Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (5. Kammer) - 5 Sa 408/14

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 8. Mai 2014, Az. 2 Ca 4142/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die monatliche Betriebsrente des Klägers nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zum 01.10.2012 an den Kaufkraftverlust anzupassen.

2

Der 1934 geborene Kläger war Arbeitnehmer der Beklagten, die sich mit der Herstellung und Vermarktung von Holzwerkstoffen beschäftigt. Der Kläger bezieht seit 01.10.1991 eine monatliche Betriebsrente, die ursprünglich 690,82 DM (= 353,21 EUR) betrug und letztmalig zum 01.11.2009 auf 392,27 EUR angehoben wurde.

3

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 12.06.2013 eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum 01.10.2012 unter Hinweis auf ihre wirtschaftliche Lage ab. Nach vergeblichem Widerspruch mit Schreiben vom 26.06.2013 erhob der Kläger am 11.11.2013 die vorliegende Klage. Er macht aufgrund des Anstiegs des Verbraucherpreisindexes für Deutschland eine monatliche Rente iHv. 523,30 EUR geltend. Gegenüber der zuletzt bezogenen Rente beträgt der Differenzbetrag 131,03 EUR brutto.

4

In den von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. geprüften und testierten handelsrechtlichen Jahresabschlüssen, die im Bundesanzeiger veröffentlicht sind, ist ua. folgendes Zahlenwerk enthalten:

5
        

Ergebnis der gewöhnlichen
Geschäftstätigkeit

Jahresüberschuss/
Jahresfehlbetrag

Verlustvortrag
aus Vorjahr

Bilanzverlust

Eigenkapital

Eigenkapitalrendite

2009   

-47.758 T€

+1.847 T€

-100.242 T€

-98.365 T€

+8.705 T€

+21 % 

2010   

-7.278 T€

-384 T€

-98.395 T€

-98.743 T€

+18.818 T€

-2 %   

2011   

-726 T€

-14.188 T€

-98.743 T€

-112.931 T€

+4.630 T€

-306 %

2012   

+10.284 T€

+6.585 T€

-112.931 T€

-106.346 T€

+11.250 T€

        

6

Für eine leicht verbesserte Eigenkapitalrentabilität im Geschäftsjahr 2012 heißt es im Prüfbericht der P. vom 11.07.2013 (Bl. 76 d.A.):

7

"Pflichtgemäß weisen wir darauf hin, dass der Bestand der Gesellschaft durch Risiken bedroht ist, die im Abschnitt "Finanzielle Risiken" des Lageberichts dargestellt sind. Dort ist ausgeführt, dass die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft mittel- und langfristig auch weiterhin im wesentlichen Umfang die Zuführung von finanziellen Mitteln durch die Gesellschafterin erfordert. Die Zahlungsfähigkeit der Gesellschafterin selbst ist dabei von der unveränderten finanziellen Unterstützung der Gesellschafter oder sonstiger verbundener Unternehmen abhängig."

8

Nach dem zwischenzeitlich vorliegenden, jedoch noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlichten, Jahresabschluss zum 31.12.2013 lag das Betriebsergebnis nach Steuern bei minus 5.858 TEUR. Das Eigenkapital der Beklagten ist von 11.215 TEUR im Jahr 2012 auf 5.357 TEUR im Jahr 2013 geschrumpft. Der Bilanzverlust von 106.346 TEUR im Jahr 2012 ist auf 112.204 TEUR im Jahr 2013 gestiegen.

9

Im Jahr 2010 gewährte die Beklagte einem Handelspartner, der Fa. G. GmbH, ein Darlehen mit 6.700 TEUR Valuta (Bilanzstichtag 31.12.2010). Spätestens seit 2012 handelt es sich bei der Fa. G. GmbH um eine Tochtergesellschaft der Beklagten. Ausweislich des Lageberichts für das Geschäftsjahr 2012 (S. 3) hat die Beklagte ggü. ihrer Tochtergesellschaft einen Forderungsverzicht von 7.000 TEUR ausgesprochen, um deren Eigenkapital zu stärken.

