Urteil vom Landgericht Itzehoe (11. Zivilkammer) - 11 S 9/11
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Amtsgerichts Schwarzenbek vom 21.01.2011 – Az. 2 C 505/10 – abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung der Kläger zu 1) und zu 2) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger, die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Kläger und die Beklagte zu 3).
Der Berufungsstreitwert wird auf 19.000,00 € festgesetzt
(Feststellungsanträge = 12.000,00 €;
Beschlussanfechtung = 7.000,00 €).
Gründe
I.
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Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
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Die Kläger zu 1) und 2) haben mit ihrer Berufung zunächst die in erster Instanz gegenüber der Beklagten zu 2) gestellten Feststellungsanträge weiterverfolgt und hilfsweise beantragt,
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die Beklagte zu 2) als Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage Xxx, Xxx, xxx zu verurteilen, ihren gesetzlichen und vertraglichen Pflichten insbesondere aus dem Wohnungseigentumsgesetz, der Teilungserklärung und dem Verwaltervertrag gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft nachzukommen und dabei insbesondere
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1. keine Firmen zu beauftragen, die nach dem Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung von der Auftragsvergabe ausgeschlossen waren,
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2. den Wirtschaftsplan für jedes Geschäftsjahr gesondert und im Voraus zum Beginn des Geschäftsjahres aufzustellen und der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Beschlussfassung vorzulegen,
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3. Auf Verlangen einzelner Wohnungseigentümer bestimmte Anträge und Themen in die Tagesordnung für die nächste Wohnungseigentümerversammlung mit aufzunehmen,
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4. die einzelnen Tagesordnungspunkte für die Wohnungseigentümerversammlung richtig aufzustellen und vollständig zu behandeln und über jeden Tagesordnungspunkt Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung herbeizuführen und
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5. Gegenstände, die im Gemeinschaftseigentum stehen, nicht eigenmächtig zu beseitigen.
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Diese Hilfsanträge haben die Kläger zuletzt als Hauptanträge gestellt.
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Die Beklagte zu 3) hat sich erstmals im Berufungsverfahren den Anträgen der Kläger im Berufungsverfahren angeschlossen.
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Darüber hinaus beantragen die Kläger und die Beklagte zu 3)
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die Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu 1).
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Die Beklagten zu 1) beantragen,
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a) mit ihrer Berufung die Abänderung des angefochtenen Urteils dahingehend, die Klage auch insoweit abzuweisen, als der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 22.04.2010 zu TOP 4 (Verlängerung des bestehenden Verwaltervertrages) für ungültig erklärt wurde, und
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b) die Zurückweisung der Berufung der Kläger zu 1) und 2).
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Die Beklagte zu 2) beantragt,
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die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
II.
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Von den zulässigen Berufungen der Kläger und der Beklagten zu 1) hat lediglich die Berufung der Beklagten zu 1) in der Sache Erfolg.
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Die Beklagte zu 3) hat in der Berufungsinstanz einen zulässigen Parteiwechsel, § 263 ZPO, vorgenommen und sich mit ihren Anträgen denen der Kläger angeschlossen, so dass sie im Berufungsverfahren in vollem Umfang unterliegt.
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1. Berufung der Beklagten zu 1):
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Der in der Eigentümerversammlung vom 22.04.2010 zu TOP 4 gefasste Beschluss, „….das bestehende Vertragsverhältnis mit der xxx [wird] verlängert bis zum 30.06.2013. ….“ verstößt weder gegen § 26 WEG, noch gegen Regelungen der Teilungserklärung oder Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung.
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a) Ein Verstoß gegen § 26 Abs. 2 WEG, wonach die wiederholte Bestellung eines Verwalters „….frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden kann.“, liegt nicht vor, obwohl die Wohnungseigentümer die Bestellungszeit des bereits mit Beschluss vom 31.03.2009 bis zum 30.06.2011 zur Verwalterin bestellten Unternehmens mehr als 1 Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit bis zum 30.06.2013 verlängert haben.
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Denn der Wortlaut des § 26 Abs. 2 WEG ist nach Sinn und Zweck dergestalt zu verstehen, dass eine frühzeitige Verlängerung der Bestellungszeit nur dann ausgeschlossen ist, wenn dadurch ein Unterlaufen des Normzwecks des § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG - keine Bindung der Eigentümer über fünf Jahre an einen Verwalter - erreicht werden würde (so u.a. BGH vom 23.02.1995, III ZR 65/94 Rn 13 - zitiert nach Juris).
