Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Berufungskammer) - 2 Sa 227/19

Tenor

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 12.06.2019 zum Aktenzeichen 5 Ca 253/19 wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Übertragung einer von dem beklagten Land für die Universität A-Stadt ausgeschriebenen Stelle „Leiter/in Hochschulsport / Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in / (*gn)(EG 14 TV-L, Vollzeitbeschäftigung 40 Std./W, unbefristet)“.

2

Diese Stelle ist an der Philosophischen Fakultät im Bereich Hochschulsport am Institut für Sportwissenschaften angesiedelt. In der Stellenausschreibung ist die Aufgabe der eigenverantwortlichen Leitung des Bereiches Hochschulsport näher beschrieben und zusätzlich aufgeführt, dass es darüber hinaus zu den Aufgaben der Stelleninhaberin/des Stelleninhabers gehört, als wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in am Institut für Sportwissenschaft tätig zu sein.

3

Als Einstellungsvoraussetzungen sind genannt:

4

- abgeschlossenes sportwissenschaftliches Hochschulstudium (Staatsexamen, Diplom, Master oder Magister) mit mindestens gutem Ergebnis und fachbezogene Promotion

5

- mehrjährige Führungskompetenz

6

- Erfahrungen in der akademischen Lehre

7

- Erfahrungen im Finanz-, Personal- und Liegenschaftsmanagement im öffentlichen Bereich

8

- Lizenzen (z. B. Trainerlizenz C) und sportpraktische Erfahrungen

9

- Kenntnisse der regionalen und lokalen Sportstrukturen, des LSB und des DOSB

10

- Erfahrungen im Sport- und Veranstaltungsmanagement

11

- sichere Kenntnisse der deutschen und englischen Sprache

12

- Eigeninitiative, Entscheidungsfähigkeit, Sozialkompetenz, Fähigkeit zur Konfliktlösung, hochschulpolitisches Verhandlungsgeschick, strategisches und wirtschaftliches Denken, Durchsetzungsvermögen und hohe Belastbarkeit

13

Der im April 1980 geborene Kläger bewarb sich auf diese Stelle. Er verfügt über folgenden beruflichen Werdegang:

14

Juli 1998

Abitur in A-Stadt

Januar 2005

1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien der Fächer Sport und Arbeit-Wirtschaft-Technik an der Universität A-Stadt (Note: 2,0)

Mai 2008

Master of Arts, Universität B., Abteilung Sportwissenschaft, Bereich: Organisationsentwicklung und Management (Note: 1,6)

2010 – 2014

Leitung des ProMentCenters (GmbH-Ausgründung der Universität B.)

April 2015

Promotion zum Doktor der Philosophie an der Universität B., Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft, zu Fragen der „menschlichen Motorik“ (Note: summa cum laude

15

In seinem im Januar 2015 mit dem beklagten Land begründeten Beschäftigungsverhältnis ist der Kläger an der Philosophischen Fakultät der Universität A-Stadt als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sportwissenschaften zuständig für die Lehrgebiete Sportpädagogik und Sportdidaktik. Wegen der Einzelheiten der klägerischen Bewerbungsunterlagen wird auf Blatt 18 bis 56 der Akte verwiesen.

16

Die im April geborene Frau Dr. J. L. bewarb sich ebenfalls auf die ausgeschriebene Stelle. Sie weist folgenden beruflichen Werdegang auf:

17

Juli 1998

Abitur in A-Stadt

April 2004

Magisterprüfung an der Philosophischen Fakultät der Universität A-Stadt in den Fächern Sportwissenschaft, Englische Sprachwissenschaft und Geschichte (Note: sehr gut)

November 2008

Promotion zum Doktor der Philosophie an der Philosophischen Fakultät der Universität A-Stadt. Mit der Dissertation zum Thema „Die deutschen Olympiamannschaften von 1952 bis 1972“ hat sie gemäß Promotionsurkunde „ihre wissenschaftliche Befähigung auf dem Gebiet: Neueste Geschichte und Zeitgeschichte nachgewiesen“ (Note: magna cum laude)

Februar 2009 bis Januar 2011

Projektmitarbeiterin im Zentrum für Qualitätssicherung in … Studium und Weiterbildung der Universität A-Stadt

seit Februar 2011

Fakultäts-Geschäftsführerin im Dekanat der Philosophischen Fakultät der Universität A-Stadt

18

Wegen der Einzelheiten der Bewerbungsunterlagen der Frau Dr. L. wird auf Blatt 57 bis 69 der Akte verwiesen.