10

Im Jahr 2011 legte das Bundeskartellamt der Beklagten wegen wettbewerbswidrigem Verhalten ein Bußgeld iHv. 24.800 TEUR auf, das in sechs jährlichen Raten zu zahlen ist. Die von 2011 bis 2013 fälligen Raten wurden gezahlt. In Textziffer 3.7 des Lageberichts zum 31.12.2011 heißt es (Bl. 66 d.A.):

11

"3.7. außerordentliche Aufwendungen

12

In 2011 verhängte das deutsche Bundeskartellamt Bußgelder gegen mehrere Unternehmen der Holzwerkstoffbranche. Der anteilig auf C. entfallende Betrag von 25,7 Mio. € (einschließlich weiterer übernommener Kosten) wurde dem außerordentlichen Ergebnis zugeordnet."

13

Im Lagebericht für das Geschäftsjahr 2013 heißt es ua. (Bl. 188 d.A.):

14

"Rechtliche Risiken

15

… Im Januar 2013 wurde der C. die Klage eines Kunden zugestellt, der Schadensersatz aufgrund von kartellrechtswidrigem Verhalten der C. in Höhe von rund 10 Mio. € geltend macht. Diese Klage wurde zwischenzeitlich auf eine Forderung in Höhe von rund 27,7 Mio. € erhöht. Unter Berücksichtigung der in diesem Prozessstadium zur Verfügung stehenden Informationen wird nicht davon ausgegangen, dass die Bildung von Rückstellungen erforderlich ist.

16

Finanzielle Risiken

17

… Wir weisen darauf hin, dass die Gesellschaft aus eigenen Mitteln nicht in der Lage ist, ihren Finanzbedarf zu decken. Sollte die Finanzierung durch den Konzernverbund nicht mehr erfolgen, ist der Fortbestand der Gesellschaft gefährdet."

18

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, unter Herausrechnung der nicht den Betriebsrentnern anzurechnenden Buße des Bundeskartellamtes von 25.700 TEUR und des "geschenkten" Darlehens von weiteren 7.000 TEUR habe die Beklagte in den Jahren 2010 bis 2012 einen Gewinn von rund 24.000 TEUR erzielt, der für Rentenanpassungen zur Verfügung stehe.

19

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestands und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.05.2014 (dort Seite 2 bis 7) Bezug genommen.

20

Der Kläger hat erstinstanzlich (berichtigt) beantragt,

21

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 01.10.2012 über gezahlte monatlich 392,27 EUR brutto weitere 131,03 (100,74) EUR brutto zu zahlen.

22

Die Beklagte hat beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die wirtschaftliche Lage der Beklagten habe zum Stichtag 01.10.2012 keine Anpassung der Betriebsrente des Klägers zugelassen. Ausweislich der zur Gerichtsakte gereichten Handelsabschlüsse der Jahre 2009 bis 2011 seien die jeweiligen Gewinn- und Verlustrechnungen im Wesentlichen negativ gewesen. Sämtliche Jahre seien durch unzureichende Eigenkapitalausstattungen gekennzeichnet. Die prekäre Situation werde durch die in den jeweiligen Jahren ausgewiesenen Bilanzverluste weiter illustriert.

25

Das vom Bundeskartellamt verhängte Bußgeld iHv. 24.800 TEUR mildere den Eindruck nicht ab. Das Bußgeld sei, weil es offensichtlich aus unternehmensbezogener Ordnungswidrigkeit iSd. § 130 OWiG herrühre, der Beklagten insgesamt zuzuordnen und dementsprechend bilanziell zu behandeln. Der Kläger habe gegen die Darstellung im Jahresabschluss zum 31.12.2011, wonach die Beklagte ab 2011 sechs jährliche Raten zu zahlen habe, keine Einwendungen erhoben. Ähnliches gelte für die bilanziell dargestellte Darlehensgewährung an die Fa. G. GmbH. Diese sei jedenfalls in der Bilanz zum 31.12.2011 noch mit einer Valuta von 7.100 TEUR ausgewiesen und mithin im negativ erscheinenden Lagebild der Beklagten als Wert enthalten.

26

Abweichende Ergebnisse könnten auch nicht aus der nachfolgenden Entwicklung abgeleitet werden, weil der Jahresabschluss zum 31.12.2012 abermals eine rückläufige Entwicklung widerspiegele. Die Gewinn- und Verlustrechnung habe zwar einen Betriebsergebniswert (nach Steuern) von plus 6.585 TEUR ergeben. Dieser habe jedoch nur unwesentlich über dem verzinslichen Betrag der Eigenkapitalsummen des gezeichneten Eigenkapitals sowie der zusätzlichen Rücklage von 4.937 TEUR gelegen. Zudem sei der Eigenkapitalwert weiterhin noch durch erhebliche Verlustvorträge in seinem Kern aufgezehrt. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 8 bis 15 des erstinstanzlichen Urteils vom 08.05.2014 Bezug genommen.

