Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Kammer) - 2 Sa 148/16

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten mit einem Zahlungs- und einem Feststellungsantrag um die Höhe des klägerischen monatlichen Grundgehaltes.

2

Der Beklagte, ein eingetragener Verein, betreibt in Mecklenburg-Vorpommern Jugendherbergen. Er gehört dem Bundesverband an, von dem er seine Berechtigung ableitet, den gewählten und eingetragenen Namen zu führen.

3

Der Beklagte betreibt unter anderem in B-Stadt eine Jugendherberge. Aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 10. Februar 2012 / 5. März 2012 (hier Blatt 6 ff, es wird Bezug genommen) ist die Klägerin seit dem 15. Juli 2012 beim Beklagten als Leiterin der Jugendherberge in B-Stadt beschäftigt. Die Jugendherberge in B-Stadt hat 124 Betten. Die an die Klägerin zu zahlende Vergütung setzt sich aus Festbeträgen sowie variablen Anteilen zusammen. Strittig zwischen den Parteien ist das durch die Beklagte als Teil der der Klägerin zustehenden festen Vergütung zu zahlende Grundgehalt. In § 6 des zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsvertrages heißt es dazu wörtlich:

4

"§ 6 Vergütung

5

(1) Die Herbergsleiterin erhält folgende Vergütung:

6
Grundgehalt, 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen gemäß den Festlegungen des Bundessozialausschusses (Anlage 2), der auch über deren Anpassung entscheidet.
7
Variable Vergütung auf Grundlage der Landesverbandsrichtlinien (Anlage 4).
8

(2) Die Vergütung wird jeweils fällig am 25. eines Monats. …"

9

Bei der in § 6 des Arbeitsvertrages erwähnten "Anlage 2" handelt es sich um die "Vergütungsrichtlinien für Herbergseltern, -leiterinnen und -leiter … die ab dem 1.09.2005 neu eingestellt wurden", die der beim Bundesverband gebildete Sozialausschuss am 24. April 2007 in Hannover beschlossen hat (in Kopie als Anlage K 2 zur Akte gelangt, hier Blatt 13 ff, es wird Bezug genommen). In dieser Vergütungsrichtlinie werden einzelne Arbeitsbedingungen der Herbergseltern und der Leiterinnen und Leiter der Jugendherbergen (im Folgenden zusammenfassend nur "Herbergseltern") geregelt. § 1 der Vergütungsrichtlinien regelt die Zusammensetzung der festen Vergütungsbestandteile. Insoweit wird dort das Grundgehalt erwähnt, dessen Höhe sich aus einer "Anlage 1" zu den Richtlinien ergibt. §§ 12 f der Vergütungsrichtlinien lauten wörtlich (vgl. Anlage K 2, hier Blatt 13 ff, es wird Bezug genommen):

"§ 12

10

Änderungen dieser Vergütungsrichtlinien, der Bestandteile zu den Vergütungsrichtlinien und die Vergütungsänderungen können nur auf Bundesebene (§ 24 (1) der Satzung des Hauptverbandes) vereinbart werden. …

§ 13

11

Bestandteile zu diesen Vergütungsrichtlinien sind

12

a) die Anlage 1

13

b) die Anlage 2

14

c) Alle zukünftigen Veränderungsbeschlüsse des Sozialausschusses"

15

Die in den Vergütungsrichtlinien erwähnte Anlage 1 enthält das Entgeltschema, nach dem sich die Grundvergütung nach der Bettenanzahl der Jugendherberge richtet. Aus der Anlage 2 ergibt sich das jeweilige Grundgehalt. Nach der 2014 und im Streitzeitraum aktuellen Anlage 2 gehört die Jugendherberge in B-Stadt zur Gruppe II (121 bis 160 Betten).

16

Aufgaben und Zusammensetzung des Sozialausschusses sind in §§ 23 ff der Satzung des Deutschen Jugendherbergswerkes, das ebenfalls in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisiert ist, geregelt (hier im Folgenden nur mit Satzung bezeichnet, Kopie hier Blatt 140 ff, es wird Bezug genommen). Nach § 23 Satzung setzt sich der Sozialausschuss paritätisch aus Vertretern der Landesverbände und aus Herbergseltern der Landesverbände, soweit sie in der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Jugendherbergseltern e.V. organisiert sind, zusammen. § 23 Absatz 3 Satzung lautet wörtlich:

17

"(3) Die Vertreterinnen / Vertreter aus denjenigen Landesverbänden, die auf der Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes mitbestimmt werden, haben kein Stimmrecht."

