Beschluss vom Landgericht Hamburg (13. Zivilkammer) - 313 T 20/19
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 13.02.2019, Az. 07-4295911-02-N, aufgehoben.
2. Das Amtsgericht Hamburg-Altona wird angewiesen, der Antragstellerin als Zessionarin nach der bisher im Vollstreckungsbescheid (Az. 07-4295911-02) genannten Gläubigerin eine vollstreckbare Ausfertigung aufgrund Offenkundigkeit der Rechtsnachfolge zu erteilen.
Gründe
I.
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Die Antragstellerin begehrt die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung eines Vollstreckungstitels gegen die Antragsgegnerin aufgrund offenkundiger Tatsachen.
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Unter dem 25.01.2008 erging ein inzwischen rechtskräftiger Vollstreckungsbescheid (Az. 07-4295911-02) für die damalige Antragstellerin H. H. I.- T. GmbH gegen die Antragsgegnerin. Die P. C. S. GmbH zeigte mit Schreiben vom 30.08.2018 gegenüber dem Amtsgericht Hamburg-Altona, Mahngericht, an, dass sie neue Forderungsinhaberin sei und beantragte die Erteilung der Vollstreckungsklausel für sich unter Angabe der Generalakten-Nr. 84, Lfd.-Nr.: 4795. Unter dem 03.09.2018 erließ das Amtsgericht Hamburg-Altona, Mahngericht, eine Rechtsnachfolgeklausel nebst einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids vom 25.01.2008 zum Zwecke der Zwangsvollstreckung. Das Gericht verwies in der Rechtsnachfolgeklausel darauf, dass sich die Rechtsnachfolge aus (näher bezeichneten) notariellen Abtretungserklärungen vom 14.01.2016 sowie 07.04.2016 ergebe. Mit Schreiben vom 08.11.2018 überreichte die Antragstellerin die vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids zurück und beantragte, für sie eine vollstreckbare Ausfertigung aufgrund gerichtsbekannter und damit offenkundiger Tatsachen zu erteilen.
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Mit Beschluss vom 13.02.2019 hat das Amtsgericht Hamburg-Altona, Mahngericht, den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die für das Klauselverfahren geforderte Offenkundigkeit sei mit der gemäß § 291 ZPO nicht völlig identisch. Vielmehr könnten nur solche Tatsachen als offenkundig angesehen werden, die zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkenntnisse wahrnehmbar seien. Die Rechtsnachfolge sei im vorliegenden Fall jedoch lediglich am Gericht bekannt, nicht jedoch auch der Antragsgegnerin. Diese habe aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen auch keinerlei Möglichkeit, in die Generalakte Einsicht zu nehmen. In diesem Fall liefe die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel aufgrund von Offenkundigkeit dem Sinn und Zweck von § 750 Abs. 2 ZPO zuwider.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 22.02.2019.
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Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, es lägen die Voraussetzungen für eine Titelumschreibung gemäß § 727 ZPO in der Alternative der Offenkundigkeit vor. Die Abtretungsurkunde sei in Form einer umfassenden Globalzession zur Generalakte bekannt und damit „bei dem Gericht“ offenkundig. Weder § 727 ZPO noch § 291 ZPO setzten für die Offenkundigkeit voraus, dass „jedermann“ die Tatsache der Rechtsnachfolge bekannt oder diese in einem öffentlichen Register nachvollziehbar sei. Zudem habe der Schuldner ein Akteneinsichtsrecht gemäß § 299 ZPO und könne er die Generalakte einsehen. Auch § 750 Abs. 2 ZPO stehe der Erteilung der Klausel nicht entgegen. Lediglich für den Fall der Rechtsnachfolge aufgrund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden werde dort ein Zustellungserfordernis verlangt.
II.
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Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und auch begründet. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für die Antragstellerin gemäß § 727 Abs. 1 Alt. 1 ZPO aufgrund bei dem Gericht offenkundiger Rechtsnachfolge der Antragstellerin liegen vor.
