Urteil vom Landgericht Hamburg (15. Kammer für Handelssachen) - 415 HKO 129/13

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.964,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.04.2013 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 703,80 € zu zahlen. Der weitergehende Zinsanspruch wird abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Kommanditistin einen Anspruch auf Rückzahlung von erfolgten Auszahlungen geltend.

2

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Schifffahrtsfondsgesellschaft, die das Vollcontainerschiff MS ... betreibt. Die Beklagte ist mit einer Kommanditeinlage von 51.129,19 Euro als Kommanditistin an der Klägerin beteiligt. Sie hat die Kommanditbeteiligung Ende des Jahres 2005 auf dem Zweitmarkt von dem Privatanleger ... (Anlage B 1) erworben.

3

Der Fonds war Ende der 90iger Jahre des letzten Jahrhunderts aufgelegt worden. Grundlage für die Beteiligung der Kommanditisten ist der Gesellschaftsvertrag der ... (Anlage K 1). In § 11 des Vertrages wird unter der Überschrift "Gesellschafterkonten" geregelt, dass für die Kommanditisten verschiedene Konten geführt werden.

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Die Pflichteinlagen werden danach auf dem Kapitalkonto I gebucht und das Agio auf dem Kapitalkonto II. Verlustanteile werden auf einem Verlustsonderkonto gebucht. Hierzu heißt es in § 11 Ziffer 3):

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1. "Verlustanteile werde auf Verlustsonderkonten der Gesellschafter gebucht. Dies gilt auch dann, wenn die Verlustanteile die Pflichteinlagen der Kommanditisten übersteigen. Gewinnanteile sind den Verlustsonderkonten so lange gutzuschreiben, bis diese ausgeglichen sind. Die Kommanditisten haben Verlustanteile nur durch zukünftige Gewinne auszugleichen."

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In § 11 Ziffer 4) heißt es:

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"Gewinnanteile, soweit sie nicht auf Verlustsonderkonten zu buchen sind, und der gesamte übrige Zahlungsverkehr zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern werden auf Gesellschafterkonten gebucht. Guthaben auf den Gesellschafterkonten werden nicht verzinst".

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In § 13 des Gesellschaftsvertrages findet sich eine Regelung mit der Überschrift "Ergebnisverteilung, Entnahmen". Unter den Ziffern 6) und 7) findet sich die folgende Regelung:

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"6. Auszahlungen können die Kommanditisten nur zu Lasten ihrer Gesellschafterkonten verlangen. Auszahlungen sind nur dann zulässig, wenn und soweit die Liquiditätslage der Gesellschaft dieses erlaubt, Zahlungsverpflichtungen – insbesondere die Zins- und Tilgungsverpflichtungen von Krediten zur Finanzierung des Schiffes – nicht gefährdet werden, nach Auszahlung eine Liquiditätsreserve von DM 500.000,-- verbleibt und ein Gesellschafterbeschluß gemäß § 8 Ziff. 8 e) gefaßt wird. Auszahlungen können nur nach Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres erfolgen.

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7. Ausschüttungen von Liquiditätsüberschüssen werden den Kommanditisten als unverzinsliche Darlehn gewährt, sofern die Ausschüttungen nicht durch Gutachten auf den Gesellschafterkonten gedeckt sind."

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In § 8 Ziffer 8 e) heißt es:

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"... e) die Ausschüttung von Gewinnen und Liquiditätsüberschüssen"

13

Dabei sah das Konzept der Gesellschaft vor, dass zunächst planmäßig Verluste eintreten sollten, die von den Anlegern einkommenssteuermindernd geltend gemacht werden konnten. Ungeachtet der Verluste erhielten die Kommanditisten – und so auch die Beklagte und ihr Rechtsvorgänger Ausschüttungen aus freier Liquidität der Gesellschaft. Die Beklagte erhielt insgesamt 56.139,84 Euro bei durchgehend negativem Stand der Kapitalkonten (Anlage K 9).

