Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (5. Kammer) - 5 Sa 422/16
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. August 2016, Az. 2 Ca 1354/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
- 2
Die 1956 geborene Klägerin ist seit 1984 bei der beklagten Bundesrepublik in der Zivilverwaltung der Bundeswehr beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD und der TV EntgO Bund vom 05.09.2013 kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung.
- 3
Seit dem 01.07.2006 wird die Klägerin als angestellte Bürokraft am Institut für Wehrmedizinalstatistik und Berichtswesen mit der Erfassung von medizinischen Daten befasst. Sie ist in Entgeltgruppe 3 Stufe 6 TV EntgO Bund eingereiht. Das Tabellenentgelt beträgt (Stand März 2016) € 2.568,98 brutto. Die letzte Tätigkeitsbeschreibung datiert vom 04.10.2006. Sie hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
- 4
Ziff.
Stunden
wöchtl.9.1.
Herstellen der technischen Voraussetzungen zum Scannen der
vielfältigen und qualitativ unterschiedlichen Vorlagen:7:00
- Entklammern, Entheften, Kleben von Rissen, Einlegen gerissener
Blätter- Beseitigen von Überdeckungen
- Schneiden größerer Unterlagen auf DIN A4 (Hochkant) - Breite und
Numerierung der Einzelteile- Entscheidung bzgl. des Aussortierens nicht verfilmbarer/
scannbarer Unterlagen und deren Kennzeichnung- Herstellen der jeweiligen Sortierfolge innerhalb der PK
9.2.
Ordnen der Gesundheitsunterlagen nach vorgegebenem Schema zum Einscannen und Datenerfassung und zur Weiterleitung der gekennzeichneten Unterlagen an das zuständige KWEA
2:30
Ausschreiben des Schutzumschlages "Arztsache" (San/BW/0116) für die jeweiligen erstgenannten Gesundheitsunterlagen, denen besondere Bedeutung im Rahmen der Wehrüberwachung zukommt
9.3.
Prüfung der zur Archivierung gegebenen Gesundheitsunterlagen auf
deren Archivierbarkeit, insbesondere hinsichtlich:20:00
- Vorhandensein, Vollständigkeit und Lesbarkeit der Grundangaben
- Zusammengehörigkeit der Einzelunterlagen je Vorgang nach PK
- Lesbarkeit der Eintragungen
- Formale Übereinstimmung von Tauglichkeitsgrad und Gradation
des zutreffenden Hauptfehlers- Überzählige Duplikate
- Selektieren der Dauereinlagen und der den Hauptfehler
begründenden Befunde- Vervollständigen, Kennzeichnen und ggf. Instandsetzen
Bestimmter Gesundheitsunterlagen nach Arbeitsanweisungen9.4.
Bedienen eines Hochleistungsscanners wie
7:00
- Herstellen und laufende Kontrolle der Betriebsbereitschaft des
Scanners, ggf. Beheben einfacher Betriebsstörungen nach
Bedienungsanleitung und Gerätepflege- Scannen der Gesundheitsunterlagen unter Einhalten der vorgegebenen Reihenfolge und Ordnung unter Verwendung der
vorgeschriebenen Markierungsvordrucke.9.5.
Filmprüfung
2:30
- Prüfung und Kontrolle des entwickelten Filmes, Eintragung des
Ergebnisses der Filmprüfung in das "Filmendeblatt" des geprüften
Filmes. Prüfung, ob Aufnahmen verwertbar sind (nach Schärfe,
Lesbarkeit, Kontrast und Blip-Zahl (Blip = Aufnahme)).- Eintragung auf "Filmendeblatt" bei fehlerhaften Ergebnis (Blip =
Aufnahme), zur weiteren Überprüfung durch die Dateneingabe/
Datenerfassung.- Beschriftung und Weitergabe des geprüften Filmes und der Filmbox
mit "Filmendeblatt" an die Dateneingabe/ Datenerfassung.
- 5
Mikroverfilmungen fanden am Arbeitsplatz der Klägerin zuletzt nicht mehr statt.
- 6
Im Juni 2015 beantragte die Klägerin die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund. Die Vergütungsdifferenz beträgt ca. € 100,00 monatlich. Nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung erhob die Klägerin am 25.04.2016 die vorliegende Klage.