18

Die Aufgaben des Sozialausschusses sind in § 24 Satzung abschließend wie folgt formuliert:

19

"§ 24 Aufgaben

20

(1) Die Struktur des Grundgehalts, das 13. Monatsgehalt, das Urlaubsgeld sowie die vermögenswirksamen Leistungen für Herbergseltern bzw. Leiterinnen und Leiter von Jugendherbergen werden vom Sozialausschuss verbindlich festgelegt, der auch über deren Anpassung entscheidet.

21

Für Landesverbände, bei denen eine Mitarbeitervertretung nach dem Betriebsverfassungsgesetz besteht, sind die Festlegungen und die Entscheidungen des Sozialausschusses nicht verbindlich.

22

(2) Er spricht Empfehlungen über die Gliederung und Höhe des variablen Gehalts sowie die Anstellungsbedingungen von Herbergseltern und Leiterinnen/Leitern von Jugendherbergen aus."

23

Dem Arbeitsvertrag der Parteien aus Februar/März 2012 war außerdem als "Anlage 1" eine CD beigefügt mit arbeits- und möglicherweise auch vertragsrelevanten Dokumenten des Beklagten und seines Bundesverbandes. Unter anderem befindet sich auf der CD die vollständige Satzung des Bundesverbandes. Im Text des Arbeitsvertrages findet die Anlage 1 lediglich in § 1 ("Dienststellung und Dienstort") in dessen Absatz 2 Erwähnung. Wörtlich lautet die Regelung:

24

"(2) Die einzelnen zum Aufgabenbereich gehörenden Verfahrensvorgaben ergeben sich aus der als Anlage 1 beigefügten, zum Vertrag gehörenden Fassung des Qualitäts-Management-Systems. Die Herbergsleiterin erhält eine vollständige Ausfertigung und bestätigt durch ihre Unterschrift, dessen Inhalt als vertragliche Pflichten einzuhalten. Der Landesverband behält sich vor, das Qualitätshandbuch später zu ändern oder zu ergänzen. Die Herbergsleiterin wird über diese Anpassungen unverzüglich schriftlich informiert und wird auch diese beachten. Die Kenntnisnahme ist unverzüglich schriftlich zu bestätigen. Ein Einsatz innerhalb der Region ist möglich."

25

Nach dem Beschluss des Sozialausschusses vom 8. April 2014 beträgt das für die Klägerin maßgebliche Grundgehalt der Gehaltsgruppe II seit dieser Zeit monatlich 2.648 Euro brutto. Das ist das Grundgehalt, das der Beklagte der Klägerin bis heute zahlt.

26

Am 13. Oktober 2015 hatte der Sozialausschuss allerdings eine abermalige Erhöhung der Entgelte mit einer Laufzeit von Oktober 2015 bis Ende September 2017 beschlossen. In der Gehaltsgruppe II, der die Klägerin zugeordnet ist, beträgt das monatliche Grundgehalt nunmehr 2.757 Euro brutto. Um den sich daraus ergebenden Erhöhungsbetrag in Höhe von monatlich 109 Euro brutto streiten die Parteien, da sich der Beklagte aus wirtschaftlichen Gründen außer Stande sieht, diese Entgelterhöhung hier im Land umzusetzen.

27

Seit dem Monat Mai 2013 ist bei dem Beklagten ein Betriebsrat gebildet.