19

Insgesamt waren 12 Bewerbungen für die streitbefangene Stelle eingegangen. Fünf Personen wurden für Auswahlgespräche eingeladen. An den Auswahlgesprächen nahmen für das Institut für Sportwissenschaften Herr Prof. Dr. B. teil, für das Personaldezernat Frau G., in der Funktion der Gleichstellungsbeauftragen Frau Ass. jur. M., in der Funktion der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten Frau T. sowie als Mitglied des Personalrats Herr Dr. B.. Herr Prof. Dr. B. hat eine schriftliche Darstellung der abschließenden Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber nach dem Vorstellungsgespräch im Rahmen der Ausschreibung der streitbefangenen Stelle erstellt. Von den fünf zu den Auswahlgesprächen geladenen Bewerbern wurden drei als grundsätzlich nicht geeignet für die Leitung des Hochschulsports bewertet. Frau Dr. L. wurde als „in höchstem Maße geeignet, die Leitung des Hochschulsports zu übernehmen“ qualifiziert. Der Kläger erhielt die Bewertung „grundsätzlich geeignet, die Leitung des Hochschulsports zu übernehmen“. Wegen der Einzelheiten des Auswahlvermerks wird auf Blatt 74 bis 86 der Akte Bezug genommen.

20

Am 28.02.2019 ist die Konkurrentenklage des Klägers vorab per Fax beim Arbeitsgericht eingegangen.

21

Der Kläger hat geltend gemacht, er erfülle im Vergleich zu Frau Dr. L. die Ausschreibungskriterien in sehr viel größerem Maße.

22

Soweit das beklagte Land die zu besetzende Stelle vornehmlich als Verwaltungsstelle definiere, auf der sportwissenschaftliche Tätigkeiten nur nachrangig durchzuführen seien, stehe dies im Widerspruch zur Stellenausschreibung. Während er – der Kläger – ein sportwissenschaftliches Hochschulstudium absolviert habe und über die in der Ausschreibung geforderte „fachbezogene“ Promotion verfüge, weise Frau Dr. L. kein „echtes“, sondern nur ein grundständiges sportwissenschaftliches Studium auf und habe keine fachspezifische Doktorarbeit verfasst. Ihre Promotion sei eine rein historisch politische. Sie habe niemals im sportwissenschaftlichen Bereich oder überhaupt wissenschaftlich gearbeitet, sei ausschließlich in der Verwaltung und im Management tätig gewesen. Sie könne deshalb keinerlei sportwissenschaftliche Expertise vorweisen.

23

Wenn in der Ausschreibung die Anforderungen Qualitätssicherung auf wissenschaftlicher Basis, Ausbildung und Anleitung von Kursteilnehmern, Planung einer Entwicklung des Hochschulsports, sportwissenschaftliche Tätigkeit, Erstellen wissenschaftlich fundierter Konzepte, Durchführen von bedarfsgerechten Lehrveranstaltungen und Forschungstätigkeit genannt seien, ergebe sich bereits aus seinen Bewerbungsunterlagen, dass er in all diesen genannten Bereichen über weit mehr Erfahrung und Expertise verfüge als Frau Dr. L..

24

Er weise gegenüber Frau Dr. L. einen Leistungsvorsprung auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit in der akademischen Lehre und der Sportpraxis auf, ebenso bei den geforderten Lizenzen, wissenschaftlichen Veröffentlichungen, Aktivitäten in nationalen und regionalen Verbänden, bei den Erfahrungen im Sport- und Veranstaltungsmanagement sowie bezüglich der verhandlungssicheren Kenntnisse in der englischen Sprache. Das einzige Aufgabengebiet, in welchem Frau Dr. L. ihm überlegen sei, sei die Arbeit in der akademischen Selbstverwaltung. Auch seien die Aufgaben im Hochschulsport nahezu identisch mit den Aufgaben seiner jetzigen Tätigkeit. Demgegenüber habe Frau Dr. L. bisher nur administrative und verwaltungstechnische Arbeitsstellen besetzt; ihr fehlten wissenschaftliche und sportwissenschaftliche Arbeitsnachweise.

