Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (2. Kammer) - 2 Sa 47/08


Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 teilweise abgeändert:

Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 31.12.2007 hinaus entsprechend dem Anstellungsvertrag vom 27.09.2004 als Manager Logistics weiterzubeschäftigen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. ** Satz eingefügt durch Berichtigungsbeschluss vom 10.09.2008.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer fristgerechten Arbeitgeberkündigung, um Weiterbeschäftigung des Klägers und um die Frage, ob auf den Auflösungsantrag der Beklagten das Arbeitsverhältnis aufzulösen ist.

2

Der Kläger war im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung 39 Jahre alt, verheiratet, Vater eines Kindes. Er ist gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 27.09.2004 seit 01.10.2004 bei der Beklagten als Manager Logistics beschäftigt. Unterstellt ist er dem Manufacturing Services Director V.. Sein monatliches Bruttoentgelt beträgt 6.070,00 €. Als Manager Logistics obliegt ihm die wesentliche Hauptverantwortung für den gesamten Versand von Rohtabak, Halbfertigware, d. h. bearbeitetem Tabak und Fertigware, d. h. Zigaretten. Hierzu zählt die zentrale Warenannahme für alle Warensendungen nebst Lagerverwaltung und der Transport von bis zu 400 verschiedenen Tabaksorten im Monat zu den Tabakaufbereitungsanlagen. Zentrale Aufgabe des Klägers ist es dabei, einen reibungslosen Ablauf im Bereich Logistik inklusive des Rohtabaks zu gewährleisten. Hierzu ist er für sämtliche Prozessabläufe im Bereich Logistik inklusive Rohtabak verantwortlich und hat jede einzelne Prozessbeschreibung vor ihrer Umsetzung auf die Lückenlosigkeit und Fehlerfreiheit zu überprüfen und im Anschluss daran freizugeben. Zu seinen Aufgaben gehört die termingerechte, unbeschädigte und sichere Auslieferung von Fertigware, die Vorhaltung ausreichender Lagerkapazitäten sowie die Sicherstellung des internen Materialtransportes.

3

Im Jahre 2004 wurden Zigaretten über die Firma U. ins Ausland transportiert. Diese stellte dafür spezielle Bahnwaggons zur Verfügung, die mit Schlössern versehen waren. Diese Schlösser konnten ausschließlich mit einem Spezial-Schlüssel geöffnet werden. Der letzte Vertrag mit der Firma T. bzw. U. ist am 04.10.2004 vereinbart worden. Wenige Tage vor Unterzeichnung des Vertrages hatten die Mitarbeiter der Beklagten S. und R. am 24.09.2004 den Empfang des Sicherheitsschlüssels schriftlich gegengezeichnet. Der Kläger selbst hat am 04.10.2004 seine Arbeit im Betrieb aufgenommen. Der Spezialschlüssel wurde zunächst im Bereich Logistik aufbewahrt, nach Darstellung des Klägers in einem Tresor. Nach dem ein Waggon der Firma U. unauffindbar in Italien verschwunden war, wurde ab Mitte 2006 mit den Waggons keine Fertigware mehr verschickt, da das damit verbundene Verlustrisiko zu hoch schien. Seit diesem Zeitpunkt wurden die Bahnwaggons der Firma U. ausschließlich noch für den Versand von Tabak in die Schweiz eingesetzt. Zu einem Zeitpunkt nach diesem Termin wurde der Spezialschlüssel nicht mehr im Tresor im Bereich Warenversand, sondern in den Bereich Rohtabak, einem Büro der Halle 13 verbracht. Zu dem Büro und dem Schreibtisch haben mehrere Personen Zugang.

4

Am 11.06.2007 wurde festgestellt, dass der Spezialschlüssel nicht mehr auffindbar war. Sämtliche Suchaktionen blieben erfolglos. Der Schlüssel ist bis heute nicht mehr aufgetaucht. Nachdem die Firma U. über den Verlust der Spezialschlüssel unterrichtet worden war, machte diese darauf aufmerksam, dass die von der Beklagten verwendeten speziellen Bahnwaggons nicht ausschließlich von der Beklagten eingesetzt wurden, sondern auch noch für Fertigware anderer Kunden. Deshalb müsse der Verlust eines Spezialschlüssels zum Austausch sämtlicher Spezialschlösser an den Bahnwaggons aus Sicherheitsgründen führen. Eine derartige Auswechselung verursache Kosten in Höhe von rund 450.000,00 €, die von der Beklagten zu erstatten seien. Nach Angaben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist eine Erstattung bislang allerdings nicht erfolgt.

