Urteil vom Landgericht Hamburg - 315 O 543/08

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der international tätigen B.-L. Firmengruppe. Die B.-L. Firmengruppe lässt Kinderspielzeug, sog. Klemmbausteine, herstellen, die weltweit durch die Klägerin vertrieben werden. Die Klemmbausteine der B.-L. Firmengruppe entsprechen im Wesentlichen den Klemmbausteinen, die von den Beklagten unter der Bezeichnung „L. Steine“ bekannt sind.

2

Mit der Klage macht die Klägerin Schadensersatz gemäß § 945 ZPO wegen der Vollziehung einer einstweiligen Verfügung geltend, die nach ihrer Auffassung von Anfang an unberechtigt war. Die Klage stellt eine Teilklage dar.

3

Die Klägerin wurde 1997 gegründet und nahm in diesem Jahr den Vertrieb von sog. Klemmbausteinen in England auf. In kürzester Zeit nach der Gründung fand ein weltweiter Vertrieb statt, ausgenommen den europäischen Markt. Im zweiten Halbjahr 1998 wandte sich die Beklagte in Person ihres damaligen Prozessbevollmächtigten an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten in Hamburg, um eine Einigung für den beabsichtigten Vertrieb in Deutschland herzustellen. Dies wurde von den Beklagten und ihren Prozessbevollmächtigten abgelehnt.

4

Nach der Ablehnung von Einigungsgesprächen erhob die Klägerin zunächst vor dem Landgericht Hamburg zum Az.: 312 O 603/09 eine negative Feststellungsklage,

5

dass es ihr erlaubt sei, ihre Klemmbausteine in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreiben.

6

In Reaktion auf die negative Feststellungsklage erhoben die Beklagte zu 1) und die Beklagte 3) vor dem Landgericht Hamburg zum Aktenzeichen 315 O 33/09 - anhängig am 21. Januar 1999, rechtshängig am 25. Januar 1999 - gegen die Klägerin eine Unterlassungsklage hinsichtlich eines Vertriebs von Klemmbausteinen. Auf Grund dieses Verfahrens wurde die negative Feststellungsklage ausgesetzt.

7

Im Unterlassungklageverfahren zum Az. 315 O 33/99 verurteilte das Landgericht mit Urteil vom 5. Januar 2000 (Anlage B 3) die Klägerin antragsgemäß. Dieses Urteil wurde vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg mit Urteil 13. Dezember 2001 (Anlage B 4) bestätigt. Die von der Klägerin eingelegte Revision führte zur Aufhebung des Urteils des Hanseatischen Oberlandesgericht (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004 - „Klemmbausteine III“ - Anlage K 1). Zum Teil erfolgte eine Klagabweisung, zum Teil erfolgte eine Zurückverweisung an das Hanseatische Oberlandesgericht. Die Zurückverweisung an das Hanseatische Oberlandesgericht erfolgte hinsichtlich der Unterlassungsansprüche auch aus dem weiterhin geltend gemachtem Markenschutz, zu dem noch keine Feststellungen getroffen worden waren.

8

Auf diese Zurückverweisung erfolgte eine Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts, wonach sämtliche geltend gemachten Unterlassungsansprüche unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs nicht gegeben seien. Hinsichtlich der markenrechtlichen Ansprüche wartete das Hanseatische Oberlandesgericht die diversen Löschungsverfahren ab.

9

Die Klägerin beruft sich darauf, dass die Beklagten mit mindestens zwei zu Unrecht erlassenen einstweiligen Verfügungen die Klägerin daran gehindert hätten, ab 1999 auf dem deutschen Markt tätig zu sein.

10

(1) Unmittelbar nach Erhebung der Unterlassungsklage durch die Beklagten zu 1) - 3) zum Aktenzeichen 315 O 33/99 beantragten die Beklagten vor dem Landgericht Hamburg unter dem Aktenzeichen 315 O 64/99 (Antragseingang 5. Februar 1999) gegen die Klägerin eine einstweilige Verfügung, mit der der Klägerin durch Beschluss vom 6. Februar 1999 verboten wurde,

11

1. Klemmbausteine aus Kunststoff, die durch zylindrische Noppen gekennzeichnet sind und mit „L.“ und/oder „D.“ Klemmbausteinen der Antragstellerinnen verbaubar sind, in der Bundesrepublik Deutschland auszustellen, anzubieten, zu bewerben oder zu vertreiben;

12

2. den nachstehend abgebildeten Acht-Noppen-Baustein im Zusammenhang mit Konstruktionsspielzeug auszustellen, anzubieten oder zu vertreiben.

13

(ABBILDUNG im Tenor der einstweiligen Verfügung)

14

Die einstweilige Verfügung wurde der Klägerin am 8. Februar 1999 zugestellt und damit vollzogen.

15

(2) Anfang Dezember 2002 erfolgte im Hamburger Hafen eine Grenzbeschlagnahme von Klemmbausteinprodukten der Klägerin, die nach Darstellung der Klägerin für den österreichischen Markt und das Weihnachtsgeschäft 2002 bestimmt gewesen seien. Sodann beantragten die Beklagten zu 2) und zu 3) sowie die K. A/S, eine Tochter der L.-Firmengruppe, zum Aktenzeichen 312 O 733/02 die Aufrechterhaltung der Grenzbeschlagnahme. Mit dieser einstweiligen Verfügung vom 12. Dezember 2002 (Anlage B 7) wurde der Klägerin verboten,

16

Klemmbausteine einzuführen, durchzuführen oder in den Verkehr zu bringen und die Maßnahmen der Zollbehörden zur Sicherung des Verbotes zu dulden.

17

Dieser Beschluss wurde der Klägerin sodann am 16. Dezember 2002 zugestellt.