25

Weil er über mehrjährige Führungskompetenz verfüge, seit Jahren in der akademischen Lehre tätig sei, mehrjährige universitäre Erfahrung im Finanz-, Personal- und Liegenschaftsmanagement vorweise, Frau Dr. L. nicht nur bei den Lizenzen und sportpraktischen Erfahrungen übertreffe, sondern auch im Sport- und Veranstaltungsmanagement, sei er besser qualifiziert als sie.

26

Zu kritisieren sei, dass in der Auswahlkommission für die Bewerbungsgespräche allein Prof. Dr. B. als Person mit Fachkompetenz teilgenommen habe.

27

Der Kläger hat beantragt:

28

Das beklagte Land wird verurteilt, die Stelle des/der Leiters/Leiterin Hochschulsport/Wissenschaftlicher Mitarbeiter/Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Stellenausschreibung W 65-18, mit dem Kläger zu besetzen.

29

hilfsweise:
Das beklagte Land wird verurteilt, über die Bewerbung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu entscheiden.

30

Das beklagte Land hat beantragt,

31

die Klage abzuweisen.

32

Das beklagte Land hat geltend gemacht, die Auswahlentscheidung sei rechtsfehlerfrei zu Gunsten von Frau Dr. L. getroffen.

33

Das beklagte Land hat vorgetragen, bei der streitgegenständlichen Stelle handele es sich um einen Mischarbeitsplatz, dessen Schwerpunkt auf der Verwaltungstätigkeit der Leitung des Hochschulsports liege, zu dem darüber hinaus aber auch die wissenschaftliche Mitarbeit am Institut für Sportwissenschaft gehöre. Bereits aus der Stellenausschreibung ergebe sich, dass es sich in erster Linie um eine Verwaltungsstelle handle und der Stelleninhaber lediglich untergeordnet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sportwissenschaft tätig sein solle. Die vom Kläger angeführte größere Erfahrung in sportwissenschaftlicher Forschung und Lehre sei deshalb nicht entscheidend. Der Auswahlvermerk gebe die Auswahlgespräche zutreffend wieder. Frau Dr. L. sei danach die bessere Bewerberin. Das Thema der Dissertation von Frau Dr. L. sei fachbezogen. Mit diesem Kriterium solle in erster Linie die Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit nachgewiesen werden. Auf Grund ihrer wissenschaftlichen Erfahrungen im Bereich der konzeptionellen Arbeit und der Qualitätssicherung, die einschlägig für das wesentliche Aufgabengebiet der Stelle, die Leitung des Hochschulsport, seien, verfüge sie über eine erheblich bessere Kompetenz als der Kläger, die durch größere Erfahrung im Bereich der Sportwissenschaft nicht ausgeglichen werden könne. Eine deutlich bessere Kompetenz als der Kläger weise Frau Dr. L. ebenso hinsichtlich der Anforderungen „mehrjährige Führungskompetenz“ und „Erfahrungen im Personalmanagement im öffentlichen Bereich“ auf. Dass die Erfahrungen des Klägers in der akademischen Lehre größer seien als die von Frau Dr. L., sei nicht entscheidend. Beim Kriterium „Erfahrungen in Finanz- und Liegenschaftsmanagement im öffentlichen Bereich“ sei Frau Dr. L. kompetenter als der Kläger. Dass die sportpraktischen Erfahrungen des Klägers größer seien, falle nicht ins Gewicht, beide Bewerber verfügten über Lizenzen. Die vom Kläger angeführte Aktivität in nationalen und regionalen Verbänden führe bei der Anforderung „Kenntnisse der regionalen und lokalen Sportstrukturen, des LSB und des DOSB“, welche von untergeordneter Bedeutung sei, zu keinem Kompetenzvorsprung gegenüber Frau Dr. L.. Erfahrungen im Sport- und Veranstaltungsmanagement lägen bei beiden Bewerbern gleicher Maßen vor. Entgegen der klägerischen Behauptung verfüge auch Frau Dr. L. über verhandlungssichere Kenntnisse der englischen Sprache. Insbesondere im Auswahlgespräch habe Frau Dr. L. nachgewiesen, dass sie gegenüber dem Kläger die bessere Bewerberin sei.

34

Mit Urteil vom 12.06.2019 hat das Arbeitsgericht Rostock der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Übertragung der ausgeschriebenen Stelle, weil er allein alle in der Stellenausschreibung festgelegten Einstellungsvoraussetzungen erfülle, während Frau Dr. L. die „fachbezogene Promotion“ fehle. Die Einstellung des Klägers stelle deshalb die einzig rechtmäßige Entscheidung dar.

