Urteil vom Landgericht Hamburg (12. Zivilkammer) - 312 O 95/14

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um wettbewerbs- und markenrechtliche Unterlassungs- und Annexansprüche wegen des Vertriebes des Whiskys „T. A.“.

2

Die Klägerin ist Herstellerin von schottischem Whisky der Marke „A1“. Die Geschichte der Destillerie geht auf das Jahr 1815 zurück. Die günstigsten Produktvarianten werden in Deutschland zu Preisen ab ca. EUR 40,00 Euro gehandelt, die teureren erreichen Preise von mehreren Hundert Euro.

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Die Klägerin ist u.a. Inhaberin der Unionsmarke Nr.... „A1“ mit Priorität vom 17.12.1997, die u. a. für „Whisky“ eingetragen ist (Anlage K 5). Außerdem ist die Klägerin Inhaberin der Unionsmarke Nr.... , die ein stilisiertes „A“ enthält und mit Priorität vom 19.10.2011 u. a. für „Whisky“ eingetragen ist (Anlage K 6).

4

Der Beklagte betreibt eine Destillerie im Harz, in der er seit 2002 u. a. auch Single-Malt-Whisky herstellt.

5

Zu einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt erhielt die Klägerin davon Kenntnis, dass der Beklagte über seinen eigenen Internetshop www.h.-s..de unter dem Namen „T. A.“ einen Whisky mit der aus dem Anlagenkonvolut K 8 ersichtlichen Aufmachung zum Preis von EUR 159,00 vertrieb.

6

Mit Schreiben vom 22.10.2013 ließ die Klägerin den Beklagten anwaltlich abmahnen. Der Beklagte reagierte nicht auf die Abmahnung.

7

Die Klägerin ist der Meinung, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergebe sich zunächst aus Wettbewerbsrecht unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung nach §§ 8, 3, 4 Nr. 9 lit. a) a.F. UWG wie auch unter dem Gesichtspunkt der Irreführung nach §§ 8, 3, 5 UWG, was hilfsweise geltend gemacht wird. Weiter hilfsweise stützt die Klägerin ihr Begehren auf eine unlautere Rufausbeutung nach §§ 8, 3, 4 Nr. 9 lit. b) a.F. UWG und danach hilfsweise auf die Verletzung ihrer Unionsmarke Nr.... . In der mündlichen Verhandlung vom 18.6.2019 hat der Klägervertreter erklärt, dass die Klage zusätzlich auf einen Anspruch aus § 3a UWG i.V.m. Artikel 16 lit. c der Spirituosenverordnung gestützt werde.

8

Die Klägerin meint, die angegriffene Whisky-Aufmachung stelle zunächst eine verbotene vermeidbare Herkunftstäuschung dar. Die wettbewerbliche Eigenart des Whiskys der Klägerin ergebe sich aus seiner Kennzeichnung mit dem bekannten besonders ausgestalteten „A“, einmal auf dem Flaschenetikett grafisch herausgestellt als Anfangsbuchstabe des Schriftzuges „A1“ und einmal in Alleinstellung als Relief auf der Flasche (über dem Etikett), sowie aus dem viereckigen Etikett, das von einem Streifen mit ornamentalen Elementen umrandet werde. Aus der Gesamtheit der vorstehend angeführten Kennzeichnungsmerkmale könne der angesprochene Verkehr auf die betriebliche Herkunft des Whiskys der Klägerin schließen. Die Klägerin verwende für ihre verschiedenen Whiskys wiederkehrend die gleichen Kennzeichnungsmittel, die leicht variieren könnten, aber doch stets die Erkennbarkeit der Produkte und die Zuordnung zur Klägerin gewährleisteten. Dies seien insbesondere die Bezeichnung „A1“, deren mit keltischer Ornamentik ausgestalteter Anfangsbuchstabe „A“, dasselbe „A“ allein bzw. eingefasst durch die Jahresangabe „ESTD 1815“ und das schwarze Etikett mit keltisch-ornamentaler Einfassung. Es gebe mit Ausnahme des Whiskys des Beklagten auf dem Markt kein Wettbewerbsprodukt, das die prägenden Merkmale des A1 Whiskys aufweise. Insoweit verweist die Klägerin auf die Anlagen K 13 und B 4.

9

Aus den als Anlagen K 1 bis K 4 vorgelegten Unterlagen ergebe sich auch, dass der Whisky der Klägerin eine große Bekanntheit und einen exzellenten Ruf auch in Deutschland erlangt habe.

