Urteil vom Landgericht Kiel (12. Zivilkammer) - 12 O 93/06

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1

Die Kläger nehmen die Beklagte, eine Steuerberatungsgesellschaft, wegen der Verletzung vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Der Kläger zu 1) war Inhaber eines am 02.01.1962 gegründeten Architekturbüros. Der Vater der Klägerin zu 2) gründete im Jahr 1980 unter der Firma H. H-bau ein Bauunternehmen, das er zu einem späteren Zeitpunkt auf die Klägerin zu 2) übertrug. Diese führte das Unternehmen als Einzelfirma unverändert fort und überließ die Betriebsführung weitgehend dem umfassend bevollmächtigten Kläger zu 1). Die Beklagte war für die Kläger in der Vergangenheit als Steuerberaterin tätig und fertigte unter anderem die Steuererklärungen für die Kalenderjahre 1997 bis 2000.

3

Im Jahr 1993, als der Kläger zu 1) 60 Jahre alt war, überlegte man, in welcher Weise das Architekturbüro und das Bauunternehmen nach dem altersbedingten Ausscheiden der Kläger fortgeführt werden sollten. Die Kläger führten in diesem Zusammenhang Gespräche mit den Herren B., Sch., S. und T., mit denen sie schließlich Einvernehmen dahingehend erzielten, dass diese das Bauunternehmen übernehmen und fortführen würden. Die Kläger entschlossen sich, zur Vorbereitung der Unternehmensübertragung als Gesellschafter eine GmbH mit einem Stammkapital von 200.000,00 DM zu gründen. Die Stammeinlage des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) sollte jeweils 100.000,00 DM betragen. Die Unternehmensübertragung sollte spätestens zum 30.06.1998 erfolgen. Zum Übergabetag sollten Geschäftsanteile von je 40.000,00 DM an die bisherigen leitenden Angestellten B., Sch., S. und T. übertragen werden. Der verbleibende Geschäftsanteil von 40.000,00 DM sollte zunächst zu je 20.000,00 DM bei den Klägern verbleiben. Sie beabsichtigten, diese Unternehmensanteile zu einem späteren Zeitpunkt auf ihren Sohn O. zu übertragen, der sich im Jahr 1994 in der Ausbildung zum Bauingenieur befand.

4

Am 31.10.1994 beurkundete der Notar Y. in E. einen Übertragungsvertrag. Der damalige Geschäftsführer der Beklagten, der Steuerberater Peter W., hatte im Vorfeld der Beurkundung unstreitig an einigen Gesprächen teilgenommen, in denen unter anderem der Inhalt des in Aussicht genommenen Übertragungsvertrages erörtert worden war. Der notarielle Vertrag vom 31.10.1994 enthält folgende Ausführungen:

5

"Präambel

6

Die Erschienene zu 1. ist Inhaberin der Einzelfirma "H.H.bau E.", eingetragen im Handelregister A des Amtsgerichts E. Nr. 280.

7

Der Erschienene zu 2. führt die Geschäfte der genannten Firma. Die Firma ist überwiegend als Generalunternehmerin im Baugewerbe tätig.

8

Der Erschienene zu 2. betreibt im Hause H-Weg, E., ein Architekturbüro.

9

Die Erschienenen zu 1. und 2. beabsichtigen, sich spätestens zum 30. Juni 1998 aus dem aktiven Geschäftsleben zurückzuziehen und 80 % der Geschäftsanteile der neu zu gründenden H. GmbH auf die zu 3. bis 6. Erschienenen nach Maßgabe dieses Vertrages zu verkaufen.

10

Der Erschienene zu 2. wird den Sitz seines Architekturbüros nach By. verlegen und zum Zeitpunkt des Verkaufs der Geschäftsanteile an der neu zu gründenden H. GmbH an die zu 3. bis 6. Erschienenen seine sämtlichen noch nicht abgerechneten Ansprüche aus Architektenverträgen mit der H.H.bau und der H. GmbH abrechnen. Die noch nicht abgeschlossenen Aufträge werden von der H. GmbH fortgeführt.

11

Die zu 3., 5. und 6. Erschienenen sind Angestellte der Firma H.H.bau. Der zu 4. Erschienene ist Angestellter des Architekturbüros Dipl. Ing. L..

12

Durch diesen Vertrag sollen bereits heute die Bedingungen für den Verkauf der Geschäftsanteile der zu 1. und 2. Erschienenen an der H. GmbH an die zu 3. bis 6. Erschienenen verbindlich geregelt werden.

(...)

13

III Vertrag

§ 1

14

Verpflichtung zum Abschluß eines Kaufvertrages über Geschäftsanteile an der H. GmbH

1.

15

Die Vertragsparteien verpflichten sich, spätestens bis zum 30. Juni 1998 folgenden Kaufvertrag zu schließen:

2.

16

Die zu 1. und 2. Erschienenen halten an der H. GmbH Geschäftsanteile im Nennbetrag von je 100.000,00 DM.

3.

17

Die Erschienene zu 1. verkauft von ihrem Geschäftsanteil Anteile im Nennbetrag von je 40.000,00 DM zum Nominalwert an Herrn B. und Herrn S..

4.

18

Der Erschienene zu 2. verkauft von seinem Geschäftsanteil Anteile im Nennbetrag von je 40.000,00 DM zum Nominalwert an Herrn T. und Herr Sch..

5.

19

Die zu 3. bis 6. Erschienenen (nachstehend "die Käufer" genannt) nehmen jeweils den Verkauf der Geschäftsanteile an.

6.

20

Die zu 1. und 2. Erschienenen verpflichten sich nach Beurkundung der Ratenzahlungsvereinbarung entsprechend dem als

21

- Anlage 2 -

22

beigefügten Muster die verkauften Geschäftsanteile an die Käufer abzutreten. Die Käufer verpflichten sich, die Abtretung anzunehmen.

§ 2

23

Wertfeststellung

24

1. Auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages werden die Werte des vorhandenen Vermögens der Fa. H.H.bau, der H. GmbH und des Architektenbüros L., die Werte der von den genannten Firmen und Architektenbüro erbrachten aber noch nicht in Rechnung gestellten Leistungen und der Wert der am Übergabetag vorliegenden Bauverträge als runde Summe ermittelt.

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2. Bei der Bewertung sind Risiken aus eventuell noch laufenden Rechtsstreitigkeiten und Verbindlichkeiten der H.H. bau und der H. GmbH zu berücksichtigen.

26

3. Die Summe aller Werte gilt als Leistung des Architekten L..

27

4. Die Wertfeststellung erfolgt durch

28

1. Herrn L., der Erschienene zu 2.

29

2. Herrn Peter W.,

30

3. Herrn B..

(...)

§ 3

31

Zahlung nach Bewertung

32

1. Den zu ermittelnden Betrag zahlt die H. GmbH in voller Höhe an den Erschienenen zu 2.. Der Erschienene zu 2. ist bereit, der H. GmbH den Betrag zu stunden.

33

2. Die Käufer werden aufgrund des abzuschließenden Kaufvertrages (§ 1) von dem Stammkapital der H. GmbH je 20 % übernehmen. Sie können somit als zukünftige Gesellschafter gemeinsam Mehrheitsbeschlüsse fassen. Sie verpflichten sich als zukünftige Gesellschafter der H. GmbH einen Mehrheitsbeschluß herbeizuführen, wonach die H. GmbH verpflichtet ist, die Ratenzahlungsvereinbarung gemäß

34

- Anlage 2 -

35

mit dem Erschienenen zu 2. zu schließen.

36

Der Erschienene zu 2. verpflichtet sich ebenfalls zum Abschluß der Ratenzahlungsvereinbarung.

(...)"

37

Wegen des weiteren Inhalts des notariellen Vertrages vom 31.10.1994 wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung (Anlage K 1, Anlagenband) Bezug genommen.

38

Im Jahr 1997 entschlossen sich die Beteiligten der Vereinbarung entsprechend einem Gestaltungsvorschlag der Beklagten, die Übertragung der Unternehmen von dem ursprünglich vorgesehenen Termin, dem 30.06.1998, auf den 15.09.1997 vorzuverlegen. Der Hintergrund dieser Entscheidung ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig.