35

Das Urteil ist dem beklagten Land am 28.11.2019 zugestellt worden. Mit am 11.12.2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat das beklagte Land gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit am 12.02.2020 eingegangenem Schriftsatz begründet.

36

Mit der Berufung führt das beklagte Land an, das Arbeitsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass Frau Dr. L. keine „fachbezogene Promotion“ habe und deshalb nicht alle Einstellungsvoraussetzungen erfülle. Es müsse bedacht werden, dass die Sportgeschichte als Teildisziplin der Sportwissenschaft auf Grund der Studien- und Prüfungsordnungen des ISW der Universität A-Stadt nicht vertreten sei. Beabsichtige ein Promovend der Universität A-Stadt zu einem sportgeschichtlichen Thema zu promovieren, bleibe ihm in Ermangelung eines Lehrstuhls mit einer Denomination in Sportgeschichte nur die Möglichkeit, in der „Mutterwissenschaft“ Geschichte zu promovieren oder an einen Standort zu wechseln, an dem Sportgeschichte durch einen Lehrstuhl vertreten ist.

37

Es sei zu berücksichtigen, dass Frau Dr. L. auf Grund familiärer Bindung in A-Stadt und weil es an der Universität A-Stadt keinen Lehrstuhl mit einer Denomination in Sportgeschichte gab, in der „Mutterwissenschaft“ Geschichte am Historischen Institut der Universität A-Stadt promoviert habe. Die im Fach „Neuere Geschichte und Zeitgeschichte“ von Frau Dr. L. eingereichte Dissertation hätte auch im Fach „Sportwissenschaft“ oder „Sportgeschichte“ eingereicht werden können. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe die Promotion von Frau Dr. L. auch einen konkreten Nutzen für die ausgeschriebene Tätigkeit, denn Frau Dr. L. könnte das Lehrangebot des ISW durch ein geisteswissenschaftliches Thema (z. B. Geschichte der Olympischen Spiele) erweitern, welches bislang noch nicht vertreten sei. Die von Frau Dr. L. angebotenen Lehrveranstaltungen hätten sich entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts nicht vor allem mit Fragen der Olympischen Sportgeschichte befasst, und Frau Dr. L. habe nicht erst seit kurzem Lehrveranstaltungen angeboten.

38

Das beklagte Land beantragt,

39

das am 12.06.2019 verkündete und am 28.11.2019 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Rostock, Az.: 5 Ca 253/19, abzuändern und die Klage abzuweisen.

40

Der Kläger beantragt,

41

die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.

42

Hilfsweise,
das beklagte Land wird verurteilt, über die Bewerbung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu entscheiden.

43

Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und bezieht sich darauf, dass es dem beklagten Land nicht gelungen sei, den Nachweis der Fachbezogenheit der Promotion von Frau Dr. L. zu erbringen und zu widerlegen, dass Frau Dr. L. seit ihrer Promotion nicht wieder wissenschaftlich tätig geworden sei. Bereits aus der Promotionsurkunde ergebe sich, dass Frau Dr. L. ihren Doktortitel in der Fachdisziplin „Neueste Geschichte und Zeitgeschichte“ erlangt habe. Da das Promotionsrecht an deutschen Universitäten ausschließlich den Fakultäten obliege, sei ein solcher Hinweis eigentlich unnötig, weil das Ausweisen der Fakultät bereits ausreiche. Entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegründung behandle die Promotion von Frau Dr. L. kein sportwissenschaftliches Thema. Es müsse berücksichtigt werden, dass Frau Dr. L. keinerlei wissenschaftliche Tätigkeiten in den vergangenen zwölf Jahren ausgeübt habe, dies jedoch wesentliche Voraussetzung für die Besetzung der streitigen Stelle sei.

44

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

45

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des beklagten Landes ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist damit zulässig (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 519, § 520 ZPO).

B.

46

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht mit seinem Hauptantrag stattgegeben und entschieden, dass der Kläger die Übertragung der an der Universität A-Stadt ausgeschriebenen Stelle W 65-18 „Leiter/in Hochschulsport / Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in“ verlangen kann.

I.

