Urteil vom Landgericht Kiel (17. Zivilkammer) - 17 O 242/11

Tenor

Der Beklagten wird es untersagt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Abschluss von Verträgen über Mobilfunkdienstleistungen gegenüber Verbrauchern nachfolgende fettgedruckte oder inhaltsgleiche Klausel zu verwenden oder sich bei der Abwicklung von Verträgen auf eine solche Klausel zu berufen.

5.5 Sollte der Kunde seine Einzugsermächtigung widerrufen, ersetzt er  den höheren Aufwand. Sonstige Aufwendungen, die vom Kunden zu vertreten sind, insbesondere die Bearbeitungskosten z. B. für Rücklastschriften, sonstige durch mangelnde Deckung des Kontos entstandenen Kosten, oder Kosten, die für die vom Kunden zu vertretende Überprüfung der Einrichtungen aufgrund von Störungsmeldungen oder Rechnungsbeanstandungen entstanden sind, sind vom Kunden zu erstatten. Erfolgt eine Sperrung des Anschlusses aus vom Kunden zu vertretenden Gründen, hat der Kunde die aus der Sperre resultierenden Kosten zu tragen. Die in Rechnung gestellten Aufwände ergeben sich aus der gültigen Tarif- und Preisliste. Dem Kunden bleibt es jeweils vorbehalten, geringere Kosten nachzuweisen.

soweit in der gültigen Tarif- und Preisliste für Rücklastschriften eine Schadenspauschale von 14,95 € oder höher festgelegt ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 145,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16. Oktober 2011 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf 48 % der seitens des Klägers für diesen Rechtsstreit verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 4 % p. a. vom Zeitpunkt der Überweisung des Betrages bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht an den Kläger zu zahlen.

Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 52 % und die Beklagte 48 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11.550,00 €.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG aufgenommen ist. Zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers gehört es, Interessen der Verbraucher geltend zu machen, insbesondere auch durch die Unterbindung von Verstößen gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

2

Die Beklagte bietet Mobilfunkdienstleistungen an. In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 15. April 2011 sind u. a. folgende Klauseln enthalten:

3

„5. Zahlungsbedingungen

4

5

5.4 Vertragsbestandteile des Mobilfunkvertrages ist die Vereinbarung einer Einzugsermächtigung zur Abrechnung der fälligen Entgelte …

6

5.5 Sollte der Kunde seine Einzugsermächtigung widerrufen, ersetzt er  den höheren Aufwand. Sonstige Aufwendungen, die vom Kunden zu vertreten sind, insbesondere die Bearbeitungskosten z. B. für Rücklastschriften, sonstige durch mangelnde Deckung des Kontos entstandenen Kosten, oder Kosten, für die die vom Kunden zu vertretende Überprüfung der Einrichtungen aufgrund von Störungsmeldungen oder Rechnungsbeanstandungen entstanden sind, sind vom Kunden zu erstatten. Erfolgt eine Sperre des Anschlusses aus vom Kunden zu vertretenden Gründen, hat der Kunde die aus der Sperre resultierenden Kosten zu tragen. Die in Rechnung gestellten Aufwände ergeben sich aus der gültigen Tarif- und Preisliste. Dem Kunden bleibt jeweils vorbehalten, geringere Kosten nachzuweisen...“

7

Die Beklagte verwendet mehrere Tarif- und Preislisten, deren Anwendbarkeit sich nach dem Mobilfunknetz richtet, in dem die vertraglich vereinbarten Leistungen jeweils erbracht werden. Die Tarif- und Preislisten mit Stand vom 1. Februar 2011 enthielten für den Fall einer Rücklastschrift, die vom Kunden zu vertreten ist, Kosten von 20,95 €. Wegen der weiteren Einzelheiten der Preise und Leistungen wird auf die Anlagen K 3 bis K 6 (Bl. 15 bis 18 d. A.) Bezug genommen.

8

Mit Schreiben vom 15. September 2011 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass die Schadenspauschale für Rücklastschriften unwirksam sei, da sie den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden überschreite. Er forderte die Beklagte auf, zur Vermeidung sofortiger gerichtlicher Schritte die Verwendung der beanstandeten Klausel einzustellen und bis zum 23. September 2011 eine ausreichende Unterlassungserklärung abzugeben sowie die Kosten der Abmahnung in Höhe von 145,00 € zu erstatten.

