Urteil vom Landgericht Kiel (2. Kammer für Handelssachen) - 15 O 143/00

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten restlichen Werklohn aus dem Bauvorhaben ..., der aufgrund einer Pfändung zum Teil zahlbar an das Finanzamt ... ist. Die Beklagte bestreitet die Abnahmefähigkeit der Werkleistung, die Fälligkeit des Werklohns und macht darüber hinaus im Wesentlichen Zurückbehaltungsrechte geltend.

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Hinsichtlich der Auftragserteilung vom 20.12.1995, des Auftragsumfanges und der Auftragsgrundlagen wird auf die insoweit unstreitigen Ausführungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 12.03.2001 nebst Anlagen verwiesen. In den Angebotsbedingungen der Beklagten (vgl. im Einzelnen Anlage K1) heißt es unter „Vertragsbedingungen gemäß DIN 1960, § 10“ zu Ziffer 6:

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„6. Abnahmen:

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6.1. Die baupolizeiliche Rohbau- und Gebrauchsabnahme beantragt der Auftraggeber. Alle übrigen Abnahmen hat der Auftragnehmer zu eigenen Lasten beizubringen. Kosten für wiederholte Abnahmen infolge mangelhafter Ausführung trägt der Auftragnehmer.

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6.2. Die Abnahme der Leistung oder Lieferung erfolgt nach Abschluss der Arbeiten zu einem mit dem Bauherren zu vereinbarenden Zeitpunkt. Wird eine Zeit nicht bestimmt, so gilt die Leistung mit Ablauf von 12 Werktagen nach der bauaufsichtlichen Gebrauchsabnahme als abgenommen, wenn sie bis zum Zeitpunkt vollständig erbracht ist. Sie gilt jedoch erst dann als erfolgt, wenn das Ergebnis der Abnahme durch den Auftraggeber dem Auftragnehmer schriftlich vorliegt. Bei Teilabnahmen, bedingt aus Teilfertigstellungen zum Bezug, gemäß DIN 1961, Teil B, § 12, gilt bezüglich der Gewährleistungsansprüche und Verjährungsfrist der Zeitpunkt der Abnahme des letzten Teils des gesamten Auftrages. Die Vornahme des Leistungsaufmaßes, Gewährung von Abschlagszahlungen, Anweisung der Schlussrechnung, eine frühere Benutzung bzw. Inbetriebnahme stellen keine Abnahme dar.
6.3 ...“

6

Mit Schreiben vom 09.09.1996 beanstandeten die Architekten der Beklagten Ausführungsmängel bei den eingebauten Z-Sperren, Sockelsperren sowie Sperren an Balkon und Wintergärten. Im Weiteren heißt es: Die im Leistungsverzeichnis unter Pos. 01/01/07/0050 beschriebenen und beauftragten Z-förmig einzubringenden Sperrschichtfolien seien nicht die ausgeschriebenen Mindeststärken von 1,5 mm, sondern in 0,3 mm Stärke eingebaut worden, die im Leistungsverzeichnis z.B. unter Pos. 01/01a/08/0120 beschriebenen Fußpunktausbildung inklusive Hangsperre seien in den Blöcken 14 und 18 nicht gemäß Detail der Architekten eingebaut worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B3 verwiesen.

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Die Klägerin übersandte mit Schreiben vom 12.12.1996 die letzten Abschlagsrechnungen und ihre Schlussrechnungen. Zugleich bat sie um Abnahme. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K2 Bezug genommen. Daraufhin teilten ihr die Architekten der Beklagten mit Schreiben vom 27.12.1996 mit, dass die Beklagte für die Horizontal- und Feuchtigkeitssperren (Folien) im Keller- und Erdgeschossbereich von Block 14 und 18 per Brief vom 20.12.1996 die Abnahme verweigert haben (ebenfalls Anlage B3).

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Nach Teilabnahmen der in den Protokollen gemäß Anlagen K19 bis K23 im Einzelnen genannten Wohnungen in den Blöcken 14 und 18 in der Zeit vom 07.01. bis zum 26.03.1997 verweigerte die Beklagte mit Schreiben vom 13.11.1997 die Abnahme des Gemeinschaftseigentums der von der Klägerin ausgeführten Arbeiten wegen der im Einzelnen dezidiert aufgeführten Mängel. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B1 verwiesen.

