1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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| Der im öffentlichen Dienst beschäftigte Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Nichtberücksichtigung von im Beitrittsgebiet erworbenen Vordienstzeiten. |
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| Die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt. |
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| Die neue Satzung der Beklagten (VBLS) enthält Übergangsregelungen zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen Versorgungskonten der Versicherten übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in rentennahe und rentenferne Versicherte unterschieden. Rentennah ist nur, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem Umlagesatz des Abrechnungsverbandes West unterfiel oder Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen kann. Die Anwartschaften der ca. 200.000 rentennahen Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen. Die Anwartschaften der übrigen, ca. 1,7 Mio. rentenfernen Versicherten berechnen sich demgegenüber nach den §§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS i.V. mit § 18 Abs. 2 BetrAVG. Unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einem rentennahen oder einem rentenfernen Jahrgang erhalten Beschäftigte, die am 1. Januar 2002 mindestens 20 Jahre pflichtversichert waren, als Startgutschrift für jedes volle Kalenderjahr der Pflichtversicherung bis zum 31. Dezember 2001 mindestens 1,84 Versorgungspunkte (VP), bei Teilzeitbeschäftigung gemindert durch Multiplikation mit dem am 31. Dezember 2001 maßgebenden Gesamtbeschäftigungsquotienten (§ 37 Abs. 3 VBLS). |
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| § 46 Abs. 3 VBLS (in der Fassung bis zum 31. Dezember 2007) lautete wie folgt: |
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| „Gegen Entscheidungen der Anstalt nach Absatz 2 und gegen sonstige Entscheidungen über Rechte und Pflichten aus dem Versicherungs-, dem Beteiligungs- oder dem Leistungsverhältnis ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten die Klage zulässig …“ |
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| Durch 11. Änderung der VBLS, vom Verwaltungsrat am 23. November 2007 beschlossen und vom BMF mit Schreiben vom 14. Januar 2008 genehmigt, wurde in § 46 Abs. 3 VBLS der Passus „innerhalb einer Frist von sechs Monaten“ ersatzlos gestrichen (Inkrafttreten mit Wirkung vom 1. Januar 2008). |
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| In § 84 a Abs. 2 VBLS wurde hierzu folgende Übergangsregelung getroffen: |
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| „Hat die Klagefrist nach § 46 Abs. 3 und 5 in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung vor dem 01. Januar 2008 zu laufen begonnen, ist § 46 Abs. 3 und 5 auch nach dem 31. Dezember 2007 anzuwenden.“ |
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| Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Systemumstellung bei der Beklagten und die Höhe der dem Kläger erteilten Startgutschrift. |
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| Der Kläger 1957 geboren. Die Beklagte hat mit Mitteilung vom 15. Oktober 2002 die monatliche Rentenanwartschaft des Klägers - als einer rentenfernen Person - zum 31. Dezember 2001 auf 322,72 EUR errechnet und ihm dementsprechend eine Startgutschrift von 80,68 Versorgungspunkten erteilt (AH 1 ff.). Bei der Errechnung der Startgutschrift, welche auf der Neufassung der Satzung der Beklagten zum 1. Januar 2001 beruht, wurde die Steuerklasse III/0 zugrunde gelegt (AH 13). |
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| Vorprozessual hat der Kläger die Startgutschrift vom 15. Oktober 2002 nicht als fehlerhaft gerügt. |
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| die Mitteilung der Beklagten sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 14. November 2007 - IV ZR 74/06 - unverbindlich. |
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| festzustellen, dass die von der Beklagten erteilte Startgutschrift den Wert der vom Kläger bis zum 31. Dezember 2001 erreichte Anwartschaften auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festlegt. |
