Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10. Kammer) - 10 Sa 160/13
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 13. Februar 2013, Az.: 4 Ca 597/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.
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Der 1961 geborene, verheiratete Kläger ist seit 01.02.2001 bei der Beklagten als Bankangestellter zu einer Vergütung nach Tarifgruppe 8 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrages für Kreditgenossenschaften beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt beträgt ca. € 4.300,00. Die Beklagte beschäftigt knapp 100 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat.
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Der Kläger wurde zuletzt als "Leiter Standardgeschäft Basiskunden" beschäftigt. Seine Aufgaben im Einzelnen waren in der Stellenbeschreibung vom 01.08.2010 aufgeführt. Er unterstand direkt dem Vorstand und war Vorgesetzter von 38 Mitarbeitern, die sowohl in der Hauptstelle als auch in den Geschäftsstellen eingesetzt wurden. Er war auch personalverantwortlich für die vier in der Geschäftsstelle V. beschäftigten Mitarbeiter. Kundenberatungen führte er nicht durch.
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Die Beklagte nahm das bevorstehende Ausscheiden des Vorstandsmitglieds K. zum Anlass, ihre Organisation ab 01.12.2011 umzustrukturieren und die bisherigen Unterbereiche "Individualgeschäft Privatkunden" und "Standardgeschäft Privatkunden" in einen einheitlichen Bereich "Privatkundenbank" zusammenzufassen. Dadurch entfielen die bisherigen Leitungspositionen für die zwei Unterbereiche, mithin auch die bisherige Funktion des Klägers.
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Die Beklagte versuchte zunächst, den Kläger wegen dieser Organisationsänderung mit Wirkung ab 01.12.2011 auf die Stelle "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle V." mit unveränderter Eingruppierung in Tarifgruppe 8 zu versetzen. Im Vorprozess zwischen den Parteien hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 17.04.2012 (5 Ca 799/11) festgestellt, dass die Versetzung unwirksam war. Mit Urteil vom 11.10.2012 (10 Sa 250/12 - Juris) hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
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Mit Schreiben vom 27.09.2012, dem Kläger am 28.09.2012 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.03.2013 und bot dem Kläger an, das Arbeitsverhältnis in der Funktion „Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle V.“ unter Beibehaltung seiner Vergütung nach Tarifgruppe 8 fortzusetzen. Im Schreiben heißt es außerdem:
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„Der Servicestelle V. sind derzeit 4 weitere Mitarbeiter zugeordnet. Es ist beabsichtigt, eine Aufstockung um eine Beratungsstelle vorzunehmen. Ihre Aufgaben ergeben sich aus der Ihnen mit Schreiben vom 06.12.2011 zugestellten Stellenbeschreibung sowie den folgenden Ergänzungen:
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Beratung von maximal 100 Kunden aus dem eigenen Verantwortungsbereich, die Sie selber, orientiert an der Vertriebsrichtlinie der Bank, auswählen,
Durchführung von Aufgaben eines Vertriebscoaches im Bereich Privatkundenbank mit folgenden Inhalten:
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Begleitung der Bankberater Training on the Job,
technische Unterstützung in der Beratungssoftware (Anwendung),
Gestaltung Beratungsgespräch,
Umsetzung Qualitätsanforderung im Beratungsgespräch.“
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Der Kläger nahm das ihm unterbreitete Änderungsangebot mit Schreiben vom 28.09.2012 unter Vorbehalt an und erhob am selben Tag vor dem Arbeitsgericht Klage.
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Änderungs-kündigung der Beklagten vom 27.09.2012 zum 31.03.2013 keine Änderung erfahren hat.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.02.2013 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Änderungskündigung sei aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt. Die Beklagte habe ihren Betrieb umorganisiert. Entgegen der Ansicht des Klägers, sei die Umorganisation nicht nur vorgeschoben worden. Die bisherige Stelle des Klägers als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ sei weggefallen. Die angebotene neue Stelle in V. sei dem Kläger zumutbar. Die Vergütung bleibe gleich, der Arbeitsweg sei kürzer. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine bestimmte Anzahl nachgeordneter Mitarbeiter, solange die für die Eingruppierung in Tarifgruppe 8 erforderliche Anzahl nicht unterschritten werde. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 5 bis 7 des erstinstanzlichen Urteils vom 13.02.2013 Bezug genommen.