47

Der Antrag ist zulässig. Der Antrag auf Übertragung der streitbefangenen Stelle ist hinreichend bestimmt. Ihm ist zu entnehmen, dass der Kläger seine tatsächliche Beschäftigung auf der ausgesprochenen Stelle anstrebt. Der Klageantrag umfasst die vom Arbeitgeber zu schaffenden rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen einschließlich der gegebenenfalls erforderlichen Vertragsänderungen (vgl. BAG Urteil vom 02.12.1997 – 9 AZR 668/96 – Rn. 14, juris).

II.

48

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Übertragung der streitbefangenen Stelle, weil er zum Abschluss des Auswahlverfahrens als einziger die erforderliche Qualifikation und Eignung aufweist.

49

Der Einstellungsanspruch folgt unmittelbar aus Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG).

50

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, welcher die hier zur Entscheidung berufene Kammer folgt, kann sich ein Anspruch auf Einstellung in den öffentlichen Dienst unmittelbar aus Artikel 33 Abs. 2 GG ergeben, sofern sämtliche Einstellungsvoraussetzungen in der Person des Bewerbers erfüllt sind und dessen Einstellung die einzig rechtmäßige Entscheidung der Behörde ist, weil jede andere Entscheidung sich als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft darstellen würde.

51

Gemäß Artikel 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistungen gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch solche Stellen, die ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit Arbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt.

52

Der unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistete Grundsatz der Bestenauslese dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt die Verfassungsnorm dem berechtigten Interesse der Bediensteten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst steht deshalb bei der Besetzung von Stellen des öffentlichen Dienstes ein verfassungsrechtlicher Bewerbungsverfahrensanspruch zu. Daraus folgt angesichts der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in Artikel 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht jedes Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren (vgl. BAG Urteil vom 28.01.2020 – 9 AZR 91/19 – Rn. 26, 27, juris).

53

Artikel 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Jede Bewerbung muss nach diesen Kriterien beurteilt werden. Dies gilt nicht nur für Einstellungen, sondern auch für den beruflichen Aufstieg innerhalb des öffentlichen Dienstes. Öffentliche Ämter im Sinne des Artikel 33 Abs. 2 GG sind sowohl Beamtenstellen als auch solche Stellen, die von Arbeitnehmern besetzt werden können. Artikel 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen. Zum anderen trägt Artikel 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Die Bestimmung begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung an Hand der in Artikel 33 Abs. 2 GG genannten Auswahlkriterien. Die Bewerber können verlangen, dass die Auswahlentscheidung nach den in Artikel 33 Abs. 3 GG genannten Kriterien erfolgt. Nur der am besten geeignete Bewerber für die ausgeschriebene Stelle hat einen Besetzungsanspruch (BAG Urteil vom 24.03.2009 – 9 AZR 277/08 – Rn. 15, juris; BAG Urteil vom 19.02.2008 – 9 AZR 70/07 – Rn. 23, juris; BAG Urteil vom 23.01.2007 – 9 AZR 492/06 – Rn. 39; juris).

54

Da der Grundrechtschutz auch durch die Gestaltung des Auswahlverfahrens bewirkt wird, muss das Auswahlverfahren so ausgestaltet sein, dass es eine materiell-rechtlich korrekte Entscheidung über die Bewerbung nach dem Bestenausleseprinzip gewährleisten kann.

55

Hierzu hat der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes vor der Besetzung jeder Stelle zwingend ein Anforderungsprofil festzulegen. Dieses allein ermöglicht eine sachgerechte Prognose, wer von den Bewerbern die zukünftigen Aufgaben am Besten erfüllen würde. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils werden zugleich die Leistungskriterien für die Auswahl der Bewerber näher konkretisiert. Das Auswahlprofil stellt damit die Verbindung zwischen dem vom öffentlichen Arbeitgeber zu bestimmenden Charakter der Stelle und den von den Bewerbern zu erfüllenden Voraussetzungen her. Das Anforderungsprofil muss zur Gewährleistung eines hinreichenden Rechtsschutzes des unterlegenen Bewerbers nach Artikel 19 Abs. 4 GG so dokumentiert sein, dass die Auswahlentscheidung nach den Kriterien des Artikel 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann (BAG Urteil vom 21.01.2003 – 9 AZR 72/02 - Rn. 33, juris).