27

Gegen das am 11.06.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 08.07.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 15.07.2014 eingegangenem Schriftsatz begründet.

28

Der Kläger macht geltend, die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass die Beklagte trotz ihres Gewinns laut Jahresabschluss zum 31.12.2012 iHv. 6.585 TEUR keine Rentenanpassung zum 01.10.2012 schulde, sei unrichtig. Rentenanpassungen müssten aus zukünftigen Erträgen nach dem Anpassungsstichtag, dem 01.10.2012, finanziert werden. Weil die Beklagte diesbezüglich nichts vorgetragen habe, hätte das Arbeitsgericht keine ausschließlich vergangenheitsbezogene wirtschaftliche Betrachtung anstellen dürfen. Der fehlende Vortrag der Beklagten könne nicht durch "Schätzungen" des Arbeitsgerichts ersetzt werden. Soweit das Arbeitsgericht selbst Berechnungen zur Anpassungslast vorgenommen habe, seien diese wegen fehlenden Beklagtenvortrags unzulässig und zum anderen auch falsch.

29

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts belaste die Gesamtverbindlichkeit von 24.800 TEUR auch bei einer Ratenzahlung über sechs Jahre den Jahresabschluss 2011 in voller Höhe, weil der Gesamtbetrag der Geldbuße aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften im Jahr der Entstehung als Passivposten in die Bilanz eingestellt werden müsse (§ 266 Abs. 2 HGB). Auch die auf das Bußgeld von 24.800 TEUR entfallenden Zinsen iHv. 900 TEUR könne ihm die Beklagte bei einer Anpassungsentscheidung nicht entgegenhalten. Die Addition der Geldbuße und der Zinsen ergebe einen Gesamtbetrag von 25.700 TEUR zulasten des Ertrages der Beklagten, der bei der Prognose nicht zu berücksichtigen sei.

30

Darüber hinaus sei entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts das im Jahre 2010 an die damalige Handelspartnerin der Beklagten, der Fa. G. GmbH, ausgereichten Darlehen iHv. 6.700 TEUR sowie der auf dieses Darlehen entfallende Zinsbetrag iHv. 300 TEUR, insgesamt somit ein Betrag von 7.000 TEUR, bei der Anpassungsentscheidung zu seinen Gunsten herauszurechnen. Nachvollziehbare Gründe warum er ein, der nunmehrigen Tochtergesellschaft der Beklagten im Jahr 2012, "geschenktes" Darlehen gegen sich gelten lassen müsse, habe die Beklagte nicht vorgetragen.

31

Somit sei von einem korrigierten handelsrechtlichen Gesamtgewinn der Beklagten in den Jahren 2010 bis 2012 iHv. 24.000 TEUR auszugehen. Bereits die Buße iHv. 25.700 TEUR durch das Bundeskartellamt mache deutlich, dass der Vorstand der Beklagten in erheblichem Umfang gegen Gesetze verstoßen habe. Die Beklagte könne gemäß § 93 Abs. 2 AktG ggü. den Vorstandsmitgliedern Schadensersatzansprüche geltend machen.

32

Der zwischenzeitlich vorliegende Jahresabschluss 2013 sei am 02.05.2014 fertig gestellt und anschließend geprüft worden. Da für die Prognose auf den Erkenntnisstand im Zeitpunkt der Anpassungsprüfung, hier am 01.10.2012, abzustellen sei, komme es hierauf nicht an. Der Jahresabschluss 2013 sei mit einer Forderung iHv. 27.700 TEUR belastet, weil der Beklagten die Klage eines Kunden zugestellt worden sei, der Schadensersatz geltend mache. Die Schadensersatzklage sei die Folge des kartellwidrigen Verhaltens der Beklagten im Jahr 2010. Der versorgungspflichtige Arbeitgeber dürfe nicht durch kartellwidriges Verhalten die Versorgung seiner Arbeitnehmer beeinträchtigen. Die Beklagte habe die Pflichtverletzung ihrer Vorstandsmitglieder in Bezug auf die Kartellrechtsverstöße zu vertreten. Der Nichtanpassungsschaden der Betriebsrentner belaufe sich somit auf 53.400 TEUR. Dieser Betrag hätte der Beklagten zur Verfügung gestanden, wenn sich ihr Vorstand gesetzestreu und nicht kartellwidrig verhalten hätte. Seine Interessenlage entspreche der des Betriebsrentners einer Rentnergesellschaft, die nicht mit ausreichendem Kapital ausgestattet werde, so dass ihm ein Schadensersatzanspruch zustehe. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 14.07.2014 und vom 29.09.2014 Bezug genommen.

