Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (2. Kammer) - 2 Sa 172/12

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 14.02.2012 - 3 Ca 880/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Klageerweiterung wird auf seine Kosten abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die von der klagenden Partei geltend gemachten Zahlungsansprüche auf "equal pay" nach § 10 Abs. 4 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 9 Nr. 2 AÜG.

2

Der Kläger ist seit 10.04.2006 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte überlässt als Unternehmen der Zeitarbeitsbranche mit behördlicher Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion N. vom 24.03.1977 gemäß den Regelungen des AÜG, Arbeitnehmer an Entleiher. Ab dem 10.06.2006 wurde der Kläger von der Beklagten bei der R.-Niederlassung T. als Stromableser eingesetzt. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag enthält wörtlich folgende Regelungen:

3

"1. … Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV).

4

6.4 Die Vergütung wird nach Abzug der gesetzlichen Beiträge, wie Steuern und Sozialversicherung, monatlich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein vom Mitarbeiter anzugebendes Konto überwiesen…

5

Im Arbeitsvertrag ist weiter in Nr. 14 wörtlich vereinbart:

6

14. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten. Unberührt hiervon bleiben Ansprüche aus unerlaubter Handlung. Lehnt die Gegenpartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten. .…"

7

Der Manteltarifvertrag zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft für Zeitarbeit und TSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) sah im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in Ziffer 19.2. vor, dass beide Arbeitsvertragsparteien sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten ab Fälligkeit geltend machen können. Diese Frist wurde durch Änderungstarifvertrag zum Manteltarif vom 9. Juli 2008 auf drei Monate verlängert.

8

Nach dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009, 23 TaBV 1016/09, in welchem dieses der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) die Tariffähigkeit absprach, schloss der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) am 15.03.2010 mit der CGZP, der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV, dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie der Gesundheitsgewerkschaft medsonet auf Gewerkschaftsseite einen Manteltarifvertrag ab. Der Tarifabschluss sollte gemäß dessen Ziffer 25 größtenteils rückwirkend zum 01.01.2010 gelten. Der Tarifvertrag lautet auszugsweise:

9

"Präambel

10

Die zwischen AMP und CGZP abgeschlossenen Tarifverträge, und zwar Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifverträge West und Ost, Manteltarifvertrag für die Auszubildenden sowie Beschäftigungssicherungstarifvertrag werden nunmehr auf Arbeitnehmerseite neben der CGZP auch von CGM, DHV, BIGD, ALEB und medsonet jeweils als selbstständige Tarifvertragspartei abgeschlossen. Die Tarifverträge sind also jeweils ein "mehrgliedriger Tarifvertrag im engeren Sinne" und nicht ein "Einheitstarifvertrag" im Sinne der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Jede Tarifvertragspartei kann ihre Rechte hinsichtlich des jeweiligen Tarifvertrages (z.B. Kündigung, Vereinbarung von Änderungen der tarifvertraglichen Bestimmungen) selbstständig und unabhängig von den übrigen Tarifvertragsparteien ausüben."

11

19.2 Beide Arbeitsvertragsparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.

12

19.3 Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten.

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19.4 Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."

14

Die Parteien trafen unter dem 26.04.2010 eine schriftliche, von der Beklagten vorformulierte "Zusatzvereinbarung", die wie folgt lautet:

15

"Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass ab dem 01.01.2010 … auf das bestehende Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und den Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Diese bestehen derzeit aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV). Der Tarifvertragspartner CGB tritt somit an die Stelle der unter Ziffer 1. des geschlossenen Arbeitsvertrages genannten Tarifvertragspartei Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP)."

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Der Kläger machte, nachdem das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10, die vorbezeichnete Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg zur Tarifunfähigkeit des CGZP bestätigt hatte, gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 25.02. und 03.03.2011 rückwirkend ab 01.01.2007 Zahlungsansprüche aufgrund des bei dem Entleiher geltenden Manteltarifvertrages der Tarifgruppe R. in Verbindung mit den dort benannten Vergütungsordnungen geltend, ferner fordert er für die Jahre 2007 bis 2010 Weihnachts- und Sonderzuwendungen sowie Fahrtkostenerstattung/Kilometergeld für die Jahre 2006, 2007, 2009 und 2010.

17

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 18.03.2011 jegliche Zahlung ab. Der Kläger hat hierauf Klage erhoben. Er stützt seine Forderung auf die Behauptung, angesichts der von ihm auszuübenden Tätigkeit habe er Anspruch auf Vergütung als Stromableser beim Entleiher zunächst nach der Vergütungsgruppe B 1 (abgesenkte Lohnstufe) und für seine ab 01.07.2007 anschließende Tätigkeit im Kombiaußendienst nach Vergütungsgruppe B 2 (abgesenkte Lohnstufe). Die Einzelheiten seiner Berechnung der Klageforderung ergeben sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils.

18

Hinsichtlich der Fahrtkosten macht er geltend, die Beklagte hätte ihm für die mit seinem Privat-PKW zurückgelegten Dienstfahrten statt der gezahlten 0,20 € pro Kilometer richtigerweise 0,32 € pro Kilometer erstatten müssen, da diesen Betrag auch der Entleiher an die vergleichbaren Mitarbeiter zahle.