5

Bei der Untersuchung des Vorfalls durch die Abteilung XY der Beklagten wurde festgestellt, dass für die Verwaltung des Sicherheitsschlüssels im Bereich Logistik ein Prozess nicht existierte. Ebenso wenig wurde der Schlüssel zentral verwaltet oder ein Schlüsselbuch geführt, aus welchem die Ausgabe und Verwahrung des Schlüssels im Einzelnen ersichtlich gewesen wäre.

6

Der Kläger hat am 09.07.2007 gegenüber dem Leiter Qualitätsmanagement Herrn Q. erklärt, der Umgang mit dem Sicherheitsschlüssel sei völlig unprofessionell gewesen, allerdings sei nicht bekannt gewesen, dass der Austausch der Sicherheitsschlösser Kosten in Höhe von rund 450.000,00 € verursache.

7

Der Kläger hat auch weiter eingeräumt gegenüber dem Leiter der Rechtsabteilung Herrn P., dass der Sicherheitsschlüssel in seinem Verantwortungsbereich "verbummelt" worden war.

8

Die Beklagte stellte Mitte August 2007 fest, dass der Kläger eine von seinem Mitarbeiter Herrn S. im April 2006 erstellte Prozessbeschreibung über Waggons genehmigt und damit freigegeben hatte, es hierbei jedoch versäumt wurde, eine sorgfältige Schlüsselverwaltung sicherzustellen. In der Prozessbeschreibung hat Herr S. darauf hingewiesen, dass an den Waggons keine Plomben angebracht werden, sondern die Waggons mit einem Schloss abgeschlossen werden.

9

Dies nahm die Beklagte zum Anlass, das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zu beenden, die Personalleiterin übergab am 23.08.2007 dem Betriebsratsvorsitzenden einen Anhörungsbogen mit den persönlichen Daten des Klägers sowie der Mitteilung, dass eine ordentliche fristgerechte Kündigung zum 31.12.2007 beabsichtigt sei. Dem Anhörungsbogen war eine schriftliche Darlegung der Kündigungsgründe beigefügt. Noch am 23.08.2007 hat der Betriebsrat die Stellungnahme "zur Kenntnis genommen" abgegeben.

10

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 31.08.2007 das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2007 und stellte den Kläger von der Arbeitsleistung frei.

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Hiergegen hat der Kläger mit beim Arbeitsgericht am 19.09.2007 eingegangener Klage Kündigungsschutzklage erhoben.

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Er hat die Auffassung vertreten, die Gründe tragen eine verhaltensbedingte Kündigung nicht. Der Vertrag mit dem Transportunternehmen sei vor seinem Eintritt in die Firma von der Abteilung XY verhandelt worden. Ihm selbst sei zu keinem Zeitpunkt bis zum Schlüsselverlust der Vertrag mit der Firma T. / U. vorgelegt worden, auch habe er den Schlüssel persönlich nie übergeben und ihn während seines Arbeitsverhältnis bei der Beklagten nie gesehen. Er sei von den Mitarbeitern S. und R. verwaltet worden. Ein Hinweis von dem für ihn zuständigen Director Herrn V. noch vom Werksleiter O. auf die Bedeutung und das Haftungsrisiko sei nicht erteilt worden. Erst nach dem Schlüsselverlust sei im Hause der Beklagten ermittelt worden, welche Konsequenzen der Beklagten durch den Schlüsselverlust drohten. Erst allmählich sei das hohe Haftungsrisiko bei dem Schlüsselverlust bekannt geworden. Angesichts dessen sei es nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Beklagte es versäumt habe, dem Kläger dessen Arbeitsantritt über die Bedeutung dieses Schlüssels zu informieren. Auch sei er nicht auf mögliche Schwachstellen hinsichtlich der Handhabung des Spezialschlüssels hingewiesen worden. Für ihn habe deshalb keine Veranlassung bestanden, die Behandlung des Spezialschlüssels zu verändern oder in einer Prozessbeschreibung besonders zu erwähnen. Er habe davon ausgehen dürfen, dass die Handhabung durch Mitarbeiter, die den Empfang schriftlich bestätigt hätten, ordnungsgemäß sei. Daher verwundere es auch nicht, dass er im April 2006 die von seinem Mitarbeiter S. erstellte Prozessbeschreibung über die Waggon-Verladung genehmigt hätte. Auf die Prozessbeschreibung seines Abteilungsleiters hätte er vertrauen dürfen.