10

Der Whisky des Beklagten sei auch eine Nachahmung desjenigen der Klägerin. Denn in seiner Aufmachung würden die wesentlichen Kennzeichnungselemente des Originals übernommen, und zwar insbesondere

11

- das grafisch herausgestellte „A“, als Anfangsbuchstabe auf dem Etikett, das sich am Kopf, wie beim Original, verbreitere und insgesamt sehr an die Gestaltung der Klägerin erinnere;
- das auf der Flasche selbst als Relief wiedergegebene „A“ über dem Etikett, einschließlich der Hinzufügung einer Jahresangabe;
- die Verwendung des grafisch ähnlich ausgestalteten „A“ in Alleinstellung auch auf der Umverpackung unter Hinzufügung einer Jahresangabe;
- ein viereckiges schwarzes Etikett mit einer ornamentalen Umrandung.

12

Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Gestaltungsspielraum groß sei. Darüber hinaus nähere sich der Beklagte auch mit seiner Marke „A.“ sehr deutlich der bekannten Marke „A1“ der Klägerin an. Die vom Beklagten geschaffene Herkunftstäuschung sei schließlich auch vermeidbar, da sie ohne weiteres durch geeignete und zumutbare Maßnahmen bei der Gestaltung des Whiskys des Beklagten verhindert werden könne.

13

Der Beklagte führe den angesprochenen Verkehr durch die angegriffene Aufmachung außerdem über die geografische Herkunft des Whiskys in die Irre, was einen Unterlassungsanspruch nach §§ 8, 3, 5 UWG begründe.

14

Der Beklagte mache seinen Whisky offensichtlich bewusst derart auf, dass der angesprochene Verkehr den Eindruck haben müsse, es mit einem Whisky aus dem englischsprachigen Ausland, insbesondere aus Schottland, zu tun zu haben. Das Etikett enthalte nämlich nicht nur ausschließlich Angaben in englischer Sprache, sondern namentlich solche, die an typische, bei schottischen Whiskys verwendete Bezeichnungen erinnerten. Schon die Marke “ T. A.” weise auf ein Produkt aus dem englischsprachigen Ausland hin. Die übrigen, allein in Englisch gehaltenen Bezeichnungen bestätigten den ersten Eindruck. Von besonderer Bedeutung sei in diesem Zusammenhang die geografische Herkunftsangabe „DESTILLED & MATURED AT THE GLEN ELS“ bzw. „THE GLEN ELS“. „Glen“ sei das schottische Wort für ein schmales Tal, ein Geländeeinschnitt, in dem ein Bach oder ein kleiner Fluss fließe. Eine große Anzahl schottischer Whiskys führe deshalb den Bestandteil „Glen“ im Namen. Der einzige Hinweis, der den angesprochenen Verkehr über die wahre Herkunft des angegriffenen Produkts aufklären könne, sei „HARZ MOUNTAINS, GERMANY, E. ... ,... Z.”. Er gehe jedoch im Gesamteindruck völlig unter, sei in der kleinsten verwendeten Schriftgröße gehalten und insgesamt denkbar unauffällig.

15

Darüber hinaus sei die Verwendung der Zahl „2002“ auf dem Etikett und der Verpackung irreführend, da der Verkehr davon ausgehe, die Zahl beziehe sich auf das Jahr der Destillation oder der Abfüllung. Beides sei unzutreffend, da sich die Zahl auf das Jahr beziehe, seit dem der Beklagte Whisky produziere. Es bestehe für den Verkehr aber kein Anlass, die Zahl auf das Unternehmen des Beklagten zu beziehen.

16

Weiter hilfsweise stützt die Klägerin ihren Anspruch auf §§ 8, 3, 4 Nr. 9 lit. b) a.F. UWG. Denn mit dem Angebot der gerügten Produktnachahmung nutze der Beklagte die hohe Wertschätzung des nachgeahmten Originals der Klägerin unangemessen aus.

17

Weiter hilfsweise beruft sich die Klägerin darauf, dass die Verwendung des grafisch ausgestalteten Anfangsbuchstabens „A“ die Unionsmarke... der Klägerin verletze, da unmittelbare Verwechslungsgefahr bestehe. Außerdem sei in der Verwendung des so gestalteten Anfangsbuchstabens „A“ auch eine markenrechtliche Rufausbeutung der Unionsmarke zu sehen.

18

Bezüglich des Anspruchs nach § 3a UWG i.V.m. Artikel 16 lit. c der Spirituosenverordnung verweist die Klägerin auf die Entscheidung der Zivilkammer 27 vom 7.2.2019 und die dieser Entscheidung zugrundeliegenden EuGH-Entscheidung.

19

Ferner macht die Klägerin einen Anspruch auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht geltend.