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Mit einem "an die Gesellschafter der ..." gerichteten Schreiben vom 5. November 2012 sprach die Klägerin eine "Kündigung der als unverzinsliche Darlehen gewährten Ausschüttungen" aus (Anlage K 3). Begründet wurde diese Kündigung mit einer Liquiditätslücke, die "nur noch durch Eigenkapital der Gesellschafter auszugleichen (sei), um einen Notverkauf zu schlechten Preisen zu verhindern". Zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit und Vorbereitung eines geordneten Schiffsverkaufes müsse eine Rückforderung der Ausschüttungen in Höhe von 13 % – bezogen auf die Zeichnungssumme – erfolgen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen.

15

Die Beklagte entsprach dem Rückzahlungsverlangen nicht.

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Die Klägerin macht geltend, dass sie einen Anspruch auf die geltend gemachte Teilrückzahlung habe, da der Gesellschaftsvertrag vorsehe, dass Zahlungen aus der Liquidität als Darlehn gewährt würden und dieses Darlehn mit dem Schreiben vom 5. November 2012 gekündigt worden sei. Sie sei auf die Rückzahlung zur Erhaltung der Liquidität und zur Vermeidung einer Insolvenz angewiesen, nachdem Verhandlungen mit der finanzierenden Bank über eine Verlängerung bzw. Erhöhung des Betriebsmittelkredites gescheitert seien. Eine Insolvenz sei vor dem Hintergrund des dann erforderlichen Notverkaufes des Schiffes und der zusätzlichen Kosten allein für das Insolvenzverfahren keine wirtschaftlich sinnvolle Option.

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Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. März 2013, Az. II ZR 73/11, könne sich die Beklagte nicht berufen, da in dem vorliegenden Gesellschaftsvertrag ausdrücklich geregelt sei, dass Zahlungen aus der Liquidität als unverzinsliches Darlehn gewährt würden.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 11.969,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basissatz ab dem 19.4.2013 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 703,80 Euro zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie macht geltend, dass kein Anspruch auf Rückzahlung der Ausschüttungen bestehe. § 13 Ziffer 7) des Gesellschaftsvertrages könne einen Darlehnsrückzahlungsanspruch nicht begründen und eine andere Rechtsgrundlage bestehe nicht. Die Regelung in § 13 Ziffer 7) des Gesellschaftsvertrages sei widersprüchlich und auslegungsbedürftig und zudem überraschend. Zweifel gingen dabei in Anlehnung an § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders – hier der Klägerin. Unklar sei der Gesellschaftsvertrag unter verschiedenen Aspekten. Es fehle auch an einer Regelung, unter welchen Voraussetzungen die Rückzahlung verlangt werden könne, und wann von einem endgültigen Verbleib der Ausschüttungen ausgegangen werden könne. Tatsächlich sei dem Vertrag nicht zu entnehmen, dass die Ausschüttungen überhaupt zurückgefordert werden könnten. Auch im Prospekt finde sich kein Hinweis auf die Rückzahlbarkeit. Gleiches gelte für die Leistungsbilanzen. In den Auszahlungsankündigungen finde sich schließlich ebenfalls kein Hinweis auf einen Rückzahlungsvorbehalt (bspw. Anlage B 4). Wenn es sich bei den Auszahlungen aus der Liquidität um Darlehn an die Kommanditisten handeln würde, hätten sie auch als solche in den Bilanzen als Forderungen der Klägerin an die Gesellschafter gebucht werden müssen. Dies zeige, dass die Auszahlungen jedenfalls in bewusster Abkehr von der Regelung des Gesellschaftsvertrages nicht als Darlehn, sondern als Kapitalrückzahlung behandelt worden seien. Dies habe dem gemeinsamen Verständnis der Beteiligten entsprochen; danach sei der Gesellschaftsvertrag so verstanden worden, dass Ausschüttungen ohne Vorbehalt der Rückzahlung zu leisten seien. Es bestehe auch keine wirtschaftliche Notwendigkeit der Rückforderung. Die Aufrechterhaltung des Schiffsbetriebes sei vor dem Hintergrund des Alters des Schiffes wirtschaftlich unsinnig. Ob es zu einer Erholung des Marktes und einer Erhöhung der zu erzielenden Preise bei einem Verkauf komme, sei zweifelhaft. Außerdem sei zweifelhaft, ob sich eine etwaige Erholung des Marktes auch auf Schiffe des Typs und des Alters der MS ‘...‘ erstrecken würde. Die Einzigen, die vom Weiterbetrieb des Schiffes ohne Risiko profitierten, seien die Initiatoren.