28

Nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin Klage erhoben, die beim Arbeitsgericht am 28. Dezember 2015 eingegangen ist. Sie verlangt Zahlung für die 8 Monate von Oktober 2015 bis März 2016 sowie von Juli und August 2016 sowie zusätzlich die Feststellung, dass ihr Grundgehalt auch für die Zeit "ab dem 26.06.2016" nach dem Beschluss des Sozialausschusses vom 13. Oktober 2015 zustehe. Das Arbeitsgericht Stralsund hat der Klage mit Urteil vom 11. Juli 2016 in vollem Umfang entsprochen und den Streitwert auf 3.924 Euro festgesetzt (2 Ca 459/15). Der Tenor des Urteils lautet in der Hauptsache wie folgt:

29

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständige Arbeitsvergütung i.H.v. 872,00 Euro brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf je 109,00 Euro brutto ab dem 26.10.2015, ab dem 26.11.2015, ab dem 26.12.2015, ab dem 26.01.2016, ab dem 26.02.2016, ab dem 26.03.2016, ab dem 26.07.2016 sowie ab dem 26.08.2016 zu zahlen.

30

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 26.06.2016 nach Gruppe II der Grundgehaltstabelle für die ab dem 01.09.2005 neu eingestellten Herbergsleiterinnen und -leiter in der Fassung des Anhebungsbeschlusses des Bundessozialausschusses des Deutschen Jugendherbergswerks vom 13.10.2015 zu vergüten.

31

Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

32

Mit der rechtzeitig eingelegten und sogleich begründeten Berufung verfolgt der Beklagte unverändert das Ziel der Klageabweisung.

33

Der Beklagte wirft dem Arbeitsgericht vor, es hätte für die Auslegung der Vergütungsvereinbarung der Partien nicht alle erkennbar relevante Umstände berücksichtigt. § 6 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag ("Vergütungsrichtlinien des Sozialausschusses") sei dahin zu verstehen, dass es sich um eine Rechtsgrundverweisung handele. Das bedeute, das Entgelt sollte nur solange an die Beschlüsse des Sozialausschusses dynamisch gekoppelt sein, solange im Landesverband kein Betriebsrat gebildet sei. Da beim Beklagten inzwischen sei 2013 ein Betriebsrat gebildet worden sei, hätte der Sozialausschuss seine Kompetenz verloren, für den hiesigen Landesverband die Arbeitsbedingungen festzulegen. Daher sei die abermalige Anhebung des Entgelts ab Oktober 2015 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mehr anwendbar.

34

Den Sinn dieser Regelung sieht der Beklagte in dem Umstand, dass durch die Bildung von Betriebsräten das paritätische Beteiligungsmodell, das dem Sozialausschuss zu Grunde liege, in Frage gestellt sei. Außerdem habe man vermeiden wollen, dass es zu Kompetenzkonflikten zwischen den Betriebsräten und dem Sozialausschuss bei der Regelung von Entgeltfragen komme. In der mündlichen Verhandlung ist dieser Gedanke noch durch die Erwägung ergänzt worden, dass erfahrungsgemäß nach der Gründung von Betriebsräten bald auch Gewerkschaften Einfluss auf die Belegschaft gewännen und somit dann das Entgeltfindungsmodell gelte, das üblicherweise in der Privatwirtschaft gelte. Für die paritätische Lösung mit dem Sozialausschuss sei dann kein Platz mehr.

35

Der Beklagte beantragt,

36

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 11. Juli 2016, Aktenzeichen 2 Ca 459/15, abzuändern und die Klage abzuweisen.

37

Die Klägerin beantragt,

38

die Berufung zurückzuweisen.

39

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil mit Rechtsargumenten.

40

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

41

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zurecht entsprochen. Auf die zutreffenden Ausführungen wird Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht.

I.

42

Der Zahlungsantrag, der sich aus der monatlichen Entgeltdifferenz in Höhe von 109 Euro brutto für die Monate Oktober 2015 bis März 2016 sowie die Monate Juli und August 2016 zusammensetzt, ist begründet.

1.

43

Nach dem Text des Arbeitsvertrages haben die Parteien des Arbeitsvertrages keine eigene Vergütungsregelung getroffen, sondern wegen der Vergütung auf die Festlegungen des Sozialausschusses des Dachverbandes des Beklagten Bezug genommen. Dass diese Bezugnahme auf die Regelungen des Sozialausschusses nur gelten sollte, solange für den hiesigen Landesverband kein Betriebsrat gebildet ist (im Folgenden "Betriebsratsgründungsvorbehalt"), geht aus dem Arbeitsvertrag nicht mit der erforderlichen Klarheit hervor.

