Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (5. Kammer) - 5 Sa 79/16
Tenor
1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 16.02.2016 - 1 Ca 260/15 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung.
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Der 1968 geborene Kläger absolvierte 1984 bis 1988 die Ausbildung zum Lehrer für untere Klassen und trat zum 01.08.1988 als Lehrer in den Dienst des Rates des Kreises Rügen. Ab dem 20.07.1990 beschäftigte ihn das beklagte Land als Lehrer weiter.
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Der Kläger war zuletzt an der Grundschule "K." in S. als Vollzeitkraft mit einer Pflichtstundenzahl von 27,5 Unterrichtsstunden beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Das Monatsbruttogehalt des Klägers betrug zuletzt € 4.413,46 (Entgeltgruppe 11 TV-L). Der Kläger ist verheiratet und hat zwei unterhaltspflichtige, in den Jahren 1991 und 2015 geborene Kinder.
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Im Sommer 2010 nahm der Kläger zu einer damals 10-jährigen Schülerin (geb. 2000) über Facebook Kontakt auf. Die Schülerin hatte zwar keinen Unterricht bei dem Kläger, ging jedoch in dieselbe Schule. Spätestens im Sommer 2013 lenkte der Kläger die Kommunikation mit der nunmehr 13-jährigen Schülerin auf sexuelle Inhalte. In mindestens zwei Fällen übersandte der Kläger ihr im Tatzeitraum 01.06.2013 bis 25.03.2014 Videoaufnahmen, auf denen er onanierte. Am 21.08.2014 vernahm die Polizei ihn hierzu als Beschuldigten. Zudem fand eine Hausdurchsuchung statt.
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Am 30.03.2015 erließ das Amtsgericht Bergen einen Strafbefehl gegen den Kläger wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 StGB), nämlich wegen der Einwirkung auf ein Kind durch das Vorzeigen pornographischer Abbildungen oder Darstellungen (§ 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB). Das Amtsgericht verhängte eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Es setzte die Bewährungszeit auf zwei Jahre fest und gab dem Kläger auf, jede Änderung des Wohnsitzes unverzüglich mitzuteilen und einen Geldbetrag von € 4.000,- zu zahlen. Der Strafbefehl wurde rund drei Monate später am 06.07.2015 rechtskräftig.
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Nachdem das beklagte Land aufgrund der Mitteilungen in Strafsachen am 27.08.2015 von dem Strafbefehl erfahren hatte, beantragte es mit Schreiben vom 28.08.2015 bei dem Bezirkspersonalrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers, hilfsweise zur ordentlichen Kündigung zum nächstmöglichen Termin. Es teilte dem Bezirkspersonalrat die Personaldaten des Klägers mit und unterrichtete ihn über den Inhalt des Strafbefehls. Der Personalrat gab keine Stellungnahme ab.
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Mit Schreiben vom 21.09.2015, dem Kläger zugegangen am 28.09.2015, kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise ordentlich zum 31.03.2016 bzw. zum nächstmöglichen Termin. An der außerordentlichen Kündigung hielt das beklagte Land später nicht mehr fest, da die hierfür geltende zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB bei Ausspruch der Kündigung bereits abgelaufen war.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die ordentliche Kündigung vom 21.09.2015 sei unwirksam, da es an einem Grund hierfür fehle. Der Kläger habe sich nicht im Dienst strafbar gemacht. Es handele sich ausschließlich um ein außerdienstliches strafbares Verhalten. Er habe den Vorwurf eingestanden und damit dem Kind eine nochmalige Aussage erspart, um es nicht weiter zu belasten. Er habe das Strafverfahren genutzt, um bei der Polizei "reinen Tisch" zu machen. Des Weiteren habe er sich in fachärztliche Behandlung begeben, um sich zukünftig jederzeit unter Kontrolle zu haben. Der Kläger hat bestritten, dass der Personalrat ordnungsgemäß angehört worden sei.
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Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 21.09.2015 nicht aufgelöst ist.
