Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10. Kammer) - 10 Ta 221/12
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.10.2012, Az.: 2 Ca 3424/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
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Mit Schriftsatz vom 13.09.2012, der am 18.09.2012 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, macht sie für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe Vergütungsansprüche für die Zeit vom 11.06. bis zum 07.09.2012 gegen den Antragsgegner geltend. Zur Begründung führt sie aus, sie sei seit dem 11.06.2012 beim Antragsgegner als Fahrerin zu einem Bruttomonatslohn von € 1.300,00 zzgl. € 12,00 Spesen beschäftigt gewesen. Ab dem 22.07.2012 sei sie arbeitsunfähig erkrankt. Am 04.08.2012 sei ihr per Post folgendes Schreiben - ohne Datum, ohne Anrede und ohne Absender - zugegangen, das die Unterschrift des Antragsgegners trägt:
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„ich kündige sie frist lust ab 29.07.12
Weil Sie zum arbeit nicht gekommen ist.
A.“
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Ihr Prozessbevollmächtigter habe den Antragsgegner mit Schreiben vom 16.08.2012 darauf aufmerksam gemacht, dass diese Kündigung nicht als wirksam angesehen werde. Daraufhin habe der Antragsgegner mit Schreiben vom 24.08.2012 zum 07.09.2012 gekündigt. Er sei deshalb zur Zahlung bis zum 07.09.2012 verpflichtet.
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Das Arbeitsgericht hat dem Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 26.10.2012 teilweise stattgegeben, soweit die Antragstellerin Vergütung bis zum 04.08.2012 geltend macht. Den weitergehenden Antrag hat das Arbeitsgericht abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Antragstellerin habe die undatierte fristlose Kündigung, die ihr am 04.08.2012 zugegangen sei, nicht innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 KSchG mit einer Klage angegriffen. Sie sei deshalb nach § 7 KSchG wirksam.
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Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 07.11.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Das Schriftstück des Antragsgegners erfülle nicht die formalen Anforderungen an ein Kündigungsschreiben und sei deshalb nicht als Kündigung zu werten. Sie habe lediglich vermutet, dass diese Kündigung sie betreffe und vom Antragsgegner stamme, weil sie nur eine einzige Arbeitsstelle gehabt habe.
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Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 07.11.2012 dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
II.
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Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nach § 78 Satz 1 ArbGG, §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
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Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach § 114 Satz 1 ZPO voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. An dieser Voraussetzung fehlt es, soweit die Antragstellerin die Zahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit vom 05.08.2012 bis zum 07.09.2012 begehrt.
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Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass das der Antragstellerin am 04.08.2012 zugegangene undatierte Schreiben als fristlose Kündigung zu verstehen ist. Der Kündigungswille des Antragsgegners kommt trotz sprachlicher Unzulänglichkeiten unmissverständlich zum Ausdruck. Dass die Kündigungserklärung vom Antragsgegner stammt, war der Antragstellerin aufgrund der deutlich lesbaren Unterschrift klar. Schließlich hat sich ihr Prozessbevollmächtigter mit Schreiben vom 16.08.2012 an den Antragsgegner gewandt, um ihm mitzuteilen, dass er die Kündigung aus formellen Gründen für unwirksam erachte. Entgegen der Ansicht der Beschwerde war die Person des Ausstellers aufgrund der Namensunterschrift des Antragsgegners erkennbar. Der Beendigungswille war eindeutig. Die Antragstellerin war auch Adressatin der schriftlichen Kündigungserklärung, die ihr am 04.08.2012 per Post zugegangen ist. Es ist unerheblich, dass das Kündigungsschreiben keine Adresse und keine persönliche Anrede enthält. Die Post war an die Antragstellerin gerichtet und befand sich in ihrem Briefkasten. Es konnte für sie kein Zweifel daran bestehen, dass der Antragsgegner das Arbeitsverhältnis mit ihr beenden wollte.
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Gegen die am 04.08.2012 zugegangene Kündigung hätte die Antragstellerin nach §§ 4 Satz 1 KSchG, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erheben müssen. Da sie keine Klage erhoben hat, gilt die Kündigung gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete mithin am 04.08.2012.
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Der Antragsgegner war über den 04.08.2012 hinaus nicht zur Zahlung von Arbeitsentgelt verpflichtet. Die Antragstellerin war nach ihrem Vorbringen seit 22.07.2012 lückenlos bis mindestens 16.08.2012 krankgeschrieben. Für die Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses ist ein Entgeltfortzahlungsanspruch auch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nicht gegeben. Etwas anderes gilt nur unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Hierzu fehlt jedweder Vortrag.
III.
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Nach alledem war die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es unter Berücksichtigung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar.
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Referenzen
- § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG 1x (nicht zugeordnet)
- 2 Ca 3424/12 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 78 Beschwerdeverfahren 2x
- § 7 KSchG 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 127 Entscheidungen 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x
- ZPO § 114 Voraussetzungen 1x
- §§ 4 Satz 1 KSchG, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG 2x (nicht zugeordnet)
- §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 KSchG 2x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO 1x (nicht zugeordnet)