- 7
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
- 8
die Beklagte zu verurteilen, an sie rückwirkend ab Januar 2015 Vergütung aus der Entgeltgruppe 4 des Teils I der neuen Entgeltordnung zum TVöD zu zahlen und ihr den monatlichen Differenzbetrag für die vergangenen Monate ab Januar 2015 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem jeweils letzten eines Monats nachzuzahlen.
- 9
Die Beklagte hat beantragt,
- 10
die Klage abzuweisen.
- 11
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 18.08.2016 Bezug genommen.
- 12
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich ein Anspruch auf eine Vergütung nach Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund nicht schlüssig. Der Arbeitsvorgang laut Ziff. 9.3 der Tätigkeitsbeschreibung mache zwar 51,28% der regelmäßigen Arbeitszeit der Klägerin aus, erfülle jedoch nicht die Heraushebungsmerkmale der geforderten Entgeltgruppe. Die in Ziff. 9.3 aufgeführten Tätigkeiten seien keine "schwierigen Tätigkeiten" iSd. Fallgruppe 1 der Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund. Der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin sei es nicht gelungen, die Tatsachen und den Zeitanteil der Heraushebung einzelner Tätigkeiten als "schwierig" gegenüber dem Normalmaß darzulegen. Die Klägerin habe jeden Vortrag dazu vermissen lassen, was als Ausgangsanforderung iSd. Entgeltgruppe 3 TV EntgO Bund gelte und inwiefern sich ihre Beschäftigung davon zumindest in Teilbereichen durch eine besondere Schwierigkeit abhebe. Die Tätigkeiten der Klägerin seien unter die Niederschriftserklärung Nr. 5 zu Teil I der EntgO zu subsumieren, wo sie sogar ausdrücklich der Entgeltgruppe 3 zugeordnet seien. Dies sei auch schlüssig, berücksichtige man, dass besonders schwierige Tätigkeiten eine Anlernzeit von mindestens drei Monaten benötigten und deshalb einfache angelernte Registraturkräfte nach der Rechtsprechung typischerweise noch nicht von einer höheren Entgeltgruppe als 3 TV EntgO Bund erfasst würden. Die Arbeitsvorgänge der Klägerin bestünden in reinen Abgleichungsvorgängen, die sich unschwer als gleichwertige Geschäftsvorgänge ansehen ließen. Hierzu gebe es eine Arbeitsanweisung zum "Umgang mit tauglichkeitsbegründenden Unterlagen beim Sortieren der G-Karte" (Gesundheitskarte), welche die Vorgehensweise detailliert regele. Wenn selbst die Erledigung wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge -auch ohne Anleitung - zur Entgeltgruppe 3 TV EntgO Bund gehörten, müsse dies erst recht dann gelten, wenn es eine Anleitung mit minutiösen Inhalten gebe und deshalb eine selbständige und schwierige Arbeit nicht notwendig sei. Nicht ausschlaggebend seien darüber hinaus die Aussagen des Vorgesetzten der Klägerin, der unstreitig nicht befugt sei, die Beklagte eingruppierungsrechtlich zu binden. Soweit sich die Klägerin auch darauf berufe, dass sie für ihre Tätigkeit iSd. Fallgruppe 2 der Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund "mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse" benötige, fehle jeder Sachvortrag. Wegen weiterer Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 18.08.2016 Bezug genommen.
- 13
Die Klägerin hat gegen das am 06.09.2016 zugestellte Urteil mit am 28.09.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 28.10.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet.