19

Auf Ausschlussfristen könne sich die Beklagte nicht berufen. Die diesbezügliche arbeitsvertragliche Regelung von zwei Monaten sei unwirksam. Auch die in Bezug genommenen Tarifverträgen enthaltene Verfallregelung komme nicht zur Anwendung. Die arbeitsvertragliche Verweisung auf Manteltarifverträge der CGZP entfalteten mangels Tariffähigkeit dieser Organisation keine Geltung. Auch die in Ziffer 19. des Manteltarifvertrages vom 15.03.2010 enthaltene Verfallregelung komme nicht zur Anwendung. Die arbeitsvertragliche Zusatzvereinbarung vom 26.04.2010 sei nach AGB-Kontrollrecht unwirksam. Auch sei keiner der geltend gemachten Ansprüche verjährt. Die Verjährungsfrist habe erst mir Bekanntgabe der Entscheidungsgründe des BAG-Beschlusses vom 14.12.2010 zu laufen begonnen.

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Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

21

13.926,00 € brutto, abzüglich gezahlter 10.763,82 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen,

        

15.108,00 € brutto, abzüglich gezahlter 10.111,78 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen,

        

30.216,00 € brutto, abzüglich gezahlter 22.079,74 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2009 zu zahlen,

        

34.152,00 € brutto, abzüglich gezahlter 23.061,11 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2010 zu zahlen,

        

10.599,99 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen,

        

10.728,00 € brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

1.315,00 € brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

6.818,28 € netto seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

4.672,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

1.444,96 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

1.740,11 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

875,38 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2011 zu zahlen,

        

1.117,54 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2011 zu zahlen,

        

437,40 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Sie hat Unschlüssigkeit der Klage gerügt. Der Kläger habe nicht vorgetragen, warum er in die Vergütungsgruppe B 1 bzw. B 2 einzustufen sei. Er habe auch nicht dargelegt, weshalb er aus der abgesenkten Lohnstufe eine Höherstufung nach zwei Jahren nicht in die Basisstufe, sondern direkt in die Erfahrungsstufe beanspruchen will. Jedenfalls habe er die verlangten Eingruppierungsvoraussetzungen der manteltariflichen Bestimmungen der R. nicht dargelegt.

25

Ab 01.01.2010 gelange ohnehin der mit der Zusatzvereinbarung vom 26.04.2010 in Bezug genommene Manteltarifvertrag vom 15.03.2010 zur Anwendung. Außerdem gelte ab 01.05.2011 ohnehin das Tarifwerk zwischen dem Bundesverband Zeitarbeitspersonaldienstleistungen e. V. und der DGB Tarifgemeinschaft Zeitarbeit. Dies folge aus einem mit dem Kläger abgeschlossenen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Trier im Verfahren 3 Ca 985/11.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den ausführlichen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 14.02.2012 verwiesen.

27

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Im Wesentlichen hat es ausgeführt, wegen wirksamer Inbezugnahme des MTV CGB vom 15.03.2010 seien aufgrund dessen enthaltener Ausschlussfrist der größte Teil der geltend gemachten Zahlungsansprüche verfallen. Soweit der Kläger für nicht verfallene Ansprüche im Wege diverser Klageerweiterungen Zahlungsansprüche weiterverfolge, stehe dem entgegen, jedenfalls ab 26.04.2010, dass mit dem MTV CGB ein auf das Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen i. S. v. § 10 Abs. 4 Satz 2, § 3 Abs. 1 Nr. 3 und § 9 Nr. 2 AÜG treffe. Ansprüche des Klägers auf Zahlung nach dem Grundsatz von "equal pay" seien damit gesperrt.

28

Auch die vom Kläger geltend gemachten Auslagenersatzansprüche wegen Kilometergeld seien zum größten Teil verfallen. Die Verfallklausel erfasse sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Zum anderen habe er trotz Bestreiten der Beklagten seinen Anspruch nicht näher begründet.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

30

Das Urteil wurde dem Kläger am 7. März 2012 zugestellt. Er hat hiergegen am 5. April 2012 Berufung eingelegt und die Berufung, nachdem die Frist zur Begründung bis 08.06.2012 einschließlich verlängert worden war, mit am 06.06.2012 eingegangenem Schriftsatz begründet.

31

Der Kläger verfolgt seine Gehaltsnachzahlungsansprüche unverändert weiter und erweitert seine Klageansprüche auf Auslagenersatz wegen Kilometergeld auf insgesamt 8.189,10 €. Er hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für unzutreffend, da fehlerhafterweise von einer wirksamen Inbezugnahme von Tarifverträgen und einer wirksamen Vereinbarung von Ausschlussfristen ausgegangen sei. Sein Entgeltanspruch könne sich nicht nach den Regeln der ursprünglich vereinbarten Tarifverträge CGZP richten, da die Tarifunfähigkeit der Spitzenorganisation nunmehr rechtskräftig feststehe.

32

Die Vereinbarung eines anderen Tarifwerkes könne ebenfalls nicht festgestellt werden, die hierzu verwendete vertragliche Vereinbarung sei intransparent und damit unwirksam, außerdem benachteilige sie ihn unangemessen.

33

Der Kläger beantragt,

34

€ 3.427,13 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen,

        

€ 2.547,94 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen,

        

€ 10.241,86 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2009 zu zahlen,

        

€ 11.167,61 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2010 zu zahlen,

        

€ 5.518,13 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen,

        

€ 3.727,80 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

€ 2.344,91 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

€ 11.174,70 netto seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

€ 10.445,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

€ 1.296,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

€ 8.189,10 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

35

Die Beklagte beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen.