39

Von wesentlicher Bedeutung war unstreitig ein durch das Einzelunternehmen der Klägerin zu 2) im Kalenderjahr 1997 ausgeführtes Bauvorhaben in O., das im Juli 1997 noch nicht abgeschlossen war. Die Gesamtbausumme belief sich auf 42.456.000,00 DM; Restarbeiten mit einem Gegenwert von etwa 11.000.000,00 DM standen am 15.09.1997 noch aus. Der für das Bauvorhaben tätige Kläger zu 1) hatte von dem Einzelunternehmen H.H.bau für Architekten- und Projektentwicklungsleistungen bereits Honorarzahlungen in Höhe von insgesamt 3.988.233,00 DM erhalten. Er beanspruchte, was der Beklagten bekannt war, ein weiteres, noch nicht abgerechnetes Honorar in Höhe von 3.000.000,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 450.000,00 DM. Die Beteiligten der Unternehmensübertragung vereinbarten, dass die H. GmbH das Bauvorhaben in O. - nach vorheriger Leistungsabrechnung zwischen dem Einzelunternehmen der Klägerin zu 2) und der Bauherrin, dem Unternehmen C., entsprechend dem Bearbeitungsstand - fortsetzen und kostendeckend abschließen würde. Hierbei sollte auch das durch den Kläger zu 1) beanspruchte Resthonorar durch die H. GmbH aufgebracht werden.

40

Die Kläger erörterten die Auswirkungen einer vorzeitigen Unternehmensübertragung unter anderem mit dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten, wobei der Umfang des Beratungsauftrages und der Inhalt der geführten Gespräche zwischen den Parteien im Einzelnen streitig ist.

41

Für die geplante Abwicklung des Einzelunternehmens H.H.bau und den Ausgleich künftiger Steuerschulden hielten die Kläger auf Festgeldkonten einen Gesamtbetrag von 4.050.000,00 DM bereit, den sie in den folgenden Jahren zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten in Teilbeträgen auszahlten.

42

Am 15.09.1997 beurkundete der Notar Y. in E. einen Kauf- und Abtretungsvertrag, nach dem die Geschäftsanteile der Kläger an der H. GmbH in jeweils drei Geschäftsanteile mit einem Nennbetrag von 40.000,00 DM, 40.000,00 DM und 20.000,00 DM aufgeteilt wurden. Die Klägerin zu 2) veräußerte ihre Geschäftsanteile von jeweils 40.000,00 DM an Herrn B. und Herrn S.. Der Kläger zu 1) veräußerte die entsprechenden Geschäftsanteile an Herrn T. und Herrn Sch.. Der vereinbarte Kaufpreis entsprach jeweils dem Nennbetrag von 40.000,00 DM.

43

Ebenfalls am 15.09.1997 unterzeichneten der Kläger zu 1) einerseits sowie Herr Sch. und Herr T. als neu bestellte Geschäftsführer der H. GmbH andererseits eine Abtretungsvereinbarung (K 6, Anlagenband), nach der der Kläger zu 1) sämtliche Vergütungsansprüche, die ihm gegen die Bauherrin I. für Planungsleistungen im Rahmen des Bauvorhabens C-Straße in R. zustanden, an die H. GmbH abtrat. Die Ansprüche wurden in der Vereinbarung mit 1.061.183,16 DM zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer beziffert.

44

Der Kläger zu 1) und die Geschäftsführer der H. GmbH schlossen am 15.09.1997 vor dem Notar Y. weiterhin folgende Ratenzahlungsvereinbarung (Anlage K 5, Anlagenband):

"I.

45

Die H. GmbH schuldet Herrn L. aus Architektenleistungen

46

4.061.000,00 DM

47

- in Worten: Viermillioneneinundsechzigtausend 00/100 Deutsche Mark -

48

netto zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer,

49

so daß die Bruttosumme

50

4.670.150,00 DM

51

- in Worten: Viermillionensechshundertsiebzigtausendeinhundertfünfzig 00/100 Deutsche Mark -

52

beträgt.

II.

53

Über den Bruttobetrag in Höhe von 4.670.150,00 DM wird für die Dauer von 15 Jahren ab 15. Sept. 1997 bis 15. Sept. 2012 eine Ratenzahlungsvereinbarung gemäß den nachfolgenden Bestimmungen getroffen:

54

1. Die Schuldsumme von 4.670.150,00 DM ist ab dem 15. Sept. 1997 zu einem Zinssatz von jährlich 6 % zu verzinsen.

55

Die Zinsen sind in monatlichen Teilbeträgen am Monatsletzten zu bezahlen.

56

2. Die Schuldsumme wird mit 4,13 % jährlich des ursprünglichen Betrages zuzüglich der durch Rückzahlung ersparten Zinsen getilgt.

57

3. Die jährliche Leistungsrate beträgt z.Zt.
473.086,20 DM.

58

Sie ist in zwölf Teilbeträgen von je 39.423,85 DM zu den Ratenzahlungsterminen, erstmals am 30. Sept. 1997 anteilig in Höhe von 19.711,93 DM zu zahlen.

4.

59

Herr L. zahlt jeweils nach erhaltener Ratenzahlung für den Tilgungsanteil die darauf anfallende Mehrwertsteuer an das zuständige Finanzamt.

60

Die H. GmbH ist nicht berechtigt, Sonderzahlungen zu leisten.

61

5. Die Kosten der Ratenzahlungsvereinbarung trägt die H. GmbH."

62

Die Klägerin zu 2) einerseits sowie Herr Sch. und Herr T. andererseits unterzeichneten am 15.09.1997 schließlich eine weitere Abtretungsvereinbarung (K 8, Anlagenband), nach der die Klägerin zu 2) als Inhaberin der Firma H.H.bau sämtliche ihr zustehenden Ansprüche aus dem Generalunternehmer- und Projektierungsvertrag mit der P., der Vertreterin der C., bezüglich des Bauvorhabens in O. an die H. GmbH abtrat.

63

Am 30.09.1997 stellte der Kläger zu 1) der H. GmbH für das Bauvorhaben in O. das beanspruchte weitere Honorar in Höhe von 3.450.000,00 DM brutto in Rechnung.

64

Die H. GmbH leistete an den Kläger zu 1) nach Maßgabe eines von der E.r Volksbank eG erstellten Zins- und Tilgungsplanes (Anlage K 7, Anlagenband) in den Jahren 1997 bis 2001 Zahlungen in einer Gesamthöhe von 2.035.952,60 DM sowie im Jahr 2002 Zahlungen in einer Gesamthöhe von 291.264,62 DM. Sodann wurden die Zahlungen bei einem Tilgungssaldo von noch 1.841.901,31 € eingestellt.

65

Zum 30.09.1997 stellte das Unternehmen H.H.bau seine Tätigkeit ein. Mit Wirkung zum 31.03.1998 wurde das Gewerbe abgemeldet. Der Kläger zu 1) verlegte sein Architekturbüro zur Abwicklung laufender Bauvorhaben nach By..

66

Die Kläger gingen davon aus, für künftige Steuerschulden hinreichende Rücklagen gebildet zu haben, und regelten in den Folgejahren ihre wirtschaftlichen Verhältnisse: Sie entschuldeten ihre Immobilien und erwarben für etwa 1.000.000,00 DM eine Motoryacht.

67

Die Beklagte erstellte die Steuererklärungen der Kläger für die Jahre 1997 bis 2000.

68

Sie bildete für das Unternehmen H.H.bau zum 31.03.1998 zur Abdeckung von Gewährleistungs- und Prozessrisiken für die Bauvorhaben B.,T.,Rw.,Bü., Wi. und We. Rückstellungen in einer Gesamthöhe von 1.358.850,00 DM. Die Beklagte orientierte sich hierbei an den Auskünften und Angaben der Mitarbeiter B. und Sch..

69

Im Jahr 2001 übernahmen die Kläger gegenüber der E.r Volksbank eG zur Absicherung einer Darlehensforderung gegen die H. GmbH Bürgschaften in einer Gesamthöhe von 639.000,00 €. Im September 2003 wurde über das Vermögen der H. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Die E.r Volksbank eG nahm die Kläger in der Folgezeit als Bürgen in Anspruch.