9

Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 27. September 2011 mit, dass sie keine Unterlassungserklärung abgeben könne, da die Pauschale von 20,95 € nicht den zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteige.

10

Der Kläger hat seinen Anspruch weiterverfolgt und im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt,

11

es der Beklagten zu untersagen, in der gültigen Tarif- und Preisliste für Rücklastschriften eine Schadenspauschale von 20,95 € oder einen anderen Betrag festzulegen, der den Schaden nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge übersteigt.

12

Durch Beschluss vom 29. September 2011 hat das Gericht die einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger seinen Antrag dann insoweit reduziert, als es der Beklagten untersagt werden sollte, in den gültigen Tarif- und Preislisten für Rücklastschriften eine Schadenspauschale von 20,95 € oder einen Betrag festzulegen, der 10,00 € übersteigt. Durch Urteil vom 11. Januar 2012 hat das Gericht die einstweilige Verfügung vom 29. September 2011 mit dieser Einschränkung aufrechterhalten.

13

Nach Zustellung des Beschlusses vom 29. September 2011, die am 10. Oktober 2011 erfolgte, reduzierte die Beklagte die Pauschale für Rücklastschriften auf 15,00 €, nach Zustellung des Urteils vom 11. Januar 2012, die am 23. Januar 2012 erfolgte, reduzierte sie die Pauschale seit dem 24. Januar 2012 auf 10,00 €.

14

Mit Schreiben vom 20. März 2012 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er den Betrag von 10,00 € noch für überhöht halte und allenfalls ein Betrag von 6,00 € gerechtfertigt sei, und forderte eine entsprechende Unterlassungserklärung. Mit vorliegender Klage verfolgt er seinen Anspruch aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren weiter, da die Beklagte keine Abschlusserklärung abgegeben hat.

15

Der Kläger ist der Ansicht, dass auch die jetzt festgelegte Pauschale für Rücklastschriften in Höhe von 10,00 € zu hoch sei, da dieser Betrag den Schaden übersteige, der der Beklagten im Falle einer Rücklastschrift nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entstehe.

16

Er trägt dazu vor:

17

Unmittelbar durch die Rücklastschrift falle der Beklagten nur der ihr von ihrer eigenen Hausbank in Rechnung gestellte Betrag an, der zwischen 3,00 € und 8,11 € liege. Da nur die branchentypischen durchschnittlichen Bankkosten maßgeblich seien, liege der Mittelwert bei 5,56 €. Für eine darüberliegende Kostenschätzung bestünden keine tatsächlichen Anhaltspunkte.

18

Hinzu kämen lediglich noch Portokosten für die Benachrichtigung des Kunden in Höhe von 0,55 € und Materialkosten in Höhe von 0,10 €.

19

Fiktive anteilige Personalkosten könnten nicht als Schaden einberechnet werden, da es sich nicht um einen Schaden des Unternehmens aufgrund der Rücklastschrift, sondern um Aufwendungen zur weiteren Durchführung des Vertrages handele. Auch die von der Beklagten eingestellten Kosten zur Bonitätsprüfung seien nicht adäquat kausal durch das Fehlschlagen einer einzelnen Lastschrift verursacht.

20

Bezüglich des gestellten Auskunfts- und Gewinnabschöpfungsanspruchs sei zu berücksichtigen, dass Tatbestandsvoraussetzung weder ein direkter Vorsatz noch eine Absicht sei. Vielmehr reiche ein mindestens bedingt vorsätzlich rechtswidriges Handeln aus.

21

Der Kläger beantragt,

1.

