Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (3. Kammer) - 3 Ta 276/11
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 13. Dezember 2011 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 14. November 2011 - 10 Ca 1885/11 - aufgehoben.
Dem Kläger wird für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin S. bewilligt.
Gründe
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I. Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Klage, mit der er ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 30.000,- € und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zum Ersatz der künftig aus dem Unfall vom 22. September 2010 entstehenden Schäden verpflichtet ist.
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Der Kläger war aufgrund Arbeitsvertrags vom 17. September 2010 bei der Zeitarbeitsfirma G. mbH, S., beschäftigt und wurde von dieser ab 17. September 2010 als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten, einem metallverarbeitenden Betrieb, eingesetzt.
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Im Betrieb der Beklagten arbeitete der Kläger an einer Metallpresse, an der am 22. September 2010 einen Unfall erlitt; wegen der vom Kläger geschilderten Verletzungsfolgen und deren Nachwirkungen wird auf seine Schriftsätze verwiesen.
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Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe den Unfall jedenfalls bedingt vorsätzlich herbeigeführt und sei deshalb zur Zahlung des von ihm begehrten Schmerzensgeldes sowie zum Ersatz der künftig aus dem Unfall vom 22. September 2010 entstehenden Schäden verpflichtet. Wegen seiner diesbezüglichen Ausführungen wird auf seine Schriftsätze verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 07. Oktober 2011, beim Arbeitsgericht am 11. Oktober 2011 eingegangen, hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Rechtsanwältin für die von ihm beabsichtigte Klage beantragt und eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.
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Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Beschluss vom 14. November 2011 - 10 Ca 1885/11 - den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger ausweislich des von ihm mitgeteilten Bausparguthabens in Höhe von 5.328,47 € über Vermögen verfüge, das unter Berücksichtigung des ihm zu belassenden Freibetrags zur Begleichung der Prozesskosten ausreiche.
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Gegen den ihm am 17. November 2011 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2011, beim Arbeitgericht am gleichen Tag eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 15. Dezember 2011 nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
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Im Beschwerdeverfahren hat der Kläger ergänzend mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2011 vorgetragen, er habe sich bereits im Juli 2011 einen Pkw zur Erreichung seiner Arbeitsstelle angeschafft und das Guthaben des Bausparvertrags zur Finanzierung des Autokaufs an seine Mutter abgetreten, an die das Guthaben dann auch ausgezahlt worden sei. Deshalb habe er über das Bausparguthaben im Zeitpunkt des PKH-Antrags nicht mehr verfügen können.
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II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist nach §§ 78 ArbGG, 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig.
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Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen des § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die vom Kläger beabsichtigte Klage sind erfüllt.
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1. Aufgrund des Vorbringens des Klägers im Beschwerdeverfahren, das gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu berücksichtigen ist, liegt die erforderliche Bedürftigkeit vor.
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Der Kläger hat unter Vorlage des Kaufvertrags vorgetragen, dass er sich bereits im Juli 2011 den in seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angegebenen Pkw angeschafft habe, weil er diesen benötigt habe, um seine Arbeitsstelle zu erreichen. Zur Zwischenfinanzierung dieses Autokaufs habe er das Guthaben des Bausparlehens gemäß der vorgelegten Abtretungsvereinbarung vom 24. August 2011 an seine Mutter abgetreten. Dementsprechend sei das Guthaben des bereits im August 2011 gekündigten Bausparvertrags gemäß den vorgelegten Belegen an seine Mutter überwiesen worden. Nach diesem Vortrag des Antragstellers hat er das Guthaben auf dem Bausparvertrag zur Finanzierung eines Pkw eingesetzt, den er aufgrund seiner angenommenen Arbeitstätigkeit benötigte. Zwar ist er nach seinem Vortrag in der Antragsschrift aufgrund der Kündigung des angeführten Unternehmens nicht mehr erwerbstätig. Die Angemessenheit einer Belastung ist aber nach den Umständen zu beurteilen, die im Zeitpunkt ihrer Begründung vorgelegen haben. Eine zum Zeitpunkt der Anschaffung eines Pkw eingegangene Zahlungsverpflichtung wird nicht dadurch unangemessen, dass der Antragsteller arbeitslos wird und das Fahrzeug für eine berufliche Tätigkeit zunächst nicht mehr benötigt (Sächsisches Landesarbeitsgericht 13. Februar 1998 - 10 Ta 245/97 - LAGE ZPO § 115 Nr. 54). Danach sind vorliegend die Finanzierungskosten für den Pkw gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO zu berücksichtigen, so dass das hierfür eingesetzte Bausparguthaben in Abzug zu bringen ist. Der Antragsteller kann auch nicht auf eine Verwertung des von ihm gekauften Pkw verwiesen werden. In Anbetracht des angegebenen Verkehrswerts ist ein Wiederverkauf des Pkw, den er zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit benötigt, nicht zumutbar i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO (vgl. Musielak ZPO 8. Aufl. § 115 Rn. 54 m.w.N.)
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Nach der vom Kläger vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergibt sich mithin keine Ratenzahlungsverpflichtung.
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2. Weiterhin kann der beabsichtigten Klage nach der Klagebegründung auch eine zumindest hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO nicht abgesprochen werden.
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Dementsprechend war der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts aufzuheben und dem Antragsteller antragsgemäß Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
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Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.
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Referenzen
- ZPO § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen 2x
- ZPO § 127 Entscheidungen 1x
- ZPO § 78 Anwaltsprozess 1x
- 10 Ca 1885/11 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 114 Voraussetzungen 2x
- 10 Ta 245/97 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde 1x
- ZPO § 571 Begründung, Präklusion, Ausnahmen vom Anwaltszwang 1x