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| die sechsmonatige Klagefrist des § 46 Abs. 3 VBLS sei nicht eingehalten worden. |
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| Mit Beschluss vom 01. Oktober 2009 wurde das schriftliche Verfahren angeordnet und der Termin, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, auf den 16. Oktober 2009 bestimmt (AS. 29). |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die beigefügten Anlagen verwiesen. |
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| Die zulässige Klage ist nicht begründet. |
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| Zwischen den Parteien besteht ein Rechtsverhältnis in Form eines privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrages, bei dem die Beklagte Versicherer, der Arbeitgeber des Klägers Versicherungsnehmer und der Kläger Begünstigter ist (vgl. BGH VersR 1988/577). |
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| Indem der Kläger gegen die hier allein angegriffene Mitteilung der Startgutschrift vom 15. Oktober 2002 erst am 14. Juli 2009 die Klage erhoben hat, hat er die für diese Mitteilung maßgebliche Klagefrist (§§ 46 Abs. 3 VBLS a.F./§84a Abs. 2 VBLS n.F.) versäumt. |
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| 1. Der Beklagten ist es grundsätzlich nicht verwehrt, sich gegenüber dem Kläger bezüglich der Mitteilung vom 15. Oktober 2002 auf § 46 Abs. 3 VBLS (in der Fassung bis zum 31. Dezember 2007), in welchem die sechsmonatige Ausschlussfrist in Anlehnung an § 12 Abs. 3 VVG a.F. geregelt war, zu berufen (vgl. Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 28. November 2008, 6 O 113/08, sowie Urteil vom 24. Oktober 2008, Az. 6 O 33/08 und vom 21. August 2009 - 6 O 130/04 (veröffentlicht in juris)). Auf diese Mitteilungen findet nämlich § 46 Abs. 3 VBLS noch in seiner alten, bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung. |
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| a) Durch die 11. Änderung der VBLS, vom Verwaltungsrat am 23. November 2007 beschlossen und vom BMF mit Schreiben vom 14. Januar 2008 genehmigt, wurde in § 46 Abs. 3 VBLS zwar mit Wirkung zum 1. Januar 2008 die für Klagen vorgesehene Sechsmonats(ausschluss)frist abgeschafft. Ab dem 1. Januar 2008 soll demnach gegen Entscheidungen der Beklagten über Rechte und Pflichten aus dem Versicherungs-, dem Beteiligungs- oder dem Leistungsverhältnis die Klage zeitlich unbeschränkt zulässig sein. Unklar verbleibt dabei zunächst, ob die neue „fristlose“ und für den Versicherten günstigere Regelung nur für Neufälle (Mitteilungen ab dem 1. Januar 2008) oder auch für „Altfälle“ (Mitteilungen vor dem 1. Januar 2008 mit an sich bereits abgelaufener oder jedenfalls noch laufender Sechsmonatsfrist), Geltung beanspruchen will. § 84 a Abs. 2 VBLS n.F. sieht insoweit allerdings - als Übergangsvorschrift - ausdrücklich vor, dass § 46 Abs. 3 a.F. auch nach dem 31. Dezember 2007 anzuwenden ist, wenn die darin vorgesehene Klagefrist - wie hier - vor dem 1. Januar 2008 zu laufen begonnen hat. |
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| b) Gegen die Übergangsregelung des § 84 a Abs. 2 VBLS n.F. bestehen nach Auffassung des Gerichts keinerlei grundsätzliche Bedenken (vgl. Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 28. November 2008, 6 O 113/08). Sie entspricht nämlich in ihrem Regelungsgehalt Art. 1 Abs. 4 EGVVG, welcher für den dem § 46 Abs. 3 VBLS a.F. entsprechenden § 12 Abs. 3 VVG im allgemeinen Versicherungsrecht inhaltlich das Gleiche vorsieht. Aus den Gesetzgebungsmaterialien zum neuen VVG ergibt sich, dass eine besondere Übergangsvorschrift insoweit ursprünglich gar nicht vorgesehen war (BT-Drucksache 16/3945 vom 20.12.2006, S. 41 und 119); die allgemeine, in Art. 3 Abs. 4 EGVVG vorgesehene und an Art. 229 § 6 EGBGB angelehnte Übergangsvorschrift wurde dann aber durch die Regelung des Art. 1 Abs. 4 EGVVG ergänzt, um ausdrücklich klarzustellen, dass Klagefristen, die unter Geltung des bisherigen VVG in Gang gesetzt wurden, nach sechs Monaten auslaufen (BT-Drucksache 16/5862 vom 28.06.2007, S. 70 und 100). |