22

der Beklagten zu untersagen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu untersagen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Abschluss von Verträgen über Mobilfunkdienstleistungen gegenüber Verbrauchern nachfolgend fettgedruckte oder inhaltsgleiche Klausel zu verwenden oder sich bei der Abwicklung von Verträgen auf eine solche Klausel zu berufen

23

5.5 Sollte der Kunde seine Einzugsermächtigung widerrufen, ersetzt er  den höheren Aufwand. Sonstige Aufwendungen, die vom Kunden zu vertreten sind, insbesondere die Bearbeitungskosten z. B. für Rücklastschriften, sonstige durch mangelnde Deckung des Kontos entstandenen Kosten, oder Kosten, die für die vom Kunden zu vertretende Überprüfung der Einrichtungen aufgrund von Störungsmeldungen und Rechnungsbeanstandungen entstanden sind, sind vom Kunden zu erstatten. Erfolgt eine Sperre des Anschlusses aus vom Kunden zu vertretenden Gründen, hat der Kunde die aus der Sperre resultierenden Kosten zu tragen. Die in Rechnung gestellten Aufwände ergeben sich aus der gültigen Tarif- und Preisliste. Dem Kunden bleibt jeweils vorbehalten, geringere Kosten nachzuweisen.

24

a) soweit in der gültigen Tarif- und Preisliste für Rücklastschriften eine Schadenspauschale von 10,00 € oder höher festgelegt ist,

25

b) hilfsweise soweit in der gültigen Tarif- und Preisliste für Rücklastschriften eine Schadenspauschale von 14,95 € oder höher festgelegt ist,

26

c) hilfsweise soweit in der gültigen Tarif- und Preisliste für Rücklastschriften eine Schadenspauschale von 20,95 € oder höher festgelegt ist.

2.

27

die Beklagte zu verurteilen, an den ihn 145,00 € zzgl. Zinsen i.H.v. 8 %-punkten über dem Basiszinssatz seit 16.10.2011 zu zahlen,

3.

28

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die von ihm für diesen Rechtsstreit verauslagten Gerichtskosten Zinsen i.H.v. 4 % p. a. vom Zeitpunkt der Überweisung des Betrages bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht an ihn zu zahlen,

4.

29

ihm die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen,

6.

30

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 145,00 € zzgl. 8 % Zinsen seit Antragstellung zu zahlen;

7.

31

die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche Gewinne sie in der Zeit vom 10.10.2011 bis zum 27.06.2012 dadurch erlangt hat, dass sie aufgrund der streitgegenständlichen Rücklastschriftgebührenklausel zu Antrag 1. von ihren Kunden Pauschalen i.H.v. 20,95 €, 14.95 € bzw. 10,00 € erlangt hat. Dazu hat sie ihm kaufmännisch darüber Rechnung zu legen, in welchen Fällen sie im genannten Zeitraum Rücklastschriftpauschalen in welcher Höhe erlangt hat und wie hoch der ihr in diesen Fällen jeweils tatsächlich entstandene Schaden war. Die Beklagte kann die Rechnungslegung gegenüber einem von ihm zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer vornehmen, sofern sie die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn gleichzeitig ermächtigt und verpflichtet, ihm, dem Kläger, auf Antrag mitzuteilen, ob in der Rechnungslegung ein oder mehrere bestimmte Rücklastschriftfälle enthalten sind und

8.

32

die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen, den sich anhand der nach Antrag 7. zu erteilenden Auskunft ergebenden Betrag an den Bundeshaushalt zu zahlen.

33

Die Beklagte beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die streitgegenständliche Rücklastschriftklausel nicht unwirksam sei, da die Summe der einzelnen Schadenspositionen eine Pauschale von 20,95 € rechtfertige.

36

Sie trägt dazu vor:

37

An Bankkosten habe sie bis zu 8,75 € pro Rücklastschrift zu tragen. Da es auf den branchentypischen Durchschnittsschaden ankomme, der Kläger selbst die Bankkosten mit maximal 8,11 € angegeben und das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vom 27. März 2012 Bankkosten in Höhe von 8,11 € in voller Höhe als zu

38

berücksichtigende Schadensposition unterstellt habe, sei dieser Betrag als branchentypisch zu berücksichtigen.