13

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte versuche in unzulässiger Weise ihm eine Verantwortung zuzuschieben, die er letztendlich nicht inne gehabt habe. Sie müsse sich fragen lassen, welche Konsequenzen sie gegenüber Mitarbeitern ergriffen habe, die dem Empfang des Sicherheitsschlüssels schriftlich quittiert hätten und welche Konsequenzen sie gegenüber dem Director V. gezogen habe, der für den Abschluss des Vertrages verantwortlich sei. Zumindest hätte vor der Kündigung eine Abmahnung erfolgen müssen. Auch müsse eine Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausfallen. Die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil dem Betriebsrat nur ein Teil des Sachverhaltes bekannt gegeben worden sei.

14

Der Kläger hat beantragt,

15

1. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung vom 31.08.2007 nicht zum 31.12.2007 beendet worden ist, sondern ungekündigt über diesen Termin hinaus fortbesteht.

16

2. Die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 31.12.2007 hinaus entsprechend dem Anstellungsvertrag vom 27.09.2004 als Manager Logistics weiter zu beschäftigen.

17

Die Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei seiner Verantwortung in der vom ihm inne gehabten Position nicht gerecht geworden. Weder habe er überprüft, ob überhaupt eine klare Schlüsselverwaltung existiere, noch habe er sichergestellt, dass eine Prozessbeschreibung zur Handhabung und Verwaltung des Schlüssels erstellt werde. Die von Herrn S. erstellte Prozessbeschreibung habe er leichtfertig und damit grob fahrlässig genehmigt und freigegeben, obwohl bei sorgfältiger Überprüfung der Abläufe er hätte erkennen müssen, dass die Verwaltung des Sicherheitsschlüssels ein zentraler Punkt im Zusammenhang mit der Sicherheit der zu transportierenden Ware sei.

20

Das Versehen eines gehobenen Angestellten, der besondere Verantwortung übernommen habe, und welches geeignet sei, einen besonders schweren Schaden zu führen, rechtfertige sogar den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ohne vorherige Abmahnung. Der Kläger sei sich der besonderen Bedeutung der von ihn anzunehmenden Stelle sowie der damit verbundenen Verantwortung nicht bewusst gewesen und habe seine Position nicht verantwortungsbewusst und gewissenhaft ausgeführt. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass bereits im März 2006 im Rahmen eines internen Audits festgestellt worden sei, dass für den Schlüssel der Halle 7 kein Aufbewahrungsprozess bestanden habe. Erst nach Beanstandung im Rahmen des Audits habe der Kläger dafür Sorge getragen, dass eine entsprechender Prozess erstellt und umgesetzt werde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte ihm als Verantwortlichen für den Bereich Warenversand klar sein müssen, dass er für die Aufbewahrung sämtlicher Schlüssel im Bereich Logistics insbesondere Rohtabak entsprechende Prozesse einzurichten habe. Die Tatsache, dass er eine Prozessbeschreibung jedoch nur für den Schlüssel von Halle 7 erstellt habe, mache deutlich, dass er der ihm obliegenden Verantwortung nicht gerecht geworden sei und dabei grob fahrlässig den sorglosen Umfang mit Schlüsseln in seinem Verantwortungsbereich in Kauf genommen habe.

21

Die im Laufe des Prozesses gemachten Versuche, die Verantwortung für den Schlüsselverlust auf die Beklagte, Vorgesetzte und Mitarbeiter zu schieben sei schäbig. Mit diesen Reaktionen beweise der Kläger, dass er für die Position eines Manager Logistics völlig ungeeignet sei und eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung von ihm nicht erwartet werden könne. Der Kläger habe in der Hoffnung, seinen Kopf retten zu können, versucht die Schlinge um den Hals seiner Vorgesetzten, Kollegen und ihm unterstellter Mitarbeiter zu legen, mit der Folge, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten sei.