- 14
Sie macht geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts führe sie zu mehr als der Hälfte ihrer regelmäßigen Arbeitszeit "schwierige Tätigkeiten" nach Entgeltgruppe 4 Fallgruppe 1 TV EntgO Bund aus. Die in der Tätigkeitbeschreibung unter Ziff. 9.3 aufgeführten Tätigkeiten seien mit solchen Tätigkeiten iSd. Nr. 5 der Niederschriftserklärung vergleichbar, die das "Führen von Karteien oder elektronischen Dateien, die nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordnet sind oder deren Führung die Kenntnisse fremder Sprachen" voraussetzen. Solche Tätigkeiten seien der Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund zuzuordnen. An die "schwierigen" Tätigkeiten dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, weil es sich um eine Entgeltgruppe aus dem einfachen Dienst handele. Sie habe deutlich gemacht, dass für ihre Tätigkeit nicht nur, wie in der Entgeltgruppe 3 TV EntgO Bund angeführt, eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anleitung erforderlich sei, sondern "schwierige" Tätigkeiten wahrgenommen würden. Früher habe sie nur reine Mikroverfilmung vorgenommen. Dies sei eine einfache Tätigkeit gewesen. Heute müsse sie die von ihr verfilmten Unterlagen gründlich etwa nach der Personenkennziffer prüfen und zuordnen. An sie würden daher erhöhte fachliche Anforderungen im Vergleich zu früheren Zeiten gestellt. Ihr Vorgesetzter habe zutreffend dargelegt, dass sich für sie jeweils viele mögliche Verarbeitungsentscheidungen ergeben, die sie beherrschen müsse. Dies sei schwierig. Sie müsse entsprechend der ausführlichen Anweisung zum Umgang mit den Unterlagen, insbesondere bei jeder zu registrierenden G-Karte, die ohne vollständige Gesundheitsunterlagen abgegeben werde, unter Nutzung der institutseigenen Software vollständig prüfen, ob unter dieser Personenkennziffer ein Eingang von Einzelurkunden erfasst sei, unter denen die zugehörigen restlichen Gesundheitsunterlagen sein könnten. Zudem habe sie auf der gesamten G-Karte Name, Vorname, Personenkennziffer und alle Eintragungen zum vergebenen Tauglichkeitsgrad festzustellen und auf Richtigkeit hin zu überprüfen. Sie habe darüber hinaus eine Überprüfung der Übereinstimmung von Tauglichkeitsgrad und Gradation des Zutreffens des Hauptfehlers durchzuführen. Dies erfolge nach technischen bzw. wissenschaftlichen Merkmalen. Der Anlage B2 lasse sich entnehmen, dass sie überprüfen müsse, ob die Gesundheitsunterlagen, die der Karte zugeordnet seien, also die Befundberichte und ärztlichen Stellungnahmen, tatsächlich in medizinischer Hinsicht den Kennziffern 1-83 entsprächen, die als "Hauptfehlerziffern" vorgesehen seien. Sie müsse die Befundberichte mit den auf der dritten Seite zu den Ziff. 1-83 aufgeführten Befunden abgleichen.
- 15
Außerdem benötige sie für ihre Tätigkeit iSd. Fallgruppe 2 der Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund "mindestens zu einem Viertel gründlicher Fachkenntnisse". Ihre Tätigkeit erfordere "gründliche Fachkenntnisse", wenn sie die ihr übertragene Aufgabe ordnungsgemäß erfüllen wolle. Bei sämtlichen Tätigkeiten der Ziff. 9.3 der Tätigkeitsbeschreibung müsse sie über gründliche Fachkenntnisse in der wehrmedizinischen Dokumentation verfügen. Dasselbe gelte für die Bedienung des Scanners, für die gründliche Fachkenntnisse der Scan-Archiv-Software notwendig seien.
- 16
Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,
- 17
das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18.08.2016, Az. 2 Ca 1354/16, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie rückwirkend ab Januar 2015 Vergütung aus der Entgeltgruppen 4 des Teils I der neuen Entgeltordnung zum TVöD zu zahlen und ihr den monatlichen Differenzbetrag für die vergangenen Monate ab Januar 2015 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem jeweils letzten eines Monats nachzuzahlen.
- 18
Die Beklagte beantragt,
- 19
die Berufung zurückzuweisen.
- 20
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
- 21
Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.
II.
- 22
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige (st. Rspr., sh. nur BAG 18.03.2015 - 4 AZR 702/12 - Rn. 14) Klage ist insgesamt unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ein Entgelt der Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund. Sie erfüllte im streitigen Zeitraum ab Januar 2015 die Tätigkeitsmerkmale der geltend gemachten Entgeltgruppe nicht. Die Berufungskammer folgt den sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts im Ergebnis und der Begründung. Das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt zu einer abweichenden Entscheidung keine Veranlassung.
- 23
1. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit die Vorschriften des TVöD und der TV EntgO Bund, der zum 01.01.2014 in Kraft getreten ist. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit der Klägerin sind die nachstehenden Tätigkeitsmerkmale des Teils I (Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst) des TV EntgO Bund maßgebend:
- 24
"Entgeltgruppe 4
- 25
1. Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst
- 26
mit schwierigen Tätigkeiten.