37

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie wiederholt ihren Sachvortrag, das Klagevorbringen des Klägers sei unschlüssig. Der Kläger habe die tarifliche Wertigkeit seiner Tätigkeit nicht beschrieben, insbesondere die Voraussetzungen eines "equal pay"-Anspruches nicht hinreichend deutlich gemacht. Die vom Kläger hierzu gemachten Ausführungen, auch unter Bezugnahme auf die Entleiherauskunft, seien hierzu nicht ausreichend. Im Übrigen seien die Ansprüche verfallen bzw. auch verjährt.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 29.11.2012.

Entscheidungsgründe

I.

39

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

40

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Auch die vom Kläger im Berufungsverfahren erweiterte Klage bezüglich Differenzen bei der Auslagenerstattung für mit dem Privatfahrzeug gemachten Fahrten, ist nicht begründet.

II.

41

Die Entscheidung der Kammer beruht im Wesentlichen auf den Erwägungen, dass durch die wirksamen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien eine Ausschlussfrist von drei Monaten zur schriftlichen Geltendmachung von Zahlungsansprüchen der geltend gemachten Art innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit vereinbart wurde und soweit die Ausschlussfrist für Ansprüche, die im Laufe des Verfahrens klageerweiternd geltend gemacht worden sind, noch nicht abgelaufen ist, deswegen ausscheidet, weil in Anwendung des § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG i. V. m. §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 9 Nr. 2 AÜG eine Verweisung auf ein Tarifwerk vorliegt, welches Ansprüche auf "equal pay" sperrt.

III.

42

Nach eigenem Vortrag des Klägers hat dieser seine Differenzvergütungsansprüche erstmals mit Schreiben vom 25.02.2011 und vom 03.03.2011 geltend gemacht.

43

Die Fälligkeit der arbeitsvertraglichen Vergütung richtet sich nach Ziffer 6.4 des Arbeitsvertrages. Danach ist die Vergütung spätestens zum 20. des Folgemonats zu zahlen. Ausgehend hiervon konnten die Schreiben des Klägers Ansprüche nicht erfassen, deren Fälligkeit länger als drei Monate vor Zugang der Aufforderungsschreiben eingetreten ist.

44

Eine Ausschlussfrist von drei Monaten wurde wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen.

45

Die erstmalige Geltendmachung der Ansprüche mit Schreiben vom 25.02.2011 konnte die wirksam vereinbarte Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit nicht mehr wahren.

46

Zuzugeben ist dem Kläger zunächst, dass die im Vertrag bezeichnete zweimonatige Ausschlussfrist in Ziffer 14 des Arbeitsvertrages Wirksamkeitsbedenken begegnen kann.

47

Der zwischen den Parteien aufgrund formularmäßiger Vorgabe durch die Beklagte erstellte Arbeitsvertrag enthält zunächst nur eine Vereinbarung einer Ausschlussfrist, die einer Überprüfung nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht standhalten würde. Eine einzelvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist von zwei Monaten ist für den Arbeitnehmer unangemessen zu kurz und hält daher einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nicht stand. Im Arbeitsvertrag ist jedoch vereinbart, dass diese Ausschlussfrist dann nicht gelten soll, wenn die in Nr. 1 genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten. In Nr. 1 des Arbeitsvertrages ist Bezug genommen auf die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständiger Personaldienstleister AMP und der Tarifgewerkschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA geschlossenen Tarifverträge in der jeweiligen Fassung bestehend aus dem Manteltarifvertrag MTV und weiteren Tarifverträgen. Dieser Tarifvertrag sah bei Vertragsabschluss ebenfalls eine zweimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung aller Ansprüche nach Fälligkeit vor, durch Änderungsvereinbarung vom 09. Juli 2008 wurde die Frist zur erstmaligen Geltendmachung auf drei Monate verlängert.

48

Damit liegt nun eine Verweisung der Arbeitsvertragsparteien auf ein Tarifwerk vor, welches hinsichtlich einer etwaigen einzelvertraglichen Vereinbarung keine Bedenken hinsichtlich einer Unangemessenheit begegnen würde. Hätten die Vertragsparteien eine dreimonatige Ausschlussfrist vereinbart, könnte dies auch ohne Weiteres wirksam durch Vereinbarung in vorformulierten Vertragsbedingungen, die vom Arbeitgeber gestellt werden, erfolgen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt insoweit nicht vor.

49

Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der Manteltarifvertrag zwischen der Tarifgemeinschaft CGZP und dem Arbeitgeberverband Mittelständige Personaldienstleister auch in seiner Fassung vom 09. Juli 2008 mangels Tariffähigkeit der CGZP unwirksam sein kann. Eine abschließende Feststellung der Unwirksamkeit dieses Tarifvertrages ist für die Kammer nicht geboten.

50

Ist die CGZP nicht tariffähig, läge zwar ein fehlerhafter Tarifvertrag vor. Die Arbeitsvertragsparteien können aber auch auf fehlerhafte Tarifverträge verweisen. Dem steht nicht der Auslegungsgrundsatz entgegen, dass die Arbeitsvertragsparteien regelmäßig einen Tarifvertrag nur so in Bezug nehmen wollen, wie er auch tarifrechtlich gilt (vgl. BAG Urteil vom 07.12.1977, 4 AZR 474/76 = AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 9).

