Urteil vom Landgericht Freiburg - StL 2/05 - StV 13/04

Tenor

Gegen den Steuerberater X. wird wegen schuldhafter Verletzung seiner beruflichen Pflichten eine Warnung ausgesprochen.

Der Steuerberater trägt die Kosten des berufsgerichtlichen Verfahrens.

Angewandte Vorschriften: §§ 57, 89, 90 StBerG.

Gründe

 
(in abgekürzter Fassung nach § 153 StBerG i.V.m. § 267 Abs. 4 StPO)
I. In der Hauptverhandlung wurden folgende Feststellungen getroffen:
Im Zeitraum März 2002 bis zum 08.03.2004 betrieb der Steuerberater eine im Internet eingestellte Homepage u.a. mit folgendem Inhalt:
„Was kostet die Erstellung einer Einkommenssteuererklärung?
Ihnen entstehen keine Kosten, wenn sich eine Steuererklärung für Sie nicht lohnt, d.h. wenn die Beratungskosten die zu erwartende Steuererstattung voraussichtlich übersteigen werden. Sollte dies bei Ihnen der Fall sein, werden wir Sie rechtzeitig darauf hinweisen. Sie haben dann die Möglichkeit, den Auftrag zur Erstellung Ihrer Einkommenssteuererklärung zurückzuziehen. Dies ist natürlich nur dann sinnvoll, wenn Sie nicht per Gesetz zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind (so genannte Pflichtveranlagung).
Wir kommen zu Ihnen!
Und das trotz Fahrtkosten zum gleichen Preis einer Beratung in unserer Kanzlei, denn auch wir sparen durch eine Vor-Ort-Beratung bei Ihnen Zeit und Geld. Diesen Vorteil geben wir an Sie weiter. Dieses Angebot gilt nur für Freiburg und seine nähere Umgebung (ca. 25 km).
Mit der Bezahlung unserer Rechnung können Sie sich Zeit lassen, und zwar so lange, bis Sie Ihr Geld vom Finanzamt erhalten haben.
Das Finanzamt beteiligt sich an den Beratungskosten.
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Der Rechnungsbetrag ist in voller Höhe von der Steuer absetzbar. Die Höhe der Steuerersparnis hängt von der Höhe Ihres zu versteuernden Einkommens ab und beträgt zwischen 19,9 % und 45,5 % des Rechnungsbetrages. Hinzu kommt ggf. noch eine Ersparnis bei der Kirchensteuer und dem Solidaritätszuschlag, so dass die Ersparnis bis über 50 % betragen kann.
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Die Höhe der Rechnung richtet sich nach der Steuerberatergebührenverordnung.
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Alle Steuerberater rechnen ihr Honorar nach einer einheitlichen Steuerberatergebührenverordnung ab. So ist grundsätzlich jeder – der Steuerberater wie auch der Mandant – stets in der Lage, die gestellten Rechnungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.
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Die Höhe der Gebühren ist im Wesentlichen abhängig von
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1. der Höhe der Einkünfte des Mandanten
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2. sowie dem Umfang und der Schwierigkeit der Steuererklärung.
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Beispiel:
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Für die Anfertigung einer Einkommenssteuererklärung ohne die Ermittlung der einzelnen Einkünfte kann ein Steuerberater zwischen einem Zehntel (1/10 = 10 %) und sechs Zehntel (6/10 = 60 %) einer vollen Gebühr (laut Tabelle A) in Rechnung stellen. Die Höhe der vollen Gebühr richtet sich dabei nach der Höhe der Einkünfte des Auftraggebers. Wer bei einem Einkommen von z.B. 34.000 EUR die Anfertigung seiner Steuererklärung in Auftrag gibt, für den gilt als volle Gebühr ein Betrag von 758 EUR. Für die Erstellung des Mantelbogens (Hauptformular) fallen demnach Kosten von im günstigsten Fall 1/10 von 758 EUR = 75,80 EUR und im teuersten Fall 6/10 von 758 EUR = 454,80 EUR an. Weitere Kosten können dadurch entstehen, dass Anlagen erstellt werden müssen (Anlage N für Arbeitnehmer, Anlage V für Vermieter, Anlage KAP etc.) Schließlich kommen noch Auslagen für die Umsatzsteuer dazu.
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Wie viel Zehntel (1/10 bis 6/10) der vollen Gebühr ein Berater in Rechnung stellen darf, richtet sich nach dem Aufwand und dem Schwierigkeitsgrad der erledigten Arbeit. Viele Berater entscheiden sich zulässigerweise im Normalfall für den Mittelwert (= 3,5/10). Im obigen Beispiel wären dies 265,30 EUR. Da wir vor Ort kostengünstig arbeiten können, berechnen wir den Mittelwert nur in wirklichen Ausnahmefällen. Normalerweise berechnen wir zwischen 1/10 und 2/10 einer vollen Gebühr. Im obigen Beispiel wären dies zwischen 75,80 EUR und 151,50 EUR. Vor allem bei doppelverdienenden Ehepaaren und in einfachen Fällen berechnen wir aber häufig auch nur die Mindestgebühr in Höhe von 1/10 einer vollen Gebühr. Im obigen Beispiel wären dies 75,80 EUR.
