Beschluss vom Landgericht Aachen - 66 Qs 32/21
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 07.07.2021 - Az. 440 Cs 172/21 - aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die der Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
1
Gründe:
2I.
3Das Amtsgericht Aachen erließ am 19.04.2021 Strafbefehl gegen die Angeklagte, in dem es gegen diese eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 15,00 € wegen Diebstahls festsetzte. Die Zustellung des Strafbefehls erfolgte ausweislich der Zustellungsurkunde vom selben Tag am 21.04.2021.
4Am 05.05.2021 teilte die Angeklagte telefonisch gegenüber der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit, dass sie Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen wolle, wozu sie fristwahrend ein Schreiben nachreichen werde. Mit E-Mail vom selben Tag übersandte die Angeklagte sodann u.a. eine Bilddatei, die ein unterzeichnetes Einspruchsschreiben enthielt. Dieses Schreiben wurde noch am 05.05.2021 durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ausgedruckt und zur Akte genommen.
5Mit Beschluss vom 07.07.2021, der Angeklagten zugestellt am 20.07.2021 hat das Amtsgericht Aachen den Einspruch des Angeklagten mit der Begründung verworfen, dass ein formgerechter Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist nicht eingegangen sei.
6Der Verteidiger der Angeklagten hat mit Schriftsatz vom 29.07.2021, eingegangen am selben Tag, sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 07.07.2021 eingelegt und diese näher begründet.
7II.
81.
9Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft (§§ 411 Abs. 1 S. 1, 46 Abs. 3 StPO) und fristgerecht eingelegt worden (§§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO).
102.
11Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
12Entgegen der Annahme in der angefochtenen Entscheidung ist der Einspruch am 05.05.2021 form- und fristgerecht durch die Angeklagte eingelegt worden im Sinne des § 410 Abs. 1 S. 1 StPO. Denn innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 410 Abs. 1 S. 1 StPO ging der Einspruch der Angeklagten in schriftlicher Form beim Amtsgericht Aachen ein. Die Kammer schließt sich insoweit der Auffassung des LG Hechingen (Beschluss v. 22.06.2020, 3 Qs 45/20, zitiert nach juris) an und erachtet bei der Einlegung eines Rechtsbehelfs per Bilddatei im Anhang einer E-Mail das Schriftformerfordernis der StPO als erfüllt, sofern diesem Dokument in einer jeden Zweifel ausschließender Weise der Urheber und dessen Willen entnommen werden kann, was vorliegend zu bejahen ist. Denn unter Berücksichtigung des vorangegangenen Telefonats, der mit der E-Mail gleichfalls übersandten persönlichen Schriftstücke (Lohn- und Gehaltsabrechnung für April 2021 und Bescheid des jobcenters vom 24.02.2021) sowie der unterzeichneten Mitteilung der Einspruchseinlegung bestehen keine Zweifel daran, dass die Angeklagte selbst durch Übersendung der E-Mail vom 05.05.2021 Einspruch gegen den Strafbefehl vom 19.04.2021 einlegen wollte. Die Frage, ob für eine form- und fristgerechte Einlegung eines Rechtsbehelf durch Übersendung einer Bilddatei im Anhang einer E-Mail die Bilddatei innerhalb der Frist ausgedruckt worden sein muss (vgl. hierzu LG Gießen, NStZ-RR 2015, 344 m.w.N.), kann offenbleiben, da eben ein solcher Ausdruck am 05.05.2021 innerhalb der Einspruchsfrist erfolgte.
133.
14Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO analog.
15A |
B |
C |
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- StPO § 46 Zuständigkeit; Rechtsmittel 1x
- StPO § 410 Einspruch; Form und Frist des Einspruchs; Rechtskraft 2x
- StPO § 311 Sofortige Beschwerde 1x
- 3 Qs 45/20 1x (nicht zugeordnet)
- StPO § 411 Verwerfung wegen Unzulässigkeit; Termin zur Hauptverhandlung 1x
- 440 Cs 172/21 1x (nicht zugeordnet)
- StPO § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung 1x
- StPO § 306 Einlegung; Abhilfeverfahren 1x