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Ergänzend wird zum Vorbringen der Parteien auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die gilt insbesondere für die ausführliche Argumentation beider Parteien zur Auslegung des § 13 Ziffer 7) des Gesellschaftsvertrages im Lichte der weiteren Regelungen im Gesellschaftsvertrag und der praktischen Handhabung sowie zur Übertragbarkeit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. März 2013 auf den vorliegenden Gesellschaftsvertrag.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung auch begründet.

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Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 11.964,23 Euro aus § 13 Ziffer 7) des Gesellschaftsvertrages in Verbindung mit § 488 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 BGB.

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Dass die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin Zahlungen in Höhe von insgesamt 56.139,84 Euro erhalten hat, ist unstreitig. Ebenso ist unstreitig, dass es sich bei diesen Zahlungen nicht um Gewinnauszahlungen gemäß § 169 HGB gehandelt hat, sondern um Zahlungen aus Liquiditätsüberschüssen der Klägerin, wie sie in § 13 Ziffer 6) und Ziffer 7) des Gesellschaftsvertrages geregelt sind. Die Parteien streiten darum, ob ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung dieser Liquiditätszahlungen besteht.

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Unabhängig davon, ob die Auszahlungen im Außenverhältnis zu den Gläubigern der Klägerin zu einem Wiederaufleben der Haftung der Beklagten gemäß § 172 Absatz 4 HGB führen, besteht im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Rückzahlungsanspruch nur dann, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Rückzahlung vorsieht.

28

Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB hat ein Kommanditist zwar nur einen Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns. Gesellschaftsvertragliche Regelungen, nach denen über die Bestimmung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus Ausschüttungen an die Kommanditisten möglich sind, sind jedoch zulässig und wirksam. Sieht der Gesellschaftsvertrag in Abweichung von der Regel des § 169 Abs. 1 HGB vor, dass Ausschüttungen an die Kommanditisten auch dann zu gewähren sind, wenn sie nicht durch entnahmefähige Gewinne gedeckt sind, so kann im Innenverhältnis die Gesellschaft eine Rückzahlung dieser Ausschüttungen nur dann von dem Kommanditisten verlangen, wenn der Gesellschaftsvertrag dies regelt (so mit ausführlicher Begründung BGH, Urteil vom 12.3.2013, Az. II ZR 73/11).

29

Die Auslegung des vorliegenden Gesellschaftsvertrags ergibt, dass eine solche Rückzahlungsverpflichtung des Kommanditisten vorgesehen ist. Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften wie die der Klägerin sind nach ihrem objektiven Erklärungsbefund auszulegen.

30

Der Bundesgerichtshof führt zur Auslegung von Gesellschaftsverträgen in der Entscheidung vom 12.3.2013 wörtlich aus:

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"Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften unabhängig davon, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n. F. eingreift, einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 27. November 2000 – II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 13. September 2004 – II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.; Beschluss vom 13. Dezember 2011 – II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 50; Urteil vom 23. April 2012 – II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 32). Hieraus folgt in Anlehnung an § 305 c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen (BGH, Urteil vom 13. September 2004 – II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.). Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag daher klar ergeben".

