Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 14c O 226/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Verkündet am 16.01.2014 , Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle |
||
Landgericht Düsseldorf IM NAMEN DES VOLKES Urteil |
||
In dem Rechtsstreit
3pp.
4hat die 14 c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorfauf die mündliche Verhandlung vom 05.11.2013durch
5für R e c h t erkannt:
6Die Klage wird abgewiesen.
7Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
8Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
9T a t b e s t a n d :
10Die Klägerin nimmt die Beklagte zum einen im Wege der Teilklage auf Schadensersatz wegen eines angeblichen faktischen Lieferboykotts sowie zum anderen auf Rückzahlung des Kaufpreises für Fernseher infolge einer Anfechtung des Kaufvertrages in Anspruch.
11Die Parteien stehen seit 2010 in einer Geschäftsbeziehung, in deren Rahmen die Klägerin von der Beklagten Elektroartikel der Marke „xx“ aus dem Bereich Home Entertainment zum Zwecke des Weiterverkaufs erwirbt. Dabei nimmt die Klägerin insbesondere Restposten ab und vertreibt diese überwiegend an den Möbel- und Einrichtungshandel. Ausweislich einer sog. Jahresvereinbarung für das Geschäftsjahr 2010 vom 15.09.2010 (Anlage K 1) gewährte die Beklagte der Klägerin für solche Produkte einen Funktionsrabatt von 18 % auf Basis der gültigen Preisliste direkt auf die Rechnung und einen Quartalsbonus von 3,3 % vom Netto-Warenwert. Nach der Zusatzvereinbarung vom 31.03.2010 (Anlage K 2) war weiterhin eine sog. Steigerungsvergütung bei einem Umsatz ab 500.000,-- € von 2 % und ein Werbebudget in Höhe von 2,5 % fix jeweils ausgehend vom Netto-Warenwert vereinbart. Diese Vereinbarungen wurden zunächst auch über das Geschäftsjahr 2010 hinaus zwischen den Parteien praktiziert. Die Beklagte verwies in ihren Angeboten und Rechnungen an die Klägerin (etwa Anlagen B 1 und B 2) stets auf ihre als Anlage B 3 vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), Stand 08.02.2010.
12Anfang September 2011 erhielt die Beklagte Kenntnis davon, dass die Klägerin von der Beklagten gekaufte Ware an das Unternehmen xxx in Brügge, Belgien verkauft hatte, was einen Verkauf im belgischen Einzelhandel zur Folge hatte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde die Klägerin bei der Beklagten auf einer sog. Hold-Liste geführt, deren Bedeutung im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist. Im November 2011 erhielt sodann die Beklagte von einem Verkauf von Waren durch die Klägerin nach Schweden Kenntnis.
13Am 27.02.2012 verkaufte die Beklagte an die Klägerin 400 Stück Fernseher des Modells 37LV3550 zu einem Kaufpreis in Höhe von 171.445,68 brutto und gewährte vom Kaufpreis 3 % Skonto, 2,5 % Werbekostenzuschuss und 2 % Jahresbonus gemäß dem Angebot vom 24.02.2012 (Anlage B 1). Mit E-Mail vom 12.03.2012 (Anlage K 5) forderte der Geschäftsführer der Klägerin die Beklagte auf, die Fernseher wieder abzuholen, da sie ohne den zu diesem Zeitpunkt gültigen weiteren Rabatt von über 4 % verkauft worden seien. Tatsächlich hatte die Beklagte kurz nach dem Verkauf an die Klägerin das Fernsehmodell mit einem weiteren Rabatt von 4 % an xx, einen Einkaufsverbund von über 11.300 Elektronikfachhändlern, verkauft.
14Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei ihr zum Ersatz des durch nicht getätigte Geschäfte entgangenen Gewinns verpflichtet, da die Beklagte sie zur Durchsetzung von kartellrechtswidrigen Verkaufsverboten in das Ausland und über das Internet mit einem Boykott belegt habe. Sie behauptet diesbezüglich, sie sei erst in Folge des Verkaufs nach Brügge auf die Hold-Liste gesetzt worden, was bedeute, dass mit ihr keine Geschäfte mehr getätigt werden sollten. Der Vertrieb ins Ausland und der Vertrieb über Internet – jedenfalls unterhalb der unverbindlichen Preisempfehlung – seien von der Beklagten ausdrücklich nicht gewünscht. So habe der Mitarbeiter der Beklagten xx dem Geschäftsführer der Klägerin telefonisch am 06.10.2011 ausdrücklich eine entsprechende Anweisung erteilt. Die Klägerin verweist insoweit insbesondere auf die als Anlage K 2 vorgelegte E-Mail des Herrn xx vom 01.06.2011 und die vom Geschäftsführer der Klägerin an die Beklagte übersandten E-Mails vom 13.-16.09.2011 (Anlagenkonvolut K 3). Nach Bekanntwerden des Verkaufs von Waren nach Schweden sei sie Ende November 2011 erneut auf die Hold-Liste gesetzt und bis Ende Dezember 2011 nicht mehr beliefert worden. Danach seien ihr zwar formale Angebote zur Lieferung von Waren unterbreitet worden, aber zu solchen Preisen, die es der Klägerin unmöglich gemacht hätten, die Ware weiter zu veräußern. Zu den von der Beklagten im Jahr 2012 unterbreiteten Angeboten, die mit unterschiedlichen Rabatten versehen waren, wird auf den Vortrag der Klägerin auf Bl. 5 ff. des nachgelassenen Schriftsatzes vom 03.12.2013 (Bl. 114 ff. GA) verwiesen. Die Überteuerung der Angebote sei im März 2012 auch ausdrücklich durch den Mitarbeiter der Beklagten xxx bestätigt worden. Einzelhändler wie auch andere Großhändler hätten die der Klägerin angebotenen Waren der Beklagten bereits erheblich günstiger als die Klägerin bei der Beklagten selbst beziehen können. Durch den faktischen Lieferboykott habe die Beklagte die betroffenen Unternehmen zu einem konformen Verhalten zwingen wollen. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte gegen die Händlerin G 2000 Handel GmbH wegen vergleichbarer Verstöße eine Liefersperre verhängt und diese nach der Zusage der Firma, nur noch an den Teleshopping-Sender xxx zu liefern, wieder aufgehoben habe.
15Zur Schadenshöhe behauptet die Klägerin, ihr sei unter Zugrundelegung eines monatlichen Umsatzes mit der Beklagten von 4 Mio. € monatlich im Zeitraum von Dezember 2011 bis August 2012 ein Umsatz von 36 Mio. entgangen. Die Umsatzerwartung gründe sich auf eine Fortschreibung der Umsatzsteigerung von einem Jahresumsatz von ca. 1,74 Mio. € im Jahr 2010 auf ca. 7,688 Mio. € im Jahr 2011. Ausgehend von einer Gewinnmarge von 7,5 %, die sich aus den als Anlagenkonvolut K 38 vorgelegten Rechnungen ergebe, und nach Abzug der ersparten monatlichen Aufwendungen von 5.000,-- € errechne sich ein entgangener Gewinn von 2.655.000,-- €, von dem die Klägerin im Wege der Teilklage einen Betrag von 100.000,-- € mit dem Klageantrag zu 1. geltend mache.
16Die Klägerin behauptet weiterhin, anlässlich des Verkaufs von 400 Fernsehern am 27.02.2012 habe der Mitarbeiter der Beklagten xxx zugesichert, dass der von der Beklagten geforderte Kaufpreis der günstigste Preis für die besagten Fernseher wäre, den die Beklagte ihren Kunden anbieten könne und auch tatsächlich anbiete, was angesichts des xxx zusätzlich gewährten Rabattes unzutreffend sei. Sie habe deshalb die Fernseher nicht verkaufen können. Infolge der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei der Vertrag rückabzuwickeln, wie mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemacht.