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Offenkundig sind solche Tatsachen, wenn sie aus der Sicht des Gerichts entweder zu den sogenannten allgemeinkundigen Tatsachen oder zu den sogenannten gerichtskundigen Tatsachen gehören (Bacher, in: BeckOK, 31. Ed., Stand 1.12.2018, § 291 Rn. 6; Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. A. 2018, § 291 Rn. 2; Prütting, in: MüKo, ZPO, 5. A. 2016, § 291 Rn. 4). Auf die Offenkundigkeit im Sinne des § 291 ZPO - und damit die Gerichtskundigkeit als Unterfall der Offenkundigkeit - wird nach allgemeiner Ansicht auch in § 727 Abs. 1 und Abs. 2 abgestellt (Prütting, in: MüKo, ZPO, 5. A. 2016, § 291 Rn. 11; Saenger, ZPO, 7. A. 2017, § 291 Rn. 1; Stöber, in: Zöller, ZPO, 31. A. 2016, § 727 Rn. 20). Es ist nicht dem Wortlaut oder Zweckgehalt von § 727 ZPO zu entnehmen, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Offenkundigkeit von denen des § 291 ZPO zu unterscheiden wären. Beide Vorschriften stellen auf Tatsachen (§ 291 ZPO) bzw. die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis (§ 727 Abs. 1 ZPO) ab, die „bei dem Gericht offenkundig sind“.
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Es ist unstreitig, dass die Tatsache der Rechtsnachfolge der Antragstellerin gerichtskundig ist, dem Gericht also durch Anlage einer Generalakte und Befassung mit den vorgelegten Globalzessionsurkunden in amtlichem Zusammenhang zur Kenntnis gelangt sind.
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Dass die Rechtsnachfolge zugleich dem Schuldner bekannt ist, ist nicht Voraussetzung für die Offenkundigkeit und folgt auch nicht aus dem allgemeinen Zweckgehalt von § 750 Abs. 2 ZPO. Die Vorschrift stellt explizit nur in dem Fall auf das Erfordernis ab, dem Schuldner auch die Abschrift der öffentlichen bzw. öffentlich beglaubigten Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zuzustellen, in dem die Vollstreckungsklausel aufgrund dieser Urkunden erteilt worden ist. Im Falle der Offenkundigkeit gemäß § 727 Abs. 1 ZPO ist dies gerade nicht der Fall. Zwar trifft es zu, dass eine Beteiligung des Schuldners in dem Klauselerteilungsverfahren nicht zwingend ist und es daher zu der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung kommen kann, die der Schuldner im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht unmittelbar anhand der ihm vorliegenden Unterlagen nachvollziehen kann. Hierbei ist die Antragsgegnerin im konkreten Einzelfall jedoch nicht schutzlos. Vielmehr steht ihr gemäß § 299 Abs. 2 ZPO das Recht zu, Einsicht in die Generalakte zu erhalten, da sie als Drittbeteiligte ein berechtigtes Recht auf Akteneinsicht hat. Dieses Recht ist auch durch die Vorschrift des § 727 Abs. 2 ZPO abgesichert, da die Offenkundigkeit der Rechtsnachfolge in der Klausel zu vermerken ist. Hierzu gehört auch die Angabe der Umstände, aufgrund derer das Gericht vom Nachweis einer Rechtsnachfolge ausgegangen ist, insbesondere also die konkrete Bezeichnung der Generalakte (vgl. Ulrici, in: BeckOK, 31. Ed., Stand 1.12.2018, § 727 Rn. 30).
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Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 2 nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nicht vorliegen, die Rechtssache insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung hat. In Ermangelung einer Beteiligung der Antragsgegnerin bereits im Klauselverfahren sowie in Ermangelung einer Rechtsbeschwer der Antragstellerin dürfte ein Rechtsbeschwerdeverfahren zudem nicht angängig sein.
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