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Die Klägerin beantragt,

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I. Dem Beklagten es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist,

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zu verbieten,

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im geschäftlichen Verkehr Whisky anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder einzuführen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder die vorgenannten Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, wenn dieser wie folgt aufgemacht ist:

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24

und / oder

Abbildung

25

II. Den Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über verbotene Handlungen gemäß Ziffer I. durch Vorlage einer übersichtlichen Aufstellung, die Angaben zu enthalten hat über

26

a. Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreise und Abnehmer,
b. Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreise und Angebotsempfänger,
c. Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie des erzielten Gewinns,
d. die betriebene Werbung, insbesondere unter Angabe der Werbemedien, der Auflagenhöhe von Werbeprospekten und der für die Werbung aufgewandten Kosten;

27

III. hilfsweise: Den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über Herkunft und Vertriebswege von Erzeugnissen gem. Ziffer I. zu erteilen unter Angabe von Namen und Anschrift der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse gem. Ziffer I. sowie über die für sie gezahlten Preise;

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IV. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen durch die verbotenen Handlungen gemäß Ziffer I. entstandenen und zukünftig entstehenden Schäden zu ersetzen.

29

Der Beklagte beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Der Beklagte ist der Meinung, dass der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden.

32

Der Beklagte macht geltend, die Bezeichnung „Glen Els“ leite sich von einer Übersetzung des Begriffes „Elsbachtal“ ab. Die Destillerie des Beklagten liege unmittelbar am Elsbach, wie bereits die Adresse des Beklagten zeige. Bei „Glen“ handele es sich keinesfalls um einen schottischen Begriff, sondern das Wort bedeute – mit Wurzeln im Gälischen – allgemein im Englischen „Tal“ oder „enges Tal“. Das Wort werde zwar in einigen schottischen Whiskysorten verwendet, sei jedoch nicht auf Schottland beschränkt. So gebe es z. B. den berühmten „Old Glen Malt Whisky“ aus den USA, den weltberühmten „Glen Breton Whisky“ aus Kanada und den „Glenmore“ aus Irland. Dementsprechend gebe es auch in Deutschland zahlreiche Marken, die „Glen“ beinhalteten, in Klasse 33 Schutz beanspruchten und für Inhaber in Deutschland oder jedenfalls außerhalb Großbritanniens geschützt seien (Anlagenkonvolut B 10). Es sei also keineswegs so, dass eine enge, zwangsläufige Verbindung zwischen der Bezeichnung „Glen“ und schottischem Whisky bestehe.

33

Ferner bestreitet der Beklagte, dass es sich bei den Produkten der Klägerin um bekannte Produkte oder bekannte Bezeichnungen bzw. Produktaufmachungen handele. Bei dem Produkt, das die Klägerin in der Klage abgebildet habe, nämlich dem „A1 Supernova“, handele es sich keineswegs um ein übliches Produkt der Klägerin, sondern um eine Sonderabfüllung, von der nach Kenntnis des Beklagten in Deutschland lediglich 2.500 Flaschen vertrieben worden seien, und zwar bereits im Jahre 2009.Abzustellen sei eher auf das Standardprodukt der Klägerin, den A1 10. Auch die weiteren Produkte der Klägerin wiesen in der Gestaltung eine gewisse Bandbreite auf, wobei der Beklagte auf die Anlagen B 16 und B 17 verweist.

34

Da die Klägerin ihre wettbewerbsrechtlichen Ansprüche im Wesentlichen mit der Verwendung des „A“ und der Annäherung an die Marke „A1“ begründe, gelte der Vorrang des Markenrechts mit der Folge, dass zunächst markenrechtliche Ansprüche zu prüfen seien.

35

Es sei überdies bereits fraglich, ob die von der Klägerin als Grundlage herangezogenen Elemente – das stilisierte A, das viereckige schwarze Etikett mit einer ornamentalen Umrandung und die Bezeichnung „A1“ in der konkreten Ausgestaltung – überhaupt wettbewerbliche Eigenart besäßen. Der „A1“-Whisky der Klägerin werde nicht durch ein einzelnes Element, sondern allenfalls durch das Zusammenspiel der erkennbaren Gestaltungselemente geprägt. Der Beklagte bestreitet in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin bei ihren Whiskys in Deutschland in nennenswertem Umfang einen vollständig um das Etikett laufenden Rahmen verwende, da die von der Klägerin als Nachweis benannten Produkte nicht auf deren Webseite abrufbar seien und damit nicht aktuell seien. Im Übrigen sei die Verwendung eines schwarzen Etiketts genauso wie einer ornamentalen Umrandung auf der großen Mehrzahl der Getränkeetiketten zu finden und deshalb ausgesprochen banal.