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Ausgangspunkt für eine an diesen Grundsätzen orientierte Auslegung des Gesellschaftsvertrages hat der Wortlaut des Vertrages zu sein. Nach § 13 Ziffer 7) des Gesellschaftsvertrages werden "Ausschüttungen von Liquiditätsüberschüssen ... den Kommanditisten als unverzinsliche Darlehn gewährt, sofern die Ausschüttungen nicht durch Guthaben auf den Gesellschafterkonten gedeckt sind". Rechtsbegriffe sind in der Regel entsprechend ihrer juristischen Fachbedeutung zu verstehen. Der Begriff "Darlehn" hat im Übrigen auch im allgemeinen Sprachgebrauch einen ganz klaren und nicht auslegungsfähigen Bedeutungsgehalt: Leistungen, die als Darlehn gewährt werden, erhält der Empfänger nicht auf Dauer und unentziehbar, sondern sie stehen per se unter einem Rückforderungsvorbehalt. Dies weiß auch jeder auch rechtlich nicht vorgebildete durchschnittliche Erwerber einer Kapitalanlage. Durch die Bezugnahme auf die gesellschaftsvertragliche Regelung über die Konten wird auch zweifelsfrei festgelegt, welche Ausschüttungen als Darlehn gewährt werden, nämlich Zahlungen, die nicht durch Guthaben auf den Konten gemäß § 11 Ziffer 4) des Gesellschaftsvertrages gedeckt sind. Jeder durchschnittliche Anleger, der den Gesellschaftsvertrag mit der gehörigen Aufmerksamkeit liest, kann erkennen, dass es sich bei den Kapitalkonten I und II um Festkonten handelt, auf denen die Pflichteinlage und das Agio gebucht werden. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei dem Verlustsonderkonto nach § 11 Ziffer 3) um ein variables Konto, auf dem die – zunächst beabsichtigten Verluste – anteilig verbucht werden. Gewinnanteile der Kommanditisten werden zunächst ebenfalls auf den Verlustsonderkonten gebucht, und zwar solange, bis die vorangegangenen Verluste ausgeglichen worden sind. Erst dann sind Gewinnanteile auf den Gesellschafterkonten zu buchen, die zu Guthaben auf den Gesellschafterkonten führen. Alle Zahlungen an die Kommanditisten, die über diese so gebuchten Guthaben hinausgehen, werden als unverzinsliches Darlehn gewährt und stehen damit auch unter einem Rückzahlungsvorbehalt.

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Von der Systematik her fügt sich die gesellschaftsvertragliche Regelung in die gesetzliche Regelung des § 169 HGB und des § 172 Abs. 4 HGB. Der Kommanditist darf im Verhältnis zur Gesellschaft nur solche Zahlungen endgültig behalten, bei denen es sich um entnahmefähigen Gewinn im Sinne des § 169 HGB handelt, und die nicht zum Wiederaufleben der Außenhaftung führen. Bei Zahlungen, die darüber hinausgehen, muss er nach dem Vertrag nicht nur mit dem Wiederaufleben der Außenhaftung rechnen, sondern auch damit, dass die Gesellschaft selbst die Zahlungen von ihm zurückfordert.

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Dass dieses Gesellschafterkonto, auf dem die Auszahlungen gebucht werden, nicht als Darlehnskonto bezeichnet wird, steht dem nicht entgegen. Wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, richtet sich die zivilrechtliche Bedeutung von Konten nicht nach ihrer Bezeichnung. Weder kann die Buchung einer Zahlung auf einem Konto, das als Darlehnskonto bezeichnet wird, nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs für sich genommen dazu führen, dass diese Zahlung als Darlehn auszulegen ist, noch kann die Buchung der Auszahlung auf einem nicht als Darlehnskonto bezeichneten Gesellschafterkonto dahingehend ausgelegt werden, dass entgegen dem Wortlaut tatsächlich kein Darlehn gewährt, sondern eine Rückzahlung des Kapitals beabsichtigt ist.

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Diese vom Wortlaut her eindeutige Regelung wird auch nicht durch den Kontext mit anderen vertraglichen Regelungen unklar oder überraschend im Sinne des § 305 c BGB.