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Das genannte Urteil ist dem Kläger am 22.03.2013 zugestellt worden. Er hat mit am 08.04.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 24.06.2013 verlängerten Begründungsfrist am 21.06.2013 begründet.
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Er ist der Ansicht, die Änderung seiner Arbeitsbedingungen sei sozial ungerechtfertigt. Das Arbeitsgericht habe sich mit seinen wesentlichen Argumenten nicht befasst. Das von der Beklagten behauptete neue Organisationskonzept habe mit dem Ausscheiden des Vorstandsmitglieds K. zum 31.03.2012 nichts zu tun, denn Herr K. sei zu keiner Zeit für den Vertrieb im Privatkundenbereich zuständig gewesen. Dessen Ausscheiden sei für die Beklagte, nachdem sie zuvor mit diversen Versuchen gescheitert sei, ihn auf eine andere Position zu versetzen, willkommener Anlass gewesen, um einen betriebsbedingten Kündigungsgrund für die Übertragung einer anderen Stelle zu haben. Das Arbeitsgericht sei zu der unzutreffenden Ansicht gelangt, dass aufgrund des geänderten Vertriebskonzeptes und dessen Umsetzung seine Stelle, respektive sein Beschäftigungsbedarf, weggefallen sei. Er sei hierarchisch unterhalb der Vorstandsebene platziert, im Rahmen seiner Tätigkeit als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ sei er ua. personalverantwortlich für 38 Mitarbeiter gewesen. Diese Tätigkeit, die als Vollzeitstelle seine gesamte Arbeitszeit in Anspruch genommen habe, soll nunmehr von Herrn Kn. ausgeführt werden. Zusätzlich soll Herr Kn. als Bereichsleiter „Privatkundenbank“ die individuelle Betreuung und Beratung sog. A-Kunden ausüben. Zwischenzeitlich habe sich gezeigt, dass die Beklagte Herrn Kn. nicht vollumfänglich seine bisherigen Tätigkeiten übertragen habe, weil er diese aufgrund seiner weiteren Aufgaben arbeitszeitmäßig überhaupt nicht bewältigen könne. Deshalb würden eine Vielzahl der Tätigkeiten, die im Rahmen der Personalverantwortlichkeit ggü. 38 Mitarbeitern anfielen, von anderen Mitarbeitern der Beklagten ausgeführt. Es habe sich gezeigt, dass es faktisch nicht mach- bzw. umsetzbar sei, den gesamten Bereich seiner bisherigen Tätigkeiten als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ auf Herrn Kn. zu übertragen. Dies führe zu dem Schluss, dass das Konzept von der Beklagten nur vorgeschoben worden sei, um ihn aus seinem bisherigen Tätigkeits- und Verantwortungsbereich herauszulösen. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Klägers vom 21.06.2013 Bezug genommen.
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Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,
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unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 13.02.2013, Az. 4 Ca 597/12, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 27.09.2012 zum 31.03.2013 keine Änderung erfahren hat.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 26.08.2013, auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Sie habe den Wegfall der bisherigen Stelle des Klägers erstinstanzlich ausführlich dargelegt und begründet. Sie habe die entsprechenden Organigramme und das neue Organisationskonzept vorgelegt. Die Stelle des Klägers sei entfallen. Es sei nicht richtig, dass Herr Kn. die komplette Tätigkeit des Klägers übernommen und zusätzlich noch die Betreuung und Beratung von Kunden ausführe. Durch die Aufhebung der Trennung von Standard- und Individualgeschäft im Privatkundenbereich sei Herr Kn. nun einheitlicher Leiter der sog. Privatkundenbank. Die hier anfallenden Tätigkeiten erledige er vollständig und innerhalb der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Die Behauptung des Klägers, eine Vielzahl der anfallenden Aufgaben und Tätigkeiten würden von anderen Mitarbeitern ausgeführt, weil Herr Kn. nicht in der Lage sei, den gesamten Bereich auszufüllen, sei unsubstantiiert. Das Gegenteil sei richtig. Da die bisherige Stelle des Klägers weggefallen sei, sei unerheblich, dass der Kläger die ihm zugewiesene Stelle für nicht zumutbar hält. Ihre unternehmerische Entscheidung zu einer Organisationsänderung sei nicht zu beanstanden.