36

Der Beklagte meint ferner, sein Whisky „T. A.“ stelle keine Nachahmung des „A1 10“ oder eines anderen Produktes der Klägerin dar. Die Gestaltung der streitgegenständlichen Whiskyflasche „T. A.“ stimme in den die wettbewerbliche Eigenart bestimmenden Merkmalen nicht mit der Gestaltung des Whiskys der Klägerin überein, wobei wegen der Einzelheiten auf die Ausführungen auf S. 29/30 der Klageerwiderung Bezug genommen wird (Bl. 54/55 d.A.). Der Gesamteindruck des Whiskys „T. A.“ sei infolgedessen ein völlig anderer als der durch die Kombination der Elemente hervorgerufene Gesamteindruck des A1-Whiskys der Klägerin. Angesichts dessen scheide auch eine Herkunftstäuschung aus, wobei der Beklagte außerdem auf die Unterschiede bei der grafischen Gestaltung des „A“ am Anfang hinweist. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Produkte hochpreisig seien und die angesprochenen Verkehrskreise entsprechend kundig und aufmerksam seien.

37

Aufgrund des abweichenden Gesamteindrucks liege auch keine Rufausbeutung vor. Hinzu komme, dass es sich bei dem angegriffenen Produkt des Beklagten um einen deutschen Spitzenwhisky handele, der bei dem „Whisky Papst“ Jim Murray auf Anhieb 95 von 100 Punkten erzielt habe und damit mindestens ebenso gut, zum Teil jedoch deutlich besser bewertet worden sei als die Produkte der Klägerin, was einer Rufausbeutung ebenfalls im Wege stehe.

38

Auch eine Irreführung der Verbraucher im Sinne von § 5 UWG sei durch die Produktaufmachung von „T. A.“ nicht gegeben. Denn nichts auf der Etikettierung oder in der sonstigen Gestaltung des Produkts des Beklagten spreche in irgendeiner Weise für eine Herkunft aus Schottland. Dies gelte auch für die Bezeichnung „Glen“, weil diese Bezeichnung nicht nur in Schottland, sondern darüber hinaus in Deutschland, Kanada, Irland und den USA verwendet werde.Auch eine Irreführung dahingehend, dass der Whisky nicht aus Deutschland stamme, liege fern. Denn sowohl das Etikett als auch die Beschriftung auf dem Verschluss der Flasche wiesen deutlich auf die Herkunft des Whiskys aus Deutschland hin, wenn sie „Germany“ als Herkunftsland angäben. Die Verwendung der Zahl „2002“ begründe ebenfalls keine Irreführung, da es bei Whisky unüblich sei, einen Jahrgang anzugeben. Entscheidend sei vielmehr das Alter des Whiskys, etwa „10 years old“. Wenn daneben noch Jahreszahlen genannt seien, so bezögen sich diese auf das Jahr der Gründung des Unternehmens. Wenn doch einmal eine Jahrgangsangabe gemacht werde, dann befinde sich diese – wie bei Weinen – stets mittig oder in der unteren Hälfte des Etiketts, nicht jedoch am oberen Rand.

39

Darüber hinaus meint der Beklagte, dass auch kein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch wegen Verwendung des stilisierten „A“ bestehe. Aufgrund der Unterschiede der grafischen Gestaltung zwischen der Klagemarke und dem „A“ in „T. A.“ bestehe keine Verwechslungsgefahr.

40

Die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 3a UWG i.V.m. Artikel 16 lit. c der UMV in der mündlichen Verhandlung am 18.6.2019 sei ein neuer Streitgegenstand und sei verspätet.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 16.12.2014 und 18.6.2019 Bezug genommen.

42

Die Schriftsätze der Klägerin vom 28.6.2019 und des Beklagten vom 5.7.2019 und 6.8.2019 haben vorgelegen.

Entscheidungsgründe

43

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

44

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche sowie die Annexansprüche gegen den Beklagten nicht zu.

1.

45

Ein Unterlassungsanspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 3 lit. a) UWG (vormals § 4 Nr. 9 lit. a) UWG) ist nicht gegeben.

a)

46

Ein derartiger Anspruch setzt voraus, dass das Erzeugnis von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die seine Nachahmung als unlauter erscheinen lassen (BGH GRUR 2007, 984 –Gartenliege, GRUR 2007, 339 -Stufenleitern m.w.N.). Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, welche die Wettbewerbswidrigkeit begründen (BGH a.a.O.).

