Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (11. Kammer) - 11 Ta 98/12
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 03.05.2012 - 2 Ca 590/12 - teilweise dahingehend abgeändert, dass dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt C. bewilligt wird, soweit er die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis durch die auflösende Bedingung nicht vor dem 10.05.2012 beendet worden ist.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
III. Die Gerichtskosten trägt der Kläger mit der Maßgabe, dass die Gebühr gemäß Gebührentatbestand Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG auf die Hälfte ermäßigt wird.
Gründe
I.
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Der Kläger begehrt mit seiner Klage vom 17.04.2012 die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten weder durch auflösende Bedingung noch durch Kündigung vom 10.04.2012 beendet worden ist. Ferner macht er seine Weiterbeschäftigung geltend. In der Klageschrift ist ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten enthalten.
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Der Kläger ist seit dem 07.12.2009 als Sicherheitsmitarbeiter bei der Beklagten zu einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt ca. 1.600,-- EUR beschäftigt. Er wird zur Bewachung von Liegenschaften der US-Armee eingesetzt. Hierfür ist ihm eine Einsatzgenehmigung durch die US-Streitkräfte erteilt worden.
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In Ziffer 2 des Arbeitsvertrags vom 07.12.2009 haben die Parteien vereinbart, dass die Einsatzgenehmigung der US-Streitkräfte für den Arbeitnehmer Geschäftsgrundlage des Vertrags ist. Wird die Einsatzgenehmigung wegen Nichteinhaltung von Bestimmungen des Bewachungsvertrags widerrufen, endet der Arbeitsvertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, unter Anwendung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist.
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Unter Datum vom 28.03.2012 entzogen die US-Streitkräfte dem Kläger mit sofortiger Wirkung die Einsatzgenehmigung.
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Mit Schreiben vom 10.04.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie davon ausgeht, dass das Arbeitsverhältnis durch den Eintritt der auflösenden Bedingung bereits beendet worden sei. Rein vorsorglich kündigte sie dem Kläger nochmals ordentlich. Das Arbeitsverhältnis ende somit spätestens mit Ablauf des 10.05.2012.
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Der Kläger trägt vor, der Entzug der Einsatzgenehmigung durch die US-Armee sei nur erfolgt, weil die Beklagte unter Hinweis auf nicht existierende Vorschriften ein solches Schreiben veranlasst habe. Der ihm gemachte Vorwurf, durch Drücken eines falschen Knopfes einen Poller hochgefahren und hierdurch ein darüber stehendes Auto beschädigt zu haben, sei nicht so gravierend, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar sei.
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Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Beschluss vom 03.05.2012 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten der Hauptsacheanträge zurückgewiesen. Die vereinbarte auflösende Bedingung sei wirksam. Der Kläger habe nicht näher dargelegt, dass der Widerruf der Einsatzgenehmigung auf Verlangen des Arbeitgebers erfolgt sei.
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Gegen den ihm am 04.05.2012 zugestellten Beschluss hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt und wie folgt begründet:
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Zum Zeitpunkt des Beschlusses sei dem Gericht noch gar nicht bekannt gewesen, ob die klägerische Behauptung, wonach der Widerruf der Einsatzgenehmigung auf ein Verlangen des Arbeitgebers erfolgt sei, bestritten werde. Auf die Ausführungen, dass der Removal Letter von falschen vertraglichen Vereinbarungen ausgeht, sei das Gericht gar nicht eingegangen. Die Vorgehensweise der Beklagten sei sittenwidrig.
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Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie zur Entscheidung dem Beschwerdegericht vorgelegt.
II.
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Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 78 ArbGG, §§ 567 ff ZPO zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und darüber hinaus auch begründet.
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In der Sache ist das Rechtsmittel jedoch nur zu einem Teil begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
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1. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, soweit der Kläger einen Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses über den 10.05.2012 hinaus begehrt. Die Klage hat insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
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a) Nach § 114 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn das Rechtsbegehren der Partei hinreichende Erfolgsaussichten bietet. Dies ist der Fall, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers anhand des vorgetragenen Sachverhalts für zutreffend oder vertretbar hält. Hinreichende Erfolgsaussicht bedeutet nicht Erfolgsgewissheit, so dass die Erfolgsaussichten nicht überspannt werden dürfen, weil das Hauptsacheverfahren nicht in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe verlagert werden darf. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (vgl. Bundesverfassungsgericht, NJW 2000, 1937; NZA 2001, 1091). Prozesskostenhilfe darf allerdings verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber nur eine entfernte Erfolgschance besteht (LAG Rheinland-Pfalz 25.10.2004 - 2 Ta 225/04 - zitiert nach juris Rn. 9).
