Urteil vom Landesarbeitsgericht Köln - 7 Sa 1069/14
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.08.2014 in Sachen 12 Ca 8794/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten in Klage und Widerklage um die Höhe des von der Beklagten an den Kläger zu zahlenden Gehaltes für den Zeitraum März 2013 bis August 2013 sowie um einen Urlaubsgeldanspruch des Klägers für das Jahr 2013.
3Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 12. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu veranlasst haben, der Klage in vollem Umfang stattzugeben und die Widerklage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 26.08.2014 in Sachen 12 Ca 8794/13 Bezug genommen.
4Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Beklagten am 08.10.2014 zugestellt. Sie hat hiergegen am Montag, dem 10.11.2014 Berufung eingelegt und diese – nach entsprechend gewährter Fristverlängerung – am 08.01.2015 begründet.
5Die Beklagte ist der Ansicht, das Arbeitsgericht Köln habe zu Unrecht angenommen, dass sie dem Kläger in dem Klagezeitraum März bis August 2013 ein monatliches Gehalt in Höhe von 5.417,00 € brutto geschuldet habe. Der Kläger könne sich für seinen Anspruch nicht auf den zweckbefristeten Anstellungsvertrag vom 11.01.2012 berufen; denn dieser Vertrag sei nachträglich durch die Ergänzungsvereinbarung zum Unternehmenskaufvertrag, den die Vertragsparteien am 26.01./31.01.2012 unterschrieben hätten, abgeändert worden. Nach der Ergänzungsvereinbarung habe das Monatsgehalt des Klägers nur 4.500,00 € brutto betragen. Die Regelungen der Ergänzungsvereinbarung seien für den Anstellungsvertrag des Klägers maßgeblich geworden. Den zweckbefristeten Anstellungsvertrag vom 11.01.2012 in seiner ursprünglichen Fassung habe der Kläger ohnehin verspätet angenommen. Er habe ihn nämlich erst am 13.02.2012, somit nach Zustandekommen der Ergänzungsvereinbarung unterschrieben.
6Weiter behauptet die Beklagte, der Kläger könne auch deshalb nicht Vergütung in der von ihm eingeklagten Höhe verlangen, weil er nach ihrem Eintritt in das Arbeitsverhältnis in Wirklichkeit nur 19,25 Stunden pro Woche gearbeitet habe, nicht aber 38,5 Stunden. Auch habe er die in dem zweckbefristeten Anstellungsvertrag vorgesehenen Wochenenddienste nicht geleistet. Sie, die Beklagte, sei seinerzeit davon ausgegangen, dass der Kläger nicht vollzeitbeschäftigt sei, sondern nur die Hälfte eines Vollzeitbeschäftigten arbeiten müsse.
7Ferner ist die Beklagte der Ansicht, dass das Arbeitsgericht dem Kläger zu Unrecht Urlaubsgeld für das Jahr 2013 zugesprochen habe. Wenn der Kläger sich darauf berufe, dass das Arbeitsverhältnis am 31.08.2013 beendet worden sei, so scheide nach § 4 des zweckbefristeten Anstellungsvertrages der Urlaubsgeldanspruch aus. Bedenken gegen die Wirksamkeit der vertraglichen Regelung über das Urlaubsgeld bestünden entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes nicht. Demnach gelte auch der dort aufgenommene Freiwilligkeitsvorbehalt.
8Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
9das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.08.2014,Az.: 12 Ca 8794/13, zugestellt am 08.10.2014, abzuändern und
10die Klage abzuweisen
11sowie im Wege der Widerklage den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte für die Monate Mai, Juni, Juli und August 2013 jeweils 5.417,00 € abzüglich jeweils für die Monate gezahlter 4.500,00 € zu zahlen.
12Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts, welche dieses auch sachgerecht begründet habe. Darüber hinaus ist der Kläger der Auffassung, dass die Ergänzungsvereinbarung zum Unternehmenskaufvertrag nicht wirksam zustande gekommen sei; denn seitens der E T GmbH sei Herr U S , der die Ergänzungsvereinbarung verantwortlich mitunterschrieben habe, ausweislich des Handelsregisters schon seit dem 14.11.2014 nicht mehr Geschäftsführer gewesen.
15Selbst wenn man jedoch von einem wirksamen Zustandekommen der Ergänzungsvereinbarung ausgehe, so habe er, der Kläger, mit seiner danach erfolgenden Unterschrift unter den zweckbefristeten Anstellungsvertrag vom 11.01.2012 im Vergleich zu der Gehaltsregelung in der Ergänzungsvereinbarung wiederum ein abgeändertes neues Angebot abgegeben, welches die E T GmbH in der Folgezeit auch angenommen habe; denn sie habe ihn, den Kläger, nicht nur, wie vorgesehen, beschäftigt, sondern ihm auch ein Jahr lang bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte das Gehalt in Höhe von 5.417,00 € brutto monatlich gezahlt.
16Der Kläger bestreitet, dass er seit dem Betriebsübergang nur noch 19,25 Stunden pro Woche gearbeitet habe und behauptet, er habe an dem Umfang seiner Arbeitszeiten nach dem Betriebsübergang nichts geändert. Er habe auch an den Wochenenden für die Beklagten zur Verfügung gestanden und auf Anforderung der Beklagten Arbeitsleistungen erbracht. Bezeichnenderweise habe die Beklagte auch zu keinem Zeitpunkt außergerichtlich beanstandet, dass der Kläger in zeitlich zu geringem Umfang arbeite.
17Der Kläger ist der Meinung, ihm stehe auch das ihm vom Arbeitsgericht zugesprochene Urlaubsgeld zu. Das Arbeitsgericht habe zutreffend und in Übereinstimmung mit der Entscheidung des BAG vom 20.02.2013, NJW 2013, 2844 angenommen, dass die vertragliche Vereinbarung über das Urlaubsgeld insoweit unwirksam sei, als sie einen Freiwilligkeitsvorbehalt erkennen lasse. Im Übrigen habe er, der Kläger, zu keinem Zeitpunkt behauptet oder sich darauf berufen, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2013 sein Ende gefunden habe. Vielmehr habe er zuletzt noch im November 2014 seine Arbeitsleistung am Betriebssitz der Beklagten angeboten.
18Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift der Beklagten und der Berufungserwiderung des Klägers wird ergänzend Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.08.2014 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschrieben Fristen eingelegt und begründet.
21II. Die Berufung der Beklagten konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht Köln hat der Klage zu Recht stattgegeben und die Widerklage zutreffend abgewiesen. Die von der Beklagten in der Berufungsinstanz vorgebrachten Tatsachenbehauptungen und Rechtsansichten sind nicht geeignet, eine Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zu rechtfertigen.
221. Die Beklagte ist unstreitig zum 01.03.2013 in das zuvor zwischen dem Kläger und der E T GmbH bestehende Anstellungsverhältnis gemäß § 613 a BGB eingetreten.
23a. Gemäß § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB tritt der Betriebsübernehmer in alle Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis ein. Dies gilt auch für die Rechte und Pflichten aus der zwischen dem Arbeitnehmer und dem Rechtsvorgänger des Übernehmers abgeschlossenen Vergütungsvereinbarung.
24b. Der Kläger war im Zeitpunkt des Betriebsübergangs von der E T GmbH auf die Beklagte mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Woche vollzeitbeschäftigt und konnte hierfür ein monatliches Gehalt in Höhe von 5.417,00 € brutto beanspruchen.
25c. Daran vermag auch die Ergänzungsvereinbarung vom 26.01./31.01.2012 zum Unternehmenskaufvertrag zwischen der E T GmbH einerseits, dem Kläger und seiner Ehefrau sowie der W F GmbH andererseits nichts zu ändern.