47

Wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, dass die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale eines Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen (st. Rspr., vgl. nur BGH GRUR 2013, 951 -Regalsystem m.w.N.). Eine wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produktes ist anzunehmen, wenn dieses sich aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung oder seiner charakteristischen Merkmale nach seinem Gesamteindruck so von anderen Produkten im Marktumfeld abhebt, dass der Verkehr es einem bestimmten Hersteller zuordnet (BGH GRUR 2013, 951 -Regalsystem). Dabei obliegt zunächst dem Kläger, die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen, insbesondere also die Merkmale darzutun, aus denen sich die wettbewerbliche Eigenart ergibt. Ist er insoweit seiner Darlegungslast nachgekommen, ist es Sache des Gegners, darzulegen, dass die in Rede stehenden Merkmale bereits vorbekannt oder inzwischen üblich geworden sind (BGH GRUR 1998, 477-Trachtenjanker).

b)

48

Nach dem Vortrag der Klägerin sind die prägenden Merkmale ihres Produkts das besonders ausgestaltete „A“, einmal auf dem Flaschenetikett grafisch herausgestellt als Anfangsbuchstabe des Schriftzuges „A1“ und einmal in Alleinstellung als Relief auf der Flasche (über dem Etikett), sowie das viereckige Etikett, das von einem Streifen mit ornamentalen Elementen umrandet werde.

c)

49

Ob sich die Klägerin zur Begründung der wettbewerblichen Eigenart auf das stilisierte „A“ berufen kann, erscheint zweifelhaft, da dieses Zeichen wesentlicher Bestandteil der für die Klägerin eingetragenen Unionsmarke Nr.... ist (Anlage K 6). Der BGH hat wiederholt entschieden, dass im Anwendungsbereich der Bestimmungen des Markengesetzes für einen lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz grundsätzlich kein Raum ist (GRUR 2008, 793, Rn. 26-Rillenkoffer m.w.N.). Letztlich kann diese Frage jedoch im Streitfall dahinstehen, da auch bei Berücksichtigung des stilisierten „A“ die wettbewerbliche Eigenart des „A1“ Whiskys allenfalls durchschnittlich ist (d) und eine unlautere Nachahmung nicht gegeben ist (e).

d)

50

Auch bei Zugrundelegung der von der Klägerin benannten prägenden Merkmale des „A1“ Whiskys ist allenfalls von einer durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart auszugehen. Die Klägerin hat zwar durch die Übersicht in Anlage K 13 belegt, dass keiner der dort abgebildeten Whiskys die oben genannte Merkmalskombination aufweist. Jedoch hat die Klägerin nichts zu Verkaufszahlen oder Werbemaßnahmen vorgetragen, so dass eine Steigerung der wettbewerblichen Eigenart aufgrund einer Bekanntheit der konkreten Gestaltung im Markt nicht festgestellt werden kann. Soweit sich die Klägerin auf zwei Internetseiten (Anlagen K 2 und K 3) beruft, genügt dies nicht. Die eingereichten Presseclippings (Anlagenkonvolut K 4) sind ohne entsprechenden Vortrag nicht ausreichend, um eine große Bekanntheit zu belegen. Dem Beweisantritt für „das Renommée und die Bekanntheit von Whisky der Marke A1 insbesondere in Deutschland“ war mangels konkreter Anknüpfungstatsachen nicht nachzugehen. Hinzu kommt, dass es für die Frage der wettbewerblichen Eigenart nicht in erster Linie auf das Renommée und die Bekanntheit von Whisky der Marke „A1“, sondern auf die Bekanntheit der konkreten Produktausstattung ankommt, die überdies bei den einzelnen Varianten der Klägerin differiert.

e)

51

Bei Zugrundelegung einer durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart scheidet eine Herkunftstäuschung mangels Nachahmung aus. Denn die Produktausstattung des „A.“ weicht in sämtlichen prägenden Merkmalen erkennbar von der Gestaltung des „A1“ ab. Infolgedessen entsteht beim Betrachter ein abweichender Gesamteindruck, der einer Herkunftstäuschung entgegensteht.

aa)

52

Die stilisierten Anfangsbuchstaben „A“ unterscheiden sich erheblich, wie die nachfolgende Gegenüberstellung zeigt:

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53

Das „A“ bei „A1“ (links) ist oben ähnlich wie ein „T“ gestaltet und hat sechs schneckenförmige Verzierungen an den Enden, welche das „A“ von „A.“ nicht aufweist. Demgegenüber weist das „A“ des „A.“ in den beiden verwendeten Gestaltungen am oberen Ende eine herzförmige Verzierung auf und enthält im unteren Bereich zusätzliche Verästelungen, welche beim „A“ von „A1“ nicht gegeben sind. Der Gesamteindruck der beiden Anfangsbuchstaben „A“, der beim Betrachter entsteht, ist infolgedessen ein anderer. Gleiches gilt für die Bezeichnungen „A1“ einerseits und „T. A.“ andererseits.