22

Daher beantragt die Beklagte hilfsweise,

23

das Arbeitsverhältnis des Klägers gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird aufzulösen.

24

Der Kläger hat beantragt,

25

den Auflösungsantrag abzuweisen.

26

Er hat geltend gemacht, nicht leitender Angestellter zu sein. Die von der Beklagten vorgetragenen Gründe könnten einen Auflösungsantrag nicht rechtfertigen.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 verwiesen.

28

In diesem Urteil hat das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage entsprochen, den Weiterbeschäftigungsantrag zurückgewiesen und das Arbeitsverhältnis auf Antrag der Beklagten aufgelöst.

29

Im Wesentlichen hat es ausgeführt, es sei eine fahrlässige Pflichtverletzung des Klägers gegeben. Die Beklagte könne dem Kläger zu Recht vorwerfen, in seiner Abteilung habe es einen fahrlässigen Umgang mit dem entsprechenden Spezialschlüssel gegeben, wofür er als Manager Logistics verantwortlich sei. Er habe es versäumt entsprechend seiner Aufgabenstellung sich nicht nur auf die Handhabung der Schlüsselverwaltung zu verlassen, sondern einen entsprechenden Prozess zu erarbeiten. Er habe es weiter versäumt, während der mehr als zweieinhalbjährigen Tätigkeit eine Überprüfung der Betriebsabläufe hinsichtlich der Schlüsselaufbewahrung vorzunehmen. Auch der Vorgang für den Schlüssel der Halle 7 hätte für den Kläger Veranlassung geben müssen, nicht nur für einen entsprechenden Prozess für den Schlüssel der Halle 7 zu sorgen, sondern auch zu überprüfen, ob bezüglich sämtlicher Schlüssel entsprechende Prozesse zur Aufbewahrung und Handhabung erstellt worden sein. Dies habe der Kläger unterlassen. Ihn entlaste es nicht, dass möglicherweise auch andere Personen Fehler gemacht haben, insbesondere ob auch seinen direkten Vorgesetzten eine entsprechende Verantwortung obliegen hat. Ein eventuelles Fehlverhalten anderer Personen schließe ein fahrlässiges Verhalten des Klägers nicht aus.

30

Die ordentliche Kündigung scheitere jedoch an der unterlassenen vorherigen Abmahnung. Das Fehlverhalten sei nicht so schwerwiegend, dass es eine ordentlichen Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertige. Es handele sich um keine besonders schwere Pflichtverletzung des Klägers, dessen Rechtswidrigkeit für ihn ohne weiteres erkennbar sei, sondern vielmehr um ein leichtfertiges bzw. nicht genügend sorgfältiges Verhalten des Klägers bei seiner generellen Aufgabenerfüllung. Auch der von der Beklagten vorgetragene drohende hohe Schaden mache eine Abmahnung nicht entbehrlich. Dies folge auch nicht aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.07.1991. Die Sachverhalte seien nicht vergleichbar. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei nicht begründet, das Arbeitsverhältnis sei auf den Hilfsantrag der Arbeitgeberin aufzulösen.

31

Eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien sei nicht zu erwarten. Der Kläger habe als Manager Logistics im Betrieb der Beklagten eine herausgehobene Position. Er habe im vorliegenden Rechtsstreit seine eigene Verantwortung für den Schlüsselverlust zumindest dadurch relativieren wollen, dass er auf die Verantwortlichkeit seines Vorgesetzten und seiner untergebenen Mitarbeiter hingewiesen habe. Dies möge zwar im Rahmen einer eigenen Interessenwahrnehmung gerechtfertigt sein. Auswirkungen eines solchen Sachvortrages auf die künftige gedeihliche Zusammenarbeit seien im Rahmen des Auflösungsantrages jedoch in zulässiger Weise zu berücksichtigen, zumal auch nicht schuldhaftes Verhalten eines Arbeitnehmers ein Auflösungsbegehren tragen könnten. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass dem Kläger fahrlässiges Verhalten anzulasten sei und die Kündigung nur an der vorherigen fehlenden Abmahnung scheitere. Das Arbeitsgericht hat eine Abfindung in Höhe von sechs Monatsgehältern á 6.070,00 € als angemessen erachtet.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten der umfangreichen Urteilsbegründung wird auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Trier vom 19.07.2007 verwiesen.