17Die Klägerin beantragt,
181.
19die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von 100.000,-- € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 11.01.2013 zu zahlen;
202.
21die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 171.445,68 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 11.01.2013 Zug um Zug gegen Rückgabe der von der Beklagten an die Klägerin gelieferten 400 Stück Fernseher des Modells 37LV3550 zu zahlen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagte behauptet, sie habe weder der Klägerin noch anderen Abnehmern die Lieferung ins Ausland oder an Internethändler verboten, wie sich bereits der E-Mail des Herrn xxx vom 13.09.2011 (Anlage B 4) sowie der unstreitigen Tatsache, dass der Großkunde der Beklagten xxx LG-Produkte über seinen Online-Shop verkaufe (Anlage B 7), entnehmen lasse. Sie habe auch nicht die Belieferung der Klägerin verweigert. Sie sei über den Verkauf an den belgischen Einzelhandel ungehalten gewesen, weil die der Klägerin gewährten Konditionen auf deren Angabe beruhten, die Produkte an Sonderabnehmer im Bereich der Möbelindustrie bzw. des Möbelhandels abzusetzen, wo diese als Incentive für geschätzte Kunden dienen sollten, was für die Beklagte als Maßnahme zur Förderung der Bekanntheit der Marke xx sehr attraktiv gewesen sei. Die Hold-Liste stelle lediglich eine Liste von Geschäftspartnern dar, mit denen die Zusammenarbeit schwierig sei und die entsprechend im Warenwirtschaftssystem gekennzeichnet werden müssten, um eine Zuleitung von Aufträgen an die entsprechenden Sachbearbeiter zu gewährleisten. Die Klägerin sei bereits ab 2009 wegen ihrer Kreditwürdigkeit auf dieser Liste geführt gewesen. Sie unterbreite der Klägerin Angebote zu Marktpreisen. Soweit die Beklagte seit 2012 ihren Abnehmern nicht mehr in gleicher Weise preislich entgegenkomme wie in den vorangegangen Jahren, so habe dies seine Ursache in einer geschäftspolitischen Entscheidung der Konzernzentrale, als deren Folge insbesondere weniger Restposten zur besonders preisgünstigen Abgabe zur Verfügung stünden. Es sei im Übrigen nachvollziehbar, dass xx als Einkaufsverbund andere Konditionen erhalte als die Klägerin, das hier streitgegenständliche Angebot sei im Übrigen nur zeitlich befristet anlässlich einer Hausmesse gemacht worden.
25Die Beklagte ist der Ansicht, die von der Klägerin vorgetragenen zu erwartenden Umsätze entbehrten angesichts schwankender Umsätze jeder Grundlage. Gewinnmarge und monatliche Kosten bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen. Hiervon abgesehen hätte die Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, da sie ihre Kapazitäten anderweitig hätte einsetzen müssen. Auch sei in Ziff. 9 b) ihrer AGB, deren Einbeziehung in den Vertrag die Klägerin bestreitet, eine Haftung für entgangenen Gewinn ausgeschlossen.
26Die Beklagte behauptet, der Preis im Angebot über die 400 Fernseher vom 24.02.2012 (Anlage B 1) entspreche dem gültigen Listenpreis. Am 24.02.2012 habe ihr Mitarbeiter xxx noch nicht gewusst, dass ein Kollege der xxx einen größeren Rabatt einräumen würde. Er habe auch keine Zusagen bezüglich des „günstigsten Preises“ gemacht, was der Geschäftsführer der Klägerin in seinen E-Mails vom 12. und 13.05.2012 (Anlagen K 4 und 5) demgemäß auch nicht moniert habe.
27Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Ausführungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
29Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
30I.
31Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte wegen einer kartellrechtswidrigen Anwendung von Druckmitteln aus den §§ 33 Abs. 3, 21 Abs. 2 GWB, wie mit dem Klageantrag zu 1. im Wege der Teilklage geltend gemacht.
321.