bb)

54

Hinsichtlich des Etiketts bestehen ebenfalls deutlich sichtbare Unterschiede zwischen den Produkten. Das Etikett des „A.“ ist am Rande gezackt, wobei die Umrandung des Etiketts aus silbernen Rauten besteht. Die Schrift und die Umrandung sind in silberner Farbe gehalten. Das Etikett des „A1“ (wenn man zugunsten der Klägerin die Gestaltung des in der Klageschrift abgebildeten „A1 Supernova“ zugrunde legt) verfügt dagegen um eine gerade Umrandung, die mit goldenen Ornamenten verziert ist. Die Beschriftung erfolgt mit goldener und cremefarbener Schrift, wodurch ein anderer Gesamteindruck entsteht. Auch die übrige Gestaltung der Etiketten weicht insofern voneinander ab, als in dem Etikett des „A.“ die Angaben zu Inhalt, Prozentzahl und Hersteller enthalten sind, während diese Angaben beim „A1“ in einem darunter befindlichen, nicht umrandeten Etikett erfolgen.

cc)

55

Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Gesamteindruck bei der Produktaufmachung eines Whiskys durch die Flasche maßgeblich mitgeprägt wird. Die verwendeten Flaschen unterscheiden sich jedoch deutlich voneinander. Bei „T. A.“ handelt es sich um eine vergleichsweise lange schwarze Flasche, die in ihrer Form einer Weinflasche ähnelt und einen zweifach abgesetzten Sockel aufweist. Die „A1“-Flasche ist demgegenüber grün, wirkt aufgrund ihrer geringeren Höhe gedrungener und weist eine Verdickung am Flaschenhals auf.

f)

56

Aufgrund des Vorstehenden und angesichts des Aufmerksamkeitsgrades, den der Verkehr beim Erwerb einer Flasche Whisky für rund EUR 150,00 aufbringt, sind eine Nachahmung und eine daraus resultierende Herkunftstäuschung der angesprochenen Verkehrskreise nicht gegeben.

2.

57

Auch ein Unterlassungsanspruch wegen Irreführung gemäß §§ 8, 3, 5 UWG scheidet aus.

a)

58

Soweit die Klägerin eine Irreführung über die geografische Herkunft durch die englische Beschriftung und die Verwendung des Begriffs „Glen“ geltend macht, sind die wettbewerbsrechtlichen Irreführungsvorschriften nicht anwendbar. Denn die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 (nachfolgend: SpirituosenVO) haben Vorrang vor einem eventuellen nationalen Schutz geografischer Herkunftsangaben (Ströbele/Hacker, MarkenG, 12. Aufl. § 126 MarkenG, Rn. 49 m.w.N.).

b)

59

Auch eine Irreführung durch die Verwendung der Zahl „2002“ ist nicht gegeben. Die Klägerin behauptet, der Verkehr beziehe die Angabe „2002“ entweder auf das Jahr der Destillation oder auf das Jahr der Abfüllung. Sie hat jedoch nicht ausreichend zu einem derartigen Verständnis des Verkehrs vorgetragen. Der Beklagte hat dagegen vorgetragen, dass es unüblich sei, bei Whisky einen Jahrgang anzugeben. Ferner hat der Beklagte durch Beispiele belegt (Schriftsatz vom 18.9.2014, S. 14/15, Bl. 101/102 d.A.), dass sich auf Whisky häufig Altersangaben wie „10 years old“ befinden, welche sich auf den Zeitraum der Lagerung beziehen, nicht jedoch Jahrgangszahlen. Infolgedessen gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass zumindest ein relevanter Teil des Verkehrs mit der Nennung einer Jahreszahl das Jahr der Destillation oder der Abfüllung verbindet.

60

Soweit sich die Klägerin zusätzlich darauf stützt, dass auch das Unternehmen des Beklagten nicht 2002 gegründet worden sei, sondern – unstreitig – vorher schon andere Spirituosen wie Himbeergeist produziert habe, geht auch dies fehl. Wenn der Verkehr die Jahreszahl „2002“ auf das Unternehmen des Beklagten bezieht, dann ist es naheliegend, dass er dabei an den Beginn der Whiskyproduktion denkt und nicht an die Produktion ganz anderer Spirituosen. Jedenfalls würde es im vorliegenden Fall an der Relevanz der Fehlvorstellung fehlen. Eine derartige Fehlvorstellung erscheint nicht geeignet, die Kaufentscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen.