33

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

34

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.05.2014, Az. 2 Ca 4142/13, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab 01.10.2012 über die gezahlte monatliche Betriebsrente iHv. 392,27 EUR hinaus, weitere 131,03 EUR brutto, mithin monatlich insgesamt 523,40 EUR, zu zahlen.

35

Die Beklagte beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen.

37

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 18.09.2014, auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Das Arbeitsgericht habe berücksichtigt, dass Rentenanpassungen aus zukünftigen Erträgen nach dem Anpassungsstichtag, hier dem 01.10.2012, finanziert werden müssen. Es sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass ihre wirtschaftliche Lage keine Anpassung zugelassen habe, weil die Handelsabschlüsse der Jahre 2009 bis 2011 eine völlig unzulängliche Eigenkapitalverzinsung, eine unzureichende Eigenkapitalausstattung, dramatische Bilanzverluste und infolgedessen eine prekäre gesamtwirtschaftliche Situation belegten.

38

Auch der Jahresabschluss zum 31.12.2013 und der Lagebericht für das Geschäftsjahr 2013 bestätigten die negative Prognose. Aus dem Jahresbericht (dort S. 11) ergebe sich, dass sie aus eigenen Mitteln nicht in der Lage sei, ihren Finanzbedarf zu decken. Sollte die Finanzierung durch den Konzernverbund nicht mehr erfolgen, sei der Fortbestand der Gesellschaft gefährdet.

39

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

40

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und inhaltlich ausreichend begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

II.

41

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die monatliche Betriebsrente des Klägers ab 01.10.2012 um 131,03 EUR auf 523,40 EUR zu erhöhen. Die Entscheidung der Beklagten, die Betriebsrente des Klägers zum 01.10.2012 nicht an den seit Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust anzupassen, entspricht billigem Ermessen gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG.

42

1. Bei der Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber die Belange der Versorgungsempfänger sowie seine eigene wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Lässt die wirtschaftliche Lage eine Anpassung der Betriebsrenten nicht zu, ist der Arbeitgeber zur Anpassung nicht verpflichtet. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten stand, wie das Arbeitsgericht im Ergebnis und in weiten Teilen der Begründung richtig gesehen hat, einer Anpassung der Betriebsrente des Klägers an den Kaufkraftverlust zum 01.10.2012 entgegen.

43

a) Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers iSv. § 16 Abs. 1 BetrAVG ist eine zukunftsbezogene Größe. Sie umschreibt die künftige Belastbarkeit des Arbeitgebers und setzt eine Prognose voraus. Beurteilungsgrundlage für die zum Anpassungsstichtag zu erstellende Prognose ist grundsätzlich die bisherige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens vor dem Anpassungsstichtag, soweit daraus Schlüsse für dessen weitere Entwicklung gezogen werden können. Für eine zuverlässige Prognose muss die bisherige Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel drei Jahren ausgewertet werden (st. Rspr., vgl. etwa BAG 15.04.2014 - 3 AZR 85/12 - Rn. 18 mwN). Zwar ist maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Anpassungsstichtag. Allerdings kann sich auch die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag auf die Überprüfung der Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers auswirken. Die wirtschaftlichen Daten nach dem Anpassungsstichtag bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz können die frühere Prognose bestätigen oder entkräften. Voraussetzung für die Berücksichtigung einer späteren Entwicklung ist allerdings, dass die Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens zum Anpassungsstichtag bereits vorhersehbar waren. Spätere unerwartete Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens können erst bei der nächsten Anpassungsprüfung berücksichtigt werden (st. Rspr., zuletzt zB BAG 15.04.2014 - 3 AZR 85/12 - Rn. 19 mwN, Juris).