18

Im Hauptsacheverfahren mit dem Az. 315 O 33/99 erging das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts Hamburg am 5. Januar 2000 (Anlage B 3). Das Hanseatische OLG entschied unter dem Aktenzeichen 3 U 28/00 am 13. Dezember 2001 über die Berufung und bestätigte das landgerichtliche Urteil (Anlage B 4).

19

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2005 vor dem Hanseatischen OLG Az. 3 U 28/00 über die vom BGH zurückverwiesene Sache gab die Klägerin eine Unterlassungserklärung über den Acht-Noppen-Baustein ab (Anlage B 5).

20

Mit Schreiben von 13. und 24. Oktober 2005 nach dem Teil-Urteil des Hanseatischen OLG vom 6. Oktober 2005 in der Sache 3 U 28/00 verzichteten die Beklagten auf die Rechte aus den beiden streitgegenständlichen einstweiligen Verfügungen (Anlagen B 9 und B 10).

21

Nach der Entscheidung des BGH vom 2. Dezember 2004 ist die Klägerin nicht mehr auf dem deutschen Markt im Rahmen eigener Vertriebsaktivitäten tätig geworden. Es gab zwei weitere in Deutschland tätige Unternehmen, die 2007 in die Insolvenz gegangene B.-L. (Deutschland) GmbH und die sodann gegründete B.-L. GmbH.

22

Die Klägerin behauptet, ihr sei durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügungen ein ganz erheblicher Schaden entstanden. Der Klägerin seien Gewinne in Höhe von € 16,482 Mio. entgangen. Die Klägerin beruft sich auf ein Gutachten des Unternehmens D. & T. GmbH, das sie als Anlage K 3 zur Akte gereicht hat.

23

Bei dem Schaden handele es sich um entgangenen Gewinn, der auf die beiden einstweiligen Verfügungen zurückzuführen sei. Der Klägerin sei der deutsche Markt seit Anfang 1999 bis zum 13. Oktober 2005 abgeschnitten gewesen. Dies sei insbesondere deshalb ausgesprochen misslich gewesen, da jedes Jahr in Nürnberg die weltweit bekannte und genutzte Spielwarenmesse stattgefunden habe, auf der die Klägerin im vorgenannten Zeitraum ihre Waren nicht habe ausstellen können. Dadurch habe sich das Verbot der genannten einstweiligen Verfügungen nicht nur auf dem deutschen Markt, sondern letztlich sogar weltweit ausgewirkt. Besonders betroffen gewesen sei insoweit der europäische Markt. Die Klägerin habe ihre Waren nicht, wie es in der Spielzeugbranche üblich sei, gegenüber den europäischen Käufern präsentieren können. Sie habe auch nicht die üblicherweise auf der Messe zu tätigenden Vertragsabschlüsse für das jeweilige Jahr tätigen können. Damit aber sei der Vertrieb der Klägerin in den für den Absatz wichtigen europäischen Ländern Italien, Spanien, Großbritannien, Österreich, Schweiz, Frankreich, Tschechien und den Beneluxländern so gut wie zum Erliegen gekommen bzw. habe gar nicht aufgenommen werden können.

24

Den Markteintritt habe die Klägerin auf Grund der verpassten Messe im Jahr 2005 erst im Jahr 2006 ernsthaft beginnen können. Ausgesprochen hinderlich sei es gewesen, dass ein weiterer Konkurrent der Parteien, das Unternehmen M. B. mit Sitz in K. unmittelbar nach dem Urteil des BGH vom 2. Dezember 2004 mit Klemmbausteinen auf den deutschen Markt gekommen sei und rasch hohe Umsätze erzielt habe. So habe M. B. schon das Jahresgeschäft auf der Nürnberger Spielwarenmesse für das Jahr 2005 mitnehmen können. Im Jahr 1998 bzw. 1999 habe ein Markteintritt von M. B. auf dem deutschen Markt noch nicht angestanden.

25

Durch die mit der Grenzbeschlagnahme ergangene einstweilige Verfügung im Jahr 2002 sei im Jahr 2002 zunächst das Weihnachtsgeschäft auf dem österreichischen Markt verhindert worden und nachfolgend das Geschäft insgesamt. Noch heute finde dort kein Absatz statt.

26

Hinsichtlich der Schadenshöhe verweist die Klägerin zunächst auf das Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D. & T. (Anlage K 3). Der entgangene Nettogewinn für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland belaufe sich auf Grund der einstweiligen Verfügungen auf einen Nettogewinn von € 8.648.000,--. Wäre die Klägerin wie geplant im Jahr 1999 auf dem deutschen Markt tätig geworden, so hätte sie im Jahre 1999 einen Umsatz von € 1,25 Mio. im Jahr 2000 einen Umsatz von € 1,875 Mio., im Jahr 2001 einen Umsatz von € 2,188 Mio., im Jahr 2002 einen Umsatz von € 2,5 Mio., im Jahr 2003 einen Umsatz von € 3,125 Mio., im Jahr 2004 einen Umsatz von € 3,438 Mio., im Jahr 2005 einen Umsatz von 3,906 Mio., im Jahr 2006 einen Umsatz von € 4,4 Mio. und im Jahr 2007 einen Umsatz von € 5,00 Mio. erzielt. Insgesamt hätte sich der Umsatz bis zum 18. Dezember 2007 auf insgesamt € 27.682 Mio. belaufen.

27

Diesen Zahlen lägen die Umsätze und Erfahrungen der Klägerin auf dem US-Markt zu Grunde. So habe die Klägerin zwischen den Jahren 2000 bis 2004 auf dem US-Markt über $ 10 Mio. umgesetzt und dabei einen Rohgewinn von über $ 4 Mio. erzielt. Der US-amerikanische Markt und der Markt der Bundesrepublik Deutschland seien in den vergangenen Jahren von nahezu identischer Umsatzgröße gewesen.