33Die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches in Form von entgangenem Gewinn ist allerdings nicht schon, wie die Beklagte meint, durch Ziff. 9 b) ihrer AGB ausgeschlossen. Ziff. 9 b) der AGB der Beklagten in der Fassung vom 08.02.2010 (Anlage B 3) lautet:
34„Unsere Haftung für Schäden, die dem Käufer durch unseren Verzug entstanden sind, beschränkt sich bei leichter Fahrlässigkeit auf 10 % des vereinbarten Kaufpreises. Keinesfalls haften wir jedoch für entgangenen Gewinn und sonstige Vermögensschäden des Verkäufers.“
35Zwar sind die AGB der Beklagten Vertragsgegenstand der zwischen den Parteien geschlossenen Kaufverträge geworden. Denn die Klägerin ist dem Vortrag, dass die AGB jeweils Gegenstand von Angebot und Rechnungen der Beklagten waren, nicht substantiiert entgegengetreten. Der Haftungsausschluss für entgangenen Gewinn bezieht sich jedoch nach dem Wortlaut von Ziff. 9 b) der AGB nur auf Verzugsschäden, da sich der Haftungsausschluss in Ziff. 9 b) S. 2 ersichtlich auf Ziff. 9 b) S. 1 bezieht. Die Klägerin macht vorliegend aber keinen Verzugsschaden, sondern einen kartellrechtlichen Schadensersatzanspruch geltend. Hiervon abgesehen wäre nach § 309 Nr. 7 b) BGB ein Haftungsausschluss durch AGB für Schäden, die auf einer vorsätzlichen Pflichtverletzung des Verwenders beruhen, ausgeschlossen. Dies gilt auch zwischen Unternehmern (vgl. hierzu Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 309 Rz. 55 f.).
362.
37Die Klägerin hat jedoch das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 2 GWB nicht schlüssig vorgetragen.
38Nach § 21 Abs. 2 GWB dürfen Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen anderen Unternehmen keine Nachteile androhen oder zufügen und keine Vorteile versprechen oder gewähren, um sie zu einem Verhalten zu veranlassen, das nach dem GWB oder nach einer auf Grund des GWB ergangenen Verfügung der Kartellbehörden nicht zum Gegenstand einer vertraglichen Bindung gemacht werde darf (Tatbestand der Anwendung von Druck- und Lockmitteln).
39a)
40Vorliegend fehlt es bereits an der substantiierten Darlegung, dass die Beklagte der Klägerin einen Nachteil im Sinne des § 21 Abs. 2 GWB angedroht oder zugefügt hat.
41Die Klägerin hatte zunächst geltend gemacht, durch die Aufnahme in die sog. Hold-Liste mit einer Liefersperre belegt worden zu sein. Sie hat im Verfahrensverlauf auf den Hinweis der Beklagten auf gleichwohl erfolgte Angebote und Lieferungen seit Dezember 2011 sodann geltend gemacht, dass es jedenfalls zu einer faktischen Liefersperre gekommen sei. Diese sei dadurch begründet worden, dass die der Klägerin von der Beklagten gemachten Angebote gegenüber den anderen Abnehmern gemachten Angeboten derart geringe Rabatte ausgewiesen hätten, dass sich ein Bezug von Waren der Beklagten für die Klägerin wirtschaftlich nicht mehr gelohnt habe.
42Eine derartige faktische Liefersperre würde innerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung zwar jeweils einen Nachteil im Sinne des § 21 Abs. 2 GWB darstellen (vgl. Imenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 21 Rz. 59). Die Verhängung einer solchen Liefersperre durch eine systematische Verschlechterung der ihr von der Beklagten gewährten Konditionen hat die Klägerin indes auch auf den Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung am 05.11.2013, dass der faktische Lieferstopp nicht hinreichend substantiiert vorgetragen sei, nicht schlüssig dargelegt. Denn es fehlt an substantiiertem Vortrag dazu, dass die Angebote, die die Beklagte der Klägerin ab Dezember 2011 unterbreitet hat, unabhängig von der Bedeutung der von der Beklagten geführten sog. Hold-Liste tatsächlich gegenüber den an vergleichbare Abnehmer gerichteten Angeboten der Beklagten so schlechte Konditionen vorgesehen hätten, dass sich der Kauf für die Klägerin wirtschaftlich nicht mehr gelohnt hat.