51

Die vorzunehmende Auslegung der vertraglichen Vereinbarung ergibt, dass die Parteien ohne Rücksicht auf die tarifrechtlichen Probleme die Anwendung des CGZP-Tarifvertrages vereinbaren wollten. Dies folgt insbesondere aus der besonderen tarifrechtlichen Problematik der Tarifverträge im Bereich der Zeitarbeit. Arbeitgeber der Zeitarbeit haben regelmäßig auch mit Zustimmung der die Verleiherlaubnis erteilenden Behörden Arbeitsverträge auf der Basis der mit der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge vereinbart. Diese Tarifverträge haben erkennbar ein niedrigeres Lohnniveau gehabt als die Tarifvertrage, die in den Entleiherbetrieben galten. Nach § 9 Nr. 2 AÜG sind Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgeltes vorsehen, unwirksam. Dies gilt nicht, soweit ein Tarifvertrag abweichende Regelungen zulässt. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Die Beklagte hatte also im konkreten Falle ein deutliches und gesteigertes Interesse daran, Tarifverträge durch Vereinbarung zur Geltung zu bringen, die es rechtfertigen könnten, gegenüber ihren Arbeitnehmern Entgelte zu vereinbaren, die niedriger sind als die im Betrieb des Entleihers geltenden tariflichen Entgelte.

52

Für die Arbeitgeberin ist es auch von erheblicher Bedeutung, dass sie nicht nach Jahr und Tag mit Lohn- und Gehaltsforderungen überzogen wird, jedenfalls soweit es sich um Ansprüche aus § 9, 10 AÜG ergibt. Damit besteht für die Arbeitgeberin ein erkennbares Interesse, wirksame Ausschlussfristen zu vereinbaren. Auf jeden Fall sollen soweit als möglich zulässige Ausschlussfristen im Arbeitsverhältnis Geltung erlangen. Dies rechtfertigt es, den Arbeitsvertrag der Parteien dahin auszulegen, dass eine Verweisung auf einen Tarifvertrag auch dann erfolgen sollte, wenn dieser Tarifvertrag mangels Tariffähigkeit der abschließenden Arbeitnehmerorganisation u. U. unwirksam wäre. Der Arbeitnehmerseite musste der Wille der Beklagten, auf jeden Fall die Wirksamkeit von einzelvertraglichen Ausschlussfristen auch über den Umweg der Einbeziehung von tariflichen Vorschriften, die möglicherweise unwirksam sind, erkennbar sein. Somit steht fest, dass die Parteien ohne Rücksicht auf die tarifrechtlichen Probleme die Anwendung des CGZP-Tarifvertrages vereinbaren wollten.

53

Damit ist mit der einzelvertraglichen Vereinbarung einer Ausschlussfrist, die sich an den Ausschlussfristen des CGZP-Manteltarifvertrages orientiert, wirksam eine dreimonatige Frist zur Geltendmachung der Ansprüche vereinbart.

54

Der Lauf der Ausschlussfristen ist nicht erst mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - angelaufen. Ausreichend ist, dass die klagende Partei unter Beachtung der Wertungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB den Hergang des Geschehens in seinen Grundzügen gekannt hat und gewusst hat, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruches gegeben hat. Jedenfalls mit der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009 lagen ausreichend Anhaltspunkte vor, dass u. U. eine Inbezugnahme des CGZP-Manteltarifvertrages, jedenfalls soweit er die Entgelthöhe betraf, erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruches gab.

55

Die klagende Partei war stets in der Lage den Schuldner, nämlich die Beklagte, zu identifizieren und in objektiver Hinsicht fälligen Ansprüche nach den beim Entleiher geltenden Manteltarifvertrag zu beziffern.

56

Hatte sich die klagende Partei der in Bezug genommenen Manteltarifverträge und Entgelttarifverträge mit der CGZP geirrt, stellt dies keinen Irrtum über die anspruchsbegründenden Tatsachen dar. Hier liegt, sofern überhaupt, ein Rechtsirrtum vor, der lediglich dann beachtlich werden kann, wenn er unverschuldet ist. Dies ist aber nicht der Fall. Die Beteiligung der CGZP an den Tarifvertragschlüssen ist der klagenden Partei aus dem Arbeitsvertrag bekannt. Die Diskussion in den Medien und der juristischen Literatur über deren Tariffähigkeit hat bereits früh eingesetzt. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 01.04.2009 - 35 BV 17008/08 -, allerspätestens aber die diesen Beschluss bestätigende Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009 - 23 TaBV 1016/09 - hat hinreichenden Anlass geboten, von einer möglichen Unwirksamkeit der mit der CGZP geschlossenen Tarifverträge auszugehen mit der Folge, dass evtl. Ansprüche aus dem Grundsatz Equal-Pay begründet sein könnten.

57

Die Verfallfristen liefen daher wie vertraglich vereinbart bereits ab Fälligkeit der jeweiligen Zahlungsansprüche und konnten durch das erstmalige Geltendmachungsschreiben damit nicht gewahrt werden. Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass, wenn die Gerichte den Arbeitgebern keinen Vertrauensschutz in die Wirksamkeit der Tarifverträge der CGZP gewähren, es einen Wertungswiderspruch darstellt, einem Arbeitgeber diesen einerseits zu versagen, obwohl rechtskräftig die fehlende Tariffähigkeit der CGZP erst durch den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 geklärt worden ist, andererseits aber davon auszugehen, Ansprüche von Arbeitnehmern seien erst mit diesem Zeitpunkt entstanden und fällig geworden.