70

In den Jahren 2002 und 2003 veranlasste das Finanzamt E. bei den Klägern und der H. GmbH eine Betriebsprüfung, die zu einer Änderung der Steuerbescheide für die Kalenderjahre 1996 bis 2000 führte. Die geänderten Bescheide vom 20.03.2003 (Anlagenkonvolut K 9, Anlagenband) übermittelte die Beklagte den Klägern mit Schreiben vom 28.03.2003. Der Steuerbescheid für das Jahr 1997 endete mit einem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 468.970,31 €, der mit Fälligkeit am 23.04.2003 an die Finanzkasse des Finanzamtes E. zu entrichten war.

71

Die Kläger legten über die Beklagte mit Schreiben vom 28.03.2003 gegen die geänderten Steuerbescheide für die Jahre 1997 bis 2000 Einspruch ein. Sie zahlten an die Finanzkasse des Finanzamtes E. einen Gesamtbetrag in Höhe von 357.292,98 €.

72

Die Steuernachforderung beruht auf drei Sachverhaltskomplexen:

73

Als Ergebnis der Betriebsprüfung wurden zunächst die seitens der Beklagten gebildeten Rückstellungen für die Bauvorhaben B.,T.,Bü., Wi. und We. in Höhe von 5.000,00 DM, 20.000,00 DM, 150.000,00 DM, 205.850,00 DM und 78.000,000 DM teilweise bzw. vollständig aufgelöst, da Rücksprachen mit den Herren B. und Sch. ergaben, dass die Wertansätze zu hoch oder insgesamt nicht begründet waren. Das Finanzamt E. ging vor diesem Hintergrund für das Jahr 1998 von einem zu versteuernden Mehrergebnis von 458.850,00 DM aus.

74

In dem Prüfbericht des Finanzamtes wurde weiter beanstandet, dass die am 30.09.1997 abgerechnete Honorarforderung des Klägers für das Bauvorhaben in O. nach den Bestimmungen der HOAI überhöht sei. Die Angemessenheit der Vergütungshöhe sei nachzuweisen, da andernfalls von einem verdeckten Kaufpreis für die Übertragung der Geschäftsanteile an der H. GmbH ausgegangen werden müsse.

75

Als Besprechungsergebnis wurde nach längeren Verhandlungen festgehalten, dass es sich bei der Nettovergütung in Höhe eines Betrages von 1.200.000,00 DM um eine Gegenleistung für die Veräußerung der Unternehmensanteile handle. In dem geänderten Steuerbescheid vom 20.03.2003 wurde sodann für das Kalenderjahr 1997 bei beiden Klägern als gemäß den §§ 17, 34 Abs. 2 EStG zum ermäßigten Steuersatz zu versteuernder Veräußerungsgewinn ein Betrag von jeweils 600.000,00 DM in die Berechnung des zu versteuernden Einkommens eingestellt.

76

Im Einspruchsverfahren erging am 12.05.2004 ein abschließender Steuerbescheid für das Kalenderjahr 1997 (Anlage B 13, Anlagenband), in dem die angenommenen Veräußerungsgewinne auf jeweils 141.561,00 DM herabgesetzt wurden.

77

Im Rahmen der Betriebsprüfung wurden schließlich seitens der Beklagten vorgenommene Sondergebietsabschreibungen für die Anschaffung eines Gebietseinkaufszentrums in R.S. beanstandet. Die Kläger hatten das Objekt im Jahr 1996 zu einem Kaufpreis von etwa 12.000.000,00 DM erworben, bis zum 31.12.2006 entgegen den Regelungen im notariellen Kaufvertrag jedoch lediglich eine Teilzahlung in Höhe von 9.987.145,00 DM erbracht. Die Beklagte hatte in den von ihr erstellten Steuererklärungen die vorgesehene Sondergebietsabschreibung von 50 % auf den gesamten im Jahr 1996 gezahlten Kaufpreis vorgenommen, ohne entsprechend den Vorgaben der Finanzverwaltung die Umsatzsteuer abzuziehen. Für das Jahr 1997 hatte die Beklagte auf den Restkaufpreis einschließlich der Mehrwertsteuer entgegen § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 FördGG eine Sonderabschreibung von 40 % vorgenommen, die im Rahmen der Betriebsprüfung auf 20 % des Nettobetrages herabgesetzt wurde. Statt negativer Einkünfte in Höhe von 721.323,00 DM waren nunmehr positive Einkünfte in Höhe von 501.304,00 DM zu verzeichnen.

78

Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.03.2003 ließen die Kläger die Beklagte auffordern, ihre Verpflichtung zum Schadensersatz bis zum 15.04.2003 dem Grunde nach anzuerkennen. Die Beklagte wies die Ansprüche mit Schreiben vom 10.04.2003 insgesamt zurück.

79

Mit der vorliegenden Klage beanspruchen die Kläger den Ausgleich wirtschaftlicher und steuerlicher Nachteile, die ihnen durch die Beratungsleistungen der Beklagten im Zusammenhang mit der vorgezogenen Unternehmensübertragung entstanden sein sollen.

80

In einem von den Parteien vor dem Landgericht Kiel unter dem Aktenzeichen 12 O 336/03 geführten Vorprozess haben die Kläger im Wege der Teilklage bereits einen erstrangigen Teilbetrag der geleisteten Steuernachzahlung in Höhe von 50.000,00 € geltend gemacht. Die Klage wurde mit Urteil vom 02.04.2004 als unbegründet abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat der 4. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts durch Beschluss vom 06.04.2005 zurückgewiesen.

81

Die Kläger behaupten , die Beklagte sei in die Gespräche über die geplante Unternehmensübertragung vollständig eingebunden gewesen und habe sie - die Kläger - auch bei der Vorbereitung des notariellen Vertrages vom 31.10.1994 umfassend steuerlich beraten. Der damalige Geschäftsführer der Beklagten habe den Vorschlag unterbreitet, eine GmbH zu gründen, und auch dazu geraten, den Unternehmensnachfolgern den geschuldeten Wertausgleich zu stunden, um zu erreichen, dass der Kläger zu 1) nur für die eingehenden Raten Steuern würde abführen müssen, während die H. GmbH in der Lage sein würde, die Schuld in vollem Umfang zu bilanzieren und die Mehrwertsteuer als Vorsteuer abzuziehen.

82

Anlass für die Vorverlegung der Übertragung sei sodann der Umstand gewesen, dass sich bereits Mitte 1997 abgezeichnet habe, dass bei der Abrechnung des Bauvorhabens O. nach dem gegenwärtigen Bautenstand ein Überschuss vor Steuern von etwa 7.000.000,00 DM verbleiben würde. Sie - die Kläger - hätten ausschließlich vor diesem Hintergrund erwogen, die Unternehmensübertragung vorzuziehen, zumal sie aufgrund erheblicher finanzieller Rücklagen in der Lage gewesen seien, alle mit einer vorgezogenen Übergabe verbundenen Steuern zu zahlen, die Kosten der Abwicklung aufzubringen und ihren umfangreichen Immobilienbesitz weitgehend lastenfrei zu stellen.

83

Die Kläger behaupten, ihre Kalkulation habe zum damaligen Zeitpunkt ergeben, dass ihnen erhebliche Mittel verbleiben würden, die es erlaubten, den Nachfolgern als Startkapital ein Darlehen zur Verfügung zu stellen. Diese Vorgehensweise sei allen Beteiligten als wirtschaftlich sinnvoll erschienen. Man habe sodann die Beklagte damit beauftragt, die Machbarkeit, die Risiken und die Auswirkungen für alle Beteiligten aus steuerlicher Sicht zu überprüfen und hierbei insbesondere verbindlich zu ermitteln, welche Steuerlast auf sie - die Kläger - noch zukommen könne, wenn sie die Betriebe mit Wirkung zum 15.09.1997 auf ihre Nachfolger übertragen würden. Hierbei seien lediglich die Steuern auf zukünftige Einnahmen nach der Abwicklung der Übergabe ausgenommen gewesen. Der Kläger zu 1) habe gegenüber dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten mehrfach unmissverständlich hervorgehoben, dass keinerlei steuerliches Risiko und keinerlei Unsicherheiten bestehen dürften, da man andernfalls von dem Vorhaben der vorgezogenen Betriebsübergabe Abstand nehmen werde. In Höhe der zu erwartenden Steuerschuld habe man Rücklagen bilden und auf Festgeldkonten anlegen wollen, um sich sodann zum 15.09.1997 zur Ruhe zu setzen und als künftige Einnahmequellen lediglich vorhandene Mietobjekte und die von der H. GmbH zu leistenden Ratenzahlungen zu behalten.