39

Für die Benachrichtigung des Kunden bei Vorliegen einer Rücklastschrift kalkuliere sie an Brief-, Druck- und Portokosten einen Betrag in Höhe von 0,40 €. Soweit in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen Portokosten von 2,50 € aufgeführt seien, würden diese nur in Rechnung gestellt, wenn ein Kunde bei ihr ausdrücklich die (erneute) Übersendung eines Dokuments anfordere, nicht aber bei der Benachrichtigung über eine Rücklastschrift. Da das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vom 27. März 2012 für eine Information an den Kunden einen Betrag von 1,50 € als ausreichend berücksichtigt habe, sei dieser Betrag unter Beachtung der Grundsätze des branchentypischen Durchschnittsschadens zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung zugrunde zu legen.

40

Darüber hinaus würden ihr pro Rücklastschrift Personalkosten von 4,89 € entstehen. Diese Kosten fielen deswegen an, weil etliche ihrer Mitarbeiter bei Eingang einer Rücklastschrift unter Verwendung einer speziellen Software ausschließlich damit beschäftigt seien, im Interesse der Kunden individuell in Ansehung der Bonität des jeweiligen Kunden und unter Berücksichtigung der Dauer der Vertragsbeziehung zum jeweiligen Kunden zu eruieren und zu entscheiden, wie im konkreten Einzelfall weiter vorgegangen werden solle. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die ganz überwiegende Mehrheit derjenigen Kunden, die von ihr über das Vorliegen einer Rücklastschrift informiert würden, telefonisch Kontakt mit den dafür zuständigen Mitarbeitern aufnähmen, um ihre persönliche und finanzielle Situation zu erläutern und die weitere Vorgehensweise zu besprechen.

41

Eine weitere Schadensposition seien die Kosten für die ausschließlich zur Bearbeitung von Rücklastschriften erforderliche Software, die sich auf 0,39 € pro Rücklastschrift beliefen.

42

Außerdem würden pro Rücklastschrift Refinanzierungskosten von 2,63 € entstehen, die allein darauf zurückzuführen seien, dass der jeweilige Kunde seinen Verpflichtungen ihr gegenüber aus der Lastschriftabrede nicht nachgekommen sei, während sie ihre Verpflichtungen gegenüber den Netzbetreibern erfüllen müsse. Bei den Refinanzierungskosten sei berücksichtigt, dass sie daneben selbst in Fällen längeren Zahlungsverzuges des Kunden ausnahmslos auf die Geltendmachung von Verzugszinsen verzichte.

43

Ein Kunde, der seinen Verpflichtungen ihr gegenüber aus der Lastschriftabrede nicht nachgekommen sei, habe ihr zudem den entgangenen Gewinn zu ersetzen, der 18,02 € pro Rücklastschrift betrage. Denn unmittelbare Folge des Eingangs einer Rücklastschrift könne sein, dass der Kunde gesperrt werde und während des Zeitraums der Sperrung keinen Umsatz mehr produziere. Der mit 18,02 € berechnete entgangene Gewinn beziehe sich nur auf diejenigen Sperrungen, die ausschließlich unmittelbar auf die Rücklastschriften zurückzuführen seien.

44

Bei der Prüfung der Frage, ob die in Rechnung gestellten Rücklastschriftkosten von 20,95 € den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigen würden, sei zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass einige Konkurrenzunternehmen bereits kurze Zeit nach Eingang der ersten Rücklastschrift einen weiteren Versuch unternehmen würden, per Lastschriftabrede die Gebühren einzuziehen, und bei einer weiteren Rücklastschrift die Gebühr noch einmal berechneten. Auf diese Praxis verzichte sie im Interesse ihrer Kunden.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gegenseitig gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

46

Die Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

47

Im Übrigen war sie als unbegründet abzuweisen.

48

Soweit sich der Kläger mit dem Klagantrag zu 1. gegen die von der Beklagten erhobene Schadenspauschale für Rücklastschriften wendet, war die Klage hinsichtlich des Hauptantrages zu a) abzuweisen und ihr nur hinsichtlich des Hilfsantrages zu b) stattzugeben.

49

Der Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 1 UKlaG i. V. m. § 309 Nr. 5 a BGB. Nach § 1 UKlaG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwendet, die nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind.

50

Der Kläger ist nach § 3 UKlaG berechtigt, den Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend zu machen, da er in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG aufgenommen ist.

51

Die Wiederholungsgefahr, die Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch des Klägers ist, ergibt sich daraus, dass die Beklagte bisher keine Abschlusserklärung abgegeben hat und deswegen die zum gegenwärtigen Zeitpunkt verlangte Pauschale von 10,00 € jederzeit wieder abändern und erhöhen kann.