26aa. Es bedarf dafür keiner näheren Untersuchung, ob die Ergänzungsvereinbarung zum Unternehmenskaufvertrag überhaupt rechtswirksam zustande gekommen ist, da an ihr, wie vom Kläger behauptet, auf Seiten der E T GmbH ein nicht mehr vertretungsberechtigter Geschäftsführer mitgewirkt haben soll. Es kann vielmehr zugunsten der Beklagten das ordnungsgemäße Zustandekommen der Ergänzungs- vereinbarung unterstellt werden.
27bb. Zunächst geht aus § 2 Ziff. 1 der Ergänzungsvereinbarung hervor, dass sich die Vertragsparteien der Ergänzungsvereinbarung voll darüber bewusst waren, dass im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Ergänzungsvereinbarung der Anstellungsvertrag zwischen dem Kläger und der E T GmbH noch nicht zustande gekommen war. Es heißt darin nämlich, dass der Anstellungsvertrag anders als vorgesehen „bislang noch nicht unterzeichnet“ worden sei, dies aber „kurzfristig erfolgen“ solle.
28cc. Sodann enthalten § 2 Ziff. 2 und 3 der Ergänzungsvereinbarung zwar Aussagen zu bestimmten Aspekten des Inhalts des Anstellungsvertrages, so in Ziff. 2 auch zur vertraglichen Vergütung. § 2 Ziff. 2 nimmt dabei jedoch Bezug auf „Ziff. 1 und Ziff. 3 der Anlage zum Vorvertrag vom 26.10.2011“. Diese „Anlage zum Vorvertrag vom 26.10.2011“ hat die Beklagte, die sich auf die Ergänzungsvereinbarung zum Unternehmenskaufvertrag beruft, weil sie hieraus Vorteile für ihre Rechtsposition ableitet, aber nicht vorgelegt. Sie ist auch sonst nicht zur Akte gelangt und wurde von den Parteien auch inhaltlich nicht näher erläutert. Schon deshalb kann aus objektiver Sicht nicht vollständig und sachgerecht beurteilt werden, welche Relevanz etwa § 2 Ziff. 2 der Ergänzungsvereinbarung für den späteren Anstellungsvertrag des Klägers mit der E T GmbH hätte haben können.
29dd. Auch auf diesen Punkt kommt es jedoch letztlich nicht entscheidend an. Selbst wenn man nämlich einmal annimmt, dass durch § 2 Ziff. 2 der Ergänzungsvereinbarung unmittelbar die in § 4 Abs. 1 des zweckbefristeten Anstellungsvertrags enthaltene Vergütungsvereinbarung abgeändert werden sollte, so ändert dies nichts daran, dass der Kläger zeitlich nachfolgend, nämlich am 13.02.2012, den zweckbefristeten Anstellungsvertrag mit der ursprünglichen, nicht abgeänderten Gehaltsvereinbarung unterzeichnet hat. Ginge man davon aus, dass das von der E T GmbH mit ihrer Unterschrift vom 11.01.2012 ursprünglich abgegebene Angebot zum Abschluss des zweckbefristeten Anstellungsvertrages mit einer Gehaltsregelung in Höhe von 5.417,00 € brutto monatlich hinsichtlich der Gehaltshöhe nunmehr den Inhalt von § 2 Ziff. 2 der Ergänzungsvereinbarung erhalten hätte, so hätte der Kläger mit seiner nachfolgenden Unterschrift unter die inhaltlich in der Gehaltsfrage nicht veränderte ursprüngliche Vertragsurkunde das Angebot abgewandelt und damit gemäß § 150 Abs. 2 BGB seinerseits ein neues Angebot abgegeben.