44

In § 6 Absatz 1 des Arbeitsvertrages heißt es dazu ohne jede Einschränkung "Grundgehalt … gemäß den Festlegungen des Bundessozialausschusses". Das ist eine Formulierung wie sie bei der vertraglichen Inbezugnahme auf Tarifwerke häufig zu finden ist und die nur die Deutung zulässt, dass die Parteien keine eigene Entgeltregelung treffen wollten, sondern sich dynamisch den Entgeltregelungen unterwerfen wollten, die der auf Ebene des Bundesverbandes gebildete Sozialausschuss erlässt.

2.

45

Aus der in § 6 Absatz 1 des Arbeitsvertrages erwähnten Anlage 2 ergibt sich nichts Anderes. Diese Anlage 2 ist nichts anders als ein Ausdruck der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Vergütungsrichtlinien des Bundessozialausschusses vom 24. April 2007 nebst den seinerzeit aktuellen Gehaltstabellen.

46

Aus dem Umstand, dass in der Anlage 2 in § 12 der Begriff "Satzung des Hauptverbandes" erwähnt ist, kann nicht geschlossen werden, dass die Parteien des Arbeitsvertrages sich nicht nur an die Regelungen des Sozialausschusses binden wollten, sondern darüber hinaus auch an die Regelungen zum Sozialausschuss aus der Satzung des Bundesverbandes. Denn § 12 der Anlage 2 weist nur daraufhin, dass eine Veränderung der Vergütungsrichtlinien nur auf Bundesebene vereinbart werden könne, wobei der Verweis auf § 24 Absatz 1 Satzung lediglich deutlich macht, dass für diese Veränderungen der Sozialausschuss zuständig ist. Hier wird weder allgemein die Satzung des Bundesverbandes als ergänzende Rechtsquelle für Veränderungen der Vergütung eingebunden, noch wird hier konkret auf den Betriebsratsgründungsvorbehalt für die weitere Zuständigkeit des Sozialausschusses in Vergütungsfragen hingewiesen.

47

Eine Bindung des Arbeitsvertrages an die Satzung des Bundesverbandes ergibt sich auch nicht aus anderen Regelungen des Arbeitsvertrages. Soweit § 1 Absatz 2 des Arbeitsvertrages über die Verweisung auf die dem Arbeitsvertrag als Anlage 1 beigefügte CD auch die Bundessatzung in das Vertragswerk mit einbezieht, geschieht dies ausweislich des Textes von § 1 Absatz 2 des Arbeitsvertrages ausschließlich in Bezug auf Vorgaben des Qualitäts-Managements und nicht wegen ergänzender Vergütungsregelungen.

3.

48

Hilfsweise stützt das Gericht seine Entscheidung auch auf das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff BGB). Auf den Arbeitsvertrag ist das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen anzuwenden, da dem Vertrag ein vom Arbeitgeber vorgegebenes Vertragsformular zu Grunde liegt.

a)

49

Würde man mit dem Beklagten annehmen wollen, die Parteien hätten mit der Anlage 2 zum Arbeitsvertrag oder indirekt über § 1 Absatz 2 des Arbeitsvertrages auch den Vorbehalt vereinbart, die dynamische Bindung an die Beschlüsse des Sozialausschusses solle nur solange gelten, solange sich im Landesverband Mecklenburg-Vorpommern kein Betriebsrat gründet, würde diese Regelung wegen mangelnder Transparenz nach § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB unwirksam sein.

b)

50

Die von dem Beklagten dem Vertragswerk beigemessene Regelung wäre im Übrigen überraschend im Sinne von § 305c Absatz 1 BGB. Selbst wenn man mit dem Beklagten in Rechnung stellt, dass der Klägerin bewusst gewesen sein muss, dass es sich bei dem Beklagten um einen Arbeitgeber handelt, der auch über seinen Bundesverband gewissen Richtlinien unterliegt, musste sie doch nicht damit rechnen, dass die in der Bundessatzung verankerte Entgeltfindung über den paritätisch besetzten Sozialausschuss dort per Satzung unter den Vorbehalt gestellt ist, dass sich beim Arbeitgeber kein Betriebsrat gründet.