52

Der Unterlassungsanspruch ist nur begründet, soweit die Beklagte in ihren gültigen Tarif- und Preislisten für Rücklastschriften eine Schadenspauschale von 14,95 € oder höher festlegt. Bei den Kosten, die die Beklagte ihren Kunden im Falle einer Rücklastschrift in Rechnung stellt und die sie z. Zt. mit 10,00 € angibt, handelt es sich um pauschalierten Schadensersatz i.S..v. § 309 Nr. 5 a BGB. Nach dieser Vorschrift ist die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs unwirksam, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Das ist hinsichtlich der im Hauptantrag genannten Schadenspauschale von 10,00 € nicht der Fall, die Pauschale übersteigt aber den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden, wenn die Beklagte einen Betrag von 14,95 € oder höher festlegt.

53

Dies ergibt sich aus Folgendem:

54

Die Bankgebühren für Rücklastschriften liegen nach dem Vortrag des Klägers zwischen 3,00 € und 8,11 €, nach dem Vortrag der Beklagten betragen sie bis zu 8,75 €. Da die Banken unterschiedliche Gebühren berechnen, ist davon auszugehen, dass nicht alle Rücklastschriften für die Beklagte Bankkosten in Höhe von 8,00 € oder mehr verursachen. Allerdings bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die unterschiedlichen Gebühren im Durchschnitt dem rechnerischen Mittelwert der Kostenspanne entsprechen. Das Gericht schätzt die durchschnittlichen Rücklastschriftkosten, die von den Banken in Rechnung gestellt werden, daher auf 6,00 € pro Rücklastschrift.

55

Die für die zur Benachrichtigung der Kunden entstehenden Brief-, Druck- und Portokosten kalkuliert die Beklagte selbst mit einem Betrag von nur 0,40 €. Dieser Betrag ist nicht zu beanstanden und nicht deswegen auf 1,50 € zu erhöhen, weil das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vom 27. März 2012 insoweit einen Betrag von 1,50 € zugrunde gelegt hat.

56

Soweit die Beklagte vorträgt, dass ihr pro Rücklastschrift Personalkosten in Höhe von 4,89 € entstehen würden, kann dieser Betrag nicht in voller Höhe in die Schadenspauschale mit einbezogen werden. Zwar können Personalkosten grundsätzlich im Rahmen eines Schadensersatzspruches geltend gemacht werden, wenn sie nach der Verkehrsanschauung einen Marktwert haben. Die Beklagte hat zu dieser Position vorgetragen, dass etliche ihrer Arbeitnehmer bei Eingang einer Rücklastschrift unter Verwendung einer speziellen Software ausschließlich damit beschäftigt seien, im Interesse der Kunden zu eruieren und zu entscheiden, wie im Einzelfall weiter vorgegangen werden müsse. Dabei würden auch häufig intensive Telefongespräche mit den Kunden geführt.

57

Das Gericht geht davon aus, dass ein Teil der insoweit entstehenden Personalkosten kausal auf die Rücklastschrift zurückzuführen ist. Dies gilt aber nicht für die gesamten Kosten. Teilweise dürften die Kosten Aufwendungen zur weiteren Durchführung und Abwicklung des Vertrages beinhalten, für die der Kunde grundsätzlich nicht einzustehen hat und die auch nicht auf den Kunden abgewälzt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.2009, Xa ZR 40/08). Soweit die Beklagte meint, dass der vorliegende Fall nicht mit dem vergleichbar sei, den der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 17. September 2009 entschieden hat, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die Situation ist in beiden Fällen insoweit vergleichbar, als in Fällen einer Rücklastschrift auch Kosten für die Debitorenbuchhaltung entstehen, die die Beklagte sonst durch das obligatorische Lastschriftverfahren weitgehend einsparen kann. Wenn dieses Konzept im Einzelfall fehlschlägt, bleibt es dabei, dass die Kosten für die manuelle Erfassung und Bearbeitung von Zahlungsvorgängen eigentlich typische Vertragsabwicklungskosten und nicht Schäden aus der Rücklastschrift sind (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 27.03.2012, 2 U 2/11).

