Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (8. Kammer) - 8 Sa 644/09
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10.8.2009, AZ: 1 Ca 197/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin und die Beklagte zu 1. streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über einen Unterlassungsanspruch der Klägerin sowie über einen von dieser geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Erstinstanzlich hat die Klägerin diese Ansprüche auch gegenüber der Beklagten zu 2. erhoben. Beide Beklagten haben erstinstanzlich im Wege der Widerklage gegen die Klägerin einen Unterlassungsanspruch geltend gemacht.
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Die Klägerin hat beantragt:
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1. die Beklagte zu 1. wird verurteilt, es zukünftig zu unterlassen, gegenüber der Beklagten zu 2. Behauptungen mit dem Inhalt aufzustellen, sie erhalte anonyme Telefonanrufe und gleichzeitig zu behaupten, dass die Anrufe von der Klägerin geführt oder aber von der Klägerin veranlasst worden zu seien.
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2. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, es zukünftig zu unterlassen, gegenüber der Beklagten zu 2. die Behauptung aufzustellen:
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"Wieder sprach ein Mann mit russischem Akzent und wies Frau E. darauf hin, dass man wisse, wie ihre Kinder aussähen. Der Schulranzen wurde genau beschrieben, sogar die kleine Aufschrift auf einem kleinen Schulranzen-Aufkleber wurde zitiert.
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Darüber hinaus wurde ihr noch gesagt, dass es auch nicht nutzen würde, wenn man den Personalreferenten zwischenschalten würde."
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und gleichzeitig die Behauptung aufzustellen, sie habe wegen dieses Vorfalls ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bedrohung und Erpressung veranlasst.
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3. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber ein Betrag von 2.500,00 EUR zu bezahlen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und widerklagend beantragt ,
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die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, es zukünftig zu unterlassen, zu behaupten, es sei ärztlicherseits festgestellt, dass die Verhaltensweise der Beklagten Ursache für die Erkrankung der Klägerin sei.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Widerklage abzuweisen.
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Von einer weiteren (wiederholenden) Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10.08.2009 (Bl. 119 - 125 d.A.).
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Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.08.2009 sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 8 - 11 (= Bl. 125 - 128 d.A.) des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
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Mit der gegen das ihr am 01.10.2009 zugestellte Urteil am 28.10.2009 eingelegten und am 30.11.2009 begründeten Berufung verfolgt die Klägerin gegen die Beklagte zu 1. ihre erstinstanzlichen Anträge zu 1. und zu 3. weiter fort.
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Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts fehle es für die Begründetheit des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nicht an der erforderlichen Wiederholungsgefahr. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass die von der Beklagten zu 1. erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt eine Wiederholungsgefahr ausschließe. Sowohl aus dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. an die Staatsanwaltschaft Koblenz vom 11.05.2009 als auch aus dem Vernehmungsprotokoll vom 15.10.2008 (betreffend die Vernehmung der Beklagten zu 1. als Zeugin) ergebe sich, dass die Beklagte zu 1. sehr wohl die Behauptung aufgestellt habe, sie - die Klägerin - habe die behaupteten anonymen Telefonanrufe veranlasst. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch den unter dem Gesichtspunkt des Mobbings geltend gemachten Schadensersatzanspruch verneint. Die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses von der Beklagten zu 1. gegen sie erhobenen Beschwerden bzw. Vorwürfe und die anschließenden Mutmaßungen, sie habe die anonymen Drohanrufe veranlasst, stellten in der Gesamtschau eine systematische, auf psychische Destabilisierung gerichtete Handlungsweise dar. Sie leide, wie ärztlich attestiert, an einer schweren depressiven Episode. Das Mobbing-Verhalten der Beklagten zu 1. sei hierfür ursächlich.
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Zur Darstellung aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 30.11.2009 (Bl. 154 - 157 d.A.) sowie auf den Schriftsatz der Klägerin vom 17.02.2010 (Bl. 181 - 183 d.A.) Bezug genommen.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des am 10.08.2009 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz, Az: 1 Ca 197/09, die Beklagte zu 1. zu verurteilen, es zukünftig zu unterlassen, gegenüber ihrem Arbeitgeber, der Firma A., Behauptungen mit dem Inhalt aufzustellen, sie erhalte anonyme Telefonanrufe und gleichzeitig zu behaupten, dass die Anrufe von der Klägerin geführt oder von der Klägerin veranlasst worden seien;
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unter Abänderung des am 10.08.2009 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz, Az: 1 Ca 197/09, die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber den Betrag von 2.500,- € zu bezahlen.