56

Grundlage für die Beurteilung der Bewerber um die ausgeschriebene Stelle ist das in der Ausschreibung mitgeteilte Anforderungsprofil, sofern es den Vorgaben des Artikel 33 Abs. 2 GG hinreichend Rechnung trägt.

57

Im Rahmen seiner Organisationsgewalt steht es dem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich frei, für zu besetzende Stellen ein Anforderungsprofil aufzustellen, dessen Erfüllung Voraussetzung für die Teilnahme am Bewerbungsverfahren ist. Der Arbeitgeber ist deshalb dem Grundsatz nach berechtigt, die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in Bezug auf den Aufgabenbereich der Stelle im Vorfeld seiner Auswahlentscheidung in einem Anforderungsprofil zu konkretisieren, sofern er das Anforderungsprofil in Übereinstimmung mit den in Artikel 33 Abs. 2 GG bestimmten Kriterien erstellt. Dabei fällt die Entscheidung darüber, welchen Zuschnitt eine Stelle haben soll, welche Zuständigkeiten ihr im Einzelnen zugewiesen sind und welche Fachkenntnisse zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, in das Organisationsermessen des Arbeitgebers. Festlegungen des Anforderungsprofils enthalten – sofern es den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des Artikels 33 Abs. 2 GG entspricht – Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale im Auswahlverfahren. Orientiert der Arbeitgeber seine Auswahlentscheidung nicht an den in einem solchen Anforderungsprofil genannten Voraussetzungen, sondern legt ihr abweichende Kriterien zu Grunde, verletzt er den - verfassungsrechtlich verbürgten – Bewerbungsverfahrensanspruch des Bewerbers. Ob der Arbeitgeber sein Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (vgl. BAG Urteil vom 28.01.2020 – 9 AZR 91/19 – Rn. 29, 30, juris).

58

Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger gegen das beklagte Land ein Anspruch auf Einstellung aus Artikel 33 Abs. 2 GG zu. Das beklagte Land hat nämlich bei seiner Auswahlentscheidung gegen das von ihm selbst in der Stellenausschreibung festgelegte Anforderungsprofil verstoßen und deshalb verkannt, dass der Kläger als einziger die geforderte Qualifikation und Eignung aufweist.

59

Der Kläger ist Bewerber für die streitbefangene Stelle und er erfüllt alle Einstellungsvoraussetzungen. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass er generell für die Stelle geeignet ist. Ebenfalls unstreitig haben sich nach dem Auswahlverfahren allein der Kläger und Frau Dr. L. als geeignet erwiesen.

60

Es ist davon auszugehen, dass der Kläger der Bestgeeignete ist, so dass dessen Einstellung als einzig rechtmäßige Entscheidung anzusehen ist. Er allein erfüllt die Voraussetzungen des Anforderungsprofils.

61

Mit dem Anforderungsprofil wird die Zusammensetzung des Bewerberfelds gesteuert und eingeengt. Fehler im Anforderungsprofil führen grundsätzlich zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auf sachfremden, nicht am Leistungsgrundsatz orientierten Gesichtspunkten beruhen.

62

Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit des öffentlichen Arbeitgebers bei der Festlegung des Anforderungsprofils und der Eignungsmerkmale ergeben sich daraus, dass das Prinzip der Bestenauslese für die zu besetzende Stelle gewährleistet werden soll. Die Festlegung des Anforderungsprofils muss deshalb im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle sachlich nachvollziehbar sein, d. h. es dürfen keine sachfremden Erwägungen zu Grunde liegen. Insoweit unterliegt das Anforderungsprofil auch trotz eines dem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes von Verfassungswegen gewährten Beurteilungsspielraums einer gerichtlichen Kontrolle (BAG Urteil vom 10.02.2015 – 9 AZR 554/13 – Rn. 15, 16, juris).

63

Bei der gerichtlichen Kontrolle ist auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung abzustellen. Für die Kontrolle sind dabei die Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (BAG Urteil vom 17.01.2006 – 9 AZR 226/05 – Rn. 62, juris).

64

Hieran gemessen erweist sich das Anforderungsprofil des beklagten Landes für die ausgeschriebene Stelle nicht als rechtswidrig und verstößt auch nicht gegen Artikel 33 Abs. 2 GG. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass das beklagte Land als Voraussetzung ein abgeschlossenes wissenschaftliches Studium sowie eine fachbezogene Promotion verlangt hat.