33

Das Urteil wurde der Beklagten am 16.01.2008, dem Kläger am 17.01.2008 zugestellt. Der Kläger hat am 18.01.2008 Berufung eingelegt. Die Beklagte hat am 15.02.2008 Berufung eingelegt. Der Kläger hat seine Berufung mit am 27.02.2008 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Beklagte hat ihre Berufung mit am 16.04.2008 eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem die Frist zur Begründung bis zu diesem Tag verlängert worden war.

34

Der Kläger greift das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit an, als es dem Auflösungsantrag der Beklagten entsprochen hat. Auflösungsgründe lägen nicht vor. Das Arbeitsgericht habe die Prüfungsmaßstäbe verkannt, die an einen Auflösungsantrag gestellt werden. Es reichten weder der Umstand aus, dass er im Rechtsstreit die Verantwortlichkeit für eventuell eingetretene Schäden relativiert habe, das er als Manager Logistics in einer hervorgehobenen Stellung im Betrieb beschäftigt gewesen sei, noch dass die Kündigung "nur" an einer Abmahnung scheitere. Hierzu führt der Kläger ins Einzelne gehend umfangreich aus.

35

Die Beklagte wiederum hält das Urteil des Arbeitsgerichts insofern für fehlerhaft, als es bei den festgestellten Pflichtverletzungen die Kündigung von einer vorherigen vergeblichen Abmahnung abhängig macht. Das Fehlverhalten des Klägers mit dem eingetretenen Schaden sei so gravierend, dass auch ohne vorherige vergebliche Abmahnung eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sei. Soweit der Kläger behaupte, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei zu erwarten, weist die Beklagte darauf hin, dass die von ihr im Prozess aufgestellten Bewertungen des Klägers z. B. als "schäbig" auch von den Vorgesetzten des Klägers getragen würden und nicht lediglich Meinungsäußerungen der Prozessbevollmächtigten darstellten.

36

Der Kläger beantragt,

37

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 - 1 Ca 1367/07 - abzuändern und den Auflösungsantrag der Beklagten abzuweisen.

38

2. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 - 1 Ca 1357/07 - die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31.12.2007 hinaus entsprechend dem Anstellungsvertrag vom 27.09.2004 als Manager Logistics weiterzubeschäftigen.

39

Die Beklagte beantragt,

40

die mit Schriftsatz des Klägers vom 18.01.2008 eingelegte Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen,

41

sie beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 - 1 Ca 1367/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

42

Der Kläger wiederum beantragt,

43

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

44

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den umfangreichen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 21.08.2008.

Entscheidungsgründe

I.

45

Die Berufungen der Parteien sind zulässig. Beide Berufungen sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

46

Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Die Berufung der Beklagten hingegen musste erfolglos bleiben.

47

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die streitbefangene Kündigung nicht aufgelöst worden, weil diese sozial nicht gerechtfertigt ist. Dem Auflösungsantrag der Beklagten konnte nicht entsprochen werden, gesetzliche Auflösungsgründe liegen nicht vor. Aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses folgt ein Anspruch des Klägers auf tatsächliche Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits in der im Tenor bezeichneten Funktion zu den Bedingungen des Anstellungsvertrages.

II.

48

Dieses Ergebnis folgt aus den folgenden kurz zusammengefassten Erwägungen der Kammer:

49

Die Berufung der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung vollständig zutreffend für Recht erkannt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 31.08.2007 nicht beendet worden ist. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die Berufungskammer nimmt daher voll umfänglich Bezug auf die Begründung im angefochtenen Urteil, so weit es um die Sozialwidrigkeit der Kündigung geht und stellt dies ausdrücklich fest.

50

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz noch auf folgendes hinzuweisen:

51

Auch die Berufungskammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass angesichts der dem Kläger vorzuhaltenden Vertragsverletzungen eine vorherige vergebliche Abmahnung Voraussetzung einer rechtswirksamen Kündigung gewesen wäre. Die Abmahnung war im Einzelfall nicht erheblich. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, auch die Berufungskammer teilt diese Auffassung.