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Unklar wird die Regelung zunächst nicht schon dadurch, dass in § 13 Ziffer 7) des Gesellschaftsvertrages im Zusammenhang mit der Zahlung von Liquiditätsüberschüssen von einer "Ausschüttung" die Rede ist. Es ist zwar richtig, dass der Begriff der "Ausschüttung" in § 268 Abs. 8 HGB im Zusammenhang mit der Auszahlung von Gewinnen verwandt wird und entnahmefähige Gewinne nach § 169 Abs. 2 HGB auch bei späteren Verlusten nicht zurückzuzahlen sind. Dies führt nach Auffassung der Kammer aber nicht dazu, dass ein verständiger und redlicher Anleger aus der Verwendung des Begriffs "Ausschüttung" in dem konkreten Kontext des Gesellschaftsvertrages, d. h. im Zusammenhang mit der Regelung von Auszahlungen, bei denen es sich gerade nicht um Gewinnentnahmen handelt, und die ausdrücklich als "Darlehn" bezeichnet werden, den Schluss ziehen kann, dass auch diese Zahlungen ungeachtet ihrer Bezeichnung als Darlehn nicht rückzahlbar sein, sondern dem Kommanditisten ebenso wie entnahmefähige Gewinne unentziehbar verbleiben sollen. In dem Gesellschaftsvertrag selbst wird der Begriff "Ausschüttung" nicht in Verbindung mit der Auszahlung eines entnahmefähigen und unentziehbaren Gewinns verwandt. In § 8 Ziffer 8 Bstb. e), auf den § 13 Ziffer 6) verweist, heißt es vielmehr "... die Ausschüttung von Gewinnen und Liquiditätsüberschüssen". Der Begriff wird somit allgemein für die Auszahlung von Gewinnen und gleichermaßen auch von Liquiditätsüberschüssen verwandt. Dass auch der Bundesgerichtshof dem Begriff "Ausschüttung" nicht die Bedeutung beimisst, dass es sich bei einer Zahlung, die als Ausschüttung bezeichnet wird, zwingend um eine Zahlung handelt, die nicht zurückgefordert werden kann, ergibt sich auch aus den Ausführungen des Bundesgerichtshofs dazu, dass der Gesellschaftsvertrag Ausschüttungen an den Kommanditisten vorsehen kann, die nicht durch Gewinne gedeckt seien. Es wird ausgeführt, dass der Begriff keine Rückzahlungspflicht impliziere. Es wird aber nicht die Auffassung vertreten, dass im Gegenteil aus der Verwendung des Begriffes der Schluss auf ein "Behaltendürfen" gezogen werden könne.

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§ 13 Ziffer 8) des Gesellschaftsvertrages fügt sich ebenfalls in die Regelung der Auszahlung von Liquiditätsüberschusses als Darlehn. Allein die Auszahlung als Darlehn würde nämlich nicht dazu führen, dass ein Wiederaufleben der Haftung im Außenverhältnis ausgeschlossen ist, weil ein bloßer Aktivtausch vorliegt, so dass die Regelung des § 17 Ziffer 8) nur dann sinnvoll wäre, wenn die Ausschüttungen gerade nicht als Darlehn gewährt würden. Auch im Fall einer Auszahlung als Darlehn wäre die vorgenommene Auszahlung aus der Liquidität nämlich als eine haftungsschädliche Leistung causa societas zusehen. Zwar können ein haftungsunschädliches Drittgeschäft und ein bloßer Aktivtausch vorliegen, wenn einer Auszahlung an einen Kommanditisten eine Darlegungsgewährung seitens der Gesellschaft zugrunde liegt, da dem Abfluss von Mitteln aufgrund der Zahlung eine Forderung gegen den Kommanditisten gegenüberstehen würde. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Geschäft einem sog. Drittvergleich standhält, also das Darlehn auch einem außenstehenden Dritten in dieser Form gewährt worden wäre (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 7.7.2010, 8 U 106/09, veröffentlicht in der juris-Datenbank; Schmidt in Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 3. Aufl., §§ 171, 172 Rdn. 68). Diese Voraussetzungen für ein haftungsunschädliches Verkehrsgeschäft zwischen der Gesellschaft und dem Kommanditisten liegen aber gerade nicht vor, da das Darlehn an die Kommanditisten nicht zu den Konditionen gewährt wird, wie es einem Dritten gewährt worden wäre. Es erfolgt vielmehr zinslos und ohne Vereinbarung von Rückzahlungskonditionen und Sicherheiten, so dass dem Kommanditisten folgerichtig in § 13 Ziffer 8) des Gesellschaftervertrages die Möglichkeit eingeräumt wird, von seinem Entnahmerecht keinen Gebrauch zu machen, um so dem Wiederaufleben der Haftung zu entgehen.