9

Die restliche Werklohnforderung der Klägerin ist mit 602.561,77 DM unstreitig (vgl. Schreiben der Beklagten vom 15.12.1998 = Anlage K3). In Höhe von 277.102,00 DM ist sie jedoch mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung Nr. 831/96 vom Finanzamt ... gepfändet worden.

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Die Klägerin hat am 12.04.2000 ihre Forderung gegen die Beklagte aus diesem Bauvorhaben an Frau ... in Höhe von 423.000,00 DM abgetreten (vgl. Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom 01.07.2004).

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Mit Schreiben vom 25.08.2004 machte die Klägerin der Beklagten ein Angebot zur Beseitigung der Mängel an den Hangfolien. Insoweit wird auf die Anlage K38 Bezug genommen.

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Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor:

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Die am 12.04.2000 abgetretene Forderung in Höhe von 423.000,00 DM sei von Frau ... am 18.08.2004 an die Klägerin zurückabgetreten worden (Anlagen K36; Zeugnis Frau ...). Ihre Forderung sei insgesamt fällig. Nach Übersendung der Fertigstellungsmitteilung vom 12.12.1996 sei es jedenfalls zu einer fiktiven Abnahme gemäß § 12 Abs. 5 VOB/B gekommen. Ihre Leistungen seien auch abnahmefähig. Zumindest bestehe jetzt zwischen den Parteien aufgrund der Nichtannahme des konkreten Mängelbeseitigungsangebotes vom 25.08.2004 ein Abrechnungsverhältnis. Die von der Beklagten behaupteten Mängelbeseitigungskosten für die Sanierung der Hangfolien und der Kalksandsteinfassade aber auch wegen der anderen behaupteten Mängel seien der Höhe nach unzutreffend.

14

Die Klägerin beantragt,

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1. die Beklagte zu verurteilen, an das Finanzamt ... 141.680,00 € nebst 5 % Zinsen seit dem 16.01.1997 zu zahlen und

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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 166.404,94 € nebst 5 % Zinsen auf 13.972,59 € seit dem 16.01.1997 und auf die Klagforderung seit dem 25.04.1997 zu zahlen.

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Die Beklagte und der Streitverkündete beantragen,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor:

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Die Werklohnforderung der Klägerin sei schon nicht fällig. Die Leistungen der Klägerin seien weder abgenommen worden noch abnahmefähig. Die gravierenden Mängel bestünden erstens in den unzureichenden Feuchtigkeitssperren im Wandbereich durch Verwendung unzureichend starker Abdichtungsfolien sowohl im Hangbereich als auch oberhalb der Stürze von Fenstern und Türen und zweitens in der mangelhaft hergestellten Fassade, bestehend aus Kalksandsteinverblendmauerwerk, das eine ungleichmäßige Oberfläche aufweise und unterschiedlich starke Fugen, vorstehende Steine enthalte sowie übermäßig viele Kantenabplatzungen an den Steinen und jetzt auch Risse an den Fensterstürzen und Türen. Die Kosten für die Mängelbeseitigung wegen der Folienproblematik beliefen sich auf wenigstens 190.658,48 €, die Kosten für die Sanierung der Kalksandsteinfassade einschließlich des Austauschs der Stürze beliefen sich auf 130.650,80 €. Daneben gäbe es weitere Mängel. Der Beklagten stünden jedenfalls Zurückbehaltungsrechte in einer Höhe zu, die die Klagforderung deutlich überstiegen. Die Zurückbehaltungsrechte werden ebenfalls geltend gemacht.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

22

Das Gericht hat über die streitigen Mängel zur sogenannten Folienproblematik gemäß Beweisbeschluss vom 08.02.2002 ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen ... eingeholt sowie ein Ergänzungsgutachten dazu. Wegen der vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen wird auf das Gutachten vom 27.06.2002 und das erste Ergänzungsgutachten vom 30.12.2002 verwiesen. Der Sachverständige hat seine Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2003 mündlich erläutert. Insoweit wird auf das Verhandlungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

24

Die unstreitige Restwerklohnforderung der Klägerin von 308.084,94 € (602.561,77 DM) ist nicht fällig. Die Leistungen der Klägerin sind von der Beklagten unstreitig nicht insgesamt abgenommen worden. Hinsichtlich der Leistungen am Gemeinschaftseigentum hat die Beklagte die Leistungen ausdrücklich verweigert (1.). Die Leistungen der Klägerin sind nicht abnahmereif (2.). Zwischen den Parteien besteht auch kein Abrechnungsverhältnis (3.). Im Übrigen stehen der Beklagten Zurückbehaltungsrechte in Höhe von mindestens 571.975,44 € zu (4.). Aus diesem Grunde kann die streitige Frage der Rückabtretung der Forderung der Klägerin offen bleiben.

