Urteil vom Landgericht Aachen - 8 O 338/10
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger nimmt den Beklagten, der Rechtsanwalt ist, auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen bei Ausführungen anwaltlicher Tätigkeiten im Rahmen eines arbeitsrechtlichen Mandats in Anspruch.
3Der Kläger schloss am 14.07.2006 mit der L- GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin) einen Arbeitsvertrag, nach dem er ab dem 17.07.2006 befristet bis zum 31.01.2008 als Helfer in der Waschstraße der Arbeitgeberin beschäftigt sein sollte. Der Arbeitsvertrag sah vor, dass der Kläger bei einer Arbeitsleistung von 140 Stunden monatlich 1.500,00 € brutto erhalten sollte. Tatsächlich arbeitete der Kläger in der Folgezeit mehr als vertraglich vereinbart. Die Arbeitgeberin geriet von Beginn des Arbeitsverhältnisses an - teilweise - in Rückstand mit der Zahlung des Gehalts des Klägers.
4Das Amtsgericht Aachen ordnete mit Beschluss vom 06.08.2007 (Aktenzeichen: 92 IN 216/07) das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin an und bestellte Rechtsanwalt M zum vorläufigen Insolvenzverwalter.
5Die Arbeitgeberin erklärte zu einem vom Kläger nicht mitgeteilten Zeitpunkt die vorzeitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zum 31.10.2007 und begründete diese damit, dass der Arbeitsplatz des Klägers zum 31.10.2007 fortfalle.
6Der Beklagte erhob für den Kläger am 15.10.2007 Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Aachen, richtete die Klage jedoch nicht gegen die Arbeitgeberin, sondern den vorläufigen Insolvenzverwalter. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab und begründete dies damit, dass der vorläufige Insolvenzverwalter nicht passivlegitimiert sei. Da zwischenzeitlich die dreiwöchige Klagefrist abgelaufen war, konnte Kündigungsschutzklage gegen die Arbeitgeberin nicht mehr erhoben werden. Die Kündigung beendete daher das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2007.
7Am 14.10.2008 schlossen der Kläger und der Insolvenzverwalter vor dem Arbeitsgericht Aachen in dem unter dem Aktenzeichen 1 Ca 1643/07 h geführten Rechtsstreit einen gerichtlichen Vergleich, in dem Entgeltansprüche des Klägers für den Zeitraum Oktober 2006 bis Oktober 2007 zur Insolvenztabelle festgestellt wurden. Der Kläger beziffert diese mit insgesamt 32.989,50 € brutto. Davon in Abzug gebracht wurden in dem Vergleich Zahlungen, die der Kläger erhalten hatte, in Höhe von insgesamt 11.372,45 € netto.
8Der Kläger führte gegen den Beklagten einen Schadensersatzprozess vor dem Amtsgericht Geilenkirchen (Aktenzeichen: 10 C 498/09) und begehrte in jenem Rechtsstreit vom Beklagten Schadensersatz, weil er, der Kläger, nur 6 Monate Arbeitslosengeld erhalten hatte, aber für 8 Monate Arbeitslosengeld hätte erhalten können, wenn das Arbeitsverhältnis statt vorzeitig zum 31.10.2007 erst – wie damals mit der Arbeitgeberin vertraglich vereinbart – zum 31.01.2008 geendet hätte. Der Kläger machte geltend, der Kündigungsschutzprozess sei nur verloren gegangen, weil der hiesige Beklagte die Kündigungsschutzklage gegen den Falschen erhoben habe. Das Amtsgericht Geilenkirchen wies die Klage mit Urteil vom 29.07.2009 (Bl. 86 ff. der Beiakte AG Geilenkirchen) ab. Der Kläger legte gegen das Urteil Berufung ein. Das Landgericht Aachen verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 16.03.2010 (Aktenzeichen: 7 S 132/09, Bl. 165 ff. der Beiakte AG Geilenkirchen) zur Zahlung des begehrten Schadensersatzes.
9Mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 08.04.2010 forderte der Kläger den Beklagten erfolglos zur Leistung von Schadensersatz unter Fristsetzung bis zum 29.04.2010 auf.