58

Das Gericht schätzt den Anteil der tatsächlich durch die Lastschrift entstandenen Personalkosten auf 1,00 € bis 1,50 €. In diesem Betrag sind die speziellen Softwarekosten, die die Beklagte mit 0,39 € beziffert, mit enthalten.

59

Im Rahmen der Schadenspauschale zu berücksichtigen sind auch Refinanzierungskosten, die die Beklagte pro Rücklastschrift mit 2,63 € annimmt. Da Rücklastschriften einen Zahlungsverzug des Kunden beinhalten, der dazu führt, dass die Beklagte keine entsprechende Einnahme zu verbuchen hat, während sie ihre Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere den Netzbetreibern, zu erfüllen hat, ist nachvollziehbar, dass ihr in soweit Refinanzierungskosten entstehen. Diese dürften mit 2,63 € nicht unangemessen berücksichtigt sein.

60

Soweit die Beklagte in ihrer Schadenspauschale noch einen entgangenen Gewinn in Höhe von 18,02 € pro Rücklastschrift einbezieht mit der Begründung, dass unmittelbare Folge des Eingangs einer Rücklastschrift sein könne, dass der Kunde bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gesperrt werde und dann während des Zeitraums der Sperrung keinen weiteren Umsatz mehr produziere, handelt es sich dabei nicht um eine direkte Folge der Rücklastschrift, sondern um eine Folge der Sperrung des Kunden. Der durch die Sperrung möglicherweise entstehende Schaden, der sowohl hinsichtlich der Dauer der Sperrung als auch hinsichtlich des Umfangs des vom Kunden nicht mehr getätigten Umsatzes sehr unterschiedlich ausfallen kann und schon aus diesem Grund eine Pauschalierung auf einen bestimmten Betrag nicht rechtfertigt, kann deswegen nicht in die Rücklastschriftpauschale eingestellt werden. Dies gilt umso mehr, als in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten unter Nummer 5.5 zwischen Rücklastschrift und Sperre des Anschlusses differenziert wird und für die Kartensperrung wegen unbezahlter Rechnung im Preis- und Leistungsverzeichnis Kosten von 18,50 € gesondert aufgeführt sind.

61

Unter Berücksichtigung der vorherigen Ausführungen hält das Gericht einen pauschalierten Schadensersatz für eine Rücklastschrift in Höhe von etwas mehr als 10,00 € für angemessen, da dieser Betrag dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden entsprechen dürfte.

62

Soweit der Kläger mit dem Klagantrag zu 2. Zahlung von 145,00 € verlangt, ist die Klage begründet. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 5 UKlaG i. V. m. 12 Abs. 1 UWG. Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG kann Ersatz der erforderlichen Aufwendung verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist.

63

Die erste Abmahnung des Klägers vom 15. September 2011 war berechtigt, da die Beklagte zu diesem Zeitpunkt Rücklastschriftkosten von 20,95 € ihren Kunden in Rechnung gestellt hat.

64

Die für die Abmahnung von dem Kläger verlangte Kostenpauschale von 145,00 € ist als angemessen anzusehen und wird von der Beklagten auch nicht beanstandet.

65

Da der Kläger die Kostenpauschale bereits mit Schreiben vom 15. September 2011 geltend gemacht hat, ist die Beklagte nach § 286 Abs. 3 BGB 30 Tage nach Zugang dieses Schreibens in Verzug geraten, so dass der Kläger ab dem 16. Oktober 2011 Zinsen verlangen kann. Verzugszinsen können nach § 288 Abs.1 BGB aber nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz geltend gemacht werden. Denn es handelt sich bei der Kostenpauschale nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nicht um eine Entgeltforderung i. S. v. § 288 Abs. 2 BGB.

66

Der Feststellungsantrag zu Ziffer 3. rechtfertigt sich ebenfalls aus § 5 UKlaG i. V. m. § 12 Abs. 1 UWG. Denn auch insoweit handelt es sich um Aufwendungen zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs. Allerdings ist die Klage insoweit nur teilweise begründet, nämlich nur insoweit, als der Kläger die Gerichtskosten aufgrund der Kostenentscheidung des vorliegenden Urteils nicht selbst zu tragen hat.