52

So weit die Beklagte im Berufungsverfahren nochmals auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.07.1991 (2 AZR 79/91) Bezug nimmt, ist zwar festzuhalten, dass aus dem Orientierungssatz und aus den Entscheidungsgründen entnommen werden kann, dass eine Kündigung ausnahmsweise auch ohne vorherige Abmahnung bei fahrlässigem Versagen eines gehobenen Angestellten, der eine besondere Verantwortung übernommen hat, und welches geeignet ist, einen besonders schweren Schaden herbei zu führen, in Betracht kommt, allerdings ist Voraussetzung, dass der Arbeitgeber das Seine getan hat, die Möglichkeiten für ein solches Versehen und seine Folgen einzuschränken (vgl. BAG a. a. O.). Im vom Bundesarbeitsgericht an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Feststellung zurück verwiesenen Fall war es des Weiteren beachtlich, dass der dort klagenden Partei nicht nur ein einmaliges, sondern ein fortgesetztes, grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen wurde. Wenn dann ausgeführt wird, dass ein Angestellter, der innerhalb seines Aufgabenbereichs in finanzieller Hinsicht eine nicht unerhebliche Verantwortung übernommen hat, durch wiederholtes fahrlässiges Verhalten das zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen unheilbar zerstört hat, wenn die Fehlleistung insgesamt einen schweren Schaden herbeigeführt hat, ist dies mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar.

53

Dem Kläger wird nur ein einmaliges Fehlverhalten vorgeworfen. Ob dieses Fehlverhalten überhaupt den von der Beklagten bezeichneten enormen finanziellen Schaden hatte, konnte in der Kammerverhandlung nicht einmal seitens der Beklagten bestätigt werden, weil nach deren Angaben die Angelegenheit noch in Bearbeitung ist. Ob überhaupt der von ihr angesprochene hohe finanzielle Schaden von ca. 450.000,-- € eintreten wird, ist daher ungewiss.

54

Die Kammer kann allerdings angesichts des vorgetragenen und unstreitigen Sachverhaltes nicht feststellen, dass der Arbeitgeber das Seine getan hat, die Möglichkeiten für ein solches Versehen und seine Folgen einzuschränken.

55

Unstreitig wurde der Vertrag über die Transportleistungen mit der U. und die Übergabe des Schlüssels mit Empfangnahme durch zwei Mitarbeiter des Betriebes vor Eintreten des Klägers in den Betrieb verhandelt und organisiert. Die Bedeutung des Spezialschlüssels, insbesondere die Möglichkeiten eines Verlustes sind seitens der Beklagten offensichtlich nicht so dokumentiert worden, dass bereits bei Übergabe des Schlüssels das mögliche Gefährdungspotenzial klar und deutlich festgehalten wurde. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass bis zum Verlust des Schlüssels und dessen Meldung und der Reaktion der Firma U., dass sämtliche Schlösser ausgetauscht werden müssen, keinem im Hause der Beklagten, also auch nicht den Verhandlungspartnern des Speditionsvertrages, die finanzielle Auswirkung des Verlustes des Spezialschlüssels, also eines Austauschs sämtlicher Waggonschlösser in einem Gesamtumfang von fast einer halben Million Euro bewusst wurde.

56

Der Beklagten kann zwar nun zu Gute gehalten werden, dass sie gerade den Kläger als Manager Logistics eingestellt hat, um derartige Schwachstellungen und Gefährdungspotentiale zu erkennen. Es wäre aber seinerseits schon bei Vertragsabschluss und Übernahme des Schlüssels notwendig gewesen, hier entsprechende Sicherheitsmaßnahmen einzubauen.

57

Ohne einen ausdrücklich an den Kläger gegebenen Hinweis, welches konkrete Gefährdungspotential mit dem Sicherheitsschlüssel verbunden sein könnte, kann nicht festgestellt werden, dass seitens der Beklagten alles getan wurde, um mögliche Schadensfolgen in dieser doch nicht unerheblichen Höhe abzuwenden.