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Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei angesichts der schweren Pflichtverletzung des Klägers wirksam. Ein Lehrer solle die geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten der heranwachsenden jugendlichen Menschen fördern und ihre Persönlichkeit weiterentwickeln. Deshalb habe er sich jeglicher sexuellen Beziehungen zu den minderjährigen Schülern strikt zu enthalten. Angesichts der Schwere des Vorwurfs sei eine vorherige Abmahnung entbehrlich. Das Vertrauensverhältnis sei völlig zerstört. Der Kläger biete nicht mehr die notwendige Gewähr für die besondere Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit, die von einem Lehrer gerade auf sittlichem Gebiet gefordert werde. Daran ändere auch das Geständnis nichts.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Kündigung sei unwirksam, da es an einer vorherigen Abmahnung fehle. Es sei anzunehmen, dass der Kläger sein Verhalten nach Ausspruch einer Abmahnung mit Kündigungsandrohung sofort geändert und eingestellt hätte, da ihm die Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz sowie von Ehe und Familie unmittelbar bewusst geworden wäre. Zudem sei die Kündigung im Hinblick auf die 27-jährige beanstandungsfreie Beschäftigungszeit unverhältnismäßig. Der Kläger habe die Vorwürfe unumwunden zugegeben und damit dem Opfer eine weitere Aussage vor Gericht erspart. Er habe sich einsichtig gezeigt, was das Unrecht seines Tuns betreffe. Das spreche gegen eine Wiederholungsgefahr.
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Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass es Konstellationen gebe, bei denen eine Abmahnung entbehrlich sei. Das gelte für schwere Pflichtverletzung, bei denen eine Hinnahme durch den Arbeitgeber ganz offensichtlich und für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen sei. So liege der Fall auch hier. Der Kläger sei langfristig und planvoll vorgegangen. Er habe den Kontakt zu der minderjährigen Schülerin zunehmend intensiviert und auf sexuelle Inhalte gelenkt. Er habe ohne weiteres erkennen können, dass ein solches Fehlverhalten gegen die Rechtsordnung verstoße und schon gar nicht mit dem Beruf eines Lehrers vereinbar sei. Das berechtigte Vertrauen der Eltern in die Integrität der Lehrer ihrer Kinder sei unwiederbringlich verlorengegangen.
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Zudem habe es sich nicht um einen Einzelfall gehandelt. Der Kläger habe derartige Kontakte auch zu einer anderen Minderjährigen unterhalten, wie er in der polizeilichen Vernehmung selbst eingeräumt habe. Im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen seien zudem kinderpornographische Darstellungen beim Kläger sichergestellt worden. Wegen dieser Vorwürfe habe das Land dem Kläger erneut gekündigt.
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Das beklagte Land beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 16.02.2016 - 1 Ca 260/15 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.
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Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Der Kläger habe sich im Laufe der Beschäftigungszeit ein hohes Maß an Vertrauen erarbeitet. Dieses Vertrauen sei durch den hier in Rede stehenden Vorfall nicht gänzlich zerstört. Die Abmahnung als milderes Mittel gegenüber der Kündigung stelle eine ausreichende Sanktion dar.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung des beklagten Landes ist zulässig und begründet.
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Die ordentliche Kündigung vom 21.09.2015 ist wirksam. Sie ist durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt und deshalb sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG).
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Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG). Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Der Arbeitgeber hat die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Kündigung bedingen (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG).
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Eine Kündigung ist aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen er-scheint (BAG, Urteil vom 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 24, juris = NZA 2016, 540; BAG, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13 - Rn. 19, juris = NZA 2015, 358; BAG, Urteil vom 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 13, juris = NZA 2014, 1197).
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Eine Kündigung scheidet dagegen aus, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers - wie etwa eine Abmahnung - geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2, § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten ist, oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich (auch für den Arbeitnehmer erkennbar) ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 24, juris = NZA 2016, 540; BAG, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13 - Rn. 39, juris = NZA 2015, 358).
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Ein im Landesdienst tätiger Lehrer hat die Pflicht, die Schüler der staatlichen Schulen zu mündigen, vielseitig entwickelten Persönlichkeiten zu erziehen (§ 2 Abs. 1 SchulG M-V). Dazu gehört auch die Persönlichkeitsentwicklung in sexueller Hinsicht. Die Sexualerziehung soll das Bewusstsein für eine persönliche Intimsphäre und für partnerschaftliches Verhalten in persönlichen Beziehungen sowie in Ehe, Familie und eingetragenen Lebenspartnerschaften entwickeln und fördern (§ 6 SchulG M-V).