43Zwar hat die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 03.12.2013 zu den ihr von der Beklagten in den Jahren 2012 und 2013 gemachten Angeboten unter Vorlage der Angebotsschreiben des Herrn xxx vom 07.03.2012, 16.07.2013, 24.09.2012 und 20.02.2013 als Anlagen K 16, 17, 19 und 20 näher vorgetragen. Daraus ergibt sich bezüglich der Angebote vom 07.03.2012 und 20.02.2013, dass der Klägerin keinerlei Rabatte gewährt worden sind. Gegenstand des Angebots vom 16.07.2012 war die Gewährung eines Rechnungsrabatts von 18 % und eines Sonderrabattes von 8,7 %, das Angebot vom 24.09.2012 sah einen Rechnungsrabatt von 10 % vor. Unstreitig ist, dass die Beklagte die im Klageantrag zu Ziff. 2 aufgeführten Fernseher am 24.02.2012 mit einem Rabatt in Höhe von insgesamt 7,5 % angeboten hat.
44Eine systematische Schlechterstellung der Klägerin gegenüber anderen Abnehmern ergibt sich indes nicht schon daraus, dass die Beklagte der Klägerin die in früheren Jahren gewährten Rabatte nicht oder jedenfalls teilweise nicht gewährt hat. Es ist unstreitig geblieben, dass eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien Ende 2010 ausgelaufen war. Die Beklagte hat auch ohne Weiteres nachvollziehbar vorgetragen, dass sie ihre Geschäftspolitik geändert habe und die Profitabilität mehr in den Vordergrund gerückt sei. Deshalb und wegen einer verbesserten Vorausplanung und der Inkaufnahme auch längerer Lagerzeiten hätten Restposten nur noch in geringerem Umfange zur Verfügung gestanden und hätte ein bestimmtes Niveau von Abgabepreisen jeweils nicht unterschritten werden sollen. Für eine solche Änderung der Geschäftspolitik spricht, dass die der Klägerin unterbreiteten Angebote wie auch die nachstehend näher dargestellten, anderen Abnehmern unterbreiteten Angebote ab dem Jahr 2012 jeweils die Gewährung von Rabatten in unterschiedlicher Höhe zum Gegenstand hatte. Die Beklagte hat mithin eine Entscheidung über die Rabattgewährung ersichtlich bezüglich jedes einzelnen Verkaufsvorgangs getroffen, d.h. ersichtlich keine einheitlichen Rabatte auf Grundlage einer Rahmenvereinbarung mehr gewährt. Dass die Beklagte anderen Abnehmern nach wie vor die ursprünglich zwischen den Parteien vereinbarten hohen Rabatte oder jedenfalls vergleichbare Rabatte standardisiert gewährt hätte, hat die Klägerin nicht geltend gemacht.