58

Die klagende Partei wäre ohne Weiteres jederzeit in die Lage versetzt gewesen, ihr evtl. zustehende Ansprüche zu errechnen und zu beziffern, ihre Unkenntnis von etwaigen weitergehenden Ansprüchen, die jedenfalls nicht treuwidrig von der Beklagten verursacht wurde, stellt keinen Grund dar, den Beginn der Ausschlussfrist auf einen späteren Zeitpunkt, etwa erst mit Bekanntwerden des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts zur Tarifunfähigkeit der CGZP zu verschieben.

59

Damit sind die Ansprüche der klagenden Partei bereits deswegen unbegründet, weil die wirksam vereinbare Ausschlussfrist der Geltendmachung entgegen steht. Sie sind bereits auf der ersten Stufe verfallen. Unerheblich ist dabei, ob auf weitere Stufen, insbesondere die zweite Stufe einer gerichtlichen Geltendmachung, wirksam vereinbart wird. Die erste Stufe der Ausschlussfrist ist wirksam vereinbart, begegnet nach Kontrolle nach dem AGB-Recht keinen Bedenken und kann ohne Weiteres als isolierte Vereinbarung auch dann Bestand haben, wenn weitere Vereinbarungen zur Ausschlussfrist rechtswirksam einzelvertraglich oder durch Inbezugnahme eines Tarifvertrages nicht hätten vereinbart werden können.

IV.

60

Die Ansprüche sind auch deswegen zum größten Teil verfallen, weil eine tarifliche Ausschlussfrist wirksam in den Arbeitsvertrag mit Zusatzvereinbarung vom 26.04.2010 einbezogen wurde. Diese Zusatzvereinbarung enthält allgemeine Geschäftsbedingungen. Die dort getroffene Regelung ist für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert. Eine Unwirksamkeit der Klausel nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen liegt nicht vor. Insbesondere verstößt die Klausel nicht gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 BGB.

61

Die Zusatzvereinbarung vom 26.04.2010 enthält eine dynamische Verweisung auf die dort genannten tarifvertraglichen Regelungen. Derartige dynamische Verweisungen sind im Arbeitsleben üblich. Eine dynamische Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerkes führt für sich genommen noch nicht zur Intransparenz. Die Verweisungsklauseln unterliegen auch nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle, da sie nicht von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzenden Regelungen enthalten (vgl. BAG Urteil vom 16.02.2010 - 3 ARZ 181/08).

62

Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot folgt insbesondere nicht daraus, dass es sich um eine Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag handelt. Der in Bezug genommene Manteltarifvertrag ist ein mehrgliedriger, wie sich eindeutig aus der Präambel ergibt. Zum Teil wird eine derartige Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag, somit rechtlich auf mehrere Einzeltarifverträge deshalb für intransparent gehalten, weil die für den einzelnen Arbeitnehmer geltenden Arbeitsbedingungen nicht für jeden Zeitpunkt des Arbeitsverhältnisses unmittelbar dem Arbeitsvertrag und dem mehrgliedrigen Tarifvertrag entnommen werden können, sondern ergänzend tarifrechtliche Überlegungen zur Auswahl des relevanten Einzeltarifvertrages anzustellen sind, was dann der Fall sein kann, wenn sich die dem ursprünglich einheitlichen Wortlaut des mehrgliedrigen Tarifvertrages zugrunde liegenden Einzeltarifverträge durch nachfolgende Tarifvertragsabschlüsse inhaltlich unterschiedlich entwickeln.

63

Dieser in der Rechtsprechung unter Literatur teilweise vertretenden Auffassung kann sich die Berufungskammer nicht anschließen.

64

Für die Beurteilung der Intransparenz einer Bezugnahmeklausel kommt es darauf an, ob die in Bezug genommenen Regelungen im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Anwendung hinreichend bestimmbar sind (vgl. BAG Urteil vom 18.11.2009 - 4 AZR 493/08). Eine inhaltlich unterschiedliche Fortentwicklung der im bezeichneten Manteltarifvertrag zusammengefassten Tarifverträge lässt sich gegenwärtig nicht feststellen. Es liegt nach wie vor ein einheitlicher Wortlaut vor. Evtl. zukünftige Änderungen der im Manteltarifvertrag zusammengefassten Einzeltarifverträge führen angesichts der gegenwärtig bestehenden identischen Bestimmungen nicht zu einer bereits jetzt vorwegzunehmenden Unklarheit.

65

Das Transparenzgebot dient zur Verhinderung, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster allgemeiner Vertragsbedingungen von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Diese Gefahr besteht im vorliegenden Falle nicht. Solange es nur einen identischen Tarifvertragstext und eine einzige Ausschlussklausel gibt, kann sich eine Unklarheit allenfalls darauf beziehen, aus welchem der Tarifverträge das jeweils gleiche Ergebnis folgt. Aus der vertraglichen Verweisung lässt sich auch hinreichend deutlich entnehmen, welcher Tarifvertrag auf das Arbeitverhältnis jeweils Anwendung finden soll, nämlich derjenige, in dessen Geltungsbereich hinein der Arbeitnehmer verliehen wird. Hierfür spricht auch Ziffer 1.4 des Manteltarifvertrages CGB, der bestimmt, dass auf Arbeitnehmerseite der Tarifvertrag für Mitglieder der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft in ihren jeweiligen fachlichen Organisationsbereichen gilt.