30ee. Dieses vom Kläger abgegebene Angebot, den zweckbefristeten Anstellungsvertrag mit der ursprünglichen Gehaltsregelung von 5.417,00 € brutto monatlich abzuschließen, hat die E T GmbH in der Folgezeit durch ihr tatsächliches Verhalten eindeutig und unmissverständlich angenommen. Die E T GmbH hat das Anstellungsverhältnis mit dem Kläger nämlich wie vorgesehen zum 01.03.2012 als Vollzeitarbeitsverhältnis in Vollzug gesetzt und dem Kläger von Anfang an und während des gesamten Jahres bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte am 01.03.2013 ein Monatsgehalt in Höhe von 5.417,00 € brutto gezahlt.
31d. Diese Verpflichtung traf daher nunmehr ab dem Tag des Betriebsübergangs die Beklagte.
32e. Der weitere Einwand der Beklagten, der Kläger habe aber seit dem Betriebsübergang nicht mehr 38,5 Stunden pro Woche, sondern nur die Hälfte, also 19,25 Stunden gearbeitet, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Der Einwand erscheint bereits in hohem Maße nicht nur tatsächlich unsubstantiiert, sondern auch widersprüchlich, und kann daher rechtlich nicht zu dem von der Beklagten angestrebten Erfolg führen.
33aa. Der zwischen dem Kläger und der E T GmbH zustande gekommene zweckbefristete Anstellungsvertrag weist ein Vollzeitarbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitsverpflichtung von 38,5 Stunden aus. Auch § 2 der von der Beklagten herangezogenen Ergänzungsvereinbarung zum Unternehmenskaufvertrag enthält keine hiervon abweichende Regelung.
34bb. Die Beklagte behauptet auch nicht etwa, sie selbst habe mit dem Kläger – Wann ? Wo? Unter welchen Umständen? Aus welchem Anlass? – die Vereinbarung getroffen, das Vollzeitarbeitsverhältnis in ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit hälftiger Wochenstundenzahl umzuwandeln.
35cc. Wenn die Beklagte die monatlichen Bezüge des Klägers nachträglich mit der Begründung reduzieren will, der Kläger sei arbeitsvertraglich zwar vollzeitbeschäftigt gewesen, habe in Wirklichkeit aber nur die Hälfte der Arbeitszeit gearbeitet, so müsste sie auch vortragen, dass sie dem Kläger Arbeitstätigkeiten im Umfang eines Vollzeitarbeitsverhältnisses zugewiesen hat. An einem derartigen Vortrag der Beklagten fehlt es vollständig. Wenn ein Arbeitgeber einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nur Tätigkeiten im Umfang einer Teilzeitbeschäftigung von 50 % zuweist, so bleibt er unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges regelmäßig dennoch zur Zahlung der ungekürzten Vollzeitvergütung verpflichtet.
36dd. Auf Seite 9 der Berufungsbegründungsschrift lässt die Beklagte vortragen, dass sie „seinerzeit davon ausgegangen war, dass der Kläger nicht vollzeitbeschäftigt ist, also keine 38,5 Stunden in der Woche arbeiten muss, sondern lediglich davon die Hälfte, mithin 19,25 Stunden die Woche.“ Gleichwohl hat die Beklagte dem Kläger aber vom Monat des Betriebsübergangs an während des gesamten hier streitigen Zeitraums mindestens 4.500,00 € brutto monatlich gezahlt. Demnach müsste sie angenommen haben, dass es sich bei dem Betrag von 4.500,00 € um die Vergütung des Klägers für eine Halbtagsbeschäftigung handelte?!
37f. Wie vorstehend dargelegt, betrug die maßgebliche, im Anstellungsvertrag des Klägers mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten vereinbarte Monatsvergütung 5.417,00 € brutto. Gründe, die die Beklagte hätten berechtigen können, diese Vergütung zu reduzieren, liegen nicht vor. Sie sind insbesondere auch nicht in der Behauptung zu sehen, dass der Kläger die in § 4 Abs. 1 S. 2 des zweckbefristeten Anstellungsvertrages angesprochenen 26 Wochenenddienste nicht geleistet habe.