28

Insgesamt habe der entgangene Nettogewinn für den deutschen Markt durch die einstweiligen Verfügungen insgesamt € 8.648.000,-- betragen.

29

Durch die einstweiligen Verfügungen aus dem Jahre 1999 und insbesondere durch die Grenzbeschlagnahme sei der Klägerin in Österreich ein Gewinn in Höhe von € 750.000,-- entgangen. Der entgangene Gewinn auf den übrigen europäischen Märkten durch die einstweiligen Verfügungen habe insgesamt € 4.749.000,-- betragen. Dies wird von der Klägerin im Einzelnen ausgeführt. Insoweit wird auf den Akteninhalt verwiesen.

30

Die Klägerin behauptet, ihr sei weiterhin im Hinblick auf den entgangenen Gewinn ein Schaden in Form entgangener Zinsgewinne bzw. nicht realisierter ersparter Zinsaufwendungen ein Schaden in Höhe von € 2,29 Mio. entstanden. Der Klägerin wäre nämlich in den jeweiligen Geschäftsjahren, in denen ihr der Gewinn entgangen sei, auf Grund der Gewinne Liquidität zugeflossen. Diese hätte die Klägerin verzinslich anlegen können bzw. für den laufenden Geschäftsbetrieb niedrigere Finanzierungskredite hätte aufnehmen müssen.

31

Insgesamt ist die Klägerin der Ansicht, ihr stehe ein Schadensersatz in Höhe von € 16,482 Mio. zu. Die Klägerin habe diesen allerdings aus Kostengründen nicht geltend gemacht.

32

Nach den Hinweisen der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2014 hat die Klägerin vorgetragen, dass seit dem Jahr 2005 den Gewinnen der B.-L. Firmengruppe auf dem deutschen Markt Warenlieferungen der B.-L. (Asia) Ltd. und der B.-L. Ltd. zu Grunde lägen. Dies hat die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 19. August 2014 im Einzelnen ausgeführt.

33

Die Klägerin bestreitet den Vortrag der Beklagten, dass der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin Dr. P. K. dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten erklärt habe, vor Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens würde mit dem Vertrieb in Deutschland nicht begonnen werden. Die Klägerin habe im Jahre 2005 begonnen, auf dem deutschen Markt zu verkaufen.

34

Im Hinblick auf den Schaden verweist die Klägerin auf den Umstand, dass die Nürnberger Spielwarenmesse international die führende Fachmesse sei und dort die entscheidenden Jahresgeschäfte vorbereitet würden. Ohne Teilnahme an dieser Messe könnten ernsthaft keine Geschäfte für das Jahr abgeschlossen werden. Dies gelte auch für die internationalen Märkte außerhalb von Deutschland.

35

Eine Verjährung habe erst nach Kenntnis der Entscheidungsgründe des BGH beginnen können. Dies sei erst Anfang 2005 gewesen, so dass die Verjährung frühestens am 31. Dezember 2005 begonnen habe und erst mit Ablauf des 31. Dezember 2008 geendet habe.

36

Die Klägerin beantragt,

37

die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 8.250.000 nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit als Gesamtschuldner zu zahlen.

38

Die Beklagten beantragen,

39

die Klage abzuweisen.

40

Die Beklagten sind der Ansicht, der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO zu. Es fehle bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift, weshalb eine Haftung dem Grunde nach bereits ausscheide. Bei realistischer Betrachtung hätte die Klägerin im relevanten Zeitraum auch keinen Gewinn erzielt, so dass eine Haftung der Beklagten der Höhe nach ausscheide.

41

Die Beklagten berufen sich zunächst im Hinblick auf die die Ansprüche aus § 945 ZPO auf Verjährung.

42

Im Hinblick auf den Acht-Noppen-Baustein habe die Klägerin im Jahr 2005 eine Unterlassungserklärung abgegeben. Sich nunmehr darauf zu berufen, dass Ansprüche gegen den Acht-Noppen-Baustein nicht bestünden, sei ein widersprüchliches Verhalten.

43

Zudem sei es spätestens seit dem 13. Dezember 2001 auf die einstweilige Verfügung mit dem Az.: 315 O 64/99 ohnehin nicht mehr angekommen. Denn an diesem Tag habe das Hanseatische Oberlandesgericht im Hauptsacheverfahren das landgerichtliche Urteil bestätigt. Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts sei ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar gewesen; die Klägerin - als seinerzeitige Beklagte - habe von der Möglichkeit, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, keinen Gebrauch gemacht. Dementsprechend sei die Klägerin des hier anhängigen Verfahrens seit dem Tag des Urteils an die darin ausgesprochenen Unterlassungspflichten gebunden gewesen. Vor diesem Hintergrund habe die Klägerin des hiesigen Verfahrens die fraglichen Handlungen und insbesondere die Vermarktung ihrer Klemmbausteine ab dem 13. Dezember 2001 ohnehin nicht mehr vornehmen können. Es fehle damit an einer hinreichenden Kausalität eines Schadenseintritts durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung nach dem 13. Dezember 2001.

44

Die Schadensberechnung der Klägerin entbehre jeder nachvollziehbaren Grundlage.