45Die Zufügung eines Nachteils durch eine systematische Schlechterstellung der Klägerin gegenüber anderen Abnehmern ergibt sich des Weiteren auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin zu den anderen Abnehmern gewährten Rabatten. Denn die Klägerin hat nur für zwei Geschäftsvorgänge überhaupt Darlegungen dazu gemacht, welche Rabatte anderen Abnehmern gewährt worden sind. Es ist unstreitig geblieben, dass bezüglich des Verkaufs von Fernsehgeräten des Models 37LV3550 ihr selbst ein Rabatt von insgesamt 7,5 % (3 % Skonto, 2,5 % Werbekostenzuschuss und 2 % Jahresbonus) gewährt worden ist, xxx darüber hinaus ein weiterer Rabatt von 4 %. Indes ist unstreitig, dass xxx ein Einkaufsverbund von über 11.300 Händlern ist. Es ist daher nicht fernliegend, dass xxx schon im Hinblick auf die potentielle Abnahmemengen andere Rabatte gewährt werden als der Klägerin, zumal die Beklagte ergänzend vorgetragen hat, es habe sich um ein zeitlich befristetes Angebot aus besonderem Anlass (Hausmesse von xxx) gehandelt. Entsprechendes gilt für die Fa. Mediamarkt, der nach dem Vorbringen der Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 03.12.2013 600 Fernsehen mit einem Sonderrabatt von 19,40 % bzw. 17,70 % sowie einem Steigerungsbonus von 6 % angeboten worden sei sollen, der Klägerin hingegen nur mit einem Sonderrabatt von 8,70 %. Denn die Fa. xxx ist gerichtsbekannt einer der größten deutschen Elektronikfachmärkte, so dass schon deshalb naheliegt, dass auch diese Tatsache für die Höhe der gewährten Rabatte von Bedeutung ist. Auch die sonstigen Hintergründe der geschäftlichen Entscheidung der Beklagten, unterschiedlichen Abnehmern unterschiedliche Rabatte anzubieten, sind unklar. Der Schluss, dass der Klägerin systematisch ungünstigere Konditionen angeboten worden sind als anderen Abnehmern, ließe sich auf diese zwei einzelnen Geschäftsvorgänge allenfalls stützen, wenn die Klägerin dargelegt hätte, dass es sich um durch die Beklagte bei der Rabattgewährung üblicherweise gleichbehandelte Abnehmer handeln würde. Hiervon abgesehen wäre aber auch zweifelhaft, ob allein durch zwei einzelne Geschäftsvorgänge eine systematische Schlechterstellung der Klägerin belegt werden könnte.
46Weiterer substantiierter Sachvortrag zu den anderen Abnehmern gewährten Rabatten fehlt. Soweit die Klägerin pauschal behauptet hat, Einzelhändler wie auch andere Großhändler hätten die der Klägerin angebotenen Waren der Beklagten bereits erheblich günstiger als die Klägerin bei der Beklagten selbst beziehen können und als Beweis das Zeugnis des Herrn xxx angeboten hat, so fehlt es an konkretem Sachvortrag, wem gegenüber dies im Einzelnen in welcher Weise der Fall gewesen sein soll. Eine Vernehmung des Herrn xxx hierzu liefe auf eine unzulässige Ausforschung des Herrn xxx über seine diesbezüglichen Kenntnisse hinaus.
47Schließlich ist die Klägerin für ihre im nachgelassenen Schriftsatz vom 03.12.2013 aufgestellte Behauptung, der Mitarbeiter der Beklagten xxx habe ihr gegenüber im März 2012 eine Überteuerung der an die Klägerin gerichteten Angebote eingeräumt, beweisfällig geblieben. Der von ihr vorgelegten E-Mail des Geschäftsführers der Klägerin vom 26.03.2012 an Herrn xxx (Anlage K 14) lässt sich lediglich entnehmen, dass der Geschäftsführer der Klägerin gegenüber dem Hern xxx behauptet hat, dieser habe Herrn xxx gegenüber eingeräumt, in vollem Bewusstsein teurere Angebote abgegeben zu haben. Diese einseitige Darstellung durch den Geschäftsführer der Klägerin ist für sich gesehen aber nicht ausreichend, um zur Überzeugung des Gerichts festzustellen, dass Herr xxx eine entsprechende Äußerung tatsächlich getätigt hat. Weiteren Beweis, etwa durch Zeugen, hat die Klägerseite nicht angeboten.
48b)
49Hiervon abgesehen bestehen auch Bedenken, ob die Klägerin hinreichend substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, dass die faktische Liefersperre – ihr Vorliegen an dieser Stelle unterstellt – einen sog. Umgehungszweck gehabt hat, d.h. zu dem Zweck erfolgt ist, die Klägerin zu einem wettbewerbsbeschränkenden Verhalten zu veranlassen, das, wenn es vertraglich vereinbart würde, gegen das Verbot solcher Vereinbarungen in § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen würde.