38aa. Zum einen besagt der Wortlaut des Anstellungsvertrages nur, dass mit der Vergütung von 5.417,00 € brutto monatlich etwaige Wochenenddienste, die über die Gesamtzahl von 26 nicht hinausgehen, mit abgegolten sind. Im Arbeitsvertrag ist jedoch nicht geregelt, dass solche Wochenenddienste auch tatsächlich zwingend anfallen müssen.
39bb. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass und wann sie den Kläger aufgefordert hätte, Wochenenddienste zu leisten, dieser einer solchen Aufforderung aber nicht gefolgt wäre.
402. Aus der Begründung für den Erfolg der Gehaltsdifferenzklage für die Monate März und April 2013 ergeben sich zugleich die Gründe dafür, dass die Widerklage der Beklagten keinen Erfolg haben konnte. Die Beklagte ist mit der Zahlung von 5.417,00 € brutto monatlich an den Kläger in den Monaten Mai bis August 2013 lediglich ihrer anstellungsvertraglichen Verpflichtung nachgekommen.
413. Zurecht hat das Arbeitsgericht Köln die Beklagte auch zur Zahlung des arbeitsvertraglich vereinbarten Urlaubsgeldes in Höhe von 72 % der Bruttomonatsvergütung von 5.417,00 €, also in Höhe von 3.900,24 € brutto verurteilt.
42a. Der Anspruch folgt aus § 4 Abs. 3 Unterabs. 2 des zweckbefristeten Anstellungsvertrages des Klägers. Danach „kann der Mitarbeiter ab Vertragsbeginn Urlaubsgeld (zusammen mit dem Juni-Gehalt) in Höhe von72 % … seines Monatsgehalts erhalten“.
43b. Sodann heißt es im Anstellungsvertrag des Klägers: „Voraussetzung für die Auszahlung ist die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. Als weitere Voraussetzung wird vereinbart, dass der Mitarbeiter am jeweiligen Auszahlungstag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht …“. Beide Voraussetzungen sind als erfüllt anzusehen.
44aa. Die Beklagte hat nicht einmal behauptet, geschweige denn substantiiert dargelegt, dass „die wirtschaftliche Situation des Unternehmens“ der Auszahlung des Urlaubsgeldes für 2013 entgegengestanden hätte.
45bb. Der Kläger stand im Zeitpunkt der Fälligkeit des Urlaubsgeldes, also im Zeitpunkt der Fälligkeit der Auszahlung des Juni-Gehalts, auch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis.
46cc. Entgegen der Behauptung der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung hat der Kläger auch zu keinem Zeitpunkt behauptet oder die Rechtsansicht geäußert, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.08.2013 beendet worden wäre. Die Vertragslaufzeit des zweckbefristeten Anstellungsvertrages des Klägers ist in § 3 S. 1 auf die Zeit bis zum 31.08.2015 festgelegt. Die Ergänzungsvereinbarung zum Unternehmenskaufvertrag vom 26.01./31.01.2012 hat hieran nichts geändert, sondern sagt im Gegenteil in § 2Ziff. 3 S. 1 aus, dass die Laufzeit des mit dem Kläger abzuschließenden Anstellungsvertrages unverändert bleibt. Eine Kündigung wurde von keiner Vertragspartei ausgesprochen, ein Aufhebungsvertrag nicht abgeschlossen.