84

Bezüglich der Vergütungsansprüche des Klägers zu 1) aus dem Bauvorhaben in O. sei dem Steuerberater W. die beabsichtigte Abwicklung im Einzelnen erläutert worden. Man habe hierbei auch erklärt, dass das Architekten- und Projektentwicklungshonorar im Wesentlichen verdient und lediglich ein geringer Restanspruch aus der Objektüberwachung noch offen sei. Die Frage des Klägers zu 1), ob es aus steuerlicher Sicht ein Risiko darstelle, das Honorar gegenüber der H. GmbH vollständig und nicht nur insoweit abzurechnen, als es sich auf die noch ausstehenden Restarbeiten beziehe, habe der damalige Geschäftsführer der Beklagten eindeutig beantwortet und die in Aussicht genommene Abrechnung als unproblematisch bezeichnet. Die Bausummen, die erbrachten Leistungen und die Restbausumme seien ihm hierbei bekannt gewesen.

85

Der Steuerberater W. habe die vorgezogene Betriebsübergabe letztlich in keiner Hinsicht beanstandet, sondern vielmehr geäußert, dass sie ohne jedes steuerliche Risiko für die Kläger und deren Nachfolger stattfinden könne. Hierbei sei er über alle maßgeblichen Grundlagen der Entscheidungsfindung informiert gewesen.

86

Im Rahmen der erbetenen Berechnungen sei der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu dem abschließenden Ergebnis gelangt, dass für die Abwicklung der Einzelfirma H.H.bau zum Ausgleich der laufenden Konten 1.350.000,00 DM veranschlagt werden müssten und darüber hinaus aus Sicht der Kläger mit künftigen Steuerforderungen in einer Gesamthöhe von 2.700.000,00 DM zu rechnen sei. Die genannten Zahlen habe der Steuerberater W. dem Kläger zu 1) und Herrn B. am 02.09.1997 im Rahmen einer Besprechung im Büro H-Weg in E. mitgeteilt.

87

Die Kläger tragen vor, der Geschäftsführer der Beklagten habe bei seinen Berechnungen die gebildeten und zukünftig aufzulösenden Rückstellungen schlicht vergessen, obgleich diese ein erhebliches Steuerrisiko bedeutet hätten. Auch das steuerliche Risiko der fehlerhaft berechneten Sondergebietsabschreibungen für das Einkaufszentrum R. sei in die genannte Summe der zu erwartenden Steuern unzulässigerweise nicht eingeflossen.

88

Bezüglich der Vergütungsforderung des Klägers zu 1) habe der Steuerberater W. pflichtwidrig nicht darauf hingewiesen, dass der Großteil des Honorars gegenüber dem Unternehmen H.H.bau abgerechnet werden müsse, da andernfalls die Bewertung als verdeckte Gewinnausschüttung nahe liege. Die Kläger meinen, die Beklagte hätte ihnen nach Möglichkeit eine steuerlich neutrale Gestaltungsmöglichkeit aufzeigen oder aber auf die weitere Steuerbelastung hinweisen und von der ins Auge gefassten Vorgehensweise - der vorgezogenen Unternehmensübertragung - eindringlich abraten müssen. Das geltend gemachte Honorar als solches sei üblich und angemessen gewesen. Das Finanzamt habe die Vergütungshöhe lediglich im Verhältnis zur Restbausumme von 11.000.000,00 DM beanstandet.

89

Die Kläger tragen vor, sie hätten sich auf die Angaben der Beklagten verlassen und deren Zahlenwerk zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht. Das Ergebnis der Betriebsprüfung, die Änderung der Steuerbescheide und die Steuernachforderungen seien jedoch für die Beklagte absehbar gewesen. Sie sei daher verpflichtet gewesen, die tatsächlich zu erwartende Steuerbelastung zu offenbaren oder jedenfalls mitzuteilen, dass die steuerliche Beurteilung lückenhaft und unsicher sei. Die Kläger behaupten, sie hätten in diesem Fall die Entscheidung bezüglich der vorzeitigen Unternehmensübertragung nicht getroffen. Die Übertragung der Geschäftsanteile wäre vielmehr - wie ursprünglich vorgesehen - zum 30.06.1998 erfolgt.

90

Die Kläger bringen vor, die fehlerhafte Beratung der Beklagten hinsichtlich des Objektes R.S., habe dazu geführt, dass sie die steuerlichen Vorteile aus negativen Einkünften in Höhe von 721.323,00 DM verloren hätten und gezwungen gewesen seien, für das Jahr 1997 positive Einkünfte von 501.304,00 DM zu versteuern. Die vergessenen Rückstellungen hätten dazu geführt, dass im Jahr 1998 ein Mehrergebnis von 458.850,00 DM zu versteuern gewesen sei. Die Bewertung der gestundeten Honorarforderung durch das Finanzamt E. habe zur Folge gehabt, dass man die angenommenen Veräußerungsgewinne zwar zu einem ermäßigten Steuersatz, zugleich aber sofort und unabhängig von den tatsächlich erhaltenen Zahlungen habe versteuern müssen. Gerade dies hätten sie - die Kläger - vermeiden wollen. Das Ergebnis der Betriebsprüfung sei auch in diesem Punkt die Folge der falschen steuerlichen Beratung durch die Beklagte.

91

Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte hätte ihnen bei pflichtgemäßer Beratung letztlich nur nahe legen können, den Übertragungsvertrag vom 31.10.1994 unverändert umzusetzen. Sie behaupten, sie hätten in diesem Fall nicht nur das Bauvorhaben in O. zum Abschluss gebracht, sondern auch das im Jahr 1997 unstreitig in der Planung befindliche Bauvorhaben A. SO 1 fertiggestellt und die entsprechenden Gewinne realisiert. In der Zeit vom 15.09.1997 bis zum 30.06.1998 wären nach der Einnahme-Überschuss-Rechnung des Klägers zu 1) und der Bilanz der Klägerin zu 2) für das Jahr 1997 (Anlagen K 32 und 33, Anlagenband) im Unternehmen H.H.bau Personal- und Betriebskosten in Höhe von 1.129.600,00 DM und im Architekturbüro Kosten in Höhe von 679.500,00 DM angefallen. Berücksichtige man die letztlich von der H. GmbH erzielten Erlöse, so hätten sie - die Klägern - im Falle der Fortführung der Betriebe aus dem Bauvorhaben in O. einen Gewinn vor Steuern von 2.076.356,00 € und aus dem Bauvorhaben A. SO 1 einen Gewinn vor Steuern von 1.891.700,00 € erzielt.

92

Die Kläger behaupten, bei Durchführung des Übertragungsvertrages vom 31.10.1994 hätte die vereinbarte Wertfeststellung einen Nettobetrag von etwa 5.085.600,00 DM ergeben, der ohne weiteres zu realisieren gewesen wäre. Nur aufgrund der fehlerhaften Beratung der Beklagten habe man nunmehr im Jahr 2001 die Notwendigkeit gesehen, die H. GmbH durch die Hingabe von Bürgschaften am Leben zu erhalten, um die noch ausstehende Forderung aus der Ratenzahlungsvereinbarung in Höhe von etwa 2.000.000,00 € nicht zu verlieren. Hierbei habe man die letztlich enttäuschte Erwartung gehabt, dass die Bürgschaften nach der Fertigstellung und dem Verkauf eines Bauvorhabens in R. eingelöst werden würden.

93

Die Kläger beanspruchen von der Beklagten zunächst den Ersatz der von ihnen kalkulierten Gewinne vor Steuern aus den Bauvorhaben in O. und A. in Höhe von 2.076.356,00 € und 1.891.700,00 € abzüglich von der H. GmbH erbrachter Ratenzahlungen in Höhe von 234.455,02 €, mithin einen Betrag in Höhe von 3.733.600,98 €. Sie begründen den Ansatz der Bruttobeträge mit der Erwägung, dass auch der zu leistende Schadensersatz versteuert werden müsse, so dass ihnen im Ergebnis der Nettobetrag verbleibe.