|
| c) Der Gleichlauf der in § 84a Abs. 2 VBLS vorgesehenen Übergangsvorschrift mit dem EGVVG ist auch sachgerecht und angemessen: Die in den §§ 12 Abs. 3 VVG a.F., 46 Abs. 3 VBLS a.F. vorgesehenen Fristen hatten dasselbe Regelungsziel. Die Abänderung des § 46 Abs. 3 VBLS erfolgte ersichtlich im Zusammenhang mit der Abschaffung des § 12 Abs. 3 VVG a.F. Auch ansonsten ist die Auslegung von VBLS-Vorschriften in Anlehnung an das VVG anerkannt (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Urteil v. 1. März 2007 - 12 U 40/06 -, VersR 2007, 1503 ff. zu § 78 Abs. 3 VBLS). Würde die ausdrückliche Übergangsregelung des § 84a Abs. 2 VBLS n.F. nicht existieren, wäre - mit demselben Ergebnis - Art. 1 Abs. 4 EGVVG entsprechend heranzuziehen. |
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| 2. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mit dem der Mitteilung vom 15. Oktober 2002 beigefügten Merkblatt (AH 1/3) nicht zutreffend und ausreichend belehrt wurde, bestehen nicht. Zwar sind nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung an die Belehrung über die Rechtsfolgen der Versäumung der Klagefrist des § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG a.F. - und damit auch des § 46 Abs. 3 VBLS a.F. - strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 1. März 2007 - 12 U 40/06 - (ZTR 2007, 267 f.)). Der dem Gericht bekannte - übliche - Hinweis in Ziffer 3 des Merkblatts L 341 „Wird innerhalb der Sechsmonatsfrist keine Klage erhoben, wird die Anstalt von der Pflicht zur Zahlung anderer Leistungen oder zur Änderung ihrer Entscheidung frei“ gibt aber keinen berechtigten Anlass zu Missverständnissen über die vorgesehene Rechtsfolge (so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 12 U 35/07 - (nicht veröffentlicht)). Soweit der Kläger nunmehr vorträgt, die Beklagte hätte darauf hinweisen müssen, welche Konsequenzen das Versäumen der 6-Monatsfrist für den späteren Rentenbezug haben könnte, greift dieser Einwand aus oben dargestellten Gründen nicht durch. Dass der Kläger das Merkblatt L 341 zusammen mit der Mitteilung vom 15. Oktober 2002 nicht bekommen hat, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Zu beachten ist im Hinblick darauf auch, dass der Hinweis auf Klagefristen und ein dazu ergangenes Merkblatt sich unmittelbar an den maßgeblichen Text der Mitteilung zu der Startgutschrift auf Seite 1 und 2 anschließt, weshalb grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass das Merkblatt tatsächlich angefügt war oder ansonsten sein Fehlen durch den durch die Mitteilung Betroffenen bei der Beklagten nachgefragt oder gerügt worden wäre. |
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| 3. § 46 Abs. 3 VBLS schließt nach seinem ausdrücklichen Wortlaut Klagen gegen Entscheidungen der Anstalt und gegen sonstige Entscheidungen über Rechte und Pflichten aus dem Versicherungs-, dem Beteiligungs- oder dem Leistungsverhältnis aus, die nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten erhoben werden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger gegen die Mitteilung der Beklagten vom 15. Oktober 2002 mit Schriftsatz vom 14. Juli 2009, bei Gericht eingegangen am 16. Juli 2009, und damit nicht rechtzeitig, Klage erhoben. |
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| 4. Der Beklagten ist es auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf diese Ausschlussfrist zu berufen. |