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Diesem Gesetzeszweck steht es nicht entgegen, wenn die erneute Bestellung zeitlich mehr als ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit erfolgt, aber dadurch eine Bindung der Wohnungseigentümer über fünf Jahre hinaus nicht eintritt (so u.a.: Bärmann - Merle, WEG, 11. Aufl. 2010, § 26 Rn 58; Riecke/Schmid-Abramenko, Fachanwaltskommentar WEG, § 26 Rn 93). Denn zulässig wäre es auch gewesen, von Anfang an eine Bestellungszeit von 5 Jahren zu wählen.
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b) Der angefochtene Beschluss widerspricht auch nicht den Regelungen der Teilungserklärung. § 14 der Teilungserklärung (Bl. 197 f. d.A.) enthält in Abs. 1 und 2 Regelungen zu der Verwalterbestellung. Abs. 1 regelt die Bestellung des 1. Verwalters, Abs. 2 die der folgenden: „Danach erfolgt die Bestellung jeweils für einen Zeitraum von 3 Jahren; sie verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn nicht die Eigentümer sechs Monate vor Ablauf der Zeit durch Mehrheit die Bestellung eines anderen Verwalters beschließen.“ Diese Regelung ist gemäß §§ 26 Abs. 1 S. 5 WEG, 134 BGB nichtig.
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§ 26 Abs. 1 S. 5 WEG soll verhindern, dass die freie Auswahl des Verwalters oder die Bestellung des Verwalter unmittelbar oder mittelbar durch Festlegung bestimmter Bedingungen der Bestellung oder des Verwaltervertrages eingeengt wird. Vereinbarungen, die eine bestimmte Dauer für jede Bestellung verbindlich festlegen, beinhalten eine derartige Einengung (OLG Düsseldorf, ZMR 2008, 472 ff.; Bärmann-Merle, § 26 WEG Rn 81; Niedenführ / Kümmel / Vandenhouten - Niedenführ, WEG, 9. Auflage, § 26 Rn 30). Mit der vorliegenden Regelung in der Teilungserklärung wird die nach § 26 Abs. S.2 WEG höchstens zulässige Bestellungszeit von 5 Jahren herabgesetzt, so dass ein Verwalter nur für eine Zeit von weniger als 5 Jahren bestellt werden kann. Das ist eine unzulässige Beschränkung der Bestellung des Verwalters.
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c) Die Beschlussfassung entspricht zudem ordnungsgemäßer Verwaltung, § 21 Abs. 3, 4 WEG. Pflichtverletzungen, die eine erneute Bestellung nicht mehr vertretbar erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.
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Voraussetzung wäre, dass unter Berücksichtigung aller Umstände - verschuldet oder nicht - eine Zusammenarbeit mit dem gewählten Verwalter nach Treu und Glauben unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von vornherein nicht zu erwarten ist.
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Innerhalb der Anfechtungsfrist des § 46 WEG vorgetragen und somit als mögliche Pflichtverstöße zu berücksichtigen waren die Vorwürfe, mit denen die ursprünglich als Hauptanträge gestellten Feststellungsanträge begründet wurden. Hierbei handelt es sich um die Beauftragung der xxx, obwohl diese bei der Auftragsvergabe nicht habe berücksichtigt werden sollen, das Nichtvorlegen eines Wirtschaftsplanes für das Jahr 2010 bis zur ETV vom 22.04.2010, die Verweigerung der Aufnahme von Anträgen in die Tagesordnung zur Eigentümerversammlung vom 22.04.2010, die fehlende Herbeiführung eines Beschlusses über die Aufhebung des bestehenden Verwaltervertrages (unter TOP 8 der ETV vom 22.04.2010) und den Vorwurf der eigenmächtigen Beseitigung von Pflanzen der Wohnungseigentümer.
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Hinsichtlich des Wirtschaftsplanes 2010 ist zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümer unter TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 13.03.2008 (Bl. 50 d.A.) beschlossen hatten, dass der Wirtschaftsplan 2008 seine Gültigkeit bis zur Beschlussfassung über einen neuen Plan behält. Da es bis zur Eigentümerversammlung im April 2010 keine anderweitige Beschlussfassung gab und die Vorauszahlungshöhe aufgrund von wesentlichen Änderungen der Umstände nicht hätte angepasst werden müssen, ist ein Pflichtverstoß nicht ersichtlich.
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Bei der behaupteten Verweigerung der Aufnahme von Tagesordnungspunkten ist zu berücksichtigen, dass der Verwalter nur die Anträge der Wohnungseigentümer auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung nehmen muss, deren Behandlung ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Dies muss der Verwalter prüfen. Sofern der beantragte Tagesordnungspunkt zu einem Thema eines anderen Tagesordnungspunktes gehört, genügt die Thematisierung unter dem bereits vorhandenen Punkt.
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Auch ist der Verwalter nicht dafür verantwortlich, wenn die Wohnungseigentümer keinen Beschluss fassen wollen. Im vorliegenden Fall hatte sich die von den Klägern begehrte Beschlussfassung zudem durch die Wiederbestellung des Verwalters erübrigt.