94

Die Kläger begehren darüber hinaus einen Zahlungsbetrag in Höhe der mit Wirkung für das Jahr 1998 aufgelösten Rückstellungen (234.606,27 €), den Ersatz der aufgrund der Betriebsprüfung nachgezahlten Steuern in Höhe von 357.292,68 € sowie die Erstattung der an die E.r Volksbank eG erbrachten Bürgschaftszahlungen in Höhe von 639.000,00 €. Sie bringen von dem errechneten Gesamtbetrag im Hinblick auf den Ausgang des Vorprozesses 12 O 336/03 einen Teilbetrag von 50.000,00 € in Abzug.

95

Die Kläger sind der Ansicht, die geltend gemachten Ansprüche seien nicht verjährt. Die Verjährung habe erst mit dem Zugang der Steuerbescheide vom 20.03.2003 begonnen, denn die Beratungsfehler der Beklagten hätten sich vor dem Abschluss der Außenprüfung noch nicht herausgestellt und ausgewirkt.

96

Die bloße Durchführung des Übertragungsvertrages habe keinen Schaden veranlasst. Es sei vielmehr in wirtschaftlicher und steuerlicher Hinsicht zunächst alles so verlaufen, wie sie es gewünscht hätten.

97

Die Kläger beantragen ,

98

die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.914.500,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. April 2003 zu zahlen.

99

Die Beklagte beantragt ,

100

die Klage abzuweisen.

101

Die Beklagte wendet ein , dem Vorbringen der Kläger sei weder eine Verletzung der Beratungs- und Aufklärungspflichten noch der Eintritt eines ersatzfähigen Schadens zu entnehmen.

102

Die Beklagte bestreitet, die Kläger im Rahmen der Übertragung ihrer Unternehmen umfassend beraten zu haben. Sie sei lediglich in der Weise eingebunden gewesen, dass ihr damaliger Geschäftsführer Herr W. an einigen Gesprächen teilgenommen habe, deren Gegenstand der Übertragungsvertrag gewesen sei.

103

Die Beklagte trägt vor, den Klägern sei es in Wahrheit nicht um eine Nachfolgeregelung sondern vielmehr darum gegangen, ihre unternehmerische Tätigkeit zukünftig ohne eigenes Haftungsrisiko zu betreiben. Tatsächlich habe sich eine erhebliche wirtschaftliche Krise im Baugewerbe bereits im Jahr 1997 abgezeichnet, was die Kläger dazu bewogen habe, den Übertragungszeitpunkt vorzuziehen.

104

Zu der Vorverlegung des Übertragungstermins sei es weiterhin auch deshalb gekommen, weil sie - die Beklagte - die Kläger darauf hingewiesen habe, dass im Falle der Durchführung des Bauvorhabens in O. und der Abrechnung des durch den Kläger zu 1) beanspruchten Honorars gegenüber der Auftraggeberin bei den Klägern lediglich ein Nettobetrag nach Abzug der Umsatzsteuer und der entsprechenden Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer verbleiben würde. Diese steuerlichen Konsequenzen habe man durch die Vorverlegung der Anteilsübertragung in das Jahr 1997 und eine Stundung des Honoraranspruches vermeiden können.

105

Durch die Vorverlegung des Übergabetermins seien den Klägern letztlich nur Vorteile entstanden. Dass die wirtschaftlichen Ergebnisse aus den Bauvorhaben in O. und A. in der geschehenen Weise verteilt würden, habe gerade in ihrer Absicht gelegen. Der Verzicht auf die entsprechenden Gewinne stelle sich ebenso wie die Zahlungen auf die gewährten Bürgschaften als Konsequenz einer unternehmerischen Entscheidung der Kläger dar.

106

Die Beklagte trägt weiter vor, ihr damaliger Geschäftsführer habe zu keiner Zeit auch nur sinngemäß behauptet, dass auf die Kläger keine Steuernachforderungen mehr zukommen würden. Auch habe man ihm keinen umfassenden Prüfungsauftrag mit dem Ziel einer verbindlichen Aussage über eine mögliche Steuerbelastung erteilt. Etwaige Erklärungen hätten sich lediglich auf die überschlägig ermittelte Steuerschuld bei erklärungsgemäßer Veranlagung bezogen.

107

Bezüglich des Bauvorhabens in O. habe der Kläger zu 1) lediglich mitgeteilt, dass ihm noch ein Betrag in Höhe von 3.000.000,00 DM zustehe. Dies sei jedoch nicht weiter vertieft worden. Zwischen den Beteiligten habe vielmehr Klarheit dahingehend bestanden, dass es sich bei dem angegebenen Betrag um eine nach der HOAI geschuldete Vergütung handeln müsse. Insoweit habe sie - die Beklagte - sich auf die Angaben des Klägers zu 1) und dessen langjährige unternehmerische Erfahrung verlassen. Genauere Kenntnisse über die Entwicklung des Projektes und den Baufortschritt habe man ihr nicht vermittelt.

108

Bezüglich der gebildeten Rückstellungen sei ihr damaliger Geschäftsführer - was die Kläger nicht bestritten haben - zu keiner Zeit darüber informiert worden, dass die entsprechenden Risiken dem Grunde oder der Höhe nach nicht mehr bestanden. Die aus der Auflösung der Rückstellungen resultierenden, gesetzlichen Steuern seien im Übrigen kein Schaden im Rechtssinne.

109

Die Beklagte bringt schließlich vor, die Kläger hätten die Zahlungsunfähigkeit der H. GmbH maßgeblich selbst verursacht, denn sie hätten dem Unternehmen in den Jahren 1997 bis 2001 durch die Abrechnung angeblicher Leistungen des Klägers zu 1), die Einforderung überhöhter Gehälter und Honorare für ihre Söhne O. und Helge L. und die Entgegennahme von Mietzahlungen für das Betriebsgrundstück in E. in erheblichem Umfang Liquidität entzogen.

110

Die Beklagte hat darüber hinaus die Einrede der Verjährung erhoben. Sie ist der Auffassung, die dreijährige Verjährungsfrist aus § 68 StBerG a. F. sei durch den Vollzug der beanstandeten Beratung am 15.09.1997 in Lauf gesetzt worden.

111

Die Klagschrift vom 16.03.2006 ist der Beklagten am 23.03.2006 zugestellt worden.

112

Auf ihren Antrag wurde den Klägern im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.05.2007 nachgelassen, zu den im Rahmen der Erörterung des Sach- und Streitstandes erteilten Hinweisen des Gerichts bis zum 01.06.2007 Stellung zu nehmen.

113

Mit Schriftsatz vom 01.06.2007, bei Gericht eingegangen am selben Tag, haben die Kläger ergänzend vorgetragen, sie seien als Gesamtgläubiger des geltend gemachten Schadensersatzanspruches aktivlegitimiert. Vor der Erhebung der Klage habe man mit dem Klägervertreter erörtert, dass eine mögliche Differenzierung bezüglich der erwachsenen Schäden auch im Hinblick auf die gemeinsame steuerliche Veranlagung problematisch sei. Sie - die Kläger - seien daher übereingekommen, die ihnen jeweils zustehenden Ansprüche wechselseitig auf einander zu übertragen.

114

Zu dem geltend gemachten Steuerschaden sei anzumerken, dass der ursprüngliche Steuerbescheid für 1997 vom 20.03.2003 an getilgten Steuern, Kirchensteuern und Zinsen einen Betrag von insgesamt 1.256.688,34 € ausweise. In dem geänderten Bescheid vom 12.05.2004 sei ein Betrag in Höhe von 1.590.720,28 € als getilgt vermerkt; die Differenz mache 334.031,86 € aus. Diese Steuerschuld und die weiteren Belastungen wären nicht entstanden, wenn es zur vorgezogenen Unternehmensübertragung nicht gekommen wäre. Für die zusätzlich festgesetzten Zinsen gelte dies ohnehin. Diese seien nach den Steuerbescheiden vom 20.03.2003 für das Jahr 1997 mit 89.689,40 € und für das Jahr 2000 mit 1.955,00 € anzugeben. Im Bescheid vom 12.05.2004 seien die Zinsen zur Einkommensteuer auf insgesamt 74.277,00 € festgesetzt worden, während man vor der Betriebsprüfung nur einen Betrag in Höhe von 13.022,60 € ausgeglichen habe. Dass diese Zinsen ohne falsche steuerliche Beratung nicht entstanden wären, verstehe sich von selbst.