3.

61

Ein Unterlassungsanspruch nach § 135 Abs. 1 S. 1 MarkenG analog i.V.m. Art. 16 lit. c SpirituosenVO besteht ebenfalls nicht. Die Geltendmachung des Anspruchs ist zwar nicht wegen Verspätung präkludiert, jedoch fehlt es an ausreichendem Sachvortrag der Klägerin.

a)

62

Auch wenn der Klägervertreter den Unterlassungsanspruch erstmals in der mündlichen Verhandlung am 18.6.2019 auf § 3a UWG i.V.m. Art. 16c SpirituosenVO gestützt hat, ist der Vortrag nicht als verspätet zurückzuweisen. Zwar handelt es sich bei diesem Vorbringen um ein neues Angriffsmittel im Sinne von § 296 Abs. 2 ZPO. Eine Zurückweisung als verspätet kommt jedoch nicht in Betracht, da der Beklagte grundsätzlich gehalten ist, sich zu dem neuen Vorbringen zu erklären, da andernfalls die Geständnisfiktion nach § 138 Abs. 2 ZPO greift (BGH NJW 1985, 1539). Da sich das neue Vorbringen der Klägerin auf die Nennung einer weiteren Anspruchsgrundlage beschränkte, ohne weiteren Tatsachenvortrag zu enthalten, war im Streitfall eine weitergehende Erklärung der Beklagten jedoch nicht erforderlich.

b)

63

Die Klägerin hat keinen ausreichenden Vortrag zu den Voraussetzungen einer sonstigen irreführenden Angabe im Sinne von Art. 16 lit. c der SpirituosenVO gehalten.

64

Mit dieser Vorschrift werden alle sonstigen falschen oder irreführenden Angaben zur Herkunft, zum Ursprung, zur Beschaffenheit oder zu wesentlichen Merkmalen in der Bezeichnung, Aufmachung oder Etikettierung des Erzeugnisses verboten, die geeignet sind, einen falschen Eindruck über den Ursprung zu erwecken. Diese Regelung erweitert den Schutz um Informationen für die Verbraucher in der Bezeichnung oder auf der Aufmachung oder Etikettierung des betreffenden Erzeugnisses, die zwar nicht auf die geschützte geografische Angabe anspielen, aber angesichts der Verbindungen zwischen dem Erzeugnis und der Angabe als falsch oder irreführend eingestuft werden (EuGH, GRUR 2018, 843, Rn. 65).

65

Voraussetzung für die Annahme einer sonstigen irreführenden Angabe ist, dass der sich tatsächlich oder potentiell für Whisky interessierende Durchschnittseuropäer mit der Produktbezeichnung eines Whiskys mit der Angabe "Glen" die Vorstellung verbindet, dass der so bezeichnete Whisky ein schottischer Whisky bzw. Scotch Whisky sei.

66

Der dazu von der Klägerin im Rahmen der bisherigen Ausführungen zu § 5 UWG gehaltene Vortrag ist nicht ausreichend. Anders als im Verfahren vor der Zivilkammer 27 (327 O 127/16), wo ein substantiierter Vortrag einschließlich der Einreichung zweier Verkehrsbefragungen erfolgte, hat sich die Klägerin im vorliegenden Verfahren darauf beschränkt, in der Klageschrift 9 Whiskys zu benennen, die den Bestandteil „Glen“ im Namen führen und hat im Übrigen auf die Anlage K 12 verwiesen. Der Beklagte ist dem Vortrag, dass „Glen“ für schottischen Whisky stehe, entgegengetreten. Er hat mit Schriftsatz vom 11.4.2014 (S. 5, Bl. 30 d.A.) drei Beispiele für Whisky mit dem Bestandteil „Glen“ genannt, die nicht aus Schottland stammen. Ferner hat der Beklagte auf eine Reihe von Markeneintragungen in der Klasse 33 mit dem Bestandteil „Glen“ für deutsche Unternehmen hingewiesen (Anlage B 10) und unwidersprochen vorgetragen, dass es mittlerweile in Deutschland mehr Whisky-Brennereien als in Schottland gibt. Angesichts dessen genügten der Klägervortrag sowie die Berufung der Klägerin auf ein Urteil der Zivilkammer 27 nicht, insbesondere ersetzt diese keinen substantiierten Sachvortrag zu den Marktverhältnissen und dem daraus resultierenden Verkehrsverständnis.

