Urteil vom Landgericht Duisburg - 22 O 100/15
Tenor
Die einstweilige Verfügung vom 02.12.2015 wird bestätigt.
Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die
Verfügungsbeklagte.
1
T a t b e s t a n d :
3Die Verfügungsbeklagte ist beim Amtsgericht Duisburg unter HRB ##### mit Sitz in Oberhausen eingetragen. In ihrer Satzung (Anlage K 8 zur Antragsschrift) ist in § 7 Ziffer 3 geregelt, dass für ordentliche und außerordentliche Gesellschafterversammlungen mit Einwilligung aller Gesellschafter auf Form und Frist verzichtet werden kann. Gemäß § 7 Ziffer 6 können einstimmige Gesellschafterbeschlüsse auch mit Einwilligung aller Gesellschafter auch telefonisch, telegrafisch, schriftlich oder mündlich ohne förmliche Gesellschafterversammlung gefasst werden, soweit dies grundsätzlich zulässig ist.
4Gemäß § 11 Ziffer 1 bedarf die Veräußerung, Übertragung, Beleihung oder Verpfändung von Geschäftsanteilen der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung.
5Seit dem 30.07.2010 wurden die Geschäftsanteile an der Beklagten von der Klägerin mit einem Nennbetrag von 140.000,00 DM (entspricht 93,33 % des Stammkapitals) und von Herrn S einem Nennbetrag von 10.000,00 DM (entspricht 6,67 % des Stammkapitals) gehalten.
6Mit Übertragungsvertrag vom 04.11.2015 (Anlage K 7 zur Antragsschrift) trat die Verfügungsklägerin, vertreten durch den seinerzeit als Einzelprokurist im Handelsregister eingetragenen Herrn D, ihren Geschäftsanteil an der Beklagten der diese Abtretung annehmenden Frau T ab.
7Am 19.11.2015 ging beim Handelsregister eine neue Gesellschafterliste der Verfügungsbeklagten ein (Anlage K 5 zur Antragsschrift), wonach die neue Gesellschafterstruktur aus Frau T und Herrn S bestehen soll.
8Durch Beschluss vom 23.07.2014 war Herr G zum Geschäftsführer der Verfügungsklägerin bestellt und am 25.08.2014 im Handelsregister eingetragen worden.
9Durch Beschluss im Rahmen einer Gesellschafterversammlung der Verfügungsklägerin vom 30.09.2015, an der Frau T und Frau C mitwirkten, wurde Herr G abbestellt und Frau C zur neuen Geschäftsführerin der Klägerin bestellt.
10Im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Duisburg,
11Az. 21 O 82/15, machte der nicht zu dieser Versammlung geladene Herr Q die Nichtigkeit des Beschlusses über die Änderung der Vertretungsverhältnisse in der Person der Verfügungsklägerin mit der Begründung geltend, er sei Gesellschafter der Klägerin.
12Durch Urteil des Landgerichts Duisburg vom 05.11.2015 (Anlage K 10 zur Antragsschrift) wurde Frau C die Befugnis entzogen, die Geschäfte der Klägerin zu führen und diese zu vertreten, bis zum Vorliegen einer in einem Hauptsacheverfahren zumindest vorläufig vollstreckbaren Entscheidung über die Unwirksamkeit der Bestellung zur Geschäftsführerin. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass bis zum Vorliegen einer in einem Hauptsacheverfahren zumindest vorläufig vollstreckbaren Entscheidung über die Wirksamkeit des Widerrufs der Bestellung des Herrn G als Geschäftsführer der hiesigen Klägerin, dieser einstweilen befugt ist, deren Geschäfte zu führen und diese zu vertreten.
13Gegen diese Entscheidung ist Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt worden, über die noch nicht entschieden ist.
14Die Verfügungsklägerin trägt vor, die Übertragung der Geschäftsanteile gemäß dem Vertrag vom 04.11.2015 an Frau T sei mangels vorheriger Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung der Beklagten unwirksam; eine entsprechende Gesellschafterversammlung habe nicht stattgefunden; jedenfalls hätte zu dieser ihr gesetzlicher Vertreter geladen werden müssen.
