Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (1. Kammer) - 1 Ta 172/10
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied- vom 03.05.2010 - 6 Ca 2382/06 - aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Der beschwerdeführende Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses.
- 2
Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat dem Kläger für die von ihm betriebene Zahlungsklage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.
- 3
Nach Abschluss des Rechtsstreits hat das Arbeitsgericht den Kläger mehrfach über Anschreiben an seinen Prozessbevollmächtigten aufgefordert, zu erklären, ob zwischenzeitlich eine Änderung seiner wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse eingetreten sei. Nachdem der Kläger hierauf die entsprechende Erklärung nicht abgab, hat das Arbeitsgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 03.05.2010, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 06.05.2010, aufgehoben.
- 4
Mit am 03.06.2010 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt und erklärt, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich insoweit verändert, als er infolge eines gescheiterten Auswanderungsversuchs nun völlig mittellos und wohnungslos sei. Er unterhalte auch kein Konto und lebe von Almosen. Das Arbeitsgericht hat den Beschwerdeführer daraufhin aufgefordert darzulegen, womit er seinen Lebensunterhalt bestreitet und seine Angaben glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer kündigte die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung an, welche aber nicht erfolgte. Das Arbeitsgericht hat nach Ablauf der Frist für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
- 5
Im Beschwerdeverfahren vor dem erkennenden Gericht hat der Beschwerdeführer an Eides statt versichert, keinen festen Wohnsitz und kein Einkommen zu haben. Mittlerweile verfüge er wieder über ein Konto mit einem von seinen Eltern zur Verfügung gestellten Guthaben in Höhe von 1.037,92 Euro. Weiteres Vermögen habe er nicht. Er werde demnächst ALG II beantragen.
II.
- 6
Die sofortige Beschwerde ist nach § 78 ArbGG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig.
- 7
Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
- 8
Zwar haben aus Sicht des Arbeitsgerichts zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufhebung des Beschlusses zur Gewährung der Prozesskostenhilfe die Voraussetzungen hierfür gem. § 124 Nr. 2 ZPO aufgrund fehlender Erklärung über die Änderung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse vorgelegen. Dennoch ist der Beschluss des Arbeitsgerichts aufzuheben, da der Beschwerdeführer gegenüber dem Beschwerdegericht die erforderliche Erklärung abgegeben und seine Angaben hinreichend belegt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (vgl. zuletzt LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 18.03.2010 - 1 Ta 18/10 -) können fehlende Angaben und Nachweise zu einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nachgereicht werden, da § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO keine Frist für die Abgabe der gebotenen Parteierklärung vorsieht.
- 9
Der Beschwerdeführer erfüllt nach wie vor die Voraussetzungen für eine ratenlose Gewährung von Prozesskostenhilfe.
- 10
Nach der von dem Beschwerdeführer abgegebenen eidesstattlichen Versicherung verfügt er über keinerlei Einkommen und hat lediglich ein Vermögen in Höhe von 1.037, 27 Euro, das ihm von seinen Eltern geschenkt wurde. Da dieser Betrag die Grenze des Schonvermögens von derzeit 2.600 Euro (vgl. Musielak/Fischer, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 115, Rn. 43) nach § 115 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII nicht übersteigt, war er bei der Beurteilung, ob der Beschwerdeführer weiterhin die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erfüllt, nicht zu berücksichtigen. Zudem wäre dem Beschwerdeführer der Einsatz dieses Vermögens nach § 115 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 3 SGB XII auch nicht zumutbar, da eine angemessene Lebensführung in seiner derzeitigen Lage wesentlich erschwert würde. Damit ergibt die Überprüfung der veränderten aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, dass er über keinerlei für eine Zahlung der Prozesskosten einzusetzendes Einkommen oder zu verwertendes Vermögen verfügt.
- 11
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 03.05.2010 war somit aufzuheben.
- 12
Da die Beschwerde erfolgreich war, fallen keine Gerichtskosten an.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- 6 Ca 2382/06 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 78 Beschwerdeverfahren 1x
- ZPO § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen 2x
- ZPO § 127 Entscheidungen 1x
- § 90 Abs. 3 SGB XII 1x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (1. Kammer) - 1 Ta 18/10 1x
- § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde 1x
- ZPO § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde 1x
- ZPO § 120 Festsetzung von Zahlungen 1x
- ZPO § 124 Aufhebung der Bewilligung 1x