51

Diesem Gedanken könnte man allenfalls dann nähertreten, wenn der in §§ 23 Absatz 3, 24 Absatz 1 Satz 2 Satzung geregelte Betriebsratsgründungsvorbehalt sachlogisch oder doch zumindest plausibel mit der gewählten Entgeltfindungsmethode über den paritätischen Sozialausschuss zusammenhängen würde.

52

Dem Beklagten ist es aber nicht gelungen, den dafür notwendigen Sachzusammenhang des Betriebsratsgründungsvorbehalts mit der Entgeltfindungsmethode über den Sozialausschuss dem Gericht plausibel zu erläutern. Soweit die Gefahr besteht, dass über das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Absatz 1 Nr. 10, 11 BetrVG ein mit den Regelungen des Sozialausschusses konkurrierendes Entgeltfindungsmodell etabliert wird, schießt die Satzungsregelung jedenfalls weit über ihr Ziel hinaus. Insofern hätte es ausgereicht zu regeln, dass Entgeltregelungen, die in den Landesverbänden mit dort gegründeten Betriebsräten und mit Geltung für die Herbergseltern getroffen werden, den Entgeltregelungen des Sozialausschusses vorgehen. Gegebenenfalls hätte man auch regeln können, dass die Regelungskompetenz des Sozialausschusses mit der Verabschiedung von Betriebsvereinbarungen in Entgeltfragen für Herbergseltern in den Landesverbänden enden solle.

53

Das Ende der Regelungskompetenz des Sozialausschusses allein an die Gründung eines Betriebsrats zu knüpfen, ist dagegen in keiner Weise plausibel, denn es gibt viele Betriebsräte, die sich jahrelang nicht um Entgeltfragen kümmern, da sie nach ihrer Gründung vorrangig ganz andere Dinge regeln wollen und müssen. Insbesondere ist die Annahme fernliegend, ein im Landesverband gegründeter Betriebsrat wolle sich vordringlich um die Entgelte der Herbergseltern kümmern, denn diese Personen werden im betrieblichen Alltag als Vertreter des Arbeitgebers vor Ort eher als die Gegenspieler des Betriebsrats angesehen. Obwohl die Begriffsbildungen ersichtlich nicht passen, muss man Herbergseltern doch eher mit außertariflichen Angestellten oder gar mit leitenden Angestellten vergleichen.

4.

54

Da die Parteien sich damit arbeitsvertraglich ohne Einschränkungen und weitere Vorbehalte den vom Sozialausschuss erlassenen Regelungen zum Entgelt unterworfen haben, ist der Beklagte verpflichtet, den Beschluss des Sozialausschusses vom 13. Oktober 2015, mit dem das Entgelt um 4,1 Prozent bzw. um 109 Euro abermals angehoben wurde, zu unterwerfen.

55

Damit ist der Zahlungsantrag, gegen dessen Höhe keine Einwände erhoben wurden, begründet.

5.

56

Die Nebenforderung in Form des Verzugszinses ist ebenfalls begründet. Da nach § 6 Absatz 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags das Entgelt jeweils zum 25. des laufenden Monats fällig wird, steht der Klägerin ab dem Folgetag Verzugszins nach § 288 BGB zu.

II.

57

Auch der Klageantrag zu 2 ist begründet.

58

Das nach § 256 Absatz ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse für die begehrte gerichtliche Feststellung liegt vor, denn der Beklagte leugnet seine Zahlungspflicht nach dem Beschluss des Sozialausschusses vom 13. Oktober 2015. Soweit der Feststellungsantrag offensichtlich auch die Monate Juli und August 2016 umfasst, bedarf es keiner gesonderten Feststellung zum Rechtsschutzinteresse, da es sich insoweit um eine zulässige Zwischenfeststellungklage im Sinne von § 256 Absatz 2 ZPO handelt.

59

Wegen der Begründetheit des Feststellungsantrages kann auf die Ausführungen zum Zahlungsantrag (oben I.) Bezug genommen werden.

III.

60

Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu tragen, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

61

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

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