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Trotzdem gilt: Jeder Steuerfall ist anders. Bevor wir die Beratung nicht durchgeführt haben, können wir keine verbindliche Zusage darüber machen, wie hoch die Rechnung ausfallen wird.
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Denken Sie daran, die teuerste Beratung ist keine Beratung, denn ein guter Steuerberater macht sich bezahlt.
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Nutzen auch Sie unseren Service und vereinbaren Sie einen Termin!“
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II. Der Inhalt dieser Homepage war in mehrfacher Hinsicht berufswidrig. In der Ankündigung, dass dem Mandanten keine Kosten entstehen, falls diese die zu erwartende Steuererstattung übersteigen, lag ein Honorarverzicht, der gegen § 64 Abs. 1 StBerG verstieß, wonach der Steuerberater an die Steuerberatergebührenverordnung gebunden ist. Darüber hinaus lag darin die Vereinbarung eines Erfolgshonorars, das gemäß § 45 Abs. 5 BOStB unzulässig ist. Schließlich verschaffte er sich hiermit einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Steuerberatern, worin zumindest eine berufswidrige Werbung lag.
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Soweit in der Homepage darauf hingewiesen wurde, dass viele Berater sich zulässigerweise im Normalfall für den Mittelwert von 3,5/10 entscheiden, wohingegen er den Mittelwert nur in Ausnahmefällen ansetze, normalerweise aber eine Gebühr von lediglich zwischen 1/10 und 2/10 der vollen Gebühr verlange, erweckte er den Eindruck, er setze den so genannten „Normalfall“, der nach der Steuerberatergebührenverordnung mit einer Mittelgebühr abzurechnen ist, nur ausnahmsweise an, während er in der Regel die Mandate als deutlich unter dem gebührenrechtlichen Normalfall liegend abrechne. Durch diese irreführenden Angaben verschaffte er sich nicht nur einen Wettbewerbsvorteil gegen anderen Steuerberatern, sondern verstieß auch gegen die Steuerberatergebührenverordnung, weil der Ansatz der Mindestgebühr nur in Betracht kommt, wenn die Angelegenheit von geringer Bedeutung und geringem Umfang und darüber hinaus einfach gelagert ist und der Auftraggeber sich in einfachen Einkommens- und Vermögensverhältnissen befindet. Durch die Benennung des doppelverdienenden Ehepaares als Beispielsfall für den Ansatz der Mindestgebühr brachte er für den Leser zum Ausdruck, dass er bei doppelverdienenden Ehepaaren unabhängig von der Schwierigkeit und dem Umfang der Sache nur in Ausnahmefällen eine höhere als die Mindestgebühr ansetze.
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Indem der Steuerberater die Gebühren für seine Tätigkeit bei der Werbung in den Vordergrund stellte und zum Ausdruck brachte, dass er grundsätzlich günstiger als andere Steuerberater abrechne, obwohl er erst im Einzelfall entscheiden konnte, welchen Umfang, welche Schwierigkeit und Bedeutung das Mandat für den Mandanten hatte und erst dadurch die Grundlagen für die Bemessung der Gebühr gewinnen konnte, waren die Aussagen irreführend und nur darauf gerichtet, Mandanten anzulocken; dadurch erschienen diese Aussagen auch reklamehaft.
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Der Steuerberater hat sich somit berufswidrig im Sinne der §§ 10, 45 Abs. 4 und 5 der Berufsordnung für Steuerberater verhalten.
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Dieses Verhalten ist eine Berufspflichtverletzung gemäß §§ 57, 89, 90 StBerG.
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III. Die schuldhafte Pflichtverletzung des Steuerberaters musste durch eine der in § 90 Abs. 1 Nr. 1-3 StBerG bezeichneten berufsgerichtlichen Maßnahmen geahndet werden. Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Steuerberater sprechenden Umstände hielt es die Kammer für geboten, gegen den Steuerberater eine Warnung auszusprechen.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 148 StBerG.

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