25

Die Entscheidungen des Gerichts beruhten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf folgenden Erwägungen, die gemäß § 313 Abs. 3 ZPO kurz zusammengefasst werden:

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1. Gemäß § 641 Abs. 1 BGB setzt die Fälligkeit einer Werklohnforderung grundsätzlich die Abnahme der Leistungen voraus. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

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a) Eine Abnahme der gesamten Leistungen der Klägerin, insbesondere hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums nach § 12 VOB/B und den vereinbarten Angebotsbedingungen (Ziffer 6 der Vertragsbedingungen gemäß DIN 1960, § 10) hat unstreitig nicht stattgefunden. Auf das Abnahmeverlangen der Klägerin vom 12.12.1996 (vgl. Anlage K2) hat die Beklagte über ihre Architekten die Abnahme für die Horizontal- und Feuchtigkeitssperren (= Folien) bei den Blöcken 14 und 18 bereits im Dezember 1996 verweigert. Diese Verweigerung betrifft die Abnahme des Gemeinschaftseigentums und stützte sich auf die sogenannte Folienproblematik, die schon im September 1996 Gegenstand einer Untersuchung und einer Mängelrüge gewesen ist. Mit Schreiben vom 13.11.1997 hat die Beklagte die Abnahme des Gemeinschaftseigentums nochmals mit ausführlicher Begründung verweigert.

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Das Gemeinschaftseigentum war auch nicht bereits durch die Teilabnahmen der Wohnungen im Frühjahr 1997 „mit abgenommen“ worden. Bei Eigentumswohnungsanlagen hat die Abnahme sowohl für das Sonder- als auch für das Gemeinschaftseigentum stattzufinden. Sonder- und Gemeinschaftseigentum können von dem Erwerber in einem Zug abgenommen werden; beide können aber auch in Teilen - getrennt voneinander - abgenommen werden. Nimmt der Erwerber das Sondereigentum, also z.B. seine Wohnung ab, liegt darin nicht ohne Weiteres eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Ob dies ausnahmsweise der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. Werner Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl. Rdnr. 504 m.w.N.). Im vorliegenden Fall sprechen alle Umstände des Einzelfalls gegen eine konkludente Abnahme des Gemeinschaftseigentums im Zusammenhang mit den Teilabnahmen der einzelnen Wohnungen, insbesondere die Größe des Objektes, die bewusste Aufteilung der Abnahmen in Gemeinschaftseigentum und Teilabnahmen des Sondereigentums und nicht zuletzt, sondern vor allem die bereits im Dezember 1996 erklärte Verweigerung der Abnahme wegen fehlerhafter Abdichtungsarbeiten.

29

b) Eine fiktive Abnahme gemäß Ziffer 6.2 der Vertragsbedingungen gemäß DIN 1960 § 10 ist ebenfalls nicht festzustellen. Auf das Abnahmeverlangen der Klägerin vom 12.12.1996 hat die Beklagte zwar keinen Abnahmetermin vereinbart. Dies ist jedoch ohne Belang, da die Abnahmefiktion an besondere Voraussetzungen, wie die baurechtliche Gebrauchsabnahme mit schriftlichem Vorliegen ihres Ergebnisses bei Auftraggeber und Auftragnehmer abhängig gemacht worden ist. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, hat die Klägerin nicht einmal ansatzweise dargelegt.

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c) Die Abnahmefiktion des § 12 Nr. 5 VOB/B ist nicht eingetreten. Die strengen Voraussetzungen dieser Bestimmungen sind nicht erfüllt. § 12 Nr. 5 VOB/B verlangt neben der Fertigstellungsmitteilung und dem Zeitablauf, dass ein Abnahmeverlangen nach § 12 Nr. 1 oder Nr. 4 VOB/B fehlt, eine Abnahmeverweigerung nicht vorliegt und die Bauleistung im Wesentlichen fertiggestellt, also abnahmefähig ist (vgl. Werner Pastor, a.a.O Rdnr. 13, 185).