45

Dies gelte zunächst für den angeblich auf dem deutschen Markt entstandenen Schaden. Tatsächlich seien die von der Klägerin zu erwartenden Umsätze marginal gewesen; einen Gewinn hätte sie nicht erwirtschaften können. Die Klägerin habe nämlich im Jahre 1999 keine Vertriebsabsicht in Deutschland gehabt. Dies folge aus der Anlage B 23. Die Klägerin berufe sich zudem maßgeblich auf das Gutachten D. (Anlage K 3). Dort seien Erfahrungen der Muttergesellschaft hinsichtlich der Marktentwicklung in den USA zu Grunde gelegt worden. Das Gutachten sei auf unklarer und unvollständiger Tatsachengrundlage erstellt worden. Das Gutachten basiere auch auf völlig unzutreffenden Marktzahlen. So sei der von der Klägerin avisierte Marktanteil von 2 % bis 3 % pro Land unrichtig; die tatsächlichen Marktanteile der Klägerin pro Land beliefe sich auf höchstens 0,1 % pro relevantem Land. Maßstab könnten allein die Gewinnzahlen der Klägerin für die Jahre 2006, 2007 und 2008 für Deutschland sein. Der reale Marktanteil der Klägerin in Deutschland in den Jahren 2006 und 2007 habe jeweils max. 0,2 % betragen (Anlagenkonvolut B 16). In den Jahren 2008 und 2009 sei der Marktanteil der Klägerin bei insgesamt 0,025 % bzw. 0,026 % gewesen (Anlage B 49). In den Jahren 2010 und 2011 sei der Marktanteil der Klägerin noch weiter geschrumpft, und zwar auf 0,001 % 2010 und 0,002 % im Jahre 2011 bis Oktober (Anlage B 50). Die Klägerin habe also 6 Jahre nach Markteintritt keinen relevanten Marktanteil erzielen können.

46

Auf einen entgangenen Gewinn außerhalb Deutschlands könne sich die Klägerin nicht berufen. Ein Veräußerungsverbot in Deutschland spiele keine Rolle für den Vertrieb in anderen Ländern. Der deutsche Spielwarenmarkt werde von nationalen Einzelhandelsorganisationen dominiert, die in anderen wichtigen europäischen Spielzeugmärkten nahezu keine Rolle spielten. In anderen europäischen Ländern würden die Spielzeugmärkte von Einzelhändlern und Unternehmen dominiert, die ihr Geschäft unabhängig von Deutschland betrieben.

47

Die Möglichkeit der Ausstellung von Produkten auf der Nürnberger Spielwarenmesse spiele für den Verkauf außerhalb Deutschlands nur eine untergeordnete Rolle. International tätige Unternehmen nutzten vor der Messe stattfindende Pre-Views, so dass die Präsenz auf der Messe keine zentrale Rolle spiele. Dies zeige die Umsatzentwicklung in den Jahren 2006 - 2007, die rückläufig gewesen sei, obwohl das Verbot nicht mehr bestanden habe.

48

Auch für Österreich habe die Klägerin keinen nachvollziehbaren, kausalen Schaden belegen können. Die einstweilige Verfügung vom 12. Dezember 2002 habe sich auf ganz bestimmte, konkret dargestellte Bauelemente bezogen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, warum die in Österreich abzusetzenden Produkte gerade diese Bauelemente enthielten. Zudem sei der Klägerin durch die einstweilige Verfügung nicht der Absatz in Österreich verwehrt gewesen. Auf einen Transport durch Deutschland sei die Klägerin aber nicht angewiesen gewesen.

49

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zur Akte gereichten Anlagen, die Protokolle der mündlichen Verhandlung und den sonstigen Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

50

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, dass ihr durch den Vollzug der streitgegenständlichen einstweiligen Verfügungen ein kausaler Schaden entstanden ist.

51

1. Dabei geht die Kammer, worauf sie schon in ihrem Hinweisbeschluss vom 15. Mai 2012 hingewiesen hat, davon aus, dass die Klägerin allenfalls den Schaden nach § 945 ZPO von den Beklagten verlangen kann, der im Zeitraum vom Tag des Erlasses bzw. der Vollziehung der einstweiligen Verfügung (6. Februar 1999) bis zu dem Tag der Verkündung des Urteils des Berufungsgerichts (13. Dezember 2001) entstanden ist.

52

Die Klägerin kann gegen die Beklagten als Schadensersatz solchen entgangenen Gewinn geltend machen, der ihr dadurch entstanden ist, dass sie wegen des im Verfügungsverfahren titulierten Verbotes vom 6. Februar 1999 ihre Produkte hat nicht auf den Markt bringen können. Die Haftung der Beklagten auf Schadensersatz aus § 945 ZPO endet jedoch mit der Verkündung des Urteils des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 13. Dezember 2001 im Hauptsacheverfahren (Az. 315 0 33/99); für danach entstandenen Schäden haften die Beklagten nicht mehr auf Schadensersatz.

53

Mit der Verkündung des die Berufung zurückweisenden Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 13. Dezember 2001 im Hauptsacheverfahren (Az. 315 0 33/99) ist der Unterlassungstitel des Landgerichts aus dem Urteil vom 5. Januar 2000 ohne Sicherheitsleistung (nur mit Abwendungsbefugnis) vorläufig vollstreckbar geworden (§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO). Die Haftung des Gläubigers aus einem nach 708 Ziff. 10 ZPO vorläufig vollstreckbaren Urteil nach späterer Aufhebung oder Änderung findet ihren gesetzlichen Niederschlag in § 717 Abs. 3 ZPO. Danach begründet die Aufhebung oder Änderung eines Berufungsurteils nach § 708 Ziff. 10 ZPO keine Schadensersatzpflicht, sondern allenfalls Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung. Wenn also das Berufungsurteil im Revisionsverfahren durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2004 insoweit aufgehoben worden ist, als der wettbewerbsrechtliche Anspruch („Einschieben in fremde Serie“) betroffen ist, ist eine Schadensersatzpflicht gesetzlich gerade nicht vorgesehen. Das findet seine Rechtfertigung darin, dass das nach § 708 Ziff. 10 ZPO vorläufig vollstreckbare Berufungsurteil im Hauptsacheverfahren zwei Instanzen durchlaufen hat, was einen erheblichen Grad an Sicherheit mit sich bringt („Das Vertrauen auf ihre Richtigkeit wird privilegiert“ - BGHZ 69, 378; Zöller-Herget, a.a.O., § 717 Rd.16). Wenn aber der im Hauptsacheverfahren erwirkte Unterlassungstitel, soweit er vom Berufungsgericht bestätigt ist, keine Verpflichtung zum Schadensersatz begründet, wenn das Berufungsurteil später aufgehoben wird, so kann eine Haftung des Verfügungsgläubigers aus der Vollziehung des Verfügungstitels nicht weitergehen, als die Haftung aus der Vollstreckung des Hauptsachetitels bei späterer Aufhebung.