47c. Abgesehen davon, dass die Beklagte sich selbst nicht darauf beruft, dass „die wirtschaftliche Situation des Unternehmens“ dem Anspruch des Klägers auf Auszahlung eines Urlaubsgeldes für 2013 entgegengestanden hätte, wäre diese in § 4 Abs. 3 Unterabs. 2 S. 2 festgelegte Voraussetzung für die Zahlung von Urlaubsgeld auch gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB wegen Verstoßes gegen das Transparenzprinzip als unwirksam anzusehen. Bei der entsprechenden Regelung in § 4 Abs. 3 des zweckbefristeten Anstellungsvertrages des Klägers mit der E T GmbH handelt es sich unstreitig um von Arbeitgeberseite gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Aussage: „Voraussetzung für die Auszahlung ist die wirtschaftliche Situation des Unternehmens.“ ist nicht klar und verständlich. Diese Voraussetzung für die Auszahlung des Urlaubsgeldes könnte einerseits so ausgelegt werden, dass ein Urlaubsgeld wegen der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens (nur) dann nicht in Betracht kommt, wenn der Arbeitgeber zum Fälligkeitszeitpunkt nicht in der Lage wäre, den geschuldeten Urlaubsgeldbetrag aufzubringen. Sie könnte aber auch bedeuten, dass schon eine angespannte oder weniger günstige wirtschaftliche Lage des Unternehmens der Auszahlung von Urlaubsgeld entgegenstünde. Schließlich könnte die Klausel sogar auch so ausgelegt werden, dass die Zahlung von Urlaubsgeld nur bei einer positiven wirtschaftlichen Lage des Unternehmens in Frage kommt. Die Unklarheit der Klausel ist objektiv geeignet, den Arbeitnehmer von der Geltendmachung seines Anspruchs abzuhalten und benachteiligt ihn daher unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.
48d. Erst recht kann die Beklagte dem Urlaubsgeldanspruch des Klägers nicht den in § 4 Abs. 3 Unterabs. 2 S. 4 enthaltenen Freiwilligkeitsvorbehalt entgegenhalten. Dort heißt es: „Sonstige Leistungen (z. B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld etc.) stellen freiwillige Leistungen des Arbeitgebers dar. Auch bei wiederholter Gewährung wird kein Rechtsanspruch auf die Zukunft begründet.“
49aa. Widersprüchlich erscheint bereits die einleitende Floskel: „Sonstige Leistungen (z. B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld etc.)“; denn in den Sätzen davor sind gerade konkrete Voraussetzungen für die Zahlung von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld genannt worden. Wieso es sich dann hierbei trotzdem um „sonstige Leistungen“ handelt, bleibt unklar.
50bb. Widersprüchlich erscheint sodann, dass in § 4 Abs. 3 Unterabs. 2S. 1 – 3 konkrete Voraussetzungen für die Zahlung von Urlaubsgeld, ein Fälligkeitszeitpunkt und eine exakt bestimmte Höhe mitgeteilt werden, in § 4 Abs. 3 Unterabs. 2 S. 4 dann aber plötzlich ein ganz allgemein gefasster Freiwilligkeitsvorbehalt ausgesprochen wird. Wenn der Arbeitgeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen konkrete Voraussetzungen für die Zahlung von Urlaubsgeld aufstellt, erweckt er beim Arbeitnehmer den Eindruck, dass dieser bei Erfüllung der Voraussetzungen das Urlaubsgeld auch beanspruchen kann. Damit ist nicht in Einklang zu bringen, dass der Wortlaut des Arbeitsvertrages suggeriert, dass der Arbeitgeber selbst bei Erfüllung der Voraussetzungen die Leistung nicht erbringen muss, weil sie ja „freiwillig“ sei. Immerhin handelt es sich bei dem Urlaubsgeld um eine Leistung nicht unerheblicher Größenordnung, die nach der Intention der arbeitsvertraglichen Regelung offensichtlich auch dazu bestimmt ist, die erbrachten Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers zu entgelten; denn nach § 4 Abs. 3 Unterabs. 2 S. 6 des Anstellungsvertrages wird das Urlaubsgeld bei unterjährigem Vertragsbeginn pro rata temporis berechnet.
51e. Bei alledem hat der Kläger einen Rechtsanspruch auf Zahlung des vollständigen und ungekürzten Urlaubsgeldes für 2013.
52III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.
53Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich.
54R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
55Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen. Auf § 72 a ArbGG wird vorsorglich hingewiesen.
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