115

Bezüglich des an den Kläger zu 1) zu zahlenden Honorarbetrages sei die Behandlung als Architektenhonorar nachteilig gewesen. Es hätte sich günstiger ausgewirkt, der Auffassung des Finanzamtes in vollem Umfang zu folgen und den abgerechneten Honorarbetrag im Rahmen einer vorgezogenen Unternehmensübertragung vollständig als Veräußerungsgewinn einzuordnen, da in diesem Fall nur der tatsächlich gezahlte Kaufpreis mit dem halben Steuersatz zu versteuern gewesen wäre. Da die H. GmbH auf die gestundete Honorarforderung letztlich nur Zahlungen in einer Gesamthöhe von 458.554,16 DM (234.455,02 €) erbracht habe, wäre die Steuerlast auf 138.254,10 DM reduziert worden. Die Umsatzsteuer hätte im Rahmen der Abwicklung durch Abtretung auf sie - die Kläger - übertragen werden können, um ihre Gesamtforderung und damit auch ihren Ausfall zu mindern. Es handle sich hierbei um einen Betrag von 609.150,00 DM (311.453,44 €).

116

Zu den vermeidbaren Steuerschäden gehöre schließlich die in den Jahren 1997 bis 2000 angefallene Kirchensteuer. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, ihnen - den Klägern - den Austritt aus der Kirche zu empfehlen. Einer derart sachgerechten Empfehlung wären sie nähergetreten und hätten sodann die Kirchensteuer eingespart.

117

Bei der Übernahme der Bürgschaften zugunsten der H. GmbH im Jahr 2001 hätten sie - die Kläger - das ausschließliche Ziel verfolgt, mit den eigenen Forderungen nicht auszufallen. Die Bürgschaften seien nur wegen des von der Beklagten veranlassten Kausalverlaufes erforderlich geworden.

118

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.05.2007 (Bl. 209 - 212 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

119

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

120

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen durchsetzbaren Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Steuerberatungsvertrages. Auch andere Anspruchsgrundlagen, die das Begehren der Kläger rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

1.

121

Ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung setzt voraus, dass die Beklagte ihre Pflichten aus dem Mandatsverhältnis schuldhaft verletzt und hierdurch einen zurechenbaren Vermögensschaden verursacht hat.

122

Soweit die Kläger den Ersatz der aufgrund der Betriebsprüfung nachgezahlten Steuern in Höhe von 357.292,68 € und die Zahlung eines Betrages in Höhe der aufgelösten Rückstellungen (234.606,27 €) beanspruchen, haben sie nicht schlüssig dargelegt, dass ihnen durch eine fehlerhafte Beratungsleistung der Beklagten ein vermeidbarer Steuerschaden entstanden ist.

123

Bezüglich der für das Jahr 1998 gebildeten und im Rahmen der Betriebsprüfung aufgelösten Rückstellungen ist im Rahmen der steuerlichen Gestaltung bereits eine Pflichtverletzung nicht ersichtlich. Die Beklagte hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass die Höhe der gebildeten Rückstellungen auf den Angaben der Mitarbeiter der Klägerin zu 2) B. und Sch. zu den Gewährleistungsrisiken beruhte. Auf diese Informationen durfte die Beklagte sich verlassen. Abweichende Erkenntnisse oder tatsächliche Veränderungen hätten die Kläger von sich aus mitteilen müssen. Der Steuerberater ist ohne entsprechende Anhaltspunkte nicht verpflichtet, die durch den Mandanten vermittelten Informationen tatsächlicher Art in Frage zu stellen und eigene Ermittlungen darüber anzustellen, ob sie richtig sind (Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Aufl., Rn. 144).

124

Die Auflösung der Rückstellungen im Rahmen der Betriebsprüfung und die hierauf beruhende steuerliche Mehrbelastung begründen überdies unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Vermögensschaden, denn das Vorgehen des Finanzamtes ist nach dem eigenen Vorbringen der Kläger steuerrechtlich nicht zu beanstanden. Die entsprechenden Beträge hätte in jedem Fall als zusätzliche Einkünfte im Kalenderjahr 1998 versteuert werden müssen. Sind entgegen der Erwartung und Information des Steuerberaters Einkünfte steuerpflichtig und nicht steuerfrei, so begründet dies allein noch keinen Vermögensschaden des Mandanten (Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberater-haftung, 4. Aufl., Rn. 548). Eine gerechtfertige Steuerschuld stellt keinen Schaden im Rechtssinne dar (OLG Schleswig DStR 1984, S. 665).

125

Schließlich ist bis zuletzt nicht im Ansatz nachvollziehbar, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt die Kläger in ihre Schadensberechnung neben der geleisteten Nachzahlung den Gesamtbetrag der aufgelösten Rückstellungen in Höhe von 458.850,00 DM (234.606,28 €) einstellen.

126

Hinsichtlich der Sondergebietsabschreibung für das Einkaufszentrum R.S. entsprach das Vorgehen der Beklagten zwar nach dem unstreitigen Sachverhalt nicht den gesetzlichen Vorgaben in § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 FördGG und den Bewertungsmaßstäben der Finanzverwaltung zur Berücksichtigung des Mehrwertsteueranteils. Es ist allerdings nicht erkennbar, dass der Bearbeitungsfehler als solcher zu einem ersatzfähigen Steuerschaden geführt hätte, denn auch in diesem Punkt hat die Betriebsprüfung lediglich den rechtlich gebotenen Zustand hergestellt. Die Kläger haben nicht nachvollziehbar dargelegt, dass und gegebenenfalls wie die entsprechende Steuerlast im Rahmen einer pflichtgemäßen Beratung durch die Beklagte hätte vermieden werden können.

127

Soweit die Kläger im nachgelassenen Schriftsatz vom 01.06.2007 vorbringen, zumindest die aufgrund der Betriebsprüfung im Bescheid vom 12.05.2004 gemäß § 233a AO bezüglich der Einkommensteuer festgesetzten Zinsen wären im Falle einer pflichtgemäßen steuerlichen Gestaltung vermieden worden, erfüllt ihr Vortrag die Anforderungen an eine schlüssige Schadensdarstellung bereits deshalb nicht, weil der durch die verspätete Steuerzahlung zugleich ermöglichte Zinsgewinn in keiner Weise dargestellt und berücksichtigt ist.

128

Angesichts der in der mündlichen Verhandlung erteilten ausführlichen Hinweise zu den Anforderungen an eine schlüssige Schadensberechnung im Wege des umfassenden Vermögensvergleichs war ein weiterer, speziell auf den Zinsschaden bezogener Hinweis des Gerichts entbehrlich.

129

Bezüglich des durch den Kläger zu 1) beanspruchten Resthonorars für das Bauvorhaben in O. ist nach dem beiderseitigen Parteivorbringen unstreitig, dass die Beklagte von der beabsichtigten Abrechnung gegenüber der H. GmbH Kenntnis hatte und steuerliche Bedenken zu keiner Zeit angemeldet hat. Dies war auch nach dem Vortrag der Beklagten objektiv pflichtwidrig, denn für den Fall, dass der Kläger zu 1) im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung der Geschäftsanteile ohne vertragliche Grundlage gegenüber der H. GmbH ein Honorar beanspruchte, das im Verhältnis zu den übernommenen Restarbeiten auffällig hoch war, musste mit der späteren Annahme eines verdeckten Veräußerungsgewinnes gerechnet werden. Es ist der Beklagten in diesem Zusammenhang auch verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sie über die Entwicklung und den Fortschritt des Bauvorhabens in O. nicht im Einzelnen informiert war. Im Rahmen der Beratungsgespräche wäre ihr Geschäftsführer gegebenenfalls verpflichtet gewesen, den relevanten Sachverhalt durch Nachfragen gegenüber dem Kläger zu 1) umfassend aufzuklären.

130

Allerdings haben die Kläger nicht hinreichend dargelegt, welche Abrechnungsmodalitäten die Beklagte - für den Fall der Beibehaltung des vorgezogenen Übertragungstermins - im Einzelnen hätte empfehlen müssen und welche steuerlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen ein alternatives Vorgehen - insbesondere die Abrechnung gegenüber dem Einzelunternehmen der Klägerin zu 2) - für jeden von ihnen gehabt hätte. Eine konkrete steuerliche Mehrbelastung, die gerade auf die hier in Rede stehende Pflichtverletzung zurückgeführt werden kann, ist bis zuletzt nicht erkennbar.