50Zwar würde vorliegend ein pauschales Verbot auch des passiven Verkaufs ins Ausland unter die Kernbereichsbeschränkung des Art. 4 lit.b) i) der Verordnung (EU) Nr. 330/210 der Europäischen Kommission (Vertikal-GVO) fallen und wäre damit als wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung im Sinne des Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht freigestellt und damit kartellrechtswidrig. Kartellrechtliche Bedenken bestehen auch im Hinblick auf ein Verkaufsverbot über das Internet, wobei unklar geblieben ist, ob die Klägerin behauptet, die Beklagte wolle ein allgemeines Verkaufsverbot über das Internet durchsetzen oder nur ein solches zu bestimmten Konditionen.
51Vorliegend ist aber zweifelhaft, ob die Klägerin das Vorliegen gerade einer Beugungs- und nicht etwa einer – zulässigen – endgültigen Vergeltungssperre hinreichend dargetan hat. Das Vorliegen eines Umgehungszwecks kann nur aufgrund einer Gesamtbeurteilung aller Umstände festgestellt werden, wobei in aller Regel sich bei Zufügung eines Nachteils insbesondere in Form einer Liefersperre nur bei Hinzutreten weiterer Umstände folgern lässt, dass damit neben möglicherweise noch anderen Zwecken jedenfalls auch der nach § 21 Abs. 2 relevante Umgehungszweck verfolgt wird (BGHSt 20, 333; Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 21 Rz. 69).
52Unabhängig davon, ob der Vertrieb in das Ausland oder – gegebenenfalls zu bestimmten Bedingungen – über das Internet durch die Beklagte nicht gewünscht wird, was zwischen den Parteien streitig ist, würde nach Ansicht der Kammer allein die Existenz einer derartigen Geschäftspolitik der Beklagten nicht bereits belegen, dass eine faktische Liefersperre zu Beugungszwecken verhängt worden wäre. Hierauf ist nicht bereits deshalb zu schließen, weil die Beklagte vorliegend bestritten hat, gegen die Klägerin eine Liefersperre verhängt zu haben, d.h. nach ihrem Vortrag lieferwillig ist. Denn hierdurch bestreitet die Beklagte lediglich, Druck auf die Klägerin ausgeübt zu haben. Dies bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass sie für den Fall, dass das Gericht faktischen Lieferboykott feststellt, bei einem entsprechend konformen Verhalten der Klägerin allein deshalb wieder lieferwillig gewesen wäre. Ihre von der Klägerin behauptete Geschäftspolitik könnte sie etwa auch dadurch durchsetzen, dass sie an diesen zuwiderhandelnden Unternehmen ein Exempel statuiert und diese endgültig vom Bezug ausschließt. Es bedürfte deshalb seitens der Klägerin substantiierten Vortrags etwa dazu, dass die Beklagte auch bei anderen Abnehmern, die ins Ausland liefern bzw. über das Internet verkauft haben, nach Abstellen dieses Verhaltens wieder geliefert hätte. Hierfür aber dürfte der Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz vom 03.12.2013, gegen die Firma xxx Handel GmbH sei „wegen vergleichbarer Verstöße“ eine Liefersperre verhängt und wieder aufgehoben worden, ohne näheren Vortrag zur genauen Art der Verstöße und Art und Dauer der Liefersperre schon mangels Substanz nicht ausreichend sein.
53c)
54Da jedenfalls schon die Zufügung eines Nachteils nicht hinreichend dargelegt ist, besteht kein Anlass zu Ausführungen zur Höhe des von der Klägerin geltend gemachten entgangenen Gewinns.
55II.
56Die Klägerin hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 171.445,68 € für die im 27.02.2012 erworbenen Fernseher aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist nicht infolge der von der Klägerin mit E-Mail vom 12.03.2012 (Anlage K 5) erklärten Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB von Anfang an nichtig, so dass für die Zahlung des Kaufpreises nach wie vor ein rechtlicher Grund vorliegt.