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Das Wohl der Schülerinnen und Schüler erfordert es, jedem Anschein von Vernachlässigung, Misshandlung oder anderer Gefährdungen des Kindeswohls nachzugehen (§ 4 Abs. 5 Satz 6 SchulG M-V). Dazu gehört auch der Schutz vor sexueller Gewalt. Für Kinder und Jugendliche ist ein sexueller Missbrauch eine schwerwiegende Erfahrung, die das Erwachsenwerden erheblich belasten und sich ein ganzes Leben lang auswirken kann.
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Die Verpflichtung der Schule zum Schutz der Kinder und Jugendlichen bezieht sich nicht nur auf Gefährdungen des Kindeswohls im schulischen Bereich, beispielsweise durch Mitschüler, sondern auch in der häuslichen Sphäre. Mit diesem Auftrag verbunden ist zwangsläufig eine besondere Vertrauensstellung der Schule, insbesondere der dort tätigen Lehrkräfte. Es muss für die Schülerinnen und Schüler möglich sein, sich den Lehrkräften mit ihrem Problem anzuvertrauen. Das setzt eine entsprechende persönliche Integrität der Lehrerinnen und Lehrer voraus. Die Verpflichtung der Lehrkräfte, jeglichen Gefährdungen des Kindeswohls nachzugehen, ist nicht auf die jeweils von ihnen zu unterrichtenden Schülerinnen und Schüler beschränkt. Sie gilt für alle Lehrkräfte und alle Schüler der Schule.
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Die Lehrkräfte müssen Gewähr dafür bieten, dass sie Gefährdungen des Kindeswohls, insbesondere in Form sexueller Gewalt, jederzeit entschieden entgegentreten und die Schüler hiervor nachhaltig schützen. Diese Verpflichtung ist in schwerwiegender Weise verletzt, wenn von einer Lehrkraft, die gerade das Kindeswohl schützen soll, selbst die Gefahr ausgeht. Nutzt eine Lehrkraft die sich in der Schule ergebenden Kontakte für sexuelle Übergriffe auf Schülerinnen oder Schülern, verliert sie damit ihre Vertrauenswürdigkeit gegenüber den Schülern und den Eltern. Das gilt erst recht, wenn die Handlungen ein Ausmaß erreichen, das sogar eine Straftat darstellt.
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Ob die Handlungen innerhalb oder außerhalb des Unterrichts oder sonstiger schulischer Veranstaltungen stattgefunden haben, ist nicht von Bedeutung. Sexuelle Übergriffe von Lehrkräften auf Schülerinnen und Schüler führen stets zu schwerwiegenden Folgen für die Persönlichkeitsentwicklung, unabhängig davon, zu welcher Zeit und an welchem Ort sie stattgefunden haben. Für das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist es unerheblich, ob die sexuelle Gewalt in der Schule und innerhalb der Dienstzeit ausgeübt wird oder außerhalb der Schule und außerhalb des Unterrichts, beispielsweise im Internet, bei außerschulischen Sportveranstaltungen, durch private Telefonate etc. Es handelt sich immer um eine gleich schwerwiegende Verletzung der Intimsphäre.
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Der sexuelle Missbrauch eines Kindes durch einen Lehrer ist „an sich“ als wichtiger Grund für eine außerordentliche, fristlose Kündigung geeignet (BAG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 20, juris = NJW 2015, 651; BAG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 18, juris = NJW 2013, 1387).
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Der Kläger hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt, indem er einer 13-jährigen Schülerin im Tatzeitraum 01.06.2013 bis 25.03.2014 in mindestens zwei Fällen Videoaufnahmen übersandte, auf denen er onanierte. Damit hat er das Kindeswohl in schwerwiegender Weise gefährdet. Der Kläger hat vorsätzlich gehandelt.