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Im vorliegenden Fall scheitert eine fiktive Abnahme schon daran, dass die Klägerin mit ihrer Fertigstellungsmitteilung vom 12.12.1996 selbst eine Abnahme verlangt hat. Außerdem hat die Beklagte diese Abnahme wegen eines wesentlichen Mangels zunächst verweigert. Schließlich war das Werk nicht abnahmereif, wie nachfolgend dargestellt wird.

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2. Die Werkleistungen der Klägerin sind auch nicht abnahmereif. Bekannterweise ist der Unternehmer nicht gehalten, zunächst auf Abnahme zu klagen, sondern kann sofort Leistungsklage erheben. Der Erfolg der Zahlungsklage setzt jedoch voraus, dass seine Leistungen abnahmereif sind, d.h. der Besteller die Abnahme zu Unrecht verweigert hat.

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Gemäß § 12 Nr. 3 VOB/B kann die Abnahme solange verweigert werden, wie wesentliche Mängel der vertraglich geschuldeten Bauleistung vorliegen. Ein wesentlicher Mangel ist anzunehmen, wenn die Bauleistung die vertraglich zugesicherten Eigenschaften nicht hat, nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht oder sonst mit beachtlichen Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck aufheben oder wesentlich mindern (Ingenstau/Korbion/Wirth, VOB Teil B, 14. Aufl., § 12 Rdnr. 105 m.w.N.).

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Solche Mängel liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im vorliegenden Fall nach Überzeugung des Gerichts ohne jeden Zweifel vor. Das Gericht folgt den in jeder Hinsicht mit überzeugender Begründung getroffenen Feststellungen des Sachverständigen ... zur nicht vertragsgerechten und unter Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik eingebrachten Folien für die Abdichtungen im Hangbereich. Auf die entsprechenden Ausführungen in den Gutachten des Sachverständigen wird verwiesen. Die festgestellten Mängel sind auch wesentlich. Für die Restnutzungsdauer von 70 Jahren kann nach den Feststellungen des Sachverständigen keine zuverlässige Prognose für zu erwartende Schäden getroffen werden; ein Austausch der fehlerhaften Folien ist daher erforderlich. Die Wesentlichkeit wird auch durch die Höhe der bei dem Austausch der Folien zu erwartenden Baukosten belegt, die der Sachverständige nachvollziehbar mit 190.658,48 € kalkuliert hat. Dieser Betrag ist von der Klägerin zwar bestritten worden, die Klägerin trägt jedoch nicht im Einzelnen mit Begründung vor, welche Kostenposition aus ihrer Sicht zu beanstanden ist. Ihr Bestreiten ist daher unsubstantiiert.

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Nach alledem kommt es auf die weiteren von der Beklagten behaupteten Mängel des Verblendmauerwerks und der Rissbildung für die Frage der fehlenden Abnahmereife nicht mehr an. Insoweit wurde auf eine ergänzende Beweisaufnahme daher verzichtet.

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3. Ein reines Abrechnungsverhältnis zwischen den Parteien besteht nicht.

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a) Die Klägerin hat den Vertrag nicht gemäß § 645 Abs. 1 Satz 1, § 648 a Abs. 5 Satz 2 BGB beendet. In einem Fall hat der Bundesgerichtshof am 22.01.2004 (Az.: VII ZR 183/02) zur Rechtsfolge einer solchen Vertragsbeendigung in seinem Leitsatz unter c) ausgeführt: Der Unternehmer kann dem Besteller in sinngemäßer Anwendung des § 648 a Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 643 Satz 1 BGB eine Nachfrist zur Sicherheitsstellung mit der Erklärung setzen, dass er die Mängelbeseitigung ablehne, wenn die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet werde. Nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist wird er von der Verpflichtung zur Mängelbeseitigung frei. Ihm steht in weiterer sinngemäßer Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 und § 648 Abs. 5 Satz 2 BGB der Anspruch auf die ihm um den mängelbedingten Minderwert gekürzte Vergütung und der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens zu.