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Unter Berücksichtigung des Vorgesagten und unter Zugrundelegung der weiteren Vorwürfe, wie sie von den Klägern behauptet werden, ist nicht von einer groben Verletzung der Verwalterpflichten auszugehen, die bei einer Wiederbestellung des Verwalters zu einem Verstoß gegen ordnungsgemäße Verwaltung führen können.
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2. Berufung der Kläger zu 1) und zu 2):
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Der Kläger begehrt mit den zuletzt gestellten Anträgen unbeschadet der Benennung als Leistungsantrag die Feststellung, welche konkreten Pflichten der Beklagte zu 2. in seiner Funktion als Verwalter hat. Hinsichtlich der Anträge zu 1., 2. und 4. haben die Kläger und die Beklagte zu 3) kein eigenes Rechtsschutzbedürfnis, hinsichtlich der Anträge zu 3. und 5. kein Feststellungsinteresse.
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Streitgegenstand einer Feststellungsklage, § 256 ZPO, kann nur der Streit über ein Rechtsverhältnis sein, das grundsätzlich zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehen muss.
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Der Verwaltervertrag und das Bestellungsrechtsverhältnis, auf die sich die Feststellungsanträge beziehen, bestehen zwischen dem Verwalter auf der einen und der Wohnungseigentümergemeinschaft auf der anderen Seite. Die einzelnen Wohnungseigentümer sind an diesem Rechtsverhältnis nicht direkt beteiligt. Dementsprechend bestehen die gesetzlichen und vertraglichen Pflichten des Verwalters grundsätzlich nur gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft.
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Allerdings entfaltet der Verwaltervertrag gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern Schutzpflichten, so dass sie z.B. Schadensersatzansprüche direkt gegenüber dem Verwalter geltend machen können. Die Durchsetzung der übrigen Pflichten aus dem Verwaltervertrag obliegt jedoch der Wohnungseigentümergemeinschaft (siehe u.a. Bärmann-Merle, WEG, § 27 Rn 312).
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Zwar kann auch ein Drittrechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein, sofern der jeweilige Kläger ein rechtliches Interesse an der baldigen Klärung hat. Ein solches Interesse kann vorliegend jedoch nicht bestehen, da die Wohnungseigentümergemeinschaft darüber zu entscheiden hat, ob oder wie sie diese Ansprüche oder Pflichten gegenüber dem Verwalter durchsetzt. Will ein Wohnungseigentümer eine Klärung in diesem Sinne herbeiführen, muss er dies zum Gegenstand einer Eigentümerversammlung machen (Vorbefassung).
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Soweit den Klägern und der Beklagten zu 3) Schadensersatzansprüche zustehen könnten (Antrag zu 5), weil die Beklagte zu 2) Eigentumsrechte der Wohnungseigentümer schuldhaft verletzt haben könnte, fehlt das erforderliche Interesse an der gegenüber einer möglichen Leistungsklage subsidiären Feststellung.
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Soweit mit dem Antrag zu 3. die Feststellung begehrt wird, dass die Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter gemäß § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch auf Aufnahme konkret benannter Beschlussgegenstände in die Tagesordnung haben, fehlt es ebenfalls an einem Feststellungsinteresse. Ein Feststellungsinteresse besteht grundsätzlich nur, wenn dem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte es ernstlich bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt, und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (Zöller-Greger, ZPO, § 256 Rn 7 m.w.N.). Die Beklagte zu 2. bestreitet jedoch ihre Verpflichtung nicht, bestimmte Beschlussgegenstände auf die Tagesordnung zu nehmen. Diese Verpflichtung besteht jedoch nicht unbeschränkt, sondern unterliegt vielmehr der Prüfung, ob die Behandlung der Themen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Das führt zu einer Einzelfallprüfung jeden Antrages mit der Folge, dass eine allgemeine Feststellung der Pflicht keinen Rechtsfrieden schaffen könnte..
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, wobei hinsichtlich der Beklagten zu 3) zu berücksichtigen war, dass sie die Parteirolle erst in zweiter Instanz gewechselt hat.
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Referenzen
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- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- § 26 Abs. 1 S. 5 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 134 Gesetzliches Verbot 1x
- § 46 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 263 Klageänderung 1x
- ZPO § 256 Feststellungsklage 1x
- 2 C 505/10 1x (nicht zugeordnet)
- § 26 Abs. 2 WEG 2x (nicht zugeordnet)
- § 26 WEG 2x (nicht zugeordnet)
- § 26 Abs. S.2 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- III ZR 65/94 1x (nicht zugeordnet)
- § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 26 Abs. 1 S. 5 WEG, 134 BGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 21 Abs. 4 WEG 1x (nicht zugeordnet)