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Eine Abmahnung war entbehrlich, da diese Pflichtverletzung so schwer wiegt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und für den Kläger erkennbar offensichtlich ausgeschlossen ist. Das beklagte Land kann es keinesfalls zulassen, dass Lehrer, anstatt aktiv gegen sexuelle Gewalt vorzugehen, selbst derartige Straftaten zum Nachteil der Schülerinnen und Schüler begehen. Das beklagte Land ist gehalten, jegliche sexuelle Gewalt an Schulen zu verhindern und die Intimsphäre der Schüler unbedingt zu schützen. All das ist dem Kläger aufgrund seiner pädagogischen Ausbildung bekannt. Dem Kläger war bewusst, dass er seine Pflichten schwerwiegend verletzt und sein Arbeitsverhältnis - im Übrigen auch seine Ehe und Familie - gefährdet. Dennoch hat er bis zur Aufdeckung der Tat hiervon nicht abgelassen und sich nicht einmal von der Strafdrohung abschrecken lassen. Die Straftat des Klägers führt zu einem vollständigen Vertrauensverlust. Im Falle einer Weiterbeschäftigung des Klägers ist damit zu rechnen, dass Eltern die Schule boykottieren, um ihre Kinder vor weiterem Missbrauch zu schützen.
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Die Lösung des Arbeitsverhältnisses erscheint in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen.
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Dabei ist durchaus die sehr lange und auch langjährig beanstandungsfreie Beschäftigungszeit zugunsten des Klägers zu berücksichtigen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt nicht nur zu einem Verlust der finanziellen Lebensgrundlage, sondern ist auch ein tiefgreifender Einschnitt in der beruflichen Entwicklung des Klägers und seinem Ansehen als Lehrer. Zudem hat der Kläger Unterhaltspflichten zu erfüllen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses belastet den Kläger erheblich.
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Dennoch überwiegt das Beendigungsinteresse des beklagten Landes. Der Kläger hat seine eigenen sexuellen Neigungen und Interessen klar und deutlich über das Kindeswohl gestellt. Er hat in Kauf genommen, dass sein Verhalten zu Entwicklungsstörungen bei der geschädigten minderjährigen Schülerin führen kann. Es handelt sich nicht um ein einmaliges Versagen wie z. B. eine unbedachte Äußerung, sondern um ein langjähriges zielgerichtetes Fehlverhalten. Der Kläger hat die Kommunikation mit der Schülerin von sich aus auf sexuelle Inhalte gelenkt, um seine eigenen Bedürfnisse auszuleben. Die Folgen seines Verhaltens für die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerin waren für ihn ohne Belang.
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Soweit der Kläger nach Aufdeckung der Straftat geständig war und sich in fachärztliche Behandlung begeben hat, spricht das zwar für eine gewisse Einsicht in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens. Eine Wiederholungsgefahr lässt sich damit aber nicht sicher und zuverlässig ausschließen. Ebenso wenig lässt sich damit das verlorengegangene Vertrauen der Schüler und Eltern wiederherstellen. Der Kläger mag den ernsthaften Willen haben, mit dem Geschehenen abzuschließen und sein Verhalten zu ändern. Ob ihm das gelingen wird, bleibt abzuwarten. Dem beklagten Land und den von ihm zu betreuenden Schülern ist es allerdings nicht zuzumuten, das Risiko erneuter derartiger Pflichtverletzungen auf sich zu nehmen. Der Kläger unterliegt in seiner Tätigkeit als Lehrer keiner ständigen Kontrolle. Er hat vielfältige Möglichkeiten, mit Schülerinnen und Schülern in Kontakt zu treten, vor allem mit seiner Autorität als Lehrer. Im Interesse der Schüler muss das beklagte Land jegliche sexuelle Gewalt durch Lehrer zuverlässig und sicher verhindern. Der Schutz der minderjährigen Schülerinnen und Schüler gebietet es, den Kläger von seiner Funktion als Lehrer zu entbinden und das Arbeitsverhältnis zu beenden. Ein milderes Mittel steht nicht zur Verfügung.
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Die Kündigung scheitert nicht an der Personalratsbeteiligung (§ 68 Abs. 7 PersVG M-V). Das beklagte Land hat den zuständigen Bezirkspersonalrat mit Schreiben vom 28.08.2015 ordnungsgemäß angehört, was der Kläger zum Schluss der ersten und in der zweiten Instanz nicht mehr angegriffen hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
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