- 27
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 2 und 7)
- 28
2. Beschäftigte der Entgeltgruppe 3,
- 29
deren Tätigkeit mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse erfordert.
- 30
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 6)
- 31
Entgeltgruppe 3
- 32
Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst
- 33
mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anlernung erforderlich ist, die über eine Einarbeitung im Sinne der Entgeltgruppe 2 hinausgeht.
- 34
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 2)
- 35
Entgeltgruppe 2
- 36
Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst
- 37
mit einfachen Tätigkeiten.
- 38
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 2 und 8)
- 39
Entgeltgruppe 1
- 40
Beschäftigte mit einfachsten Tätigkeiten.
- 41
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 9)
- 42
Protokollerklärungen
- 43
Nr. 2
Buchhaltereidienst im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals …
Nr. 6
Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises.
Nr. 7
Schwierige Tätigkeiten sind solche, die mehr als eine eingehende Einarbeitung bzw. mehr als eine fachliche Anlernung i.S. der Entgeltgruppe 3 erfordern, z.B. durch einen höheren Aufwand an gedanklicher Arbeit.
Nr. 8
Einfache Tätigkeiten sind Tätigkeiten, die weder eine Vor- noch eine Ausbildung, aber eine Einarbeitung erfordern, die über eine sehr kurze Einweisung oder Anlernphase hinausgeht. Die Einarbeitung dient dem Erwerb derjenigen Kenntnisse und Fertigkeiten, die für die Beherrschung der Arbeitsabläufe als solche erforderlich sind.
- 44
Niederschriftserklärung Nr. 5 zu Teil I Entgeltgruppe 4 Fallgruppe 1:
- 45
Die Tarifvertragsparteien haben sich in der Entgeltgruppe 4 Fallgruppe 1 des Teils I auf das neue Heraushebungsmerkmal "schwierige Tätigkeiten" verständigt. Im Hinblick auf die Neustrukturierung der Tätigkeitsmerkmale in den Entgeltgruppen 3 und 4 des Teils I waren sie sich darüber einig, dass die bisher unter das Heraushebungsmerkmal "schwierige Tätigkeiten" (Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1a des Teils I der Anlage 1a zum BAT und Beispielkatalog hierzu) fallenden Tätigkeiten in Abhängigkeit ihrer jeweiligen konkreten Anforderungen der Entgeltgruppe 3 oder der Entgeltgruppe 4 zugeordnet werden sollen.
- 46
Unter Bezugnahme auf den o.g. Beispielkatalog werden die Tätigkeiten "Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung", "Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben", "Erledigung von ständig wiederkehrenden Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge - auch ohne Anleitung -" der Entgeltgruppe 3 zugeordnet. Die Tätigkeiten "Führung von Karteien oder elektronischen Dateien, die nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordnet sind oder deren Führung die Kenntnis fremder Sprachen voraussetzt" werden der Entgeltgruppe 4 zugeordnet."
- 47
2. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen für eine Vergütung nach Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund auch zur Überzeugung der Berufungskammer nicht.
- 48
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss derjenige, der eine höhere Eingruppierung begehrt, darlegen und im Bestreitensfall beweisen, aus welchen konkreten Tatsachen sich der rechtliche Schluss ergibt, die beanspruchte tarifliche Tätigkeit sei unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang einer höheren Entgeltgruppe zuzuordnen. Hierbei hat der Arbeitnehmer diejenigen Tatsachen vorzutragen, aus denen für das Gericht der rechtliche Schluss möglich ist, dass sie die tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungsmerkmale erfüllen. Bauen die tariflichen Tätigkeitsmerkmale aufeinander auf, ist die Klage nur dann schlüssig, wenn zunächst Tatsachen für das Vorliegen der Ausgangsfallgruppe und danach für die qualifizierenden Tätigkeitsmerkmale vorgetragen werden (vgl. BAG 09.12.2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 10 mwN).
- 49
b) Im Streitfall hat die Klägerin auch in zweiter Instanz nicht schlüssig und in ausreichender Weise dargelegt, aus welchem Grund sie in die Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund einzugruppieren ist. Sie hätte hinreichend konkrete Umstände darlegen müssen, die belegen, dass sie entweder mit "schwierigen Tätigkeiten" befasst ist (Fallgruppe 1) oder mit Tätigkeiten, die "mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse erfordern" (Fallgruppe 2). Daran fehlt es.