66

Die Anwendbarkeit der tarifvertraglichen Ausschlussfrist scheidet auch nicht unter dem Gesichtspunkt aus, dass unter Umständen der Manteltarifvertrag unwirksam ist. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, der MTV sei aus tarifrechtlichen Gründen rechtsunwirksam, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Bezugnahme auf diesen MTV in der Zusatzvereinbarung vom 26.04.2010. Ist der ausdrücklich in Bezug genommene Tarifvertrag mangels Tariffähigkeit einer Vertragspartei unwirksam, berührt dies nicht die Wirkungen der Verweisung (vgl. BAG Urteil vom 22.01.2002 - 9 AZR 601/00, LAG Düsseldorf vom 08.12.2011 - 11 Sa 852/11).

67

Nur wenn die Unwirksamkeit des Tarifvertrages aus einem Verstoß gegen höherrangiges Recht oder allgemeine Rechtsprinzipien folgt, läuft auch die Bezugnahme ins Leere. Dies ist nicht der Fall.

68

Es ist anerkannt, dass bei einem sogenannten mehrgliedrigen Tarifvertrag, also einem solchen, der mit einheitlichen Wortlaut die rechtlich aber im Übrigen selbständigen Tarifverträge der beteiligten einzelnen Gewerkschaften zusammenfasst, die Rechtswirksamkeit der einzelnen Tarifverträge getrennt voneinander zu beurteilen ist und eine etwaige fehlende Tariffähigkeit bzw. Tarifzuständigkeit eines Verbandes nicht die Unwirksamkeit der von anderen Verbänden abgeschlossenen Tarifverträge nach sich zieht (vgl. BAG Urteil vom 15.11.2006 - 10 AZR 665/05). Der vorliegende Manteltarifvertrag ist ein derartiger mehrgliedriger Tarifvertrag. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Präambel, aber auch aus der Tarifgeschichte. Die einzelnen Gewerkschaften wurden gerade deshalb aktiv, um dem Tarifvertrag trotz der seinerzeit drohenden nunmehr feststehenden Tarifunfähigkeit der CGZP Geltung zu verschaffen. Soweit es um die Tariffähigkeit geht, steht diese hinsichtlich der am MTV beteiligten CGM nach Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 28.03.2006 - 1 ABR 58/04 - fest.

69

Eine Unwirksamkeit des Manteltarifvertrages folgt auch nicht dadurch, dass die satzungsmäßige Zuständigkeit der am MTV beteiligten Einzelgewerkschaften in ihrer Gesamtheit nicht den Geltungsbereich des Tarifvertrages abgibt. Zutreffend ist im Ausgangspunkt zwar, dass ein Tarifvertrag, den eine tariffähige Vereinigung außerhalb ihrer in der Satzung festgelegten Tarifzuständigkeit abschließt, nichtig ist. Vorliegend ergibt sich jedoch, dass die am Abschluss des MTV beteiligten Gewerkschaften ihre satzungsmäßige Tarifzuständigkeit nicht überschritten haben. Sie haben den jeweiligen Tarifvertrag, der zusammen mit den anderen Tarifverträgen den mehrgliedrigen Tarifvertrag ergibt, nur innerhalb ihrer Zuständigkeit vereinbart. So heißt es in Ziffer 1.2 MTV, dass dieser Tarifvertrag fachlich für alle Unternehmen, Betriebe, Betriebsabteilungen sowie Hilfs- und/oder Nebenbetriebe gilt, die Dienstleistungen in der Arbeitnehmerüberlassung erbringen. Aus Ziffer 1.4 ergibt sich jedoch, dass der Tarifvertrag nur für Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaften "in ihren jeweiligen fachlichen Organisationsbereichen" gilt, womit erkennbar der tarifliche Geltungsbereich auf die jeweilige Organisationszuständigkeit beschränkt werden sollte (vgl. hierzu Lembke, NZA 2011, 1062, 1065).

70

Mit der wirksamen Bezugnahme auf den Manteltarifvertrag wurde auch die Anwendung der dort enthaltenen Regelungen betreffend Ausschlussfrist vereinbart. Gemäß Ziffer 14. des Arbeitsvertrages sollte die dort vorgesehene, einer Überprüfung nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht standhaltende vertragliche Ausschlussfrist nicht gelten, sofern die in Nr. 1 des Arbeitsvertrages genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten. Durch die Zusatzvereinbarung vom 26.04.2010 sind aber gerade die in Ziffer 1. des Arbeitsvertrages zunächst genannten Tarifverträge durch die in der Zusatzvereinbarung genannten ausgewechselt worden, sodass nicht die vertragliche, sondern die im Manteltarifvertrag vorgesehene Regelung der Ausschlussfristen maßgebend ist.

71

Es kann dahinstehen, ob die Ausschlussfrist wie eine individualvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist einer Inhaltskontrolle unterliegt oder der Kontrolle gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB entzogen ist. Jedenfalls die vorgesehene erste Stufe der Ausschlussfrist begegnet keinen Bedenken. Eine Ausschlussklausel, wonach Ansprüche innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit geltend gemacht werden müssen, benachteiligt den Arbeitnehmer nicht unangemessen (vgl. BAG Urteil vom 12.03.2008 - 10 AZR 152/07).

72

Die insoweit wirksame erste Stufe wird deshalb auch nicht unwirksam, weil eine etwaige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung in der zweiten Stufe zu kurz bemessen wäre. Zweistufige Ausschlussfristen können geteilt werden, sodass die Unwirksamkeit der Geltendmachungsfrist der zweiten Stufe nicht die Wirksamkeit der ersten Stufe berühren würde (vgl. BAG Urteil vom 12.03.2008 - 10 AZR 152/07).