38

Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen einer Vertragsbeendigung bei unmittelbarer Anwendung der genannten rechtlichen Grundlagen nicht vor. Die Klägerin hat erstmals mit Schriftsatz vom 29.03.2004 erklärt, dass sie die Leistung der Beklagten bei Ablauf der mit Schriftsatz vom 04.03.2004 gesetzten Frist zur Stellung der verlangten Sicherheit gemäß § 648 Abs. a BGB ablehnt. Die Beklagte hat die verlangte Sicherheit jedoch innerhalb der von der Klägerin zuletzt bis zum 19.04.2004 verlängerten Nachfrist in geeigneter Form erbracht. Dies ist in der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2004 ausführlich erörtert worden. Insoweit bestand auch Einigkeit zwischen den Parteien und dem Gericht.

39

b) Eine Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung für die Vergütung bedarf es ausnahmsweise dann nicht, wenn der Auftraggeber gegenüber dem Werklohnanspruch des Auftragnehmers nur noch Schadensersatz wegen Mängeln geltend macht, weil der Auftraggeber damit die weitere Erfüllung des Vertrages durch den Auftragnehmer (Mängelbeseitigung) ablehnt, so dass nunmehr eine endgültige Abrechnung über die Bauleistung des Auftragnehmers einerseits und den Schadensersatzanspruch des Auftraggebers andererseits zu erfolgen hat (Werner Pastor, a.a.O. Rdnr. 13, 137). Das ist vorliegend nicht der Fall, weil die Beklagte nach wie vor von der Klägerin Mängelbeseitigung verlangt und nicht lediglich mit Schadensersatzansprüchen oder Ersatzvornahmekostenansprüchen aufgerechnet hat.

40

c) Schließlich ist zwischen den Parteien auch kein Abrechnungsverhältnis begründet worden, weil die Beklagte bisher das Mängelbeseitigungsangebot der Klägerin vom 25.08.2004 (Anlage K38) nicht angenommen hat. Zur Stützung ihrer Rechtsansicht verweist die Klägerin insoweit auf die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in BauR 2001, S. 115. Der vorliegende Fall ist mit dem dort entschiedenen jedoch in den wesentlichen Punkten nicht vergleichbar.

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Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat ausgeführt, dass nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausnahmsweise trotz fehlender Abnahme und Abnahmereife ein Werklohnanspruch fällig sei, wenn der Auftragnehmer dem Besteller die Nachbesserung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten und der Besteller das Angebot bauwidrigerweise nicht angenommen hat. Im vorliegenden Fall ist das Verhalten der Beklagten nach Auffassung des Gerichts nicht jedenfalls treuwidrig. Das Angebot ist hinsichtlich der konkret beabsichtigten Art der Mängelbeseitigung, des unklaren Verweises auf bezuggenommene Skizzen und der zu verwendenden Folien schon nicht ohne Weiteres annahmefähig. Im Übrigen bezieht sich dieses Angebot lediglich auf den Austausch der Hangfolien. Daneben stehen unstreitig weitere Mängel an dem Kalksandsteinverblendmauerwerk. Insoweit streiten die Parteien allerdings um den Umfang der notwendigen Sanierungskosten. Schließlich hat die Klägerin der Beklagten lediglich eine 3-Tages-Frist zur Annahmeerklärung gesetzt, die in jedem Fall unangemessen kurz ist. Auch auf die Beanstandungen der Beklagten hat die Klägerin ihr Mängelbeseitigungsangebot nicht nachgebessert. Nach alledem ist das Verhalten der Beklagten jedenfalls nicht treuwidrig.

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Außerdem verkennt die Klägerin die Rechtsfolgen der beigezogenen Entscheidung, da ein treuwidriges Verhalten des Bestellers lediglich zur Fälligkeit des Anspruchs führt, dem Besteller aber nach wie vor die Einrede des nicht erfüllten Vertrages und damit ein Zurückbehaltungsrecht einräumt.

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4. Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Beklagten nach wie vor allein aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen ... zu den fehlerhaften Hangfolien ein Zurückbehaltungsrecht inklusive Druckzuschlag in Höhe des Dreifachen der erforderlichen Mängelbeseitigungskosten zusteht.

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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 103 und 709 Satz 1 ZPO.


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