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Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akten 10 Sa 329/11, 10 Sa 250/12 und 5 BV 25/11 und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.
II.
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In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die ordentliche Änderungskündigung der Beklagten vom 27.09.2012 aus dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 2 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist. Zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs lagen dringende betriebliche Erfordernisse vor, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als "Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ entgegenstanden. Dabei hat sich die Beklagte darauf beschränkt, dem Kläger nur solche Vertragsänderungen vorzuschlagen, die er billigerweise hinnehmen musste.
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1. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG es bedingen und ob der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, solche Vertragsänderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 S. 1 iVm. § 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und diesem bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde. Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung, dh. die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat. (BAG 23.02.2012 - 2 AZR 45/11 - Rn. 11 mwN, Juris).
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Dringende betriebliche Erfordernisse zur Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 1 Abs. 2 S. 1, § 2 KSchG sind gegeben, wenn das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist. Eine Änderung des Beschäftigungsbedarfs kann sich insbesondere aus innerbetrieblichen Umständen als Folge einer Organisationsentscheidung ergeben. Eine Organisationsentscheidung kann ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG begründen, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Solche Organisationsentscheidungen unterliegen im Kündigungsschutzprozess nur einer eingeschränkten Missbrauchskontrolle darauf hin, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich und ob sie ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Änderungsbedarf sind (BAG 12.08.2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 31 mwN, NZA 2011, 460).
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2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Änderungskündigung vom 27.09.2012 gegeben.
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Die Beklagte hat aus Anlass des altersbedingten Ausscheidens ihres Vorstandsmitglieds K. die unternehmerische Entscheidung getroffen, ihre Organisation umzustrukturieren und die bisherigen Unterbereiche "Individualgeschäft Privatkunden" und "Standardgeschäft Privatkunden" in einen einheitlichen Bereich "Privatkundenbank" zusammenzufassen. Nach der neuen Organisationsstruktur steht dem Bereich „Privatkundenbank“ eine sog. „Firmenkundenbank“ gegenüber. Durch die Organisation einer „Privatkundenbank“ entfielen die bisherigen Leitungspositionen für die zwei Unterbereiche, mithin auch die bisherige Funktion des Klägers. Diese Organisationsänderung ist grundsätzlich geeignet, eine betriebsbedingte Änderungskündigung zu rechtfertigen.
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Die der Änderungskündigung zugrunde liegenden Organisationsentscheidungen waren nicht offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. Hierfür fehlt jeder substantiierte Vortrag des Klägers. Der Beklagten kann insb. nicht entgegen gehalten werden, sie hätte ihren Betrieb so organisieren können, dass dauerhaft eine unveränderte Weiterbeschäftigung des Klägers möglich gewesen wäre (BAG 16.12.2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 34 mwN, AP § 2 KSchG 1969 Nr. 150). Diese Argumentation würde auf eine unzulässige Zweckmäßigkeitsüberprüfung der von der Beklagten getroffenen Organisationsentscheidung hinauslaufen.
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Das gesetzliche Kündigungsschutzrecht kann den Arbeitgeber nicht dazu verpflichten, betriebliche Organisationsstrukturen und -abläufe beizubehalten und geplante Organisationsänderungen nicht durchzuführen (BAG 24.05.2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 18 mwN, EzA § 2 KSchG Nr. 87). Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, dem Arbeitgeber eine bessere betriebliche oder unternehmerische Organisationsstruktur vorzuschreiben (BAG 29.03.2007 - 2 AZR 31/06 - NZA 2007, 855, mwN).