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Die Beklagte zu 1. beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte zu 1. verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 18.12.2009 (Bl. 166 - 171 d.A.), auf den Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
I.
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Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das somit insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.
II.
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Die Klage ist unbegründet.
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1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1. keinen Anspruch auf Unterlassung der im Klageantrag zu 1. bezeichneten Äußerung.
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Voraussetzung für das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 2 GG ist das Bestehen einer Wiederholungsgefahr, die regelmäßig bereits durch eine Erstbegehung indiziert wird. Im Streitfall fehlt es an einer Wiederholungsgefahr; eine Erstbegehung hat nicht stattgefunden.
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Die Beklagte zu 1. hat zu keinem Zeitpunkt die Behauptung aufgestellt, die anonymen Telefonanrufe, die sie erhalten habe, seien von der Klägerin geführt oder von dieser veranlasst worden. Bezüglich der Äußerung, die Klägerin habe die betreffenden Telefonanrufe selbst geführt, ergibt sich dies bereits daraus, dass die Beklagte zu 1. immer behauptet hat, die Telefonate seien von jemandem mit einer männlichen Stimme geführt worden. Dies schließt gerade aus, dass die Klägerin selbst die Anrufe getätigt hat. Die Beklagte zu 1. hat aber auch niemals behauptet, die Klägerin habe die Telefonate veranlasst. Sie hat lediglich, wie sich aus dem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten an die Staatsanwaltschaft Koblenz vom 11.05.2009 sowie aus dem Vernehmungsprotokoll der Polizeiinspektion C-Stadt vom 15.10.2008 ergibt, die Vermutung geäußert, dass die Anrufe aus dem Umfeld der Klägerin kommen und dass sie davon ausgehe, dass die Klägerin mit der Sache etwas zu tun habe. Diese Erklärungen beinhalten weder die Behauptung, noch erwecken sie den Eindruck, die Klägerin habe die Telefonate selbst veranlasst.
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2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1. auch keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld. Dieser Anspruch ist vorliegend - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht unter dem Gesichtspunkt des sog. "Mobbings" begründet.
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"Mobbing" ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Die rechtliche Würdigung eines von der klagenden Partei als Mobbing bezeichneten Sachverhaltes hat daraufhin zu erfolgen, ob arbeitsrechtliche Pflichten oder ein Recht bzw. Rechtsgut i.S.v. §§ 823 ff BGB verletzt wurden. Wesensmerkmal der als Mobbing bezeichneten Form der Persönlichkeitsrechtsverletzung, die bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 823 ff BGB einen Schadensersatz - und/oder einen Schmerzensgeldanspruch begründen kann, ist die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen zusammensetzende Verletzungshandlung, wobei den einzelnen Handlungen bei isolierter Betrachtung eine rechtliche Bedeutung oft nicht zukommt. Es handelt sich um fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des betroffenen verletzen (BAG v. 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Mobbing).
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Im Streitfall ist kein Verhalten der Beklagten zu 1. ersichtlich, welches die Kriterien des sog. Mobbings erfüllt. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass - wie bereits ausgeführt - die Behauptung der Klägerin nicht zutrifft, die Beklagte zu 1. habe den Vorwurf geäußert, sie - die Klägerin - habe Drohanrufe selbst getätigt oder zumindest veranlasst. Die Vermutung, dass die Telefonanrufe aus dem Umfeld der Klägerin stammten bzw. dass die Klägerin damit etwas zu tun habe, stellt noch keineswegs eine der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweise dar. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die von der Beklagten zu 1. am 27.05.2008 beim Betriebsrat getätigten Beschwerden über die Klägerin, deren Inhalt im Schreiben des Betriebsrats vom 28.05.2008 (Bl. 67 d.A.) wiedergegeben ist. Dabei kann offen bleiben, ob die darin enthaltenen Vorwürfe der Beklagten zu 1. zutrafen. Ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren der Klägerin lässt sich weder bei isolierter Betrachtung des Inhalts der Beschwerde, noch bei einer Gesamtschau, d.h. unter Mitberücksichtigung der von der Beklagten zu 1. im Zusammenhang mit den anonymen Telefonanrufen getätigten Äußerungen feststellen.
III.
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Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
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