44

b) Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers rechtfertigt die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung insoweit, als das Unternehmen dadurch übermäßig belastet und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde. Die Wettbewerbsfähigkeit wird beeinträchtigt, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird oder wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalverzinsung reicht die Ertragskraft des Unternehmens nicht aus, um die Anpassungen finanzieren zu können; bei einer ungenügenden Eigenkapitalausstattung muss verlorene Vermögenssubstanz wieder aufgebaut werden, bevor dem Unternehmen die Anpassung von Betriebsrenten zugemutet werden kann. Demnach rechtfertigt die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung nur insoweit, als dieser annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen. Demzufolge kommt es auf die voraussichtliche Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung und der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens an (BAG 15.04.2014 - 3 AZR 750/11 - Rn. 21 mwN, Juris).

45

c) Von der angemessenen Eigenkapitalverzinsung ist die Substanzerhaltung zu unterscheiden, die ebenfalls eine Nichtanpassung rechtfertigen kann. Deshalb ist die wirtschaftliche Belastbarkeit des Unternehmens auch dann beeinträchtigt, wenn die Eigenkapitalausstattung ungenügend ist. Bei Eigenkapitalverlusten bzw. einer Eigenkapitalauszehrung muss verlorene Vermögenssubstanz wieder aufgebaut werden. Bis dahin besteht keine Verpflichtung zur Anpassung von Versorgungsleistungen (BAG 28.05.2013 - 3 AZR 125/11 - Rn. 49 mwN, AP BetrAVG § 16 Nr. 90). Vom Versorgungsschuldner kann nicht verlangt werden, dass er zur Finanzierung einer Betriebsrentenanpassung in die Vermögenssubstanz des Unternehmens eingreift. Deshalb ist dem Arbeitgeber zuzubilligen, dass er nach Eigenkapitalverlusten bzw. einer Eigenkapitalauszehrung möglichst rasch für eine ausreichende Eigenkapitalausstattung sorgt und bis dahin von Betriebsrentenerhöhungen absieht. Die Kapitalrücklagen müssen nicht für Betriebsrentenanpassungen verwandt werden. Von einer Gesundung des Unternehmens kann nicht ausgegangen werden, wenn das vorhandene Eigenkapital des Unternehmens die Summe aus gezeichnetem Kapital (§ 272 Abs. 1 Satz 1 HGB) und zusätzlich gebildeten Kapitalrücklagen (vgl. § 272 Abs. 2 HGB) noch nicht erreicht hat (vgl. insgesamt dazu BAG 20.08.2013 - 3 AZR 750/11 - Rn. 37, AP BetrAVG § 16 Nr. 91; 28.05.2013 - 3 AZR 125/11 - Rn. 51 mwN, aaO).

46

d) Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass seine Anpassungsentscheidung billigem Ermessen entspricht und sich in den Grenzen des § 16 BetrAVG hält. Die Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich auf alle die Anpassungsentscheidung beeinflussenden Umstände. Hinsichtlich des Anpassungskriteriums „wirtschaftliche Lage“ folgt dies auch daraus, dass Sachvortrag und Beweis in der Regel von der Partei zu verlangen sind, die über die maßgeblichen Umstände Auskunft geben kann und über die entsprechenden Beweismittel verfügt.

47

Die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse bieten den geeigneten Einstieg für die Feststellung sowohl der erzielten Betriebsergebnisse als auch des jeweils vorhandenen Eigenkapitals. Betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen sind vorzunehmen. Dies gilt nicht nur für Scheingewinne, sondern beispielsweise auch für betriebswirtschaftlich überhöhte Abschreibungen. Außerordentliche Erträge sind zwar keine Scheingewinne. Ihr Ausnahmecharakter kann jedoch bei der Beurteilung der künftigen Ertragsentwicklung nicht außer Acht gelassen werden. In der Regel sind außerordentliche Erträge und außerordentliche Verluste aus den der Prognose zugrunde gelegten früheren Jahresabschlüssen herauszurechnen. Darüber hinaus sind wirtschaftliche Daten, die auf Entwicklungen oder Umständen beruhen, die nicht fortwirken und sich voraussichtlich nicht wiederholen werden, in der Regel nicht repräsentativ für die weitere Ertragslage und deshalb regelmäßig bei der Ermittlung der Eigenkapitalverzinsung nicht zu berücksichtigen (vgl. BAG 15.04.2014 - 3 AZR 85/12 - Rn. 23 mwN, Juris).