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| Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt - über den reinen Wortlaut des § 242 BGB hinaus - als die Rechtsordnung beherrschendes Prinzip für den gesamten Rechtsverkehr und hat zur Folge, dass sich jeder in der Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten im Rahmen der in der Gemeinschaft herrschenden sozialethischen Vorstellungen zu verhalten hat, und verpflichtet deshalb zur billigen Rücksichtnahme auf schutzwürdige Interessen anderer, sowie zum eigenen redlichen und loyalen Verhalten. Seine Ausprägung hat der Grundsatz unter anderem gerade auch in dem Institut der unzulässigen Rechtsausübung und des Rechtsmissbrauchs gefunden, wonach die Ausübung eines individuellen Rechts im Rahmen einer rechtlichen Sonderverbindung durch das Gebot der Redlichkeit und einem an Treu und Glauben zu messenden Verhalten beschränkt und ausgeschlossen sein kann. Die Berufung auf die Ausschlussfrist findet dort ihre Grenze, wo die sie sich als unzulässige Rechtsausübung darstellen würde, z. B., wenn die Anstalt durch ihr Verhalten den Versicherten veranlasst hätte, eine Frist ungenutzt verstreichen zu lassen. Darüber hinaus kann sich die Anstalt auf eine Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist nicht berufen, wenn der Berechtigte nachweist, dass ihn an der Versäumung kein Verschulden trifft. Das ist z. B. der Fall, wenn der Versicherte objektiv nicht in der Lage ist, vor Fristablauf einen begründeten Antrag zu stellen, weil die Voraussetzungen des Rentenanspruches erst später durch Bescheid des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung geschaffen werden, ohne dass dies vom Berechtigten zu vertreten ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. vom 15. Februar 2001, Az.: 12 U 206/00, Seite 7; st. Rspr. der Kammer, vgl. u.a. Urteil vom 25. Januar 2006, 6 O 183/05, Seite 9; Urt. vom 28. Februar 2003 - 6 S 101/02, Seite 3; Urteil vom 18. Januar 2002 - 6 O 279/01 und Urteil vom 29. November 2002 - 6 S 53/02). |
|
| Im vorliegenden Fall hat die Beklagte von sich aus keine Ursache gesetzt, die den Kläger veranlasst hat, auf die rechtzeitige Rüge der Mitteilung vor Klageerhebung zu verzichten. Zutreffend führt der Kläger aus, dass nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshof nach einer Satzungsänderung bzw. bei Verrentung des Klägers ohnehin eine neue Mitteilung erteilt werden muss. Diese Mitteilungen können dann wieder von dem Kläger angegriffen werden, und zwar auch im Hinblick auf die Unverbindlichkeit der Startgutschrift entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Vor einer solchen Mitteilung ist es jedoch der Beklagten, wie bereits oben ausgeführt, nicht verwehrt bei Anwendbarkeit von § 46 Abs. 3 VBLS sich auch auf diese Satzungsvorschrift zu berufen. |
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| Die zulässige Klage ist nicht begründet. |
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| Zwischen den Parteien besteht ein Rechtsverhältnis in Form eines privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrages, bei dem die Beklagte Versicherer, der Arbeitgeber des Klägers Versicherungsnehmer und der Kläger Begünstigter ist (vgl. BGH VersR 1988/577). |
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| Indem der Kläger gegen die hier allein angegriffene Mitteilung der Startgutschrift vom 15. Oktober 2002 erst am 14. Juli 2009 die Klage erhoben hat, hat er die für diese Mitteilung maßgebliche Klagefrist (§§ 46 Abs. 3 VBLS a.F./§84a Abs. 2 VBLS n.F.) versäumt. |
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| 1. Der Beklagten ist es grundsätzlich nicht verwehrt, sich gegenüber dem Kläger bezüglich der Mitteilung vom 15. Oktober 2002 auf § 46 Abs. 3 VBLS (in der Fassung bis zum 31. Dezember 2007), in welchem die sechsmonatige Ausschlussfrist in Anlehnung an § 12 Abs. 3 VVG a.F. geregelt war, zu berufen (vgl. Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 28. November 2008, 6 O 113/08, sowie Urteil vom 24. Oktober 2008, Az. 6 O 33/08 und vom 21. August 2009 - 6 O 130/04 (veröffentlicht in juris)). Auf diese Mitteilungen findet nämlich § 46 Abs. 3 VBLS noch in seiner alten, bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung. |