10Mit seiner dem Beklagten am 25.09.2010 zugestellten Klage verfolgt der Kläger sein Schadensersatzbegehren wegen zweier angeblicher Pflichtverletzungen weiter. Er macht geltend, dass, wenn die Kündigungsschutzklage gegen die Arbeitgeberin gerichtet worden wäre, er mit dieser obsiegt hätte und das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.10.2007 geendet hätte. Der Arbeitsplatz des Klägers sei tatsächlich nicht weggefallen, die Stilllegung der Waschstraße sei zu keinem Zeitpunkt geplant gewesen. Vielmehr sei die Waschstraße durch die Firma T- GmbH weitergeführt worden, es habe ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vorgelegen. Alle zur Waschstraße gehörenden Betriebsmittel seien auf die T- GmbH übertragen worden, Arbeitskräfte der Arbeitgeberin, u.a. der Arbeitnehmer M1, seien übernommen worden. Deshalb wäre auch das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Firma T- GmbH übergegangen. Dies hätte dazu geführt, dass die Firma T- GmbH neben der (früheren) Arbeitgeberin als Gesamtschuldnerin auch für die zur Insolvenztabelle festgestellten Ansprüche des Klägers aus der Vergangenheit gehaftet hätte. Der Kläger behauptet, bei Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die T- GmbH hätte er für die Monate November 2007 bis Januar 2008 weiter Arbeitsentgelt bezogen. Dieses hätte 7.612,95 € betragen. Zuzüglich des Betrages aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich, der sich auf 32.989,50 € belaufe, hätte er damit Ansprüche in Höhe von 40.602,45 € brutto für den Zeitraum Oktober 2006 bis Januar 2008 gehabt. Diesen Betrag abzüglich gezahlter Nettobeträge in Höhe von insgesamt 11.372,45 € sei der Beklagte ihm zu ersetzen verpflichtet, weil der Kläger diesen Betrag von der Firma T- GmbH hätte verlangen können, wenn die Kündigungsschutzklage Erfolg gehabt hätte.
11Des Weiteren behauptet der Kläger, ihm hätten gegenüber der Arbeitgeberin noch Zahlungsansprüche aus der Urlaubskasse der T1-C in Höhe von 3.465,06 € zugestanden, die diese nicht an den Kläger weitergeleitet habe. Der Beklagte habe versäumt, diesen Betrag gegenüber dem Insolvenzverwalter einzuklagen und zur Insolvenztabelle feststellen zu lassen, obgleich er mehrfach hierauf durch den Kläger hingewiesen und aufgefordert worden sei, diesen Betrag klageweise geltend zu machen. Der Beklagte sei daher verpflichtet, dem Kläger diesen Betrag als Schadensersatz zu zahlen.
12Der Kläger beantragt,
131.
14den Beklagten zu verurteilen, an ihn 40.602,45 € brutto abzüglich gezahlter 11.372,45 € netto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.04.2010 zu zahlen;
152.
16den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 3.465,06 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
173.
18den Beklagten zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 1.096,43 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Der Beklagte bestreitet, dass ein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB stattgefunden habe. Konkrete Umstände, die dies begründen würden, habe der Kläger nicht dargelegt. Zudem habe der Kläger noch im Verfahren vor dem Amtsgericht Geilenkirchen vorgetragen, die Waschstraße sei von einer Firma H ## ##- ## GmbH & Co. KG weitergeführt worden. Auch habe der Kläger einen etwaigen Schaden der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt. Der Beklagte bestreitet, dass dem Kläger für die Monate Oktober 2006 bis Oktober 2007 Lohnforderungen in Höhe von 32.989,50 € brutto zugestanden hätten. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge könne der Kläger gegenüber dem Beklagten ohnehin nicht als Schaden geltend machen. Zudem bestreitet der Beklagte, dass dem Kläger für den Zeitraum Oktober 2006 bis Oktober 2007 nur 11.372,45 € zugeflossen seien. Es fehle an substantiiertem Vortrag zu aus der Insolvenzmasse bezogenen oder zu erwartenden Leistungen. Der Beklagte bestreitet, dass der Kläger bei Weiterbeschäftigung in den Monaten November 2007 bis Januar 2008 monatlich 2.537,65 € erzielt hätte. Zudem habe sich der Kläger ersparte Aufwendungen anrechnen zu lassen.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
23Die Akte des Amtsgerichts Geilenkirchen, Aktenzeichen: 10 C 498/08 (Berufung: Landgericht Aachen, Aktenzeichen: 7 S 132/09), hat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
24I.
25Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
261.
27Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 675 BGB auf Zahlung von 40.602,45 € brutto abzüglich gezahlter 11.372,45 € netto zu. Der Kläger hat Umstände, die die tatbestandlichen Voraussetzungen der vorgenannten Normen erfüllen, nicht schlüssig dargelegt.
28Zwar hat der Beklagte seine anwaltlichen Pflichten verletzt, denn er hat im Kündigungsschutzprozess statt der Arbeitgeberin, die die Kündigung ausgesprochen hat, den nicht passivlegitimierten vorläufigen Insolvenzverwalter verklagt. Der Kläger hat jedoch nicht schlüssig dargelegt, dass ihm durch diese Pflichtverletzung die geltend gemachten Schäden entstanden sind.
29Der Kläger begehrt vom Beklagten Zahlung für die Monate Oktober 2006 bis Oktober 2007 in Höhe von insgesamt 32.989,50 € brutto und für die Monate November 2007 bis Januar 2008 weitere 7.612,95 €, davon bringt der Kläger Zahlungen in Höhe von 11.372,45 € netto in Abzug.
30a)
31Der Kläger kann vom Beklagten keinen Schadensersatz für die Monate Oktober 2006 bis Oktober 2007 verlangen.
32Der Kläger macht geltend, wenn der Beklagte die Arbeitgeberin verklagt hätte, dann wäre die Kündigungsschutzklage erfolgreich gewesen. Es habe einen Betriebsübergang gemäß § 613a BGB gegeben. Deshalb würde der neue Arbeitgeber gesamtschuldnerisch mit der alten Arbeitgeberin haften, von diesem weiteren Schuldner hätte er Zahlung verlangen können.
33Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt der neue Inhaber gemäß § 613a Abs. 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Gemäß § 613a Abs. 2 BGB haften der alte und der neue Inhaber gesamtschuldnerisch für Verpflichtungen, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr ab diesem Zeitpunkt fällig werden. Für den Fall der Insolvenz gilt folgende Besonderheit: Geht der Betrieb nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über, haftet der Erwerber nicht für die vor Eröffnung entstandenen Verbindlichkeiten (BAG NZA 2009, 432 ff., zitiert nach: www.juris.de; Weidenkaff in: Palandt, BGB, 70. Auflage 2011, § 613a Rn. 8). Insoweit wird § 613a BGB teleologisch reduziert, soweit dieser mit den Grundsätzen der Insolvenzordnung/des Konkursverfahrens nicht zwanglos vereinbar ist. Dies begründet sich daraus, dass das Insolvenzverfahren von dem Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung beherrscht ist. Den besonderen Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmer tragen eine Reihe von Spezialregelungen, z.B. das Konkursausfallgeld, Rechnung. Würde die bei der Veräußerung eines Betriebs übernommene Belegschaft einen neuen zahlungskräftigen Haftungsschuldner für bereits entstandene Ansprüche erhalten, würde sie im Vergleich zu anderen Gläubigern unangemessen bevorzugt. Dieser Vorteil müsste von den übrigen Gläubigern dadurch finanziert werden, dass der Betriebserwerber den Kaufpreis mit Rücksicht auf die übernommene Haftung regelmäßig mindere. Eine derart ungleiche Verteilung der Lasten ist mit dem Insolvenzrecht nicht vereinbar. Daher gilt § 613a BGB bei einer Betriebsveräußerung in der Insolvenz nicht für die Abwicklung von Ansprüchen, die bei Insolvenzeröffnung bereits entstanden waren.
34Damit der neue Inhaber für die Entgeltschulden für den Zeitraum Oktober 2006 bis Oktober 2007 mit haften würde, müsste also aa) ein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB vorliegen, bb) dieser müsste vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelegen haben und cc) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger müsste zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch bestanden haben.