57Die Klägerin hat bereits das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Sie hat geltend gemacht, sie sei durch den Mitarbeiter der Beklagten xxxgetäuscht worden, weil dieser ihr gegenüber behauptet habe, der am 27.02.2012 auf Basis des Angebots der Beklagten vom 24.02.2012 vereinbarte Kaufpreis sei der günstigste Preis, den die Beklagte anbieten könne und auch tatsächlich anbiete. Es kann dahinstehen, ob Herr xxx diese Aussage so getätigt hat, wie von der Beklagten bestritten worden ist. Hiergegen spricht, dass die Klägerin insbesondere in ihrer E-Mail vom 12.03.2012 (Anlage K 5) gerade nicht geltend gemacht hat, von Herrn xxx getäuscht worden zu sein, sondern nur angreift, nicht auch den zusätzlichen Rabatt erhalten zu haben. Aber auch wenn Herr xxx eine solche Äußerung getätigt haben sollte, so wäre sie unter Zugrundelegung der objektiven Erklärungsbedeutung für den Erklärungsempfänger (vgl. zum Auslegungsmaßstab etwa Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 133 Rz. 9 m.w.N.) ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht bereits als Garantie zu verstehen, dass nicht andere Mitarbeiter der Beklagten unter anderen Bedingungen gleichwohl zukünftig niedrigere Rabatte einräumen würden. Denn es ist zunächst nach der Lebenserfahrung anzunehmen und war mithin für die Klägerin erkennbar, dass Herr Iglinski nur Angaben zu Umständen machen wollte, zu denen er sich auch verlässlich erklären konnte. Hierzu zählt die Tatsache, ob anderen Abnehmern für dasselbe Produkt bereits höhere Rabatte gewährt worden sind bzw. ob es ihm bzw. nach seinem Kenntnisstand anderen Mitarbeitern möglich sein würde, der Klägerin solche höheren Rabatte zu gewähren. Hierüber würde sich dann auch die Erklärung des Herrn xxx verhalten haben. Dass diese Tatsachenbehauptungen im Zeitpunkt ihrer Abgabe unrichtig gewesen wären, hat die Klägerin nicht substantiiert geltend gemacht. Insbesondere besteht kein Anlass zu der Annahme, dass Herr xxxx schon wusste, dass ein Kollege der xxx später einen zusätzlichen Rabatt gewähren würde. Da für die Klägerin erkennbar war, dass der für sie zuständige Mitarbeiter xxxi nicht verlässlich ausschließen konnte, dass Dritten zukünftig jedwede höhere Rabatte verwehrt sein würden, durfte sie ohne Hinzutreten weiterer Umstände die allgemein gehaltene Äußerung des Herrn xxx nicht in diesem Sinne als dauerhafte Niedrigstpreisgarantie verstehen.
58Dahinstehen kann deshalb, ob in der E-Mail vom 12.03.2012 (Anlage K 5) eine Anfechtungserklärung i.S.d. § 143 BGB vorliegt. Dies würde insbesondere voraussetzen, dass der Anfechtungsgrund zwar nicht ausdrücklich angegeben wird, aber doch erkennbar ist, auf welchen tatsächlichen Grund die Anfechtung gestützt wird (Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 143 Rz. 3 m.w.N.). Dies könnte hier Bedenken begegnen, weil die Klägerin zwar die fehlende Rabattgewährung moniert, aber nicht eine von Herrn xxx gewährte Niedrigstpreisgarantie als Anfechtungsgrund angeführt hat.
59III.
60Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 S. 1, S. 2 ZPO.
61Streitwert: 271.445,68 €
62Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- BGB § 812 Herausgabeanspruch 1x
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 142 Wirkung der Anfechtung 1x
- GWB § 1 Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen 1x
- GWB § 33 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch 1x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 14c O 226/12 1x
- GWB § 21 Boykottverbot, Verbot sonstigen wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens 5x
- BGB § 143 Anfechtungserklärung 1x