73

Die in Bezug genommene Ausschlussfrist umfasst auch Ansprüche, die vor Inkrafttreten des Tarifvertrages am 01.01.2010 entstanden sind. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut, wonach sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis der rechtzeitigen Geltendmachung unterliegen. Im Umkehrschluss aus der ausdrücklichen Herausnahme der Ansprüche aus unerlaubter Handlung in Ziffer 19.3 MTV folgt ferner, dass eine weitere Differenzierung nicht gewollt ist, da es sonst nahe gelegen hätte, diese ebenfalls ausdrücklich in den Manteltarifvertrag aufzunehmen. Für diese Auslegung spricht auch der übliche Zweck von Ausschlussklauseln, für beide Seiten alsbald Rechtssicherheit und Rechtsklarheit darüber zu schaffen, ob noch die Geltendmachung von Ansprüchen zu erwarten ist.

74

Der Kläger war auch nicht im Sinne der Ziffer 19.3 MTV "trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, diese Frist einzuhalten".

75

Der Kläger war stets in der Lage, seinen Schuldner zu kennen und seine in objektiver Hinsicht fälligen Ansprüche nach dem von ihm in Anspruch genommenen Tarifvertrag R. zu beziffern. Sollte er sich über die Wirksamkeit des in der Zusatzvereinbarung in Bezug genommenen MTV geirrt haben, stellt dies keinen Irrtum über anspruchsbegründende Tatsachen dar, sondern einen unbeachtlichen Rechtsirrtum. Jedenfalls wäre ein solcher Rechtsirrtum nicht unverschuldet. Die Beteiligung der CGZP an den Tarifvertragsschlüssen war ihm bereits aus dem Arbeitsvertrag bekannt. Die Tariffähigkeit der CGZP wurde sowohl in den Medien als auch in der juristischen Fachliteratur breit diskutiert. Spätestens ab der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP vom 07.12.2009, hätte der Kläger hinreichend Anlass haben müssen, von einer möglichen Unwirksamkeit der mit der CGZP geschlossenen Tarifverträge, aus denen sein Entgelt berechnet wurde, auszugehen, sodass die Ausschlussfrist spätestens jedenfalls mit dieser Entscheidung begonnen hätte.

76

Die Ausschlussfrist stellt auf die Fälligkeit des Anspruchs ab.

77

Der Auffassung der Klägerseite, man habe vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 nicht wissen können, dass noch weitere Ansprüche nach dem "equal pay"-Grundsatz zustehen könnten und eine vorherige Geltendmachung sei unzumutbar gewesen, ist nicht begründet. Hinter der Vereinbarung von Ausschlussfristen liegt aber ein Grundgedanke, nämlich den Zweck Rechtssicherheit herzustellen. Dieses Ziel können Ausschlussfristen nicht erreichen, wenn sie erst zu laufen beginnen, wenn alle offenen Rechtsfragen geklärt sind. Der Beginn der Ausschlussfrist knüpft an die Fälligkeit der regelmäßigen monatlichen Vergütung an. Das Entstehen von Ansprüchen aus § 10 Abs. 4 AÜG hängt nicht von der Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP ab. Dieser hat nur feststellenden Charakter. Es ist auch bei Ansprüchen auf "equal pay" von der allgemeinen Regel auszugehen, dass Entstehung und Fälligkeit des Anspruchs zusammenfallen. Besondere Umstände, die eine Abweichung von dieser Regel gebieten würden, sind in Fällen, wie dem vorliegenden, nicht ersichtlich. Auch Grundsätze des Verjährungsrechts rechtfertigen keine andere Bewertung. Maßgeblich ist hier die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen, nicht die Kenntnis von Rechtsfragen. Die Tatsachen sind in Verfahren vorliegender Art, in denen Ansprüche auf "equal pay" gestützt werden, regelmäßig alle bekannt. Problem ist nur eine gegebenenfalls falsche Beurteilung der Rechtslage. Sowohl der Beginn der Verjährungsfrist als auch einer Verfallfrist kann nicht auf einen Zeitpunkt hinausgeschoben werden, in dem der Gläubiger mit ausreichender Sicherheit davon ausgehen kann, dass eine Klage auch ausreichende Aussicht auf Erfolg hat, weil bestimmte, dem geltend gemachten Anspruch zugrunde liegende Rechtsfragen nunmehr geklärt sind.

78

Im vorliegenden Fall war unklar, ob die CGZP tariffähig ist oder nicht. Allein der Umstand, dass dies nicht rechtskräftig geklärt ist, rechtfertigt nicht die Annahme, die Rechtslage hinsichtlich eines etwaigen Differenzvergütungsanspruchs sei unübersichtlich und nicht überschaubar. Offen ist diesbezüglich lediglich die Rechtsfrage, zu der eine Klärung mit § 97 Abs. 5 ArbGG ein besonderes Verfahren zur Verfügung gestellt wird. Dass es nicht zumutbar war, eine gerichtliche Klärung herbeizuführen, zeigt die Vielzahl der Fälle, in denen sich die Arbeitsgerichte damit auseinandersetzen mussten, ob eine auf Vergütung nach dem "equal pay"-Grundsatz gerichtete Klage wegen § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur rechtskräftigen Klärung der Tariffähigkeit der CGZP auszusetzen ist.

V.