15Durch Beschluss vom 02.12. hat das Gericht im Wege der einstweiligen Verfügung antragsgemäß angeordnet, die Verfügungsbeklagte wird verpflichtet, durch ihren Geschäftsführer unverzüglich beim zuständigen Handelsregister eine Gesellschafterliste einzureichen, die als Gesellschafterbestand sie selbst mit einem Nennwert des Geschäftsanteils in Höhe von 140.000,00 DM (Nr. 1 des Geschäftsanteils) und Herr S mit einem Nennbetrag des Geschäftsanteils in Höhe von 10.000,00 DM (Nr. 2 des Geschäftsanteils) ausweist.
16Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 15.12.2015 Widerspruch eingelegt.
17Die Verfügungsklägerin beantragt,
18die einstweilige Verfügung vom 02.12.2015 zu bestätigen.
19Die Verfügungsbeklagte beantragt,
20die einstweilige Verfügung vom 02.12.2015 aufzuheben und den auf ihren
21Erlass gerichteten Antrag vom 01.12.2015 zurückzuweisen.
22Sie trägt vor, im Rahmen einer Gesellschafterversammlung am 04.11.2015, die ohne Einladung stattgefunden habe, sei ein Gesellschafterbeschluss gefasst worden, nach dem der Übertragung des von der Verfügungsklägerin gehaltenen Geschäftsanteil an ihr, der Verfügungsbeklagten, in Höhe von nominal 140.000,00 DM an Frau T zugestimmt werde. Insoweit hat sie eine entsprechende Beschlusskopie zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 52 GA.). Dabei sei die Verfügungsklägerin von Herrn D vertreten worden.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten hin war die erlassene einstweilige Verfügung auf ihre Rechtsmäßigkeit hin zu überprüfen; dies führt zu ihrer Bestätigung.
26I.
27Die Klägerin ist weiterhin Gesellschafterin der Beklagten. Der Übertragungsvertrag vom 04.11.2015 (Anlage K 7 zur Antragsschrift) ist wegen Verstoßes gegen § 11 Ziffer 1 der Satzung der Beklagten (Anlage K 8 zur Antragsschrift) unwirksam.
28Nach dieser Vorschrift bedarf die Veräußerung, Übertragung, Beleihung oder Verpfändung von Geschäftsanteilen der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung.
29Hieran fehlt es, selbst wenn man mit dem Beklagtenvorbringen davon ausgeht, dass am 04.11.2015 eine entsprechende Gesellschafterversammlung stattgefunden hat. Denn ein dort gefasster Zustimmungsbeschluss wäre nichtig.
301.)
31Ist ein Gesellschafter nicht zur Gesellschafterversammlung geladen worden und sind auch nicht sämtliche Gesellschafter anwesend, ist ein Beschluss, der in einer solcher Versammlung entgegen § 51 Abs. 3 GmbHG gefasst worden ist, nichtig (BayObLG, GmbHR 1993, 223, 224). Da die bloße Anwesenheit der Gesellschafter oder ihrer Vertreter zur Vermeidung nichtiger Beschlüsse aber nicht genügt, vielmehr zusätzliches Einverständnis erforderlich ist, dass die Versammlung Beschlüsse fasst, kann das dafür erforderliche Einvernehmen auch nur vom gesetzlichen Vertreter erklärt werden (BayObLG, GmbHR, 223, 224); Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2. Auflage, 2014, § 51 GmbHG, Rn. 24). Denn für den geschäftsunfähigen Gesellschafter übt der gesetzliche Vertreter das Stimmrecht aus und gibt erforderliche Willenserklärungen ab (BayObLG, GmbHR, 1993, 223, 224).