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| a) Durch die 11. Änderung der VBLS, vom Verwaltungsrat am 23. November 2007 beschlossen und vom BMF mit Schreiben vom 14. Januar 2008 genehmigt, wurde in § 46 Abs. 3 VBLS zwar mit Wirkung zum 1. Januar 2008 die für Klagen vorgesehene Sechsmonats(ausschluss)frist abgeschafft. Ab dem 1. Januar 2008 soll demnach gegen Entscheidungen der Beklagten über Rechte und Pflichten aus dem Versicherungs-, dem Beteiligungs- oder dem Leistungsverhältnis die Klage zeitlich unbeschränkt zulässig sein. Unklar verbleibt dabei zunächst, ob die neue „fristlose“ und für den Versicherten günstigere Regelung nur für Neufälle (Mitteilungen ab dem 1. Januar 2008) oder auch für „Altfälle“ (Mitteilungen vor dem 1. Januar 2008 mit an sich bereits abgelaufener oder jedenfalls noch laufender Sechsmonatsfrist), Geltung beanspruchen will. § 84 a Abs. 2 VBLS n.F. sieht insoweit allerdings - als Übergangsvorschrift - ausdrücklich vor, dass § 46 Abs. 3 a.F. auch nach dem 31. Dezember 2007 anzuwenden ist, wenn die darin vorgesehene Klagefrist - wie hier - vor dem 1. Januar 2008 zu laufen begonnen hat. |
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| b) Gegen die Übergangsregelung des § 84 a Abs. 2 VBLS n.F. bestehen nach Auffassung des Gerichts keinerlei grundsätzliche Bedenken (vgl. Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 28. November 2008, 6 O 113/08). Sie entspricht nämlich in ihrem Regelungsgehalt Art. 1 Abs. 4 EGVVG, welcher für den dem § 46 Abs. 3 VBLS a.F. entsprechenden § 12 Abs. 3 VVG im allgemeinen Versicherungsrecht inhaltlich das Gleiche vorsieht. Aus den Gesetzgebungsmaterialien zum neuen VVG ergibt sich, dass eine besondere Übergangsvorschrift insoweit ursprünglich gar nicht vorgesehen war (BT-Drucksache 16/3945 vom 20.12.2006, S. 41 und 119); die allgemeine, in Art. 3 Abs. 4 EGVVG vorgesehene und an Art. 229 § 6 EGBGB angelehnte Übergangsvorschrift wurde dann aber durch die Regelung des Art. 1 Abs. 4 EGVVG ergänzt, um ausdrücklich klarzustellen, dass Klagefristen, die unter Geltung des bisherigen VVG in Gang gesetzt wurden, nach sechs Monaten auslaufen (BT-Drucksache 16/5862 vom 28.06.2007, S. 70 und 100). |
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| c) Der Gleichlauf der in § 84a Abs. 2 VBLS vorgesehenen Übergangsvorschrift mit dem EGVVG ist auch sachgerecht und angemessen: Die in den §§ 12 Abs. 3 VVG a.F., 46 Abs. 3 VBLS a.F. vorgesehenen Fristen hatten dasselbe Regelungsziel. Die Abänderung des § 46 Abs. 3 VBLS erfolgte ersichtlich im Zusammenhang mit der Abschaffung des § 12 Abs. 3 VVG a.F. Auch ansonsten ist die Auslegung von VBLS-Vorschriften in Anlehnung an das VVG anerkannt (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Urteil v. 1. März 2007 - 12 U 40/06 -, VersR 2007, 1503 ff. zu § 78 Abs. 3 VBLS). Würde die ausdrückliche Übergangsregelung des § 84a Abs. 2 VBLS n.F. nicht existieren, wäre - mit demselben Ergebnis - Art. 1 Abs. 4 EGVVG entsprechend heranzuziehen. |
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| 2. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mit dem der Mitteilung vom 15. Oktober 2002 beigefügten Merkblatt (AH 1/3) nicht zutreffend und ausreichend belehrt wurde, bestehen nicht. Zwar sind nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung an die Belehrung über die Rechtsfolgen der Versäumung der Klagefrist des § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG a.F. - und damit auch des § 46 Abs. 3 VBLS a.F. - strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 1. März 2007 - 12 U 40/06 - (ZTR 2007, 267 f.)). Der dem Gericht bekannte - übliche - Hinweis in Ziffer 3 des Merkblatts L 341 „Wird innerhalb der Sechsmonatsfrist keine Klage erhoben, wird die Anstalt von der Pflicht zur Zahlung anderer Leistungen oder zur Änderung ihrer Entscheidung frei“ gibt aber keinen berechtigten Anlass zu Missverständnissen über die vorgesehene Rechtsfolge (so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 12 U 35/07 - (nicht veröffentlicht)). Soweit der Kläger nunmehr vorträgt, die Beklagte hätte darauf hinweisen müssen, welche Konsequenzen das Versäumen der 6-Monatsfrist für den späteren Rentenbezug haben könnte, greift dieser Einwand aus oben dargestellten Gründen nicht durch. Dass der Kläger das Merkblatt L 341 zusammen mit der Mitteilung vom 15. Oktober 2002 nicht bekommen hat, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Zu beachten ist im Hinblick darauf auch, dass der Hinweis auf Klagefristen und ein dazu ergangenes Merkblatt sich unmittelbar an den maßgeblichen Text der Mitteilung zu der Startgutschrift auf Seite 1 und 2 anschließt, weshalb grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass das Merkblatt tatsächlich angefügt war oder ansonsten sein Fehlen durch den durch die Mitteilung Betroffenen bei der Beklagten nachgefragt oder gerügt worden wäre. |