79

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Vergütung, soweit er mit seiner schriftlichen bzw. gerichtlichen Geltendmachung etwaige einzuhaltende Ausschlussfristen gewahrt hat. Ein Differenzvergütungsanspruch scheidet spätestens mit der Zusatzvereinbarung vom 26.04.2010 aus. Die Parteien haben in dieser Vereinbarung (wie dargestellt wirksam) die Anwendung des jeweils gültigen MTV zwischen dem AMP und den Einzelgewerkschaften des CGB mit Wirkung vom 01.01.2010 sowie auch des Entgelttarifvertrages verabredet. Die Vereinbarung der Anwendung erfolgte auch innerhalb des Geltungsbereiches derselben. Eine wirksame Bezugnahme setzt voraus, dass der Verleiher dem räumlichen, betrieblichen und zeitlichen Geltungsbereich und der Arbeitnehmer dem persönlichen Geltungsbereich des in Bezug genommenen Tarifvertrages unterliegt. Der Manteltarifvertrag nennt als räumlichen Geltungsbereich das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, als betrieblichen Geltungsbereich insbesondere alle Unternehmen, die Dienstleistungen in der Arbeitnehmerüberlassung erbringen und als persönlichen Geltungsbereich aller Arbeitnehmer. Die Vereinbarung der Anwendung erfolgte daher innerhalb des Geltungsbereichs. Die daraus ergebende Vergütung hat die Beklagte aber unstreitig bezahlt.

80

Soweit der Kläger Vergütungsansprüche wegen Fahrten mit seinem privat zur Verfügung gestellten Pkw für dienstliche Zwecke verlangt, ist sowohl das erstinstanzliche Urteil, welches diesbezügliche Ansprüche abweist, als auch die im Berufungsverfahren vorgenommene Erhöhung der Klageforderung unbegründet. Zu Gunsten des Klägers wird dabei unterstellt, dass der Kläger mit seiner Darlegung, die mit einer einfachen Dreisatzrechnung aus dem geltend gemachten Betrag und dem angegebenen Kilometersatz den Umfang der Kilometerleistungen erkennbar werden lässt, dem Substantiierungsgebot Rechnung getragen hat. Wenn die Beklagte Kilometergeldabrechnungen vorgenommen hat und dem Kläger für dienstlich veranlasste Fahrten einen gegenüber R.-Mitarbeitern vermindertes Kilometergeld abgerechnet hat, ergibt sich aus dieser Abrechnung bereits, dass die zugrundeliegenden Ansprüche ernsthaft dem Grunde nach nicht mehr streitig sein können.

81

Gleichwohl kann der Kläger keine erhöhte Vergütung verlangen. Nach § 9 Nr. 2 AÜG sind Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere, als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgeltes vorsehen, unwirksam.

82

Der Grundsatz der gleichen Behandlung von Leiharbeitnehmern mit Stammarbeitnehmern gilt nur hinsichtlich der wesentlichen arbeitsvertraglichen Bedingungen. Dies betrifft im Wesentlichen Fragen des Entgelts. Nichts in eine Vergleichbarkeitsregelung einzubeziehen sind Vereinbarungen, die nichts mit der Erbringung der Arbeitsleistung zu tun haben.

83

Das vom Kläger für sich reklamierte Entgelt für Fahrten mit seinem Privat-Pkw ist nicht unmittelbar als Gegenleistung für die Tätigkeit des Klägers für die Beklagte im Rahmen des verliehenen Arbeitsverhältnisses gedacht. Sie stellt lediglich einen Auslagenersatz dar. Dies folgt insbesondere aus dem Umstand, dass der Kläger für den Zeitraum, als ihm ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt wurde, diesen Aufwendungsersatz nicht für sich geltend macht. Aufwendungsersatzansprüche haben mit der Arbeitsleistung und der Honorierung hierfür nichts zu tun. Sie sind daher in einen Günstigkeitsvergleich nicht einzustellen und stellen daher keine wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgeltes im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 AÜG dar.

84

Nach dem Grundsatz "equal pay" hat der Kläger daher keinen Anspruch auf Vergütung von Aufwendungsersatz, wie sie für etwaige vergleichbare Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb zu zahlen wäre.

VI.

85

Da die Klageforderung insgesamt aus sonstigen Gründen nicht begründet ist, kam es auf die zwischen den Parteien noch streitige Frage nicht an, ob der Kläger überhaupt hinreichend nachvollziehbar und substantiiert die Anspruchsvoraussetzungen für eine Vergütung aus den R.-Tarifverträgen vorgetragen hat, insbesondere, ob er mit der Vorlage einer Entleiherauskunft nach § 10 Abs. 4 AÜG seiner Vortrags- und Darlegungslast nachgekommen ist.

86

Auf die noch problematische Frage, ob der Kläger hinreichend auf die tariflichen Vorgaben des R.-Tarifwerkes auch bezüglich der abgesenkten Vergütung und der Erfahrungsstufen bei Berechnung seiner Klageforderung und auch auf die unterschiedliche Arbeitszeit Rücksicht genommen hat, kam es entscheidungserheblich nicht an. Entsprechende Feststellungen waren von der Berufungskammer nicht zu treffen.

VII.

87

Nach allem musste die Berufung der klagenden Partei gegen das angefochtene Urteil erfolglos bleiben. Sie war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

88

Die Kammer hat die Revision unter Anwendung von § 72 Abs. 2 ArbGG für die klagende Partei zugelassen.

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