131

Soweit die Kläger im nachgelassenen Schriftsatz vom 01.06.2007 vortragen, es wäre günstiger gewesen, den abgerechneten Honorarbetrag nicht nur zum Teil, sondern in voller Höhe als Veräußerungsgewinn einzuordnen, setzen sie sich in Widerspruch zu ihrem anfänglichen Vortrag, nach dem gerade die Bewertung als verdeckte Gewinnausschüttung nachteilig gewesen sei, weil man die angenommenen Veräußerungsgewinne zwar zu einem ermäßigten Steuersatz, zugleich aber sofort und unabhängig von den tatsächlich erhaltenen Zahlungen habe versteuern müssen.

132

Überdies ist nicht im Ansatz verständlich, weshalb die Beklagte dafür einstehen soll, dass das Finanzamt einen Zahlungsbetrag, von dem die Kläger bis heute behaupten, es handle sich um ein nach den Vorschriften der HOAI in voller Höhe geschuldetes Architektenhonorar, in Teilen auch als solches behandelt hat.

133

Entnimmt man dem jetzigen Vortrag der Kläger die Andeutung, die Beklagte hätte dazu raten müssen, im Rahmen der Unternehmensübertragung statt der Abrechnung und Stundung des Architektenhonorars einen klar deklarierten Kaufpreis im Sinne des im notariellen Vertrag vom 31.10.1994 vorgesehenen Wertausgleichs zu vereinbaren, so fehlt es erneut an einer nachvollziehbaren Schadensdarstellung im Sinne eines Vergleichs des jetzigen Gesamtvermögens mit dem hypothetischen Vermögen im Falle pflichtgemäßer Beratung.

134

Soweit die Kläger im nachgelassenen Schriftsatz erstmals anführen, die Beklagte habe ihnen pflichtwidrig nicht empfohlen, aus der Kirche auszutreten, war ihr Vorbringen nach § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen, denn dieser gänzlich neue Vorwurf steht mit den in der mündlichen Verhandlung geführten Erörterungen zur Schlüssigkeit des Klagvortrags in keinem Zusammenhang. Er ist somit durch den gemäß § 139 Abs. 5 ZPO gewährten Schriftsatznachlass nicht erfasst. Es bestand auch kein Anlass, aufgrund des neuen Sachvortrags nach § 156 Abs. 1 und 2 ZPO zu verfahren.

2.

135

Der weiterhin geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung im Rahmen der Gespräche über den Zeitpunkt der Unternehmensübertragung ist ebenfalls nicht schlüssig vorgetragen. Er ist darüber hinaus jedenfalls verjährt und die Beklagte damit gemäß § 214 Abs. 1 BGB zur Verweigerung der Leistung dauerhaft berechtigt.

a.

136

Der Vortrag der Kläger ermöglicht es zunächst nicht, aus dem bloßen Umstand, dass die Beklagte die vorzeitige Übertragung der Geschäftsanteile unterstützt hat, eine Verletzung der Beratungspflicht abzuleiten, denn dies würde voraussetzen, dass die Betriebsübergabe zum 30.06.1998 gegenüber der Anteilsübertragung zum 15.09.1997 ex ante und für die Beklagte erkennbar die steuerlich und wirtschaftlich unzweifelhaft vorzugswürdige Lösung darstellte. Eine derart umfassende Beurteilungsmöglichkeit der Beklagten haben die Kläger nicht dargelegt.

137

Zutreffend ist der Ansatz der Kläger, soweit sie in der unterlassenen Aufklärung über die zukünftig zu erwartende Steuerlast eine objektiv unzureichende Beratungsleistung sehen. Die Beklagte war auch ohne den seitens der Kläger behaupteten Sonderauftrag zur verbindlichen Berechnung der künftigen Steuerschuld verpflichtet, auf absehbare Steuernachforderungen des Finanzamtes hinzuweisen, denn im Rahmen eines Dauermandates hat der Steuerberater grundsätzlich auch ungefragt über steuerlich bedeutsame Fragen und bestehende zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zu informieren, was insbesondere dann gilt, wenn er über steuerlich relevante Vorhaben seines Mandanten unterrichtet ist (BGH NJW 1998, S. 1221). Dem Geschäftsführer der Beklagten war die Absicht der Kläger, ihre Unternehmen steuergünstig zu übertragen und sich nach der Abwicklung von Restaufträgen zur Ruhe zu setzen, unstreitig bekannt.

138

Dass die Beklagte gerade mit der im Rahmen der Betriebsprüfung vorgenommenen Auflösung von Rückstellungen für das Kalenderjahr 1998 rechnen musste, ist - wie oben bereits ausgeführt - zwar nicht ersichtlich. Der Umstand, dass vorhandene Rückstellungen zukünftig aufzulösen und die entsprechenden Beträge nachträglich zu versteuern sein würden, soweit sich die entsprechenden Risiken nicht verwirklichten, war allerdings auch für die Beklagte offenkundig und hätte im Rahmen einer umfassenden Beratung zur künftigen Steuerlast Erwähnung finden müssen. Auch die bezüglich der Sondergebietsabschreibung und des Abrechnungsverhaltens des Klägers zu 1) bestehenden Risiken wären bei pflichtgemäßer Sachverhaltsaufklärung erkennbar gewesen.

139

Die Kläger haben indes bis zuletzt nicht schlüssig dargelegt, dass ihnen durch die unterlassene Aufklärung ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist.

140

Schriftsätzlich haben die Kläger behauptet, sie hätten die Unternehmensübertragung bei dem geringsten Hinweis auf steuerliche Unsicherheiten oder Mehrbelastungen erst zum 30.06.1998 vollzogen. In Anbetracht der hier in Rede stehenden Steuernachforderung ist dies von vornherein kaum plausibel, zumal die Kläger zugleich vortragen, sie hätten über erhebliche finanzielle Mittel verfügt und die durch den Geschäftsführer der Beklagten kalkulierten Beträge ohne weiteres auf Festgeldkonten bereit gestellt, um anschließend sämtliche Immobilien zu entschulden und im Vertrauen auf hinreichende Rücklagen zu einem Preis von 1.000.000,00 DM eine Motoryacht anzuschaffen. So hat auch der Kläger zu 1) im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Nachfrage ausdrücklich erklärt, die Höhe der erforderlichen Rücklagen sei ihm gleichgültig gewesen, er habe sich lediglich Planungssicherheit gewünscht.

141

Begreift man als pflichtgemäßes Alternativverhalten - was nahe liegt - den Hinweis auf eine gegenüber der beanstandeten Kalkulation um maximal 500.000,00 € höhere künftige Steuerschuld, so ist bereits nicht widerspruchsfrei dargelegt, dass die Kläger die als grundsätzlich sinnvoll empfundene vorzeitige Übertragung in Frage gestellt und nicht lediglich die Rücklagen anders bemessen hätten.

142

Die Kläger sind bezüglich ihres streitigen schriftsätzlichen Vortrags zum hypothetischen Kausalverlauf jedenfalls beweisfällig geblieben. Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens greift vorliegend nicht ein, denn sie erfordert tatsächliche Feststellungen, die im Falle sachgerechter Aufklärung aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte Reaktion nahegelegt hätten (BGH NJW 1993, S. 3259, 3259). Hätte die erforderliche Beratung dem Mandanten wie im vorliegenden Fall eine echte Selbstentscheidung zwischen mehreren Möglichkeiten abverlangt, so kann ihm eine Vermutung beratungskonformen Verhaltens naturgemäß nicht zugute kommen (vgl. BGH NJW-RR 2001, S. 1351, 1353).

143

Die Kläger haben Beweis lediglich angetreten durch die Benennung der Zeugen B. und Sch., ohne jedoch mitzuteilen, aus welchem Grund die genannten Zeugen Angaben zum hypothetischen Verhalten der Kläger machen können. Eine Beweiserhebung hätte sich damit als unzulässige Ausforschung dargestellt.