35aa)
36Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass überhaupt ein Betriebsübergang stattgefunden hat. Sein Vortrag zu einem etwaigen Betriebsübergang ist völlig vage geblieben und durch keinerlei konkrete Tatsachen untermauert. Es wird schon nicht deutlich, wer neuer Inhaber sein soll. Zwar hat der Kläger vorgetragen, neue Inhaberin sei die Firma T- GmbH. Nachdem der Beklagte darauf hingewiesen hat, dass der Kläger im vor dem Amtsgericht Geilenkirchen unter dem Aktenzeichen 10 O 498/08 geführten Verfahren vorgetragen habe, neue Inhaberin sei die Firma H ## ##- ## GmbH & Co. KG, hat der Kläger sich jedoch auf den Standpunkt gestellt, es sei letztlich ohne Relevanz, ob die Firma T- GmbH, die Firma T- oder die Firma H ## ##- ## GmbH & Co. KG neue Inhaberin sei. Diese Auffassung des Klägers teilt die Kammer nicht. Dem Kläger obliegt es vielmehr, Umstände, aufgrund derer von einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB auszugehen wäre, schlüssig darzulegen. Dies hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung erörtert. Dazu gehört die Angabe der neuen Inhaberin ebenso wie das Rechtsgeschäft, aufgrund dessen der Betriebsübergang erfolgt sein soll. Der Kläger hat jedoch auch in seinem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenem Schriftsatz vom 23.05.2011 keine konkreten Umstände dargelegt, die die Annahme rechtfertigen, dass der Betrieb der Arbeitgeberin zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund eines bestimmten Rechtsgeschäfts auf ein bestimmtes Rechtssubjekt übergegangen ist. Ein Betriebsübergang erfordert die Wahrung der ursprünglichen Identität der Einheit beim Erwerber, indem der Erwerber die Einheit im Wesentlichen unverändert fortführt; dies ist nicht der Fall, wenn ein Betrieb vollständig in die eigene Organisationsstruktur eines anderen Unternehmens eingegliedert wird (Weidenkaff in: Palandt, BGB, 70. Auflage 2011, § 613a Rn. 11). Zu diesen Aspekten fehlen jegliche konkrete Angaben. Die Übernahme von materiellen und immateriellen Betriebsmitteln sowie der Belegschaft sind lediglich einige Kriterien für einen Betriebsübergang (Weidenkaff a.a.O.).
37Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, das Landgericht Aachen habe auf die Berufung des Klägers hin in seinem Berufungsurteil vom 16.03.2010 (Aktenzeichen: 7 S 132/09) einen Betriebsübergang angenommen. Zum Einen nehmen die Urteilsgründe nicht an der Rechtskraft teil; tenoriert ist nur ein Zahlungsanspruch. Zum Anderen hat das Berufungsgericht in seinen Gründen lediglich ausgeführt, dass es die Überzeugung habe, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigungserklärung eine Stilllegung der Waschstraße nicht beschlossen und der Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers nicht zu erwarten war. Zu einem etwaigen Betriebsübergang gemäß § 613a BGB hat das Berufungsgericht keine Ausführungen gemacht.
38Ohne Erfolg bezieht sich der Kläger auf die gutachterliche Stellungnahme des Insolvenzverwalters. Unabhängig davon, dass die in Bezug genommene Stellungnahme die Behauptung des Klägers nicht stützt, macht diese Bezugnahme schlüssigen Sachvortrag des Klägers nicht entbehrlich.
39bb)
40Der Kläger hat keinen Zeitpunkt benannt, zu dem der angebliche Betriebsübergang erfolgt sein soll.
41Der Zeitpunkt müsste zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung und dem laut Arbeitsvertrag vorgesehenen Ende gelegen haben, damit der Anwaltsfehler überhaupt kausal dafür hätte werden können, dass dem Kläger für seine Ansprüche bis Oktober 2007 kein solventer zweiter Schuldner zur Verfügung steht. Zudem müsste der Betriebsübergang vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelegen haben, damit der neue Arbeitgeber gesamtschuldnerisch mit der alten Arbeitgeberin für die vor der Eröffnung entstandenen Verbindlichkeiten haftet. Zum konkreten Zeitpunkt fehlt indes jeglicher Vortrag des Klägers.
42cc)
43Da der Kläger nicht schlüssig dargelegt hat, dass überhaupt und gegebenenfalls wann ein Betriebsübergang stattgefunden hat, bedarf die weitere Voraussetzung, dass die Kündigungsschutzklage bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten erfolgreich gewesen wäre, keiner Erörterung.
44dd)
45Überdies hat der Kläger den behaupteten Schaden der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt. Die Feststellung zur Insolvenztabelle wirkt nicht im Verhältnis zum Beklagten. Gegenüber Dritten wirken die Feststellungen nicht, vgl. § 183 Abs. 1 InsO. Die Feststellung zur Tabelle entbindet den Kläger deshalb nicht von einer schlüssigen Schadensdarlegung. Die völlig pauschale Bezugnahme auf den vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich und auf im dortigen Prozess eingereichte Gehaltsabrechnungen ist hierfür nicht ausreichend. Ob der Kläger Anspruch auf das Bruttoarbeitsentgelt (abzüglich gezahlter Nettobeträge) oder nur auf das Nettoarbeitsentgelt (abzüglich gezahlter Nettobeträge) hätte, bedarf vor diesem Hintergrund keiner Erörterung.