48

2. Unter Anwendung dieser Grundsätze entspricht die Entscheidung der Beklagten, die Betriebsrente des Klägers zum Stichtag 01.10.2012 nicht an den Kaufkraftverlust anzupassen, billigem Ermessen. Die Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe am Anpassungsstichtag, dem 01.10.2012, davon ausgehen dürfen, dass ihr in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag, dem 01.10.2015, die für die Betriebsrentenanpassung erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fehlen würde, ist nicht zu beanstanden.

49

a) Ausgehend von den von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. geprüften und testierten Jahresabschlüssen für die Jahre 2009 bis 2011 hat die Beklagte in diesen Geschäftsjahren erhebliche Verluste und damit eine negative Eigenkapitalrendite erwirtschaftet.

50

Das Arbeitsgericht hat umfassend und sorgfältig begründet, dass die jeweiligen Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 2009 bis 2011 im Wesentlichen negativ waren. Das Jahr 2009 endete mit einem Ergebnis nach Steuern von plus 1.847 TEUR, das Jahr 2010 mit einem Ergebnis von minus 348 TEUR und das Jahr 2011 mit einem Ergebnis von minus 14.188 TEUR. Da die Anpassungsprüfung im Fall des Klägers unterjährig zu erfolgen hatte und die Bilanz für das Kalenderjahr 2012 erst im Folgejahr erstellt wurde, konnte die Prüfung zum Stichtag, dem 01.10.2012, nur auf die zurückliegenden Jahresabschlüsse Bezug nehmen. Der im Jahr 2009 noch erzielte Überschuss von 1.847 TEUR stand in Relation zu dem gezeichneten Eigenkapital von 107.100 TEUR und betrug weniger als 2 %. Damit hat die Beklagte keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erzielt, die grundsätzlich aus einem Basiszins und einem Zuschlag für das Risiko, dem das in dem Unternehmen investierte Kapital ausgesetzt ist, besteht. Der Basiszins entspricht der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen. Der Risikozuschlag beträgt 2 % (st. Rspr., zuletzt zB BAG 15.04.2014 - 3 AZR 85/12 - Rn. 22 mwN, Juris).

51

Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend festgestellt, dass sämtliche Jahre durch eine unzureichende Eigenkapitalausstattung gekennzeichnet waren. Die nach § 266 Abs. 3 Nr. 3a HGB maßgebliche Eigenkapitalsumme lag mit 8.705 TEUR im Jahr 2009, 18.818 TEUR im Jahr 2010 und 4.630 TEUR im Jahr 2011 durchgehend deutlich unter dem Wert des gezeichneten Kapitals nach § 272 Abs. 1 HGB iHv. 107.100 TEUR und war von erheblichen Verbindlichkeiten iHv. 334.430 TEUR im Jahr 2009, 330.041 TEUR im Jahr 2010 und 340.294 TEUR im Jahr 2011 ausgezehrt, weshalb ab 2010 zusätzliche Kapitalrücklagen iHv. 10.461 TEUR gebildet wurden, um eine rückständige Eigenkapitalausstattung wieder aufzufangen.

52

Das Arbeitsgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, dass die hieraus folgende prekäre gesamtwirtschaftliche Situation durch die in den jeweiligen Jahren ausgewiesenen Bilanzverluste weiter illustriert wurden, die im Jahr 2009 bei minus 98.395 TEUR, im Jahr 2010 bei minus 98.743 TEUR und im Jahr 2011 bei minus 112.931 TEUR lagen.

53

Entgegen der Ansicht der Berufung, hat das Arbeitsgericht fehlenden Vortrag der Beklagten nicht durch eigene "Schätzungen" ersetzt. Das Arbeitsgericht war nicht daran gehindert, die testierten Jahresabschlüsse von 2009 bis 2011, deren ordnungsgemäße Erstellung der Kläger nicht bestritten hat, auszulegen. Die Parteien können aufgrund des im Zivilverfahren geltenden Beibringungsgrundsatzes über den Tatsachenstoff disponieren und darüber bestimmen, welchen Sachverhalt das Gericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen hat. Die Rechtsanwendung obliegt jedoch dem Gericht. Das Arbeitsgericht konnte und durfte, anders als die Berufung meint, unter Zugrundelegung der handelsrechtlichen Jahresabschlüsse selbst Berechnungen anstellen, um die wirtschaftliche Lage der Beklagten zu überprüfen.

54

b) Die negative Prognose der Beklagten wurde durch die Entwicklung in den Geschäftsjahren 2012 und 2013 bestätigt.