58

Des Weiteren handelt es sich wie dargestellt um eine einmalige Fehlleistung. Die Kammer kann daher nicht den Schluss ziehen, dass eine vorherige vergebliche Abmahnung nicht geeignet gewesen wäre, den Kläger zu noch mehr Anstrengung und Sorgfalt bei seiner Tätigkeit anzuhalten mit der Folge, dass weitere Fehlleistungen vermieden werden. Die Abmahnung hat nämlich nicht den Zweck eine Kündigung vorzubereiten, sie soll den Arbeitnehmer dazu anhalten, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen.

59

Schlechtleistungen und unzureichende Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers rechtfertigen im Regelfall nach vorheriger vergeblicher Abmahnung den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer fahrlässig große Schäden verursacht. Grundsätzlich liegt das Risiko der richtigen Auswahl des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber.

60

Allein der Umstand, dass im Verantwortungsbereich des Klägers fahrlässig mit dem Schlüssel umgegangen wurde und auch dem Kläger hier Fahrlässigkeit vorgehalten werden muss, rechtfertigt es nicht, von dem Abmahnungserfordernis abzusehen.

61

Nach Bekanntgabe des Schlüsselverlustes hat der Kläger selbst umfangreiche Aktivitäten entfaltet, um den Schlüssel wieder zu beschaffen. Er hat u. a. auf Vorschläge eine Ausschreibung einer Geldprämie unterbreitet. Er hat in keiner Weise zu erkennen gegeben, auch in Zukunft nicht bereit zu sein, seinen Aufgabenbereich nach bestem Wissen vorzunehmen bzw. nicht bereit sei, Verfahrensanweisungen für den Umgang mit Waren oder sonstigen Gegenständen zu fertigen. Es liegt eine schlechte Prognose für künftiges Verhalten des Klägers nicht vor.

62

Da die Kündigung bereits aus diesem Grunde rechtsunwirksam ist, kann es offen bleiben, ob eine vorzunehmende Interessenabwägung die soziale Rechtfertigung der Kündigung getragen hätte oder ob die Beklagte mit dem Tatsachenvortrag, den sie im Rechtsstreit bringt und den sie u. U. nicht dem Betriebsrat unterbreitet hat, zur Begründung ihrer Kündigung gehört werden kann.

III.

63

Begründet hingegen ist die Berufung des Klägers, so weit er sich gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht wendet. Auflösungsgründe liegen nicht vor.

64

Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen zwar nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Indes darf der Arbeitgeber Spannungen zwischen dem Arbeitnehmer und Kollegen oder Vorgesetzten nicht ohne Beachtung der Verursachungsanteile zu Lasten eines Arbeitnehmers lösen. Mit dieser Maßgabe kommt es darauf an, ob die objektive Lage beim Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist. Als Auflösungsgrund geeignet sind danach etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzenden Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen.

65

An den Auflösungsantrag sind strenge Anforderungen zu stellen.

66

Zwar kann ein Arbeitgeber sich zur Begründung eines Auflösungsantrages auch auf Gründe berufen, mit denen er zuvor erfolglos versucht hat, die Kündigung zu rechtfertigen.

67

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss in diesen Fällen allerdings der Arbeitgeber zusätzlich greifbare Tatsachen dafür vortragen, dass der Kündigungssachverhalt, obwohl er die Kündigung nicht rechtfertigt, gleichwohl so geschaffen ist, dass er eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht erwarten lässt.

68

Zur Begründung des Auflösungsantrages hat die Beklagte zum einen auf die Kündigungsgründe Bezug genommen, aus denen sie die Auffassung herleitet, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei nicht mehr zu erwarten.

69

Hierbei ist zunächst festzuhalten, dass im Grundsatz je nach Funktion im Betrieb die Anforderungen an einen Auflösungsantrag anders ausfallen können, mit anderen Worten, bei einer hervorgehobenen Position im Betrieb leichte Anforderungen angedacht werden können. Allerdings sieht das Kündigungsschutzgesetz keine Gruppe von sonstigen herausgehobenen Positionen vor. Die Stellung innerhalb des Betriebes kann aber bei der Gewichtung von Auflösungsgründen durchaus eine Rolle spielen.

70

Unstreitig erfüllt der Kläger nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 KSchG, so dass der Auflösungsantrag der Beklagten zu begründen war.