54

Die Anspruchsgrundlage des § 945 ZPO rechtfertigt sich daraus, dass der Verfügungsgläubiger in einem kursorischen Verfahren mit den erleichternden Mitteln der Glaubhaftmachung einen Vollstreckungstitel erwirken kann. Dies rechtfertigt eine sogar verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht; die Vollstreckung aus dem nur vorläufigen Titel erfolgt auf Gefahr des Gläubigers (Zöller-Herget, ZPO, 29.Aufl., § 945 Rd.3; BGHZ 120, 261 BGH NJW 1990, 2689). Hat der Gläubiger im Hauptsacheverfahren einen vollstreckbaren Titel - auf dem Boden des ordentlichen Klageverfahrens und über zwei Instanzen - erstritten, so sollen unter den Voraussetzungen des § 717 Abs. 3 ZPO ihn bei späterer Aufhebung keine Schadensersatzpflicht treffen. Dann aber kann die Haftung aus der Vollstreckung aus dem (kursorischen) Verfügungsverfahren mit den gegenüber den ordentlichen Klagverfahren erheblichen Beweiserleichterungen nicht weitergehen, als dies für die Haftung aus der Vollstreckung des Hauptsachetitels gemäß § 717 Abs. 3 ZPO gesetzlich vorgesehen ist, nämlich kein Schadensersatz. Würde dies anders entschieden, trüge dies dem Verhältnis zwischen Verfügungsverfahren und Hauptsacheverfahren und im Übrigen dem § 717 Abs. 3 ZPO nicht hinreichend Rechnung.

55

Die Beklagte haften der Klägerin danach aus der Vollstreckung der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 1999 auf entgangenen Gewinn aus einem Zeitfenster zwischen dem Tag des Erlasses der einstweiligen Verfügung (6. Februar 1999) und dem Tag der Verkündung des Urteils des Berufungsgerichts (13. Dezember 2001) im Hauptsacheverfahren Az. 315 0 33/99. Da nach dem Tag der Verkündung des Urteils des Berufungsgerichts die Vollstreckbarkeit des Unterlassungstitels keine Schadensersatzpflicht der Beklagten begründet, kann die Klägerin nur solchen Schaden (in Form des entgangenen Gewinns) geltend machen, der durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung in dem Zeitfenster zwischen dem Tag des Erlasses der einstweiligen Verfügung (6. Februar 1999) und dem Tag der Verkündung des Urteils des Berufungsgerichts (13. Dezember 2001) verursacht worden ist. Für den Schaden, der durch die Vollstreckung des Titels aus dem Hauptsacheverfahren verursacht worden ist, sind die Beklagten nicht zum Schadensersatz verpflichtet.

56

2. Der Klägerin steht aber auch im Hinblick auf den oben genannten Zeitraum vom 6. Februar 1999 bis zum 13. Dezember 2001 kein Schadensersatz zu, weil die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat, dass sie in dem genannten Zeitraum überhaupt als Wettbewerberin der Beklagten auf dem deutschen Markt tätig werden wollte. Die Klägerin ist damit ihrer Darlegungslast im Hinblick auf ihre Vertriebsabsichten nicht hinreichend nachgekommen.

57

a) Im Rahmen des Hauptsacheverfahrens 315 O 33/19 hatte die Klägerin, vertreten durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten P. K., in einem Schriftsatz vom 12. Februar 1999 ausdrücklich ausgeführt:

58

Die Kläger werden sich ernsthaft fragen müssen, zu welchem Zweck sie die einstweilige Verfügung des angerufenen Gerichts vom 6. Februar 1999 für die Nürnberger Spielwarenmesse erwirkten, nachdem ihnen klar war, dass es sich um eine internationale Spielwarenmesse handelte, die Beklagte in Deutschland ohne gerichtliche Klärung in dem anhängigen Verfahren sowieso nicht auf dem Markt wollte und der Vertrieb der Erzeugnisse im EU Ausland mit wenigen Ausnahmen von ihnen sowieso nicht verboten werden kann. Insoweit behält sich die Beklagte gegenüber den Klägern und den Antragstellern des EV-Verfahrens auch die Ansprüche aus § 945 ZPO vor.

59

In einer Anzeige aus dem Jahr 2005 (Februar-Ausgabe der Zeitschrift „Spielzeug International“ - Anlage B 31) heißt es unter anderem:

60

Im Verlauf der langjährigen Auseinandersetzung mit L. für den deutschen Markt haben wir L. gegenüber nie einen Zweifel daran aufkommen lassen, dass wir die in Deutschland geltenden Gesetze und die gegen uns in der Vergangenheit ergangenen Entscheidungen deutscher Gerichte respektieren, sofern sie dann rechtskräftig geworden sind. Demgemäß werden wir daher auch mit unseren Verkaufsaktivitäten für Deutschland erst beginnen, wenn die von uns in Kürze erwartete positive End-Entscheidung der deutschen Gerichte vorliegt.