- 50
aa) Das Arbeitsgericht hat fehlerfrei angenommen, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass sie mindestens in der Hälfte ihrer Arbeitszeit (§ 12 Abs. 2 TVöD) Aufgaben wahrnimmt, die "schwierig" sind.
- 51
Nach der Protokollerklärung Nr. 7 zur Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund sind "schwierige Tätigkeiten" solche, die "mehr als eine eingehende Einarbeitung bzw. mehr als eine fachliche Anlernung iSd. Entgeltgruppe 3 TV EntgO Bund erfordern, z.B. durch einen höheren Aufwand an gedanklicher Arbeit". Das Heraushebungsmerkmal "schwierige Tätigkeiten" ist dabei insbesondere nicht gleichzusetzen mit dem Begriff "schwierige Tätigkeit" nach der Anlage 1a zum BAT. Dies haben die Tarifvertragsparteien in der Niederschriftserklärung Nr. 5 ausdrücklich klargestellt. Tätigkeiten, die bislang unter den Begriff "schwierige Tätigkeiten" iSd. BAT einzuordnen waren, fallen nunmehr entweder der Entgeltgruppe 3 oder 4 TV EntgO Bund zu. Mit der Niederschriftserklärung stellen die Tarifvertragsparteien klar, dass unter die Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund qualifizierte Tätigkeiten wie bspw. "die Führung von Karteien oder elektronischen Dateien, die nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordnet sind oder deren Führung die Kenntnisse fremder Sprachen voraussetzt", fallen. Die "Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung" oder die "Erledigung von ständig wiederkehrenden Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge" fällt hingegen in die Entgeltgruppe 3 TV EntgO Bund. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass die Tarifvertragsparteien damit klargestellt haben, dass nur solche Tätigkeiten, die neben dem einfachen Abgleich bestimmter Zahlen- oder Datenmerkmalen auch ein technisches oder wissenschaftliches Zusatzverständnis oder ein sprachliches Zusatzverständnis erfordern, unter die Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund zu subsumieren sind.
- 52
Die Tätigkeiten der Klägerin sind in Entgeltgruppe 3 TV EntgO Bund einzuordnen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des die Berufung begründenden Vortrags. Zunächst ist festzuhalten, dass die Klägerin keine Datei führt, sondern lediglich Vorarbeiten zu deren physischer Zusammenstellung leistet. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass ihre Arbeit allein deswegen schwierig sei, weil sie die Gesundheitsunterlagen nach wissenschaftlichen Merkmalen zu ordnen habe, begründet dies keine Schwierigkeit iSd. Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund. Nach welchen Kriterien eine Zuordnung erfolgt, ist danach nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich um die Erledigung ständig wiederkehrender Arbeit in Anlehnung an ähnliche Vorgänge handelt und die Zuordnung rein mechanisch erfolgt, oder ob sie eine eigenständige Subsumtionsleistung und Erkenntnisleistung nach technischen, wissenschaftlichen oder sprachlichen Merkmalen erfordert. Letzteres ist auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht erforderlich. Die Berufungskammer folgt der Beklagten auch darin, dass allein die Tatsache, dass der Hintergrund der Merkmale, die die Klägerin zum Zweck der Einordnung zu vergleichen hat, ein medizinischer ist, nichts daran ändert, dass es sich letztlich nur um arabische oder römische Zahlen handelt. Eine wie auch immer geartete wissenschaftliche Erkenntnisleistung (bspw. eine subsumierende medizinische Leistung) ist hierzu nicht erforderlich.
- 53
Die Klägerin vollzieht ihre Arbeit vollständig nach der sehr umfangreichen und detaillierten Geschäftsanweisung zum "Umgang mit tauglichkeitsbegründenden Unterlagen beim Sortieren der G-Karte" (Anlage B2). Das Abgleichen der Dokumente auf die "Hauptfehlerziffer" erfolgt nach der detaillierten Anweisung mit Tabelle und Schaubild. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Abgleich der Unterlagen mit der Ziffer nach einer eingehenden Einarbeitung bzw. fachlichen Anlernung gemäß Entgeltgruppe 3 TV EntgO Bund zu bewältigen ist, zumal es sich um ständig wiederkehrende Arbeiten handelt. Die Klägerin erbringt hierbei keine eigene bewertende oder wissenschaftliche Leistung, sondern setzt das, was sich aus der Geschäftsanweisung ergibt, buchstabengenau um. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, mag die Tätigkeit des Abgleichs verschiedener Zahlen mit anderen Zahlen (bspw. der Vergleich einer Personenkennziffer mit anderen Personenkennziffern) konzentrationsaufwändig sein und von der Klägerin als kompliziert empfunden werden. Im Sinne des Tarifmerkmals "schwierig" ist ihre Tätigkeit gegenüber den Tätigkeiten, die Standard der Entgeltgruppe 3 TV EntgO Bund sind, jedoch nicht herausgehoben.