46b)
47Der Kläger kann Zahlung für die Monate November 2007 bis Januar 2008 ebenfalls nicht verlangen.
48Insoweit ist bereits nicht deutlich geworden, ob bzw. wieweit der Kläger geltend macht, der - angeblich - neue Arbeitgeber hafte für vor dem - behaupteten - Betriebsübergang entstandene Verbindlichkeiten oder ob bzw. wieweit der Kläger geltend macht, der neue Arbeitgeber wäre (allein) zur Zahlung verpflichtet für nach dem Betriebsübergang entstandene Verbindlichkeiten.
49Soweit es um die gesamtschuldnerische Haftung des neuen Arbeitgebers mit der alten Arbeitgeberin geht, gelten die Ausführungen unter Punkt I. 1. a) gleichermaßen. Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass überhaupt ein Betriebsübergang erfolgt ist und wann dieser erfolgt sein soll.
50Eine Haftung der neuen Arbeitgeberin für nach Betriebsübergang entstandene Entgeltforderungen würde ebenfalls die schlüssige Darlegung erfordern, dass überhaupt ein Betriebsübergang erfolgt ist und wann dies geschehen ist. Da der Kläger konkrete Umstände hierzu nicht dargetan hat, bleibt die Klage auch insoweit ohne Erfolg.
51Überdies hat der Kläger den Schaden der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt. Eine nähere Erörterung ist jedoch entbehrlich, weil die Klage bereits aus vorgenannten Gründen unbegründet ist.
522.
53Dem Kläger steht gegen den Beklagten der mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachte Anspruch auf Zahlung in Höhe von 3.465,06 € nicht zu.
54Es kann dahinstehen, ob dem Kläger gegen die Arbeitgeberin ein Anspruch auf Auszahlung von 3.465,06 € zustand, den die T1-Can diese gezahlt und den die Arbeitgeberin nicht an den Kläger weitergeleitet hat, und ob der Beklagte es pflichtwidrig versäumt hat, diesen Betrag gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen und zur Insolvenztabelle feststellen zu lassen.
55Denn der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass ihm ein Schaden entstanden ist, weil der Beklagte den Anspruch nicht zur Insolvenztabelle angemeldet hat. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass es nicht mehr möglich sei, diesen Anspruch noch zur Insolvenztabelle anzumelden. Den Insolvenzgläubigern wird eine Frist gesetzt, binnen derer sie ihre Forderungen anzumelden haben, § 174 InsO. Danach findet ein Prüfungstermin statt, § 176 InsO. Die Anmeldefrist ist jedoch keine Ausschlussfrist; vielmehr können Insolvenzgläubiger ihre Forderung auch noch nach Ablauf der Frist und auch noch nach dem Prüfungstermin anmelden - und zwar bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens (Nowak in: Münchener Kommentar, InsO, 2. Auflage 2008, § 177 Rn. 2). Die nachträgliche Anmeldung regelt § 177 InsO. In diesen Fällen ist ein weiterer Prüfungstermin anzuberaumen oder es erfolgt eine Prüfung im schriftlichen Verfahren. Der Kläger behauptet nicht, dass das Insolvenzverfahren bereits abgeschlossen sei. Daher ist nicht ersichtlich, dass der Kläger gehindert ist, diese Forderung gegen die Arbeitgeberin zur Tabelle feststellen zu lassen.
563.
57Mangels Begründetheit der geltend gemachten Hauptforderungen stehen dem Kläger die geltend gemachten Nebenforderungen (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsen) ebenfalls nicht zu.
58II.
59Der Schriftsatz des Klägers vom 23.05.2011 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung gemäß § 156 ZPO.
60III.
61Die Kostenentscheidung hat ihre rechtliche Grundlage in § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
62Streitwert:
63Klageantrag zu 1): 29.230,00 € (40.602,45 € ./. 11.372,45 €)
64Klageantrag zu 2): 3.465,06 €
65Klageantrag zu 3): ----
66gesamt: 32.695,06 €
67G M G
68für die wegen urlaubsbedingter Abwesenheit
69an der Unterschriftsleistung gehinderte
70Vorsitzende Richterin am Landgericht Q
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Referenzen
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