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| 3. § 46 Abs. 3 VBLS schließt nach seinem ausdrücklichen Wortlaut Klagen gegen Entscheidungen der Anstalt und gegen sonstige Entscheidungen über Rechte und Pflichten aus dem Versicherungs-, dem Beteiligungs- oder dem Leistungsverhältnis aus, die nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten erhoben werden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger gegen die Mitteilung der Beklagten vom 15. Oktober 2002 mit Schriftsatz vom 14. Juli 2009, bei Gericht eingegangen am 16. Juli 2009, und damit nicht rechtzeitig, Klage erhoben. |
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| 4. Der Beklagten ist es auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf diese Ausschlussfrist zu berufen. |
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| Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt - über den reinen Wortlaut des § 242 BGB hinaus - als die Rechtsordnung beherrschendes Prinzip für den gesamten Rechtsverkehr und hat zur Folge, dass sich jeder in der Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten im Rahmen der in der Gemeinschaft herrschenden sozialethischen Vorstellungen zu verhalten hat, und verpflichtet deshalb zur billigen Rücksichtnahme auf schutzwürdige Interessen anderer, sowie zum eigenen redlichen und loyalen Verhalten. Seine Ausprägung hat der Grundsatz unter anderem gerade auch in dem Institut der unzulässigen Rechtsausübung und des Rechtsmissbrauchs gefunden, wonach die Ausübung eines individuellen Rechts im Rahmen einer rechtlichen Sonderverbindung durch das Gebot der Redlichkeit und einem an Treu und Glauben zu messenden Verhalten beschränkt und ausgeschlossen sein kann. Die Berufung auf die Ausschlussfrist findet dort ihre Grenze, wo die sie sich als unzulässige Rechtsausübung darstellen würde, z. B., wenn die Anstalt durch ihr Verhalten den Versicherten veranlasst hätte, eine Frist ungenutzt verstreichen zu lassen. Darüber hinaus kann sich die Anstalt auf eine Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist nicht berufen, wenn der Berechtigte nachweist, dass ihn an der Versäumung kein Verschulden trifft. Das ist z. B. der Fall, wenn der Versicherte objektiv nicht in der Lage ist, vor Fristablauf einen begründeten Antrag zu stellen, weil die Voraussetzungen des Rentenanspruches erst später durch Bescheid des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung geschaffen werden, ohne dass dies vom Berechtigten zu vertreten ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. vom 15. Februar 2001, Az.: 12 U 206/00, Seite 7; st. Rspr. der Kammer, vgl. u.a. Urteil vom 25. Januar 2006, 6 O 183/05, Seite 9; Urt. vom 28. Februar 2003 - 6 S 101/02, Seite 3; Urteil vom 18. Januar 2002 - 6 O 279/01 und Urteil vom 29. November 2002 - 6 S 53/02). |
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| Im vorliegenden Fall hat die Beklagte von sich aus keine Ursache gesetzt, die den Kläger veranlasst hat, auf die rechtzeitige Rüge der Mitteilung vor Klageerhebung zu verzichten. Zutreffend führt der Kläger aus, dass nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshof nach einer Satzungsänderung bzw. bei Verrentung des Klägers ohnehin eine neue Mitteilung erteilt werden muss. Diese Mitteilungen können dann wieder von dem Kläger angegriffen werden, und zwar auch im Hinblick auf die Unverbindlichkeit der Startgutschrift entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Vor einer solchen Mitteilung ist es jedoch der Beklagten, wie bereits oben ausgeführt, nicht verwehrt bei Anwendbarkeit von § 46 Abs. 3 VBLS sich auch auf diese Satzungsvorschrift zu berufen. |
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