67

Auch soweit die Klägerin sich auf die sonstige englische Beschriftung des „A.“ beruft, lässt sich damit keine sonstige irreführende Angabe nach Art. 16 lit. c der SpirituosenVO begründen. Da es Whisky aus verschiedenen englischsprachigen Ländern (USA, Kanada, Schottland, Irland) gibt, kann in den übrigen englischsprachigen Angaben auf dem Etikett des „A.“ keine Verbindung gerade zu Scotch Whisky hergestellt werden, so dass auch insoweit die Annahme einer sonstigen irreführenden Angabe in Bezug auf Scotch Whisky ausscheidet.

68

Der weitere Vortrag der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.6.2019 ist nach § 296a ZPO zurückzuweisen. Zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht keine Veranlassung.

4.

69

Ein Unterlassungsanspruch wegen Rufausbeutung nach §§ 8, 3, 4 Nr. 3 lit. b) UWG ist ebenfalls nicht gegeben.

70

Eine nach § 4 Nr. 3 lit. b) UWG unlautere Rufausnutzung kann auch ohne Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise auf einer Anlehnung an die fremde Leistung beruhen, die eine erkennbare Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Produkte erfordert. Die Frage, ob hierdurch eine Gütevorstellung i.S. von § 4 Nr. 3 lit. b) UWG unangemessen ausgenutzt wird, ist jeweils im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind. Dabei kann grundsätzlich schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen. Allerdings reicht für eine Rufausbeutung nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Produkt und damit Aufmerksamkeit erweckt werden (vgl. BGH GRUR 2010, 1125, Rn. 42 – Femur-Teil).

71

Im Streitfall ist, wie oben unter 1.d) dargelegt, eine Verkehrsbekanntheit nicht festzustellen, und die Unterschiede in der Produktgestaltung sind so erheblich, dass eine Übertragung der Gütevorstellungen nicht stattfindet.

5.

72

Ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung der Unionsmarke Nr.... steht der Klägerin ebenfalls nicht zu.

a)

73

Ein Unterlassungsanspruch aus Art. 9 Abs. 2 lit. b), Abs. 3 UMV ist mangels Verwechslungsgefahr nicht gegeben.

74

Bei der Prüfung der sich gegenüberstehenden Zeichen ist von dem allgemein anerkannten Grundsatz auszugehen, dass zwischen allen in Betracht zu ziehenden Umständen, nämlich der Kennzeichnungskraft der Klagemarke, dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüber stehenden Zeichen und dem wirtschaftlichen Abstand der Waren und Dienstleistungen eine Wechselwirkung besteht, wonach eine höhere Kennzeichnungskraft der Klagemarke oder ein höherer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen einen größeren Abstand bei den angebotenen Waren-/Dienstleistungen ausgleichen kann und umgekehrt (BGH GRUR 2002, 898, 899 „defacto“; BGH GRUR 2001, 1161, 1162 „CompuNet/ComNet“).

aa)

75

Hinsichtlich der Klagemarke ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen. Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch umfangreiche Benutzung wurde von der Klägerin nicht dargelegt.

bb)

76

Es besteht Warenidentität.

cc)

77

Zwischen den kollidierenden Zeichen

AbbildungAbbildung

78

besteht jedoch nur eine geringe Ähnlichkeit. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 1. e) aa) verwiesen werden.

79

Dabei ist auch der Grundsatz zu berücksichtigen, dass bei einem aus einem einzelnen Buchstaben bestehenden Zeichen im Hinblick auf seine Kürze bildliche Unterschiede ein wesentlich größeres Gewicht haben als bei normalen Wortzeichen (BGH GRUR 2012, 930, Rn. 51- Bogner B/Barbie B).

80

Hinzu kommt, dass die Klagemarke überdies die Elemente „ESTD“ und „1815“ enthält. Diese Elemente sind zwar kennzeichnungsschwach, dürfen beim Zeichenvergleich jedoch nicht völlig unberücksichtigt bleiben.

dd)

81

Aufgrund des Vorstehenden sind unter Berücksichtigung der Wechselwirkungslehre die Unterschiede zwischen den Zeichen derart groß, dass beim Betrachter ein anderer Gesamteindruck entsteht und eine Verwechslungsgefahr damit ausscheidet.

b)

82

Aus den unter a) genannten Gründen und mangels Bekanntheit scheidet ein Unterlassungsanspruch nach Art. 9 Abs. 2 lit. c), Abs. 3 UMV ebenfalls aus.

6.

83

Da der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zustehen, entfallen auch die Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz.

II.

84

Die Kostenentscheidung basiert auf § 91 Abs. 1 ZPO.

85

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.

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