67

Begründet ist die Klage hinsichtlich des Klagantrages zu 4.. Die Befugnis des Klägers, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger, im Übrigen auch eigene Kosten, bekannt zu machen, ergibt sich aus § 7 UKlaG.

68

Soweit der Kläger mit dem Klagantrag zu 6. Zahlung weiterer 145,00 € nebst Zinsen verlangt, war die Klage abzuweisen. Denn mit der weiteren Abmahnung vom 20. März 2012 hat der Kläger gegenüber der Beklagten beanstandet, dass diese als Rücklastschriftkosten noch einen Betrag von 10,00 € geltend macht. Ein Betrag von 10,00 € ist aber als Schadenspauschale als angemessen anzusehen, wie sich aus den vorstehenden Darlegungen des Gerichts ergibt.

69

Abzuweisen war die Klage auch, soweit der Kläger mit den Klaganträgen zu 7. und 8. Auskunft über Gewinne aufgrund der Rücklastschriftgebührenklausel und Auszahlung der Gewinne an den Bundeshaushalt begehrt. Zwar besteht nach § 10 Abs. 1 UWG ein Gewinnabschöpfungsanspruch, wenn vorsätzlich durch eine unzulässige geschäftliche Handlung zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern Gewinne erzielt werden. Ein vorsätzliches Verhalten kann der Beklagten im vorliegenden Fall jedoch nicht vorgeworfen werden. Die Beklagte hat nach Zustellung der einstweiligen Verfügung vom 29. September 2011 ihre Rücklastschriftkosten auf 15,00€ reduziert. In der einstweiligen Verfügung war konkret nur die Schadenspauschale von 20,95 € für unzulässig erklärt worden. Soweit in dem Beschluss ausgeführt ist, dass unzulässig auch ein anderer Betrag sein soll, der den Schaden übersteigt, welcher der Antragsgegnerin im Falle einer Rücklastschrift nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsteht, hatte diese Tenorierung weder einen vollstreckungsfähigen Inhalt noch war für die Beklagte aus dem Beschluss zu entnehmen, welchen genauen Betrag das Gericht für zu hoch hielt. Mit Zustellung des Urteils im einstweiligen Verfügungsverfahren vom 11. Januar 2011 hat die Beklagte entsprechend dem Inhalt dieses Urteils die Kostenpauschale auf 10,00 € reduziert.

70

Auch wenn der Kläger meint, dass die Beklagte nur einen Betrag von 6,00 € pro Rücklastschrift als Schadenspauschale geltend machen dürfe, und dies der Beklagten mit Schreiben vom 20. März 2012 mitgeteilt hat, rechtfertigt das nicht die Annahme, dass die Beklagte vorsätzlich eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen hat. Denn der vom Kläger für angemessen erachtete Betrag von 6,00 € ist zu niedrig angesetzt, wie die vorherigen Ausführungen zeigen.

71

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

72

Das Obsiegen und Unterliegen der Parteien bezüglich des Klagantrages zu 1. hat das Gericht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger als Rücklastschriftpauschale einen Betrag von 6,00 € für angemessen erachtet und die Beklagte einen Betrag von auf jeden Fall über 10,00 €, mit jeweils der Hälfte angenommen.

73

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 11, 709, 711 ZPO.

 

74

[Hinweis der Dokumentationsstelle: Der Berichtigungsbeschluss vom 21.8.2012 wurde in den Entscheidungstext eingearbeitet und lautet:


Beschluss vom 21. August 2012

Das Urteil vom 27.07.2012 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 ZPO wie folgt berichtigt:

1. Im Tenor muss es am Ende der zu unterlassenden Klausel richtig heißen: „… eine Schadenspauschale von 14,95 € oder höher…“

2. Im fünften Absatz der Entscheidungsgründe wird der zweimal genannte Betrag von 15,00 € jeweils durch den Betrag von 14,95 € ersetzt.

Gründe

Das Urteil war wegen der offenbaren Unrichtigkeiten gemäß § 319 ZPO auf Antrag des Klägers und von Amts wegen zu berichtigen.]


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