61

Diese Aussagen der Klägerin belegen nach Auffassung der Kammer, dass die Klägerin jedenfalls im Zeitraum vom 6. Februar 1999 bis zum 13. Dezember 2001 noch keine ernsthaften Vertriebsabsichten hatte, die sie auf Grund der Vollziehung der einstweiligen Verfügungen nicht verwirklichen konnte. Vielmehr sprechen diese Verlautbarungen dafür, dass die Klägerin zunächst eine endgültige rechtskräftige Klärung der Rechtslage wollte, bevor sie ihre Vertriebsaktivitäten in die Tat umsetzte. Dementsprechend waren die einstweiligen Verfügungen nicht kausal für die Nichtaufnahme der Vertriebsaktivitäten.

62

b) Für diese fehlende Vertriebsabsicht im Jahre 1999 sprechen auch einige weitere Umstände, die die Beklagten zu Recht angeführt haben. So hat die Klägerin in einem Schreiben vom 7. September 1998 ihres damaligen Prozessbevollmächtigten Dr. P. K. (Anlage B 35) angekündigt, eine erste „Testlieferung an einen Händler in Hamburg“ durchzuführen, um die „Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg zu begründen“. Zweck der Testlieferung war daher nicht die Aufnahme geschäftlicher Aktivitäten, sondern die Schaffung der Voraussetzungen einer negativen Feststellungsklage.

63

Zudem hat die Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 6. Februar 1999 keinen Widerspruch eingelegt. Wenn sie wirklich mit aller Macht auf den deutschen Markt gedrängt hätte und nur von der einstweiligen Verfügung an diesen Vertriebsaktivitäten gehindert worden wäre, hätte sie alle Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 6. Februar 1999 eingelegt. Dies spricht ebenfalls dafür, dass die rechtliche Klärung der Rechtsfragen in dem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren durchgeführt werden sollte.

64

Ein weiteres Indiz, das gegen die Vertriebsabsicht der Klägerin spricht, ist der Umstand, dass sie keinerlei konkrete Vertriebsbemühungen, Vertriebsaufwendungen und Vertriebsstrukturen in den Jahren 1999 bis 2001 dargelegt hat. Es findet sich in ihren geltend gemachten Schadenspositionen keine einzige Position, die für sog. „frustrierte Aufwendungen“ für die alsbaldige Aufnahme des Vertriebs stehen. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 6. Februar 2014 auf die Anlagen K 22 und K 23 verweist, sind diese in keiner Weise aussagekräftig. Es handelt sich um Preislisten und Produktübersichten aus dem englischsprachigen Raum, aber nicht um konkrete Vertriebsbemühungen in Deutschland. Diese Anlagen belegen letztlich, dass es keine konkreten Vertriebsbemühungen für Deutschland gab; die Klägerin hat insoweit lediglich ihre Vertriebsaktivitäten im englischsprachigen Ausland dargelegt. Es kommt hinzu, dass die Klägerin auch nach dem Wegfall des Verbotes selbst keinerlei Vertriebsaktivitäten mehr auf dem deutschen Markt aufgenommen hat. Der deutsche Markt wurde seit 2005 mit Produkten der B.-L. (Asia) Ltd. und B.-L. Ltd. beliefert; nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin lagen den Gewinnen in Deutschland und Europa Warenlieferungen dieser beiden Unternehmen zu Grunde. Zudem wurde unstreitig für den Vertrieb in Deutschland nach 2005 das Unternehmen B.-L. GmbH gegründet, das im Jahre 2007 insolvent wurde.

65

Die Beklagten haben insoweit zu Recht auf den Widerspruch im Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 3. Mai 2013, Seite 10 hingewiesen und im Vorbringen in den Schriftsätzen vom 25. April 2012, Seite 8 und vom 19. August 2014, Seite 4. Denn im Schriftsatz vom 3. Mai 2013 heißt es ausdrücklich, dass „daneben ein Großteil des Geschäftes über sog. FOB-Geschäfte über asiatische Unternehmen aus der B.-L. Firmengruppe bedient worden wären, sodass es innerhalb Deutschlands keiner weiteren Vorbereitungsmaßnahmen bedurfte“ hätte. In dem Schriftsatz vom 19. August 2014 heißt es demgegenüber, die Klägerin habe im Jahre 1998 „Vorbereitungen getroffen, um auf dem deutschen Markt Klemmbausteinprodukte zu vertreiben“. Dieses widersprüchliche Vorbringen bestätigt letztlich, dass die Klägerin die Klärung der Rechtsfrage im Hauptsacheverfahren abwarten wollte, bevor ein Vertrieb auf dem deutschen Markt erfolgen sollte.

66

Nach Auffassung der Kammer ist die einstweilige Verfügung der Kammer vom 6. Februar 1999 damit nicht schadensursächlich geworden, weil die Klägerin von vornherein gewillt war, die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den sog. Klemmbausteinen einzuhalten, bis sich insoweit eine Änderung in einem rechtskräftigen Hauptsacheverfahren ergeben hätte (vgl. auch OLG Koblenz, Az.: 5 U 1548/92).

67

3. Selbst wenn man dieser Rechtsauffassung nicht folgen sollte, hätte die Klägerin den ihr entstandenen Schaden nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

68

a) Dabei schafft § 252 Satz 2 BGB für den Geschädigten eine Beweiserleichterung in dem Sinn, dass die bloße Wahrscheinlichkeit der Erwartung des Gewinns anstelle des positiven Nachweises genügt, sofern die Vorkehrungen und Anstalten, aus denen die Gewinnerwartung hergeleitet wird, dargelegt und gegebenenfalls bewiesen werden, und zwar unter Berücksichtigung der Regelung des § 287 ZPO. Die Anwendung des § 252 BGB verlangt die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen, die geeignet sind, dem Ermessen bei der Wahrscheinlichkeitsprüfung nach § 252 Satz 2 BGB eine Grundlage zu geben. Sind derartige Anknüpfungstatsachen dargelegt, erscheinen sie aber nicht ausreichend, um den geltend gemachten Schaden durch Schätzung zu ermitteln, so ist noch zu prüfen, in welchem Umfang die vorgetragenen Tatsachen eine hinreichende Grundlage für die Feststellung eines in jedem Fall eingetretenen Mindestschadens bieten (vgl. BGH NJW-RR 1996, 1077 ff).