71

Die Kammer kann dem Arbeitsgericht nicht folgen, dass die Auflösung deswegen u. a. auch gerechtfertigt erscheint, weil die Wirksamkeit der Kündigung nur an einer vorherigen vergeblichen Abmahnung scheitert.

72

Der Zweck der Abmahnung ist es u. a. auch, Vertrauen wieder herzustellen, indem dem Arbeitnehmer eine Chance eingeräumt wird, das verloren gegangene Vertrauen durch künftiges vertragstreues Verhalten wieder herzustellen.

73

Dem Zweck der Abmahnung würde es zuwider laufen, wenn ein Auflösungsantrag allein mit der Begründung berechtigt wäre, an sich fehlt bei einer verhaltensbedingten Kündigung eine wirksame vorherige vergebliche Abmahnung, andererseits zeigt das Verhalten aber, dass das Vertrauen nachhaltig gestört ist. Die Feststellung, dass eine Abmahnung erforderlich ist, bedeutet gleichzeitig die Feststellung, dass etwaiges verloren gegangenes Vertrauen durch eine Abmahnung wieder hergestellt werden kann. Dann ist die Prognose, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei wegen des verlorenen Vertrauens nicht mehr zu erwarten, nicht gerechtfertigt.

74

Schließlich kann auch das von der Beklagten im Rechtsstreit des Klägers aufgezeigte Verteidigungsverhalten gegen die Kündigung entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht zur Begründung eines Auflösungsantrages herangezogen werden.

75

Nicht der Kläger hat die Beklagte mit diskriminierenden Worten überzogen, dies war allein die Beklagte als Reaktion auf den Sachvortrag des Klägers.

76

Der Kläger hat in berechtigter Wahrnehmung seiner Interessen auf den auch von der Berufungskammer als wesentlich angesehenen Gesichtspunkt hingewiesen, dass der Vertrag z. B. nicht von ihm, sondern von seinem Vorgesetzten verhandelt wurde, ohne dass offensichtlich eine besondere Risikoanalyse vorgenommen wurde. Der Kläger hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass er nicht persönlich, sondern zwei Mitarbeiter, die den Empfang des Schlüssels quittiert haben, nicht ausreichend für die ordnungsgemäße Verwahrung des Schlüssels gesorgt haben, der Kläger hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass dies im Rahmen der Interessenabwägung wohl zu berücksichtigen sein müsste.

77

Damit hat der Kläger nicht etwa die Verantwortlichkeit auf andere abzuwälzen versucht, im Gegenteil, er hat bereits erstinstanzlich und auch im Berufungsverfahren klar eingeräumt, dies auch vor Ausspruch der Kündigung, dass in seinem Verantwortungsbereich der Schlüssel verbummelt worden sein müsse. Damit hat er die Verantwortung hierfür übernommen und nicht etwa versucht, von eigenem Fehlverhalten abzulenken. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass die Reaktion der Beklagten ihm offensichtlich inkonsequent erscheint, wenn er lediglich als einziger aus dem misslichen Vorfall mit einer Kündigung belegt werden soll, ohne dass sonstige Maßnahmen gegen weitere Personen ersichtlich eingeleitet wurden.

78

Damit hat der Kläger weder andere Personen beleidigt, sonstige ehrverletzenden Äußerungen oder persönlichen Angriffe gegen Arbeitgeber, Mitarbeiter oder Untergebene gestartet, sondern lediglich auf die auch im Rahmen der ohnehin vorzunehmenden Interessenabwägung bei einer Kündigung bestehenden Umstände hingewiesen.

79

Dass die Beklagte dieses Verhalten als "schäbig" ansieht, ist jedenfalls nicht ausreichend, einen Auflösungsgrund darzustellen, zumal diese Reaktion unangemessen erscheint und im Übrigen selbst provozierte Auflösungsgründe nicht zu Gunsten der antragstellenden Partei verwertet werden können.

IV.

80

Erweist sich somit die Kündigung als unwirksam, der Auflösungsantrag der Beklagten als unbegründet, besteht das Arbeitsverhältnis fort. Der Kläger hat gemäß den Grundsätzen, die das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung aufgestellt hat, einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, so wie er im Urteilstenor bezeichnet ist.

V.

81

Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

82

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

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