicht in dem Vertragsschluss „an sich“, sondern in der Rechtfertigung der in dem Vertrag vereinbarten Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Der unredliche Vertragspartner kann sich auf eine solche Befristung nicht berufen. Nach allgemeinen Grundsätzen ist darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer missbräuchlichen Vertragsgestaltung derjenige, der eine solche geltend macht, bei einer Befristungsabrede also regelmäßig der Arbeitnehmer. Den Schwierigkeiten, die sich aus den fehlenden Kenntnismöglichkeiten des Arbeitnehmers ergeben, ist durch die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast Rechnung zu tragen. Es genügt zunächst, dass der Arbeitnehmer – soweit er die Überlegungen des Arbeitgebers, die zu der Befristung geführt haben, nicht kennt – einen Sachverhalt vorträgt, der die Missbräuchlichkeit der Befristung nach § 242 BGB indiziert. Entsprechende Indizien sind neben den Umständen, aus denen sich die rechtliche und tatsächliche Verbundenheit zwischen dem vormaligen und dem letzten Vertragsarbeitgeber ergibt, insbesondere der nahtlose Anschluss des mit dem neuen Vertragsarbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsvertrags an den befristeten Vertrag mit dem vormaligen Vertragsarbeitgeber, eine ununterbrochene Beschäftigung auf demselben Arbeitsplatz oder in demselben Arbeitsbereich (vor allem, wenn sie vertraglich zugesichert ist) zu auch im Übrigen – im Wesentlichen – unveränderten oder gleichen Arbeitsbedingungen, die weitere Ausübung des Weisungsrechts durch den bisherigen Vertragsarbeitgeber oder eine ohnehin gemeinsame Ausübung des Weisungsrechts, die „Vermittlung“ des Arbeitnehmers an den letzten Vertragsarbeitgeber durch den vormaligen Vertragsarbeitgeber und ein erkennbar systematisches Zusammenwirken von bisherigem und neuem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber muss sich sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen. Er kann einzelne Tatsachen konkret bestreiten oder Umstände vortragen, welche den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen. Insbesondere kann er dabei auch die – für den Arbeitnehmer häufig nicht ohne weiteres erkennbaren – Gründe für den Arbeitgeberwechsel darlegen. Trägt der Arbeitgeber nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Gelingt es dem Arbeitgeber, die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Indizien für ein missbräuchliches Vorgehen zu erschüttern, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Arbeitnehmer darlegen und beweisen muss, der letzte Vertragsarbeitgeber habe die Befristung in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem vormaligen Vertragsarbeitgeber nur deshalb vereinbart, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (BAG, Urt. v. 19.03.2014 – 7 AZR 527/12 – m. w. N.).
31b) Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze ist im Streitfall festzustellen, dass die Annahme der Klägerin, die streitige Befristung sei in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken zwischen dem Beklagten und der Stadt H nur deshalb vereinbart wurde, um das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zu umgehen, nicht berechtigt ist.
32Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass auf den ersten Blick für eine missbräuchliche Gestaltung die inhaltlich im Wesentlichen unveränderte nahtlose Fortsetzung der Tätigkeit im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach § 44 b SGB II sprechen mag, wenn auch zunächst eingebunden in die Organisation der ARGE RE und sodann im Jobcenter RE. Weder Ort und Art der Tätigkeit noch Arbeitsorganisation, einschließlich der Ansiedlung des Direktionsrechts, waren unterschiedlich. Das Arbeitsverhältnis unterlag sowohl beim Vorarbeitgeber wie auch beim Beklagten dem Tarifregime des TVöD. Jedoch sprechen bereits die tatsächlichen Abläufe vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages vom 15.12.2010 gegen die Annahme eines Vertragsgestaltungsmissbrauchs. Eine Absprache zwischen dem Vorvertragsarbeitgeber Stadt H und dem Beklagten hinsichtlich der Befristung hat es nicht gegeben. Im Gegenteil war auf Initiative des Geschäftsführers der ARGE RE zunächst auch die unbefristete Fortbeschäftigung der Klägerin seitens des Beklagten geplant, wie sich unzweideutig aus seinem Schreiben vom 12.07.2010, dem Beschluss des Kreispersonalausschusses vom 24.06.2010 und des Kreistages vom 08.07.2010, dem Schreiben des Landrats vom 29.09.2010 sowie der Beteiligung des Personalrates vom 15.10.2010 ergibt. Durch Personalkontinuität sollte die Handlungsfähigkeit der gemeinsamen Einrichtung gewahrt werden. Der Grund für den Arbeitgeberwechsel ist auch plausibel von dem Beklagten dargetan worden. Es war die Geschäftsführung der ARGE RE, die aus nachvollziehbaren praktischen Gründen eine Konzentration der bei unterschiedlichen Kommunen angestellten Mitarbeiter beim Beklagten erstrebte. Es liegt auf der Hand, dass Abstimmungsprozesse vereinfacht werden, wenn nur ein Personalamt, ein Personalrat und ein poltischer Entscheidungsträger zu beteiligen sind, statt deren elf. Auch der weitere Ablauf des Geschehens lässt keinen Raum für die Annahme eines missbräuchlichen Zusammenwirkens der Stadt H mit dem Beklagten. Der Grund für die Abkehr des Beklagten von der eigenen Planung bestand nicht in der Umgehung des Vorbeschäftigungsverbots des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Vielmehr dokumentieren die Beschlussvorlage 492/2010 sowie der darauf gefasste Beschluss des Kreistages vom 09.12.2010 und die Darlegung des Beklagten in der Beteiligung des Personalrats vom 30.11.2010, dass ausschließlich die finanziell ungeklärte Situation aufgrund des Scheiterns der Einigung über Haushalt und Stellenplan auf der Trägerversammlung vom 26.11.2010 ursächlich für den Entschluss des Beklagten waren, von der unbefristeten Übernahme der Mitarbeiter der ARGE RE Abstand zu nehmen.
333. Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz anspricht, weil der weit überwiegende Anteil der befristet angestellten Mitarbeiter des Jobcenters RE "mittlerweile" in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen worden seien, führt dies schon deshalb nicht zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Befristung, weil für die Frage der Wirksamkeit der Befristung auf die Umstände bei Vertragsabschluss abzustellen ist. Der Abschluss eines Folgearbeitsvertrags ist nicht Gegenstand der Klage. Darüber hinaus ist bereits fraglich, ob der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz im öffentlichen Dienst wegen der Sperrwirkung von Art. 33 Abs. 2 GG überhaupt als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt. Jedenfalls soweit es um den Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einem Arbeitnehmer geht, dessen Arbeitsverhältnis sachgrundlos nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristet wurde, ist der Vertragsfreiheit gegenüber dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Vorrang einzuräumen. Das folgt aus dem gesetzgeberischen Zweck, die Flexibilität der Beschäftigung zu fördern (vgl.: BAG, Urt. v. 15.05.2012 - 7 AZR 754/10 - m. w. N.).
34III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO
35IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen. Die Entscheidung beruht auf den besonderen Umständen des Einzelfalls.
36R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
37Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
38Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf§ 72a ArbGG verwiesen.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- 7 AZR 527/12 2x (nicht zugeordnet)
- § 44 b SGB II 2x (nicht zugeordnet)
- § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG 5x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72a Nichtzulassungsbeschwerde 1x
- 19 Ca 634/13 1x (nicht zugeordnet)
- § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung 1x
- BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben 3x
- 7 AZR 754/10 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- § 44 b SGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG 3x (nicht zugeordnet)
- § 14 Abs. 2 TzBfG 3x (nicht zugeordnet)
- § 72 LPVG 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht 2x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x