144

Darüber hinaus haben die Kläger bis zuletzt nicht substantiiert dargelegt, dass die vorzeitige Unternehmensübertragung sich nach dem Ergebnis eines umfassenden Vermögensvergleichs als wirtschaftlich nachteilig erwiesen hat. Die bloße Bezifferung der behaupteten entgangenen Gewinne aus zwei Bauvorhaben ist insoweit nicht ausreichend. Die genannten Beträge sind zudem bis zuletzt nicht in berücksichtigungsfähiger Weise hergeleitet. Die eingereichten Anlagen K 32 - K 35 sind wenig aussagekräftig und können ordnungsgemäßen Sachvortrag nicht ersetzen.

145

Bezüglich der an die E.r Volksbank eG auf die Bürgschaften geleisteten Zahlungen in einer Gesamthöhe von 639.000,00 € ist schließlich ein Zurechnungszusammenhang zwischen der in Rede stehenden Fehlberatung und der Vermögenseinbuße nicht erkennbar. Zwar kommt eine Ersatzpflicht auch dann in Betracht, wenn der geltend gemachte Schaden auf einem Willensentschluss des Verletzten beruht. Voraussetzung ist allerdings, dass die Handlung des Geschädigten gerade durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde und eine nicht ungewöhnliche Reaktion darstellt (BGH NJW 2001, S. 512). Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der Geschädigte (Palandt - Heinrichs, BGB, 66. Aufl., Vorb. v. § 249, Rn. 77).

146

Vorliegend haben die Kläger bereits nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Hingabe der Bürgschaften zugunsten der H. GmbH im Jahr 2001 ohne die vorzeitige Unternehmensübertragung nicht erfolgt wäre. Die von den Klägern behauptete Motivation zur Übernahme der Bürgschaften wäre auch bei Beibehaltung des ursprünglichen Übergabetermins dieselbe gewesen. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen wäre die Erfüllung der Ansprüche der Kläger auch dann vom wirtschaftlichen Erfolg der H. GmbH abhängig gewesen, da nach § 3 Ziffer 2 des Vertrages vom 31.10.1994 der Verkaufspreis zu stunden und hierüber eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen war. Die Kläger haben zudem mit Schriftsatz vom 29.11.2006 (Bl. 153 d. A.) selbst vorgetragen, dass sie auch aus ideellen Motiven und im Hinblick auf das berufliche Fortkommen ihrer Söhne den Fortbestand der H. GmbH wünschten. Darüber hinaus waren sie durch das bestehende Mietverhältnis bezüglich des Betriebsgrundstücks in E. und die fortdauernde selbständige Tätigkeit des Klägers zu 1) in erheblichem Umfang mit der H. GmbH wirtschaftlich verbunden und an ihrer Zahlungsfähigkeit interessiert. Überdies ist nicht im Ansatz dargelegt, dass es eine sinnvolle und wirtschaftlich vertretbare Entscheidung darstellte, die unstreitig in erheblichen Schwierigkeiten befindliche H. GmbH noch im Jahr 2001 in der geschehenen Weise zu unterstützen.

147

Soweit die Kläger schließlich andeuten, sie hätten in Unkenntnis der späteren Steuernachzahlung über ihre finanziellen Mittel disponiert und seien im Jahr 2003 nicht mehr ohne weiteres in der Lage gewesen, den Nachzahlungsbetrag aufzubringen, führt dies von vornherein nicht zu einem Schaden im Rechtssinne (Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Aufl., Rn. 551).

148

Nach all dem kann dahinstehen, dass auch die uneingeschränkte Aktivlegitimation beider Kläger im Bereich der wirtschaftlichen Nachteile bis zuletzt nicht ersichtlich ist: Der im Schriftsatz vom 01.06.2007 enthaltene Vortrag, man habe die Schadensersatzansprüche auf einander übertragen, beruht auf der unzutreffenden Annahme, durch Rechtsgeschäft könne die Gläubigerstellung ohne Beteiligung des Schuldners auf eine weitere Person erstreckt werden.

b.

149

Der Anspruch auf Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung bezüglich der zukünftig zu erwartenden Steuerlast und des Zeitpunkts der Unternehmensübertragung ist überdies jedenfalls verjährt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

150

Nach der hier noch anzuwendenden Regelung in § 68 StBerG a. F. verjährt der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Steuerberater bestehenden Vertragsverhältnis in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Voraussetzung ist insoweit, dass der Anspruch erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (BGH NJW-RR 2000, S. 647). Auf die Kenntnis des Geschädigten kommt es nicht an.

151

Entstehungszeitpunkt für Schadensersatzansprüche vertraglicher Art ist der Schadenseintritt, der dann gegeben ist, wenn sich die Vermögenslage des Auftraggebers infolge der Pflichtverletzung des Steuerberaters objektiv verschlechtert hat (BGH NJW 2002, S. 1421). Hierbei verjährt der Ersatzanspruch nach dem Grundsatz der Schadenseinheit einheitlich auch für zukünftig entstehende Schäden, sobald ein erster Schadensbetrag im Wege der Klage geltend gemacht werden kann (BGH NJW 2000, S. 861). Ist hingegen noch offen, ob ein pflichtwidriges, risikobehaftetes Verhalten überhaupt zu einem Schaden geführt hat, so wird die Verjährungsfrist nicht in Lauf gesetzt (BGH NJW 1992, S. 2829).

152

Der Mandant erleidet infolge fehlerhafter Beratung in steuerlichen Angelegenheiten eine Vermögenseinbuße in der Regel erst dann, wenn der Beratungsfehler zu einem belastenden Bescheid der Finanzbehörde geführt hat. Da sich nicht allgemein voraussehen lässt, ob die Finanzbehörde einen steuerrechtlich bedeutsamen Sachverhalt aufdeckt, welche Tatbestände sie aufgreift und welche Rechtsfolgen sie aus ihnen herleitet, besteht vor der Entscheidung der Steuerbehörde für den Mandanten lediglich das Risiko eines Schadens, also eine Gefahrenlage, die im zivilrechtlichen Sinne noch keine Verschlechterung seines Vermögens darstellt (BGH NJW-RR 2004, S. 1211).

153

Die dargestellten Grundsätze gelten allerdings entgegen der Auffassung der Kläger lediglich für Nachteile in Gestalt einer konkreten Steuerschuld, denn nur diese manifestiert sich durch die Bekanntgabe des maßgeblichen Steuerbescheides. In der Rechtsprechung ist demgegenüber anerkannt, dass auch die steuerliche Beratung, soweit sie ausschließlich oder zusätzlich anderweitige wirtschaftliche Nachteile bewirkt, schon zu einem früheren Zeitpunkt - in der Regel mit dem Beratungsvollzug - zum Entstehen eines Ersatzanspruches im Sinne des § 68 StBerG a. F. führen kann (vgl. BGH NJW 1993, S. 1139 - 1142). Stellt sich beispielsweise im Rahmen einer Betriebsprüfung heraus, dass Leistungen des Mandanten umsatzsteuerpflichtig sind und kann er nachweisen, dass er bei richtiger Beratung anders kalkuliert hätte, so tritt der Kalkulationsschaden mit Abschluss des ersten Vertrages ein (Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Aufl., Rn. 887).

154

Im vorliegenden Fall haben sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der vorzeitigen Unternehmensübertragung auch nach dem Sachvortrag der Kläger bereits am 15.09.1997 im Sinne einer objektiven Verschlechterung der Vermögenslage manifestiert. Der Verzicht auf weitere Gewinne aus den Bauvorhaben in O. und A. war mit dem Abschluss der vertraglichen Vereinbarungen vom 15.09.1997 vollständig realisiert. Die subjektive Bewertung durch die Kläger, die sich ersichtlich erst durch das Ergebnis der Betriebsprüfung geändert hat, ist hierbei ohne Relevanz.

155

Hiernach sind die auf einer unzureichenden Aufklärung im Vorfeld der notariellen Vereinbarung beruhenden Schadensersatzansprüche mit dem Ablauf des 15.09.2000 verjährt.

156

Ein etwaiger Sekundäranspruch war spätestens mit dem Ablauf des 15.09.2003 verjährt, denn die Erhebung der Teilklage im Jahr 2003 hat die Verjährung allenfalls hinsichtlich des eingeklagten Teilbetrages gehemmt (vgl. Palandt - Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 204, Rn. 16 / BGH NJW 1978, S. 1058 / KG VersR 2004, S. 482).

II.

157

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

158

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre gesetzliche Grundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.


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