38

Dass sich in dem Gesellschaftsvertrag keine Regelung über den Zeitpunkt und die Konditionen einer Rückzahlung finden, führt ebenfalls nicht dazu, dass die Vereinbarung über die Ausschüttung von Liquiditätsüberschüssen als Darlehn unklar wäre. Dies ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12. März 2013. Zwar führt der Bundesgerichtshof aus, dass bei der Auslegung zu berücksichtigen sei, dass es naheliegend gewesen wäre, im Gesellschaftsvertrag die Voraussetzungen zu regeln, unter denen der Gesellschafter zur Rückzahlung der Ausschüttungen an die Gesellschaft verpflichtet sein sollte, wenn die Auszahlungen unter dem Vorbehalt einer Rückforderung hätten stehen sollen. Dass eine solche Regelung in jedem Fall notwendig ist, um annehmen zu können, dass eine Zahlung als Darlehn gewährt wird, ergibt sich daraus jedoch nicht. Ebenso wenig ergibt sich aus dieser Entscheidung, dass bei Fehlen einer vertraglichen Regelung über die Konditionen der Rückzahlung nicht auf die gesetzliche Regelung des 488 Abs. 3 BGB bzw. 609 BGB a. F. zurückgegriffen werden kann. Vielmehr ist das Fehlen einer Regelung über die Rückzahlung des Darlehns bei der Auslegung nur ein Aspekt unter mehreren. Im vorliegenden Fall wird die Auszahlung an die Kommanditisten wie ausgeführt zweifelsfrei als Darlehn qualifiziert und die Voraussetzungen einer Rückzahlung ergeben sich aus dem Gesetz, d. h. aus § 488 BGB.

39

Zusammenfassend findet sich in dem Gesellschaftsvertrag keine Regelung, die die ausdrückliche Qualifizierung der Liquiditätsauszahlungen als Darlehn in Zweifel ziehen könnten. Dass die Anleger subjektiv davon ausgegangen sein mögen, dass sie die erhaltenen Zahlungen behalten oder jedenfalls nur im Fall der Insolvenz an die Gläubiger bzw. den Insolvenzverwalter und nicht etwa auch zur Abwendung einer Insolvenz an die Gesellschaft selbst zurückzahlen müssen, ändert an dieser am objektiven Erklärungsgehalt ausgerichteten Auslegung nichts.

40

Die Teil-Kündigung des Darlehns ist von der Klägerin ausgesprochen worden, so dass die erhaltenen Zahlungen binnen einer Frist von 3 Monaten zu erstatten waren. Dass die Kündigung und Rückforderung rechtsmissbräuchlich sein könnte, ist von der Beklagten nicht hinreichend dargetan. Insbesondere reicht die eigene Einschätzung, dass es wirtschaftlich sinnvoller wäre, das Schiff sogleich zu veräußern und ggfs. eine Insolvenz in Kauf zu nehmen, nicht aus, um das Rückzahlungsverlangen als missbräuchlich erscheinen zu lassen.

41

Nach allem ist der Klage stattzugeben.

42

Die Entscheidung über den Zinsanspruch und den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten folgt aus Verzug. Hinsichtlich der Zinshöhe ist der Anspruch nach § 288 Abs. 1 BGB auf 5 % über dem Basiszins beschränkt. Die Beklagte ist zwar kein Verbraucher im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB; bei der geltend gemachten Forderung handelt es sich jedoch nicht um eine Entgeltforderung gemäß dieser Vorschrift. Entgeltforderungen in diesem Sinne sind Forderungen, die auf Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sind.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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