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Die Annahme des Klägers, die Kündigungsgründe seien nur „vorgeschoben“, um ihn nach mehreren vergeblichen Versuchen aus seiner bisherigen Position zu entfernen, ist unberechtigt. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben im Vorprozess (5 Ca 799/11, 10 Sa 250/12) festgestellt, dass die beabsichtigte Versetzung des Klägers im Zuge der - auch im vorliegenden Rechtsstreit vorgetragenen – Umstrukturierung unwirksam war. Dass die Beklagte die streitgegenständliche Änderungskündigung erklärt, um ihre Organisationsänderung nunmehr auf diesem Wege durchzusetzen, nachdem die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger entfallen ist, macht die Kündigung nicht unwirksam. Soweit der Kläger auf den weiteren Vorprozess (4 Ca 125/11, 10 Sa 329/11) anspielt, spricht nichts dafür, dass die Beklagte die Organisationsstruktur ihrer Bank im Sinne einer Gliederung in die Geschäftsfelder „Firmenkunden“ und „Privatkunden“ ausschließlich zu dem Zweck geändert hat, ihn aus seiner bisherigen Funktion zu entfernen. Auch das allgemein gehaltene Argument des Klägers, die Kündigung sei unwirksam, weil Herr Kn. seine vielfältigen Aufgaben als Bereichsleiter „Privatkundenbank“ arbeitszeitmäßig nicht bewältigen könne, verfängt nicht. Konkrete Anhaltspunkte dafür sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Da für eine beschlossene und durchgeführte Organisationsentscheidung grundsätzlich die Vermutung spricht, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist, muss der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess Umstände darlegen, aus denen sich ergeben soll, dass die erfolgte Strukturänderung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 25.10.2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 26 mwN, Juris). Für eine willkürliche oder offensichtlich unzulässige Organisationsentscheidung hat der Kläger keine Anhaltspunkte dargelegt.
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3. Das Arbeitsgericht hat fehlerfrei angenommen, dass die dem Kläger angebotenen neuen Arbeitsbedingungen als „Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle V.“ verhältnismäßig und zumutbar sind.
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Die Beklagte hat sich mit dem Ausspruch der Änderungskündigung darauf beschränkt, dem Kläger nur solche Änderungen seines Arbeitsverhältnisses vorzuschlagen, die er billigerweise hinnehmen muss. Neben dem konkret unterbreiteten Änderungsangebot gab es keine anderen, der beruflichen Qualifikation des Klägers entsprechenden zumutbaren Arbeitsbedingungen, welche die Beklagte dem Kläger stattdessen hätte anbieten müssen.
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Die neue Position des Klägers als Kundenberater mit Leitungsfunktion entspricht den Tätigkeitsmerkmalen der Tarifgruppe 8 des Manteltarifvertrages für Kreditgenossenschaften, der auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist. Die Eingruppierung in die Tarifgruppe 8 erfordert Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und/oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sind. Als Tätigkeitsbeispiel ist ausdrücklich genannt: „Leiter einer Außenstelle mit Tätigkeit eines Kundenberaters und regelmäßig mehr als zwei weiteren Arbeitnehmern (ausschließlich Auszubildende), die wenigstens die Hälfte der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit tätig sind“. Die neue Position des Klägers wird von diesem Tätigkeitsbeispiel voll erfasst, weil ihm als Kundenberater mit Leitungsfunktion der Servicestelle V. vier Mitarbeiter zugeordnet sind.
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Zwar handelt es sich - trotz identischer Eingruppierung - bei der neuen Stelle nicht um eine der bisherigen gleichwertige. Wie im Vorprozess über die Wirksamkeit der Versetzung des Klägers (LAG Rheinland-Pfalz 11.10.2012 - 10 Sa 250/12 - Juris) ausgeführt, wird der Kläger gegenüber seiner bisherigen Stellung als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ in der Betriebshierarchie und damit auch in seinem beruflich bedingten sozialen Ansehen erheblich herabgestuft. Die bisherige Position des Klägers ist jedoch durch die Umstrukturierung entfallen. Sind jedoch - wie im Streitfall - bezogen auf die bisherige Tätigkeit, nur schlechtere Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden und bietet der Arbeitgeber diese an, ist die Kündigung nicht wegen Unzumutbarkeit der Änderungsbedingungen unwirksam (ErfK/Oetker 13. Aufl. KSchG § 2 Rn. 54). Es mag aus der Sicht des Klägers eine Unzumutbarkeit vorliegen. Hierauf kommt es indessen nicht an, da die Unzumutbarkeit an den Möglichkeiten der Beklagten zu messen ist. Der Kläger hat sich nicht darauf berufen, dass es eine geeignete andere, für ihn günstigere und weiterhin mit TG 8 dotierte freie Stelle gegeben hätte, auf welcher er hätte weiterbeschäftigt werden können. Die Beklagte ist indes nicht verpflichtet, dem Kläger eine Stelle zu schaffen, die er als weniger einschneidend ansieht.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.
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Referenzen
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