69

Im Streitfall hat die Klägerin keine hinreichenden Tatsachen dargelegt und unter Beweis gestellt, die es der Kammer erlauben würden, unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung den von ihr behaupteten Schaden festzustellen. Die Darlegungen der Klägerin reichen auch nicht aus, einen Mindestschaden festzustellen.

70

aa) Die Darlegungen der Klägerin auf der Basis des Gutachtens D. (Anlage K 3) bieten keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen, um überhaupt in eine Schadensprüfung einzutreten. Denn diese sind von vornherein nicht hinreichend substantiiert und konkret genug, um einen Schaden zu belegen und möglicherweise einen Sachverständigen zu beauftragen.

71

Denn konkrete Anknüpfungstatsachen können nach Auffassung der Kammer nur solche sein, die sich konkret mit dem deutschen Markt befassen. Einen solchen Ansatz hat das Gutachten D. von vornherein nicht gewählt. Auf Seite 8/9 des Gutachtens heißt es:

72

Den Planansätzen für den deutschen Markt liegen die Erfahrungen der Muttergesellschaft über die Marktentwicklung in den USA zugrunde. ... Die Konstruktionsspielzeugmärkte in den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland sind in den vergangenen 40 Jahren von nahezu identischer Umsatzgröße gewesen und stehen für jeweils ca. 250 Mio. US$ Umsatz pro Jahr. Ein Abgleich mit dem Anteil der Bevölkerungsgruppe der Kinder im Alter zwischen 1,5 Jahren bis 15 Jahren ergibt ein Käuferpotential von insgesamt 10 Millionen Personen. Bei einem erzielbaren Marktanteil der B.-L. von 3 % ergäbe sich damit bei einem potentiellen Käuferkreis von rd. 310.000 Erwerbern bei einem durchschnittlichen Verkaufspreis von 15.00 EUR pro Jahr und pro Kind für B.-L. Produkte ein Umsatzvolumen p.a. in der Größenordnung von ca. 4,6 Mio. EUR.

73

Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ist die Kammer der Auffassung, dass die Klägerin mit dem Gutachten D. keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen bietet, um in eine Beweisaufnahme einzutreten. Denn der Ausgangspunkt des Parteigutachtens, den US-Markt als Vergleichsmarkt heranzuziehen und dabei zu Gunsten der Klägerin von einem Marktanteil von 3 % auszugehen, wird ohne jede substantiierte Begründung einfach vorausgesetzt. Das Gutachten berücksichtigt in keiner Weise die konkreten Umsätze, die andere Unternehmen des B.-L. Konzerns in den ersten drei Jahren nach Eintritt in den deutschen Markt gemacht haben.

74

Dabei ist es nach Auffassung der Kammer von vornherein verfehlt, für die Jahre 1999 bis 2001 von einer Konkurrenzsituation ohne das Unternehmen M. B. Inc. auszugehen. Denn dieses Unternehmen war im Jahre 1999 nach aller Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht auf dem Markt präsent, weil die deutschen Gerichte sich an der früheren Rechtsprechung des BGH zu den „Klemmbausteinen“ orientierten und das Unternehmen ein Verbot seiner Vertriebsaktivitäten befürchtete. Dafür spricht es, dass dieses Unternehmen nach der Änderung der Rechtsprechung sofort auf dem deutschen Markt präsent war. Von einer idealen Wettbewerbssituation für die Klägerin ohne weitere Konkurrenten auf dem deutschen Markt in den Jahren 1999 - 2001 kann daher keinesfalls ausgegangen werden. Auch insoweit geht das Gutachten D. von vornherein von falschen Prämissen aus.

75

b) Die Kammer hat die Klägerin daher in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung sich allein aus den Umsätzen und Marktanteilen ab 2005 bis 2007 ergeben können.

76

Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 19. August 2014 vorgetragen, dass im Rahmen der veränderten Marktlage im Jahre 2005 von der B.-L.-Firmengruppe folgende Gewinne auf dem deutschen Markt erzielt wurden:

77

2005 $ 158.360,14
2006 $ 108.230,64
2007 $ 272.569,53

78

Den Gewinnen für Deutschland und Europa lägen dabei nach Darstellung der Klägerin die Warenlieferungen der Firmen B.-L. (Asia) Ltd. und B.-L. Ltd., beide in H. ansässig, zu Grunde. Dabei verweisen die Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 18. Dezember 2014 zu Recht darauf, dass die Klägerin in ihrer Schadensberechnung zwar die beiden asiatischen B.-L. Gesellschaften erwähnt und sich auf deren Gewinne bezieht, die eigens für den Vertrieb in Deutschland gegründeten Unternehmen, die seit 2007 insolvente B.-L. (Deutschland) GmbH und die anschließend gegründete B.-L. GmbH, aber im Rahmen dieser Schadensberechnung gar keine Erwähnung finden. Die Beklagten haben insoweit mit dem Schriftsatz vom 18. Dezember 2014 die Jahresabschlüsse der B.-L. GmbH vorgelegt (Anlagenkonvolut B 62 - mit dem Hinweis, dass zwei Anlagen mit dieser Nummer eingereicht wurden), aus denen sich ergibt, dass die B.-L. GmbH in den Jahren 2007 - 2011 insgesamt Jahresfehlbeträge in Höhe von € 105.705,20 erwirtschaftet hat. Nach dem Vorbringen der Beklagten gab es lediglich im Jahr 2009 einen Jahresüberschuss in Höhe von € 20.066,25. Dieses Vorbringen der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig; die Klägerin ist ihm in ihrem Schriftsatz vom 2. September 2015 nicht mehr entgegengetreten.