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b) Bei der im Arbeitsvertrag vereinbarten Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Entzug der Einsatzgenehmigung durch die US-Streitkräfte handelt es sich um eine auflösende Bedingung, die durch einen nach §§ 21, 14 Abs 1 TzBfG erforderlichen sachlichen Grund gedeckt ist. Der durch den Entzug der Einsatzgenehmigung eintretende Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit ist ein ausreichender sachlicher Grund, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung vorzusehen. Für den Bedingungseintritt ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung nicht erforderlich, dass der im Entlassungsschreiben gerügte Verstoß des Arbeitnehmers tatsächlich vorliegt (BAG 19.03.2008 - 7 AZR 1033/06 - zitiert nach juris, Rn. 10). Insoweit kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht entscheidend darauf an, ob sich die US-Streitkräfte in ihrem Removal Letter auf vertragliche Vereinbarungen gestützt haben, die im Arbeitsverhältnis der Parteien keine Wirkung haben. Die Rechtmäßigkeit des Entzugs der Einsatzgenehmigung des Arbeitnehmers durch den Auftraggeber des Arbeitgebers ist für das Vorliegen des Sachgrundes ohne Bedeutung (BAG 25.08.1999 - 7 AZR 75/98 - BAGE 92, 245 = AP BGB § 620 Bedingung Nr. 24 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 13, zu II 2 und 3 der Gründe).Entscheidend ist, dass die Beklagte nur solche Arbeitnehmer einsetzen darf, die über die Einsatzgenehmigung verfügen.
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c) Erst die sich aus dem Entzug der Einsatzgenehmigung des Arbeitnehmers ergebende fehlende Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitgebers rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung. Der Arbeitgeber muss daher dem Arbeitnehmer einen anderen freien Arbeitsplatz anbieten, bevor er sich auf die auflösende Bedingung berufen darf (BAG 25.08.1999 - 7 AZR 75/98 - a.a.O., zu II 2 der Gründe). Der Kläger hat bislang im Rahmen der bestehenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast nicht vorgetragen, dass es einen freien Arbeitsplatz bei der Beklagten gibt, auf welchem er ohne die Einsatzgenehmigung eingesetzt werden könnte.
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d) Soweit der Kläger in der Klageschrift vorgetragen hat, dass der Widerruf der Einsatzgenehmigung durch die US-Streitkräfte auf ein Verlangen des Arbeitgebers zurückzuführen sei, ist dieser Vortrag erheblich. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 19.03.2008 bereits darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber den Entzug der Einsatzgenehmigung nicht gegenüber seinem Vertragspartner veranlasst haben darf, um das Vertragsverhältnis mit seinem Arbeitnehmer zu beenden (BAG 19.03.2008 - 7 AZR 1033/06 - zitiert nach juris, Rn. 12). Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist jedoch von der Beklagten im Schriftsatz vom 02.05.2012 bestritten worden. Dieser Schriftsatz lag dem Arbeitsgericht zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 03.05.2012 bereits vor. Der Kläger hat nicht hinreichend konkret dargelegt, auf welche Art und Weise durch welchen Vertreter der Beklagten gegenüber welchem Vertreter der US-Streitkräfte auf einen Entzug der Einsatzgenehmigung hingewirkt worden sein soll. Insofern hat seine Klage auch bezüglich dieser Einwendung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
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2. Begründet ist die sofortige Beschwerde, soweit sich der Kläger mit Klageantrag Ziffer 1 gegen die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses durch die auflösende Bedingung vor dem 10.05.2012 richtet. Diesbezüglich hat er ein Feststellungsinteresse, denn die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 10.04.2012 ausgeführt, dass sie bereits von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Eintritt der auflösenden Bedingung ausgeht. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist jedoch nicht bereits mit Zugang des Removal Letters der US-Streitkräfte vom 28.03.2012 bei der Beklagten eingetreten. Die Beklagte ist vielmehr nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG verpflichtet, den Arbeitnehmer über den Eintritt der auflösenden Bedingung in Kenntnis zu setzen. Mangels anderweitigen Vortrags ist davon auszugehen, dass die Beklagte dieser Verpflichtung erst mit ihrem Schreiben vom 10.04.2012 nachgekommen ist. Das Arbeitsverhältnis endet sodann unter Anwendung der tariflichen Kündigungsfrist von 28 Kalendertagen gemäß § 2 Ziffer 5 Mantelrahmentarifvertrag vom 01.12.2006 für das Wach- und Sicherheitsgewerbe der BRD.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit dem im Beschlusstenor genannten Gebührentatbestand. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.
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Referenzen
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- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 1x
- §§ 567 ff ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- 2 Ca 590/12 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 78 Beschwerdeverfahren 1x
- § 3 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 127 Entscheidungen 1x
- §§ 21, 14 Abs 1 TzBfG 2x (nicht zugeordnet)
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- §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG 2x (nicht zugeordnet)
- 7 AZR 1033/06 2x (nicht zugeordnet)
- 2 Ta 225/04 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x