55

Der Vorwurf der Berufung, das Arbeitsgericht habe ausschließlich vergangenheitsbezogene wirtschaftliche Betrachtungen angestellt, ist nicht berechtigt. Das Arbeitsgericht hat bei seiner Prüfung vielmehr den handelsrechtlichen Jahresabschluss 2012 berücksichtigt. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Jahresabschluss zum 31.12.2012 abermals eine rückläufige Unternehmensentwicklung verzeichnete. Die Gewinn- und Verlustrechnung führte zwar zu einem Betriebsergebnis (nach Steuern) von plus 6.585 TEUR. Dies lag nur unwesentlich über dem verzinslichen Betrag der Eigenkapitalsumme des gezeichneten Eigenkapitals sowie der zusätzlichen Rücklage ([107.100 TEUR + 10.461 TEUR] x 4,2 %). Das Eigenkapital war auch im Jahr 2012 durch erhebliche Verlustvorträge in seinem Kern aufgezehrt (107.100 TEUR + 10.461 TEUR gegenüber minus 106.346 TEUR Verlustvortrag). Dem verhältnismäßig geringen Eigenkapital von 11.215 TEUR standen im Jahr 2012 Verbindlichkeiten iHv. 324.430 TEUR gegenüber. Auch der Gesamtbilanzverlust von 106.346 TEUR zum 31.12.2012 kennzeichnete, wie bereits in den Vorjahren, eine mangelhafte wirtschaftliche Belastbarkeit der Beklagten.

56

Der inzwischen vorliegende Jahresabschluss 2013, der am 02.05.2014 fertiggestellt und anschließend testiert worden ist, bestätigt die negative Prognose der Beklagten erneut. Anders als der Kläger meint, ist das Berufungsgericht nicht gehindert, diesen Jahresabschluss zu berücksichtigen. Die wirtschaftlichen Daten nach dem Anpassungsstichtag, hier dem 01.10.2012, können bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz geprüft werden, weil sie geeignet sein können, eine frühere Prognose zu bestätigen oder zu entkräften.

57

Zum 31.12.2013 lag das Betriebsergebnis nach Steuern bei minus 5.858 TEUR. Das Eigenkapital der Beklagten ist von 11.215 TEUR im Jahr 2012 auf 5.357 TEUR im Jahr 2013 geschrumpft. Der Bilanzverlust von 106.346 TEUR im Jahr 2012 ist auf 112.204 TEUR im Jahr 2013 gestiegen. Die spätere negative Entwicklung, die am Anpassungsstichtag bereits vorhersehbar war, bestätigt damit die Prognose der Beklagten, dass ihre wirtschaftliche Lage eine Betriebsrentenanpassung nicht zulässt.

58

c) Entgegen der Ansicht der Berufung ist nicht von einem korrigierten handelsrechtlichen Gesamtgewinn der Beklagten in den Jahren 2010 bis 2012 iHv. rund 24.000 TEUR auszugehen, der eine Anpassung der Betriebsrente zulasse.

59

aa) Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die im Jahr 2011 vom Bundeskartellamt verhängte Geldbuße (einschließlich weiterer Kosten) iHv. 25.700 TEUR nicht gewinnsteigernd aus dem Jahresabschluss 2011 herauszurechnen ist. Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass die Geldbuße aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften im Jahr der Entstehung als Passivposten in die Bilanz einzustellen war (§ 266 Abs. 2 HGB). Die Geldbuße ist gegen die Beklagte als Unternehmen verhängt und dementsprechend bilanziell behandelt worden. Es gibt keinen Grundsatz des Inhalts, dass unternehmensbezogene Bußgelder bei der Anpassungsentscheidung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG nicht zu Lasten der Betriebsrentner berücksichtigt werden dürfen. Die Vorschriften des Kartellrechts stellen keine Schutzgesetze zu Gunsten der Betriebsrentner dar. Im Übrigen ist anzunehmen, dass das Bundeskartellamt bei der Festsetzung der Höhe der Buße gem. § 81 GWB die wirtschaftlichen Vorteile der Beklagten, die aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten gezogen wurden, abgeschöpft hat. Insofern ist nicht unbillig, wenn die Betriebsrentner (auch) von den wirtschaftlichen Nachteilen betroffen sind.

60

bb) Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass das Ergebnis für das Jahr 2010 nicht um den Darlehensverzicht ggü. der Fa. G. GmbH iHv. 7.000 TEUR gewinnsteigernd zu bereinigen ist.

61

Aus der Bilanz des Jahres 2012 ergibt sich, dass iHv. 253.608 TEUR Verbindlichkeiten der Beklagten gegenüber verbundenen Unternehmen bestehen. In der Risikobeurteilung zum Jahresabschluss 2012 heißt es insoweit, dass sich die Beklagte im Wesentlichen über Darlehen von Konzerngesellschaften finanziert. Sollte die Finanzierung durch den Konzernverbund nicht mehr erfolgen, sei der Fortbestand der Gesellschaft gefährdet. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist unerheblich, dass die Beklagte gegenüber der Tochtergesellschaft G. GmbH einen Forderungsverzicht iHv. 7.000 TEUR ausgesprochen hat.

62

cc) Die Ansicht der Berufung, es sei nach dem Jahresabschluss 2013 von einem Gewinn der Beklagten iHv. 53.400 TEUR auszugehen, ist nicht nachvollziehbar. Diesen "Gewinn" ermittelt der Kläger aus der Kartellbuße (einschließlich Kosten) iHv. 25.700 TEUR und einer Schadensersatzklage iHv. 27.700 TEUR, die aus seiner Sicht bei der Anpassungsentscheidung zu seinen Gunsten herauszurechnen seien.

63

Im Lagebericht für das Geschäftsjahr 2013 wird auf Seite 10 (unten) unter der Überschrift "Rechtliche Risiken" ausgeführt, dass ein Kunde gegen die Beklagte im Jahr 2013 eine Schadensersatzklage aufgrund kartellrechtswidrigen Verhaltens iHv. rund 27.700 TEUR. erhoben habe. Weiter heißt es wörtlich: "Unter Berücksichtigung der in diesem Prozessstadium zur Verfügung stehenden Informationen wird nicht davon ausgegangen, dass die Bildung von Rückstellungen erforderlich ist". Die Schadensersatzforderung iHv. 27.700 TEUR ist nicht als Passivposten in die Bilanz eingestellt worden. Die Behauptung der Berufung, der Jahresabschluss 2013 sei mit einer Forderung iHv. 27.700 TEUR belastet, trifft objektiv nicht zu.

64

Der Kläger verkennt, dass für die Frage, ob die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners einer Anpassung der Versorgungsleistungen entgegensteht, die tatsächlich bestehende wirtschaftliche Lage maßgeblich ist und nicht eine fiktive Lage, die bestehen würde, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen oder andere Dispositionen vorgenommen worden wären. Die Berücksichtigung einer fiktiven günstigeren wirtschaftlichen Lage könnte dazu führen, dass die Anpassung von Versorgungsleistungen aus der Unternehmenssubstanz finanziert werden muss. Dies ist jedoch nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG nicht geschuldet (so ausdrücklich BAG 17.06.2014 - 3 AZR 298/13 - Rn. 36, 41, 45, jeweils mwN, Juris).

65

3. Die Beklagte ist auch nicht unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers zum 01.10.2012 an den Kaufkraftverlust anzupassen.

66

Der Kläger kann keinen "Nichtanpassungsschaden" geltend machen, weil der Beklagten ein Betrag von 53.400 TEUR für die Betriebsrentner zur Verfügung stünde, wenn sich ihr Vorstand nicht kartellwidrig verhalten hätte. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte wegen Kartellrechtsverstößen im Innenverhältnis gem. § 93 Abs. 2 AktG bei den Vorstandsmitgliedern wegen des verhängten Bußgeldes Rückgriff nehmen kann, wie der Kläger meint. Wie bereits ausgeführt, stellen die Vorschriften des Kartellrechts keine Schutzgesetze zu Gunsten der Betriebsrentner dar. Das kartellwidrige Verhalten führt nicht dazu, dass sich der versorgungspflichtige Arbeitgeber nicht auf eine für eine Betriebsrentenanpassung nicht ausreichende wirtschaftliche Lage berufen könnte. Die von der Berufung aufgezeigte Rechtsprechung zu Schadensersatzansprüchen der Betriebsrentner bei unzureichender Ausstattung von Rentnergesellschaft betrifft einen grundlegend anderen Sachverhalt, weshalb die dort getroffenen Aussagen nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar sind. Zudem kommt es - wie bereits ausgeführt - im Rahmen der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners an und nicht auf eine fiktive Lage, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären. Damit scheiden auch Schadensersatzansprüche des Klägers aus.

III.

67

Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

68

Die Kammer hat gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

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