79

Nach Auffassung der Kammer belegen die Insolvenz der B.-L. (Deutschland) GmbH und der B.-L. GmbH, dass die Unternehmen der B.-L. Gruppe entgegen ihrer Darstellung keineswegs ab dem Jahre 2005 erfolgreich auf dem deutschen Markt tätig waren. Die Klägerin war gar nicht mehr auf dem deutschen Markt geschäftlich aktiv; die beiden seit 2005 geschäftlichen Unternehmen gingen entweder in die Insolvenz oder erwirtschafteten Jahresfehlbeträge. Die Klägerin hat daher nach Auffassung der Kammer nicht substantiiert dargelegt, dass ihr überhaupt ein Gewinn in den Jahren 1999 - 2001 entgangen ist. Sie hat insbesondere die Aufteilung der geschäftlichen Aktivitäten zwischen den beiden genannten asiatischen B.-L. Gesellschaften und den auf dem deutschen Markt tätigen B.-L. Gesellschaften nicht erläutert. Auf dieser Tatsachengrundlage kommt nach Auffassung der Kammer die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht in Betracht.

80

b) Soweit die Klägerin entgangenen Gewinn in anderen europäischen Ländern behauptet, weil ihr wegen des gerichtlichen Verbots die Teilnahme an der Nürnberger Spielwarenmesse nicht möglich gewesen sei, ist das Vorbringen der Klägerin ebenfalls nicht hinreichend substantiiert. Die Kammer hatte in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2014 darauf hingewiesen, dass zur Schadensberechnung konkreter Vortrag zu den Geschäftsaktivitäten der Klägerin in den einzelnen Ländern, in denen entgangener Gewinn durch die gerichtlichen Verbote behauptet wird, erforderlich sei. Die Kammer hatte insoweit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es erforderlich sei, zu den geschäftlichen Aktivitäten der Klägerin vor dem Beginn des Verbotes bzw. während des Zeitraums 1999 bis 2001 weiter vorzutragen. Die Klägerin hat insoweit keinen konkreten Vortrag für die einzelnen Länder, für die sie Schadensersatz verlangt, weiter vorgetragen. Sie hat insbesondere nicht die Gewinnsituation vor dem gerichtlichen Verbot und während des Zeitraums 1999 bis 2001 weiter dargelegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in anderen Ländern das gerichtliche Verbot nicht galt, so dass die Klägerin nicht gehindert war, in diesen Ländern geschäftliche Aktivitäten zu entfalten. Insoweit hätte die Klägerin im Wege der Differenzberechnung konkret darlegen müssen, welcher Gewinnrückgang in den einzelnen Ländern nach 1999 eingetreten ist. Da ein solcher konkreter Vortrag fehlt, gibt es keinerlei Ansatzpunkte für die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens.

81

c) Auch die hinsichtlich der Vollziehung der einstweiligen Verfügung 312 O 733/02 vom 12. Dezember 2002 behaupteten Schäden hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

82

aa) Die Kammer hatte zunächst in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2014 darauf hingewiesen, dass es bei dieser einstweiligen Verfügung lediglich um eine Grenzbeschlagnahme gegangen sei, bei der B.-L. Produkte über den Hamburger Hafen durch Deutschland durchgeführt werden sollten. Welche Mengen beschlagnahmt worden seien und an wen die Lieferung adressiert gewesen sei, sei nicht dargelegt worden. Die Klägerin habe auch nicht dargelegt, warum keine Ersatzlieferung durchgeführt worden sei.

83

bb) Mit dem Schriftsatz vom 19. August 2014 hat die Klägerin sodann einen konkreten Schaden in Höhe von € 24.477,37 vorgetragen. Aber auch diese Schadenspositionen sind nicht hinreichend substantiiert.

84

(1) Die Beklagten verweisen zu Recht darauf, dass die Rechnung der A. & L. vom 31. Dezember 2002 (Anlage K 26) und die Rechnung der I. vom 27. Dezember 2002 (Anlage K 27) und die Rechnung der O. T. E. Ltd. (Anlage K 28) sich jeweils auf eine Lieferung von 70 Stück, möglicherweise Kartons, mit einem Gewicht von 1765 kg bzw. 1764 kg bezögen.

85

Die Rechnung der Klägerin (Anlage K 29), die diese der Klägerin für diese Lieferung ausgestellt haben will, bezieht sich demgegenüber auf 904 Stück. Die Rechnung der B.-L. (China) (Anlage K 30), die undatiert ist, enthält sodann die Stückzahl 1008. Die Beklagten haben insoweit bestritten, dass die Rechnungen sich jeweils auf dieselbe für die Q. AG Österreich bestimmte Lieferung bezögen. Die Klägerin hat insoweit den Sachverhalt nicht weiter aufgeklärt.

86

(2) Die Beklagten haben zudem bestritten, dass die Rechnung der I. vom 27. Dezember 2002 (Anlage K 27) sich auf eine Lieferung an die Firma Q. bezogen habe. Die Rechnung lässt nämlich nicht erkennen, an wen die Lieferung zugestellt werden sollte. Auch insoweit hat die Klägerin den Sachverhalt nicht weiter aufgeklärt.

87

(3) Die Beklagten haben zudem bestritten, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Rechnungen tatsächlich beglichen hat. Die Klägerin hat insoweit keinen Nachweis vorgelegt.

88

(4) Soweit die Klägerin Verfahrenskosten in Höhe von € 20.139,70 geltend macht für die einstweiligen Verfügungsverfahren, ist darauf hinzuweisen, dass diese Kosten keinen Vollziehungsschaden darstellen, sondern vielmehr aus der Anordnung der einstweiligen Verfügung resultieren. Die Klägerin muss insoweit das Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO betreiben (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 945 ZPO, Rdnr. 14 b).

89

Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.

II.

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen