Beschluss vom Landgericht Hamburg (30. Zivilkammer) - 330 T 33/19
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 28.03.2019, Az. 67c IN 57/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
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Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist zulässig, hat in der Sache indes keinen Erfolg.
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Das Amtsgericht hat den Insolvenzantrag der Gläubigerin zu Recht mit der Kostenfolge des § 91 ZPO zurückgewiesen. Denn der Insolvenzantrag war zwar zulässig, aber nicht begründet. Die Gläubigerin hat von der Erledigungserklärung nicht Abstand genommen, sondern an der Erledigung festgehalten. Der Antrag der Gläubigerin war somit dahingehend zu verstehen, die Erledigung der Hauptsache festzustellen.
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Eine Erledigung der Hauptsache liegt vor, wenn ein ursprünglich zulässiger und begründeter Antrag durch ein nachträglich eingetretenes Ereignis unzulässig oder unbegründet wird. Ein solches erledigendes Ereignis liegt hier jedoch nicht vor.
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Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO wird der Insolvenzantrag nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird. Der Wegfall der Forderung führt insoweit nicht zum Wegfall der Antragsvoraussetzungen. Auch das rechtliche Interesse der Antragstellerin an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist durch die Zahlungen nicht weggefallen. Die Gläubigerin ist ein Sozialversicherungsträger und kann damit nicht verhindern, dass ihr aus bestehenden Beschäftigungsverhältnissen von Personen, die bei ihr versichert sind, jederzeit neue Forderungen gegen den Schuldner entstehen. Das rechtliche Interesse besteht mithin unabhängig davon fort, ob gegenwärtig noch ein Rückstand besteht oder nicht.
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Eine Erledigungserklärung der Gläubigerin nach Erfüllung der Forderung ohne Kostenbelastung kommt für diese demnach nur in Betracht, wenn sie kein rechtliches Interesse an der Verfahrenseröffnung mehr hat. Dies hätte die Gläubigerin mit ihrer Erledigungserklärung substantiiert vortragen müssen. Die Darlegungslast trifft insoweit die Gläubigerin (vgl. zum Ganzen etwa Hamburger Kommentar/Linker, 7. Aufl., § 14 InsO Rd. 74 a. E. m. w. N.). Letzteres ist im vorliegenden Falle seitens der Gläubigerin indes nicht geschehen. Insoweit fehlt es vorliegend an einem substantiierten Vortrag der Gläubigerin, warum, nachdem es in der Vergangenheit zu Beitragsrückständen durch den Schuldner gekommen ist, nunmehr kein rechtliches Interesse mehr an der Verfahrenseröffnung bestehen soll, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Schuldner seinen Betrieb nicht geschlossen und sein Gewerbe nicht abgemeldet hat, es also unschwer wieder zu Beitragsrückständen kommen kann. Der Schuldner hat - anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall (Beschluss vom 12.07.2012 - IX ZB 18/12) - seine Arbeitnehmer nur bei der Gläubigerin abgemeldet, hingegen nicht seine Betriebsstätte geschlossen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 4 InsO, 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Rechtsbeschwerde war nicht gemäß §§ 4 InsO, 574 ZPO zuzulassen. Zulassungsgründe im Sinne von § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, auch wenn die Kammer in bereits in anderen Fällen, in denen der Schuldner die Betriebstätte nicht geschlossen hatte, mit Beschluss vom 06.08.2018 (330 T 34/18) und Beschluss vom 08.05.2019 (330 T 29/19) entschieden hat, dass die Gläubigerin ihr fehlendes Interesse an einer Verfahrenseröffnung nicht ausreichend substantiiert vorgetragen hat. Ob ein Gläubiger nach Erfüllung der Forderung hinreichend substantiiert vorgetragen hat, er habe kein rechtliches Interesse mehr an der Verfahrenseröffnung, ist letztlich eine Einzelfallentscheidung, die keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch im Hinblick auf eine Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert.
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Referenzen
- InsO § 4 Anwendbarkeit der Zivilprozeßordnung 2x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- InsO § 14 Antrag eines Gläubigers 2x
- 67c IN 57/19 1x (nicht zugeordnet)
- 330 T 34/18 1x (nicht zugeordnet)
- IX ZB 18/12 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde 2x
- 330 T 29/19 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x