- 54
Die Klägerin schildert des Weiteren, dass bestimmte Einzeltätigkeiten, die in Ziff. 9.3. der Tätigkeitsbeschreibung aufgelistet sind, schwierig seien. Sie unterlässt dabei aber eine Substantiierung, mit welchem Anteil die unter der Ziff. 9.3 zusammengefassten Tätigkeiten schwierig sind und mit welchem Anteil sie, isoliert betrachtet, nicht als schwierig anzusehen sind. In Ermangelung dieser Substantiierung lässt sich auch nicht klären, ob die Klägerin die Voraussetzung erfüllt, dass mindestens die Hälfte ihrer Gesamttätigkeit schwierig ist. Die Tätigkeiten laut Ziff. 9.3 der Tätigkeitsbeschreibung machen 51,28% der Gesamtarbeitszeit der Klägerin aus. Wenn auch nur kleine Anteile der Ziff. 9.3 nicht schwierig sind (bspw. die Prüfung der Lesbarkeit der Eintragungen, das Entfernen überzähliger Duplikate), kommt es letztlich auf die Frage, ob die verbliebenen Tätigkeiten schwierig sind, nicht mehr an.
- 55
bb) Die Klägerin hat auch zweitinstanzlich nicht hinreichend dargelegt, dass sie die Voraussetzung der Fallgruppe 2 der Entgeltgruppe 4 TV EntgO Bund erfüllt. Dazu wäre erforderlich, dass ihre Tätigkeit "mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse erfordert".
- 56
Zur Bejahung der "gründlichen Fachkenntnisse" sind nach der Protokollerklärung Nr. 6 nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises erforderlich. Nicht ausreichend ist es, bei der Bedienung von Gerätschaften die Bedienungsanleitung kennen zu müssen. Die Merkmale der Fallgruppe 2 heben Tätigkeiten aus dem Grundtatbestand der Entgeltgruppe 3 TV EntgO Bund heraus. Die Tätigkeit im Büro- und Innendienst erfordert notwendigerweise Kenntnisse von der Funktion der Maschinen, die hierzu eingesetzt werden. Wenn die Klägerin vorträgt, dass sie zur Erledigung ihrer Arbeit gründliche Fachkenntnisse des DV-Programms WEWIS und der institutseigenen DV-Entwicklungen "Fundstellendatenbank" und "Leitbelegerstellung" haben müsse, sind dies keine besonders hervorgehobenen Kenntnisse, sondern die Grundkenntnisse, die jeder benötigt, der im Rahmen der Tätigkeit nach Entgeltgruppe 3 TV EntgO Bund arbeiten will. Die Klägerin hätte darlegen müssen, inwieweit von ihr darüber hinausgehende besondere Kenntnisse verlangt werden, bspw. von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen. Dies hat sie nicht getan. Soweit die Klägerin der Ansicht ist, sie benötige bei den Tätigkeiten nach Ziff. 9.3 der Tätigkeitsbeschreibung gründliche Fachkenntnisse, hätte sie angeben müssen, bei welchen Tätigkeiten konkret gründliche Fachkenntnisse benötigt werden und wie deren Anteil an der Gesamtarbeit ist. Nur so hätte sie schlüssig die Überschreitung der Quote von mindestens 25% der Arbeiten darlegen können. Auch daran fehlt es.
III.
- 57
Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.
- 58
Die Zulassung der Revision ist mangels Vorliegens gesetzlicher Gründe nicht veranlasst (§ 72 Abs. 2 ArbGG).
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ArbGG § 69 Urteil 2x
- 4 AZR 11/13 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 64 Grundsatz 2x
- 2 Ca 1354/16 2x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung 1x
- ZPO § 519 Berufungsschrift 1x
- 4 AZR 702/12 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 520 Berufungsbegründung 1x
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x