65

Es kann dahingestellt bleiben, ob es dem beklagten Land unter dem Gesichtspunkt einer sachgerechten Erstellung des Anforderungsprofils offen gestanden hätte, in der Anforderung einer Promotion eine fachbezogene oder fachübergreifende Qualifikation zu fordern. Es hat sich mit dem in der Stellenausschreibung ausgedrückten Anforderungsprofil auf das Merkmal „fachbezogene Promotion“ festgelegt und nicht etwa eine fachbezogene Promotion oder „ähnliche Qualifikation“ gefordert. Damit hat es klargestellt, dass sich die Promotion auf ein bestimmtes Studienfach beziehen muss, nämlich auf das in welchem das geforderte Hochschulstudium abgeschlossen wurde, vorliegend also auf das Fach Sportwissenschaft. Während der Kläger diese Anforderung erfüllt, weil er in einem sportwissenschaftlichen Thema promoviert hat, trifft dies bei Frau Dr. L. nicht zu. Ausweislich ihrer Promotionsurkunde hat Frau Dr. L. ihre wissenschaftliche Befähigung auf dem Gebiet „Neueste Geschichte und Zeitgeschichte“ nachgewiesen und dafür das Prädikat „magna cum laude“ erhalten. Sie verfügt damit über eine auf das Fach Geschichte bezogene Promotion in der Fachrichtung „Neueste Geschichte und Zeitgeschichte“.

66

Soweit das beklagte Land darauf verweist, mit der formalen Anforderung einer fachbezogenen Promotion habe in erster Linie die Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit nachgewiesen werden sollen, hat es dies im Anforderungsprofil nicht zum Ausdruck gebracht. Dazu hätte es auf das Wort „fachbezogen“ verzichten oder der Anforderung „fachbezogene Promotion“ eine Alternative hinzufügen müssen. Weil es dies unterlassen hat, ist es ihm verwehrt, sich nun darauf zu berufen, Frau Dr. L. verfüge zwar nicht über eine Promotion im Fach Sportwissenschaft, sie könne jedoch eine gleichwertige Promotion vorweisen bzw. habe ihre Dissertation auch im Fach Sportwissenschaft einreichen können. Das Anforderungsprofil benennt diese Möglichkeiten der Erfüllung der in ihm formulierten Einstellungsvoraussetzungen nicht.

67

Es kann dahinstehen, ob die Argumentation des beklagten Landes, das Thema der Dissertation der Frau Dr. L. „Die Geschichte der Deutschen Olympiamannschaften von 1952 bis 1971“ sei fachbezogen, zutrifft, denn nach dem Anforderungsprofil ist keine fachbezogene Dissertation gefordert, sondern eine fachbezogene Promotion. Eine solche liegt allerdings nicht vor. Auch wenn die Sportgeschichte Teildisziplin der Sportwissenschaft ist, so wird Frau Dr. L. mit ihrer Promotionsurkunde ihre wissenschaftliche Befähigung auf dem Gebiet „Neueste Geschichte und Zeitgeschichte“ attestiert, nicht auf dem Gebiet der Sportgeschichte.

68

Ob die Dissertation auch im Fach „Sportwissenschaft“ oder „Sportgeschichte“ hätte eingereicht werden können, kann offen bleiben. Es ist jedenfalls nicht geschehen und das Anforderungsprofil lässt eine Promotion, welche auch mit einer Dissertation die im Fach „Sportwissenschaft“ oder „Sportgeschichte“ hätte eingereicht werden können, nicht zu. Es sieht vielmehr keinerlei Alternative zum Anforderungskriterium „fachbezogene Promotion“ vor.

69

Indem das beklagte Land diese Anforderung im Auswahlprofil ausschließlich formuliert hat, hat es eine Festlegung getroffen, von welcher es bei Durchführung des Auswahlverfahrens nicht ohne weiteres abweichen darf. Das beklagte Land hätte vielmehr davon ausgehen müssen, dass Frau Dr. L. die geforderte Anforderung „fachbezogene Promotion“ nicht erfüllt und deshalb der Kläger der einzige geeignete Bewerber ist.

70

Das Arbeitsgericht hat somit dem klägerischen Hauptantrag zu Recht stattgegeben, so dass der Hilfsantrag nicht mehr zur Entscheidung anfällt.

C.

71

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91 ZPO.

72

Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen (§ 72 Abs. 2 ArbGG), bestehen nicht.

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