Urteil vom Landgericht Frankenthal (Pfalz) (7. Zivilkammer) - 7 O 210/15

Tenor

I. Die Klage wird - soweit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt - abgewiesen.

II. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt,

es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € (in Worten: zweihundertfünfzigtausend Euro) ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an einem der Vorstandsmitglieder, gegenüber Verbrauchern bei Bankgeschäften zu unterlassen,

in ihrem Preisaushang im Abschnitt Privatkonten die Entgeltklausel

Preis pro Buchungsposten (Preis wird nur erhoben wenn die Buchungen im Auftrag oder Interesse des Kunden fehlerfrei erfolgen) beleglos 0,25 €

und/oder eine inhaltsgleiche Klausel in dem Preisaushang und/oder an anderer Stelle ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden und/oder Entgelt mit Bezug auf diese Klauseln und/oder inhaltsgleiche Klauseln gegenüber Verbrauchern zu verlangen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist wegen des Unterlassungsanspruchs gegen Sicherheit in Höhe von 30.000,-- € und wegen der Kosten gegen Sicherheit, die den beizutreibenden Betrag um 15 % übersteigt, vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Klägerin verwendet in ihrem Preisaushang für „Regelsätze im standardisierten Kundengeschäft“ (BL. 48 ff. d.A.) im Abschnitt „Privatkonten" folgende Klausel:

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„Preis pro Buchungsposten (Preis wird nur erhoben, wenn die Buchungen im Auftrag oder Interesse des Kunden fehlerfrei erfolgen)

3

(....)

        

        

beleglos

        

0,25 EUR“

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Der Beklagte, ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragener Verband (Bescheinigung: BL. 47 d.A.), ist der Auffassung, diese Klausel verstoße gegen rechtliche Vorschriften und forderte die Klägerin vergeblich mit Abmahnung vom 14.04.2015 (BL. 5 d.A.) auf, diese Vergütungsklausel und/oder eine inhaltsgleiche Klausel nicht mehr zu verwenden sowie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

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Die Klägerin ist der Auffassung, sie bewege sich bei der Gestaltung der Klausel in dem Rahmen, den der BGH zuletzt in seiner Entscheidung vom 27.01.2015 (XI ZR 174/13) umrissen habe. Die Klausel enthalte keine Regelung, die vom gesetzlichen Modell des § 675y BGB abweiche. Sie begehrte im Rechtsstreit zunächst die Feststellung, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, von ihr die Unterlassung der Verwendung der Klausel zu verlangen. Nachdem der Beklagte Widerklage auf Verurteilung der Klägerin zur Unterlassung der vorgenannten und/oder einer inhaltsgleichen Klausel erhoben hatte, erklärten die Parteien den Feststellungsantrag aus der Klage übereinstimmend für erledigt. Die Klägerin fordert noch die Verurteilung des Beklagten zum Ausgleich der vorprozessual aus einem Streitwert von 15.000,-- € entstandenen Rechtsverfolgungskosten und beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.029,35 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2015 zu bezahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und verlangt widerklagend,

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zu erkennen wie erkannt.

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Die Klägerin beantragt,

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die Widerklage abzuweisen.

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Auf die Schriftsätze der Parteien und auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Widerklage ist begründet. Dem Beklagten steht nach §§ 1 ff. UKlaG, 307 ff. BGB ein Anspruch darauf, zu, dass die Klägerin die im Tenor zu 1) wiedergegebene Klausel nicht mehr verwendet. Hieraus folgt umgekehrt, dass die von der Klägerin zunächst erhobene negative Feststellungsklage unbegründet war, weshalb sie auch nicht Erstattung ihrer vorprozessual aufgewendeten Anwaltskosten beanspruchen kann.

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Der Inhalt einer Allgemeinen Geschäftsbedingung ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten, durchschnittlichen und unbefangenen Kunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel zu fragen. Sie ist so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird (BGH, vom 27.10.2015, XI ZR 174/13, juris, Tz. 12 m.w.N.). Der Wortlaut der Klausel stellt auf Buchungsposten ab, die (entweder) im Auftrag oder im Interesse des Kunden erfolgen. Dieser Wortlaut legt das Verständnis nahe, dass sämtliche im Interesse des Kunden liegende Buchungsposten bepreist werden. Im Interesse des Kunden liegen auch Korrekturbuchungen. Damit legt der Wortlaut auch die Erstreckung auf solche Korrekturbuchungen nahe. Ob es dabei für die Klägerin von vornherein klar ist, dass ein Entgelt für die Korrektur fehlerhafter Buchungen nicht verlangt wird, ist unerheblich, weil es auf die Sicht und die Verständnismöglichkeit eines Kunden ankommt. Außer Betracht zu bleiben haben zwar Verständnismöglichkeiten, die nur theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Es ist aus Sicht eines Bankkunden, der nach den Gepflogenheiten des täglichen Lebens von einem Verdienstinteresse der Bank ausgehen muss, alles andere als fernliegend, dass eine Bank (auch) für Korrekturbuchungen ein Entgelt verlangen will.

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Dass die vorstehende Auslegung nur theoretischer Natur wäre, ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht durch einen Vergleich mit § 2 Abs. 6 VOB/B. Es mag zwar sein, dass die dortige Reglung, ein Auftragnehmer habe Anspruch auf eine gesonderte Vergütung, wenn der Besteller eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung verlange, allgemein nicht dahin verstanden wird, dass der Auftragnehmer im Nachbesserungsfall eine solche Vergütung beanspruchen könne. Mit dem umfassenden Regelungswerk der VOB, das zum Ziel hat, allgemeingültige Regeln für das private Baurecht aufzustellen, ist der vorliegende Fall einer Preisgestaltung für Einzelleistungen bei der Vertragsabwicklung aber nicht vergleichbar. Im Übrigen gehen Zweifel bei der Auslegung nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders.

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Mit der Bepreisung auch von Korrekturbuchungen weicht die Klägerin von § 675y Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB ab. Wird ein Zahlungsauftrag fehlerhaft ausgeführt, hat der Zahlungsdienstleister keinen Anspruch auf ein Entgelt. Die Klägerin verlangt dagegen 0,25 €. Indem sie für solche Berichtigungsbuchungen ein Entgelt verlangt, die von Gesetzes wegen unentgeltlich vorzunehmen sind, setzt sie die von ihr formulierte Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB aus (BGH, a.a.O., Tz. 14).

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Die Klausel ist nach Maßgabe des § 307 Abs. 1 BGB auch unwirksam. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zum Nachteil des Kunden gegen (halb-)zwingendes Recht (hier: § 675y BGB) verstoßen, benachteiligen ihn zugleich mit der Folge ihrer Unwirksamkeit unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

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Die vom Kläger beantragten Rechtsfolgen sind auch insoweit einer Entscheidung im Verfahren nach §§ 1 ff. UKlaG zugänglich, als der Kläger verlangt, der Beklagten die Erhebung eines Entgelts auf der Grundlage der angegriffenen Klausel zu untersagen.

20

Die Androhung des Ordnungsgeldes beruht auf § 890 ZPO. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 91a und 709 ZPO.

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