32Vorliegend war der gesetzliche Vertreter der Verfügungsklägerin aber unstreitig bei der von der Verfügungsbeklagten behaupteten Versammlung am 04.11.2015 gerade nicht anwesend. Vielmehr soll sie dort durch den Prokuristen D vertreten worden sein, also einen rechtsgeschäftlichen Vertreter, was nach dem Vorgesagten nicht reicht.
33Jede andere Betrachtung würde auch zu Wertungswidersprüchen dazu führen, dass bei gesetzlich vertretenen Gesellschafters, wie der Verfügungsklägerin, die Einladung zu einer Gesellschafterversammlung an diese, vertreten durch den gesetzlichen Vertreter geht (Scholz/Seibt, GmbHG, 11. Aufl., 2012-2015, § 51 GmbhG, Rdnr. 7). Dementsprechend ist die Einladung zur Gesellschafterversammlung in solchen Fällen nur wirksam, wenn sie an einen gesetzlichen Vertreter ergeht (BayObLG, GmbHR,1993, 223, 224).
34Wenn § 51 Abs. 3 GmbHG für die Fälle, in denen es an einer ordnungsgemäßen Berufung der Versammlung fehlt, eine Heilungsmöglichkeit vorsieht, kann dann aber hinsichtlich der Frage, wessen Einvernehmen erforderlich ist, - spiegelbildlich - keine andere Zuständigkeitskompetenz bestehen. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass der gesetzliche Vertreter planmäßig umgangen werden könnte.
35Darauf, dass die Stimmabgabe selber grundsätzlich durch einen rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter zulässig ist (Roth/Altenmeppen/Roth, GmbHG, 8. Auflage, 2015, § 47 GmbHG, Rn. 30), kommt es nicht an. Vorliegend steht alleine die – insoweit vorgelagerte – Frage in Rede, ob eine ordnungsgemäß berufene Versammlung vorliegt oder gegebenenfalls § 51 Abs. 3 GmbHG eingreift.
362.)
37Aus dem Vorgesagten folgt, dass auch die Voraussetzungen von § 7 Ziffer 3 der Satzung der Verfügungsbeklagten nicht gegeben sind. Es ist nicht mit Einwilligung aller Gesellschafter auf Form und Frist verzichtet worden. Unabhängig von der Frage, ob entsprechendes überhaupt zulässig wäre (vgl. Scholz/Seibt, GmbHG, 11. Aufl., 2012-2015, § 51 GmbHG, Rdnr. 3 f.), ist nicht ersichtlich, dass in der vorgenannten Satzungsregelung etwas von den vorstehenden Grundsätzen Abweichendes geregelt werden sollte. Dementsprechend führt auch § 7 Ziffer 6 der Satzung nicht zu einem anderen Ergebnis.
383.)
39Darauf, dass die Verfügungsklägerin auch deshalb nicht wirksam durch den Prokuristen vertreten worden sein könnte, weil die Zustimmung zur Anteilsveräußerung ein Grundlagengeschäft darstellen könnte, das grundsätzlich nicht unter die Prokura fällt (vgl. OLG Düsseldorf, NZG, 2012, 1223; Ebenroth/Bouillon/Jost/Strohn, HGB, 3. Auflage, 2014, § 49 HGB, Rn. 13; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Auflage, 2014, § 49 HGB, Rn. 2), kommt es daher nicht einmal an.
40II.
41Der Verfügungsgrund ergibt sich bereits aus § 16 GmbHG
42III.
43Das Gericht hat die Ausführungen der Verfügungsbeklagten mit Schriftsatz vom 04.01.2016 zur Kenntnis genommen. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, rechtfertigen sie keine andere Beurteilung.
44IV.
45Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
46gez. L
47Vorsitzender Richter am Landgericht
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Referenzen
- Urteil vom Landgericht Duisburg - 21 O 82/15 1x
- GmbHG § 51 Form der Einberufung 6x
- HGB § 49 2x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- GmbHG § 47 Abstimmung 1x
- GmbHG § 16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter oder Veränderung des Umfangs ihrer Beteiligung; Erwerb vom Nichtberechtigten 1x