Beschluss vom Landgericht Kiel (13. Zivilkammer) - 13 O 11/13

Tenor

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Gründe

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Die minderjährige Klägerin hat von der Beklagten die Ausführung eines Überweisungsauftrags bezüglich eines bei der Beklagten eingerichteten Girokontos verlangt.

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Die am 18.10.1995 geborene Klägerin unterzeichnete am 11.08.2009 einen Girovertrag zur Girokontonummer xxx mit der Beklagten, in welchem sie mit „Ja“ ankreuzte, dass der Kontoinhaber für „eigene Rechnung“ handelt. Einbezogen wurden die als Anlage K 2 eingereichten Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ebenfalls am 11.08.2009 erklärten ihre gesetzlichen Vertreter, ihre Eltern, ihre Zustimmung zur Geschäftsverbindung mit der Beklagten. In derselben Urkunde stimmten die Eltern zu, dass jeder Vertretungsberechtigte für sich allein verfügungsberechtigt sei und dass die Minderjährige ohne gesonderte Zustimmung der gesetzlichen Vertreter selbst Verfügungen vornehmen dürfe. Am 29.08.2012 veranlassten die Eltern der Klägerin die Überweisung eines Gesamtbetrages in Höhe von 140.000,00 € auf das besagte Girokonto der Klägerin, und zwar in drei Teilbeträgen über 130.000,00 €, 8.000,00 € und über 2.000,00 €. Die Überweisungsaufträge betrafen ein gemeinschaftliches Konto der Eltern und jeweils ein Konto der Mutter und des Vaters der Klägerin, alle drei ebenfalls geführt bei der Beklagten. Ein Verwendungszweck wurde nicht angegeben. Der Betrag in Höhe von 140.000,00 € war der Rest des Kaufpreises, den die Eltern der Klägerin aufgrund eines Immobilienverkaufes in der Schweiz erhalten und von dort auf ihre Konten bei der Beklagten transferiert hatten. Dieses Geschäft wurde ebenfalls über ein Konto bei der Beklagten abgewickelt. Am 31.08.2012 bat die Beklagte die Eltern der Klägerin angesichts der erfolgten Kontobewegung um Rücksprache. Zugleich forderte sie sie auf, von Verfügungen abzusehen. Mit ihrem Versuch, am 02.09.2012 über einen Geldautomaten 1.000,00 € vom klägerischen Konto in bar abzuheben, scheiterten die Eltern. Am 03.09.2012 erteilte die Klägerin, vertreten durch ihre Eltern, der Beklagten den Auftrag, von dem besagten Girokonto einen Betrag in Höhe von 140.000,00 € auf das Konto Nr. xxxxxxx ihrer Eltern bei der HSH Nordbank zu überweisen. Die Beklagte lehnte die Ausführung des Überweisungsauftrages unter Hinweis auf die Zustimmungsbedürftigkeit durch das Vormundschaftsgericht mit Schreiben vom 06.09.2012 ab. Mit Schreiben vom 17.09.2012 kündigte die Klägerin mit Zustimmung ihrer Eltern die Kontoverbindung und erteilte sie den Auftrag, das Kontoguthaben auf ein näher bezeichnetes Konto ihrer Eltern bei der Comdirekt Bank zu überweisen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 18.09.2012 wiederum unter Hinweis auf die Notwendigkeit einer vormundschaftsgerichtlichen Zustimmung ab. Ausweislich eines Vermerks des Amtsgerichts Eckernförde vom 22.03.2013 – 8 F 134/13 – wandte sich Herr xxxxx, Vertreter der Beklagten, fernmündlich ca. 2 Wochen vor dem 04.03.2013 an das Amtsgericht. Er schilderte den vorliegenden Sachverhalt, allerdings ohne Namensnennung, und gab schlussfolgernd an, dass nach seiner Auffassung eine Gefährdung des Kindesvermögens vorliege. Darauf hingewiesen, dass telefonischen Hinweisen nicht nachgegangen werde, richtete die Beklagte mit Schreiben vom 04.03.2013 die Anregung an das Amtsgericht, den Sachverhalt zu prüfen. Mit gerichtlichem Schreiben vom 06.03.2013 forderte das Amtsgericht die Eltern der Klägerin auf, das beigefügte Vermögensverzeichnis sorgfältig und vollständig ausgefüllt zurückzusenden.

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Nach Auffassung der Klägerin war die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt berechtigt, die beiden Überweisungsaufträge nicht auszuführen. Sie hat deshalb beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihren Auftrag, einen Betrag in Höhe von 140.000,00 € von dem bei der Beklagten geführten Konto auf das Konto ihrer Eltern bei der Comdirekt Bank zu überweisen, auszuführen. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und darauf hingewiesen, dass der objektive Sachverhalt, zu dem die Eltern der Klägerin keine erläuternden Angaben gemacht hätten, einen hinreichenden Verdacht für einen objektiven evidenten Missbrauch der Vertretungsmacht seitens der Eltern der Klägerin begründet hätten, der sie zur Zurückstellung des Überweisungsauftrages berechtigt habe. Mit Schreiben vom 16.08.2013 hat das Amtsgericht der Beklagten als Ergebnis seiner Prüfung mitgeteilt, dass eine Gefährdung des Kindesvermögens nicht festgestellt werden konnte. Die Beklagte kam sodann dem Überweisungsauftrag nach und überwies den Betrag über 140.000,00 € auf das benannte Konto der Eltern der Klägerin bei der Comdirekt Bank. Daraufhin haben beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Sie stellen nunmehr wechselseitige Kostenanträge.

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Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führte zur Auferlegung der Kosten auf die Beklagte, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in diesem Rechtsstreit unterlegen wäre.

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Der den ersten Antrag auf Abschluss eines Überweisungsauftrages ersetzende und damit maßgebliche Auftrag der Klägerin vom 17.09.2012, die im Klagantrag bezeichnete Überweisung zu tätigen, ist wirksam gewesen. Sie wurde wirksam durch ihre Eltern vertreten. Deren Vertretungsmacht war insbesondere nicht gem. §§ 1629 Abs. 2, S. 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB ausgeschlossen. Der Anwendungsbereich des § 181 BGB ist hier nicht berührt, da die Vertretung sich auf einen mit der Beklagten und nicht um einen mit den Eltern abzuschließenden Vertrag handelte. Die Vorschrift des § 1641 S. 1 BGB, nach welcher die Eltern nicht in Vertretung des Kindes Schenkungen machen können, hinderte die Eltern der Klägerin ebenfalls nicht an der Erteilung des Überweisungsauftrages namens der Klägerin. Bereits dem Wortlaut nach erfasst die Vorschrift nur Rechtsgeschäfte zwischen Kindern als Schenkern und den Beschenkten, hindert die Eltern demgegenüber nicht im Außenverhältnis zur Bank zum Abschluss eines Überweisungsvertrages.

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Die Beklagte war schließlich auch nicht aus anderen Gründen berechtigt, den Abschluss des Überweisungsvertrages zu verweigern. Nach dem auch von der Beklagten anerkannten Prinzip der formalen Auftragsstrenge ist sie grundsätzlich nicht berechtigt, die Überweisungsaufträgen zugrundeliegenden Valutaverhältnisse, d. h. die Rechtsverhältnisse zwischen dem minderjährigen Kind und seinen Eltern, zu beachten. Allein eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs des Vertreters gegenüber dem Vertretenen könnte eine Prüfungspflicht der Beklagten begründen, unter Umständen mit dem Ergebnis, die verlangte Überweisung nicht auszuführen. Denn nur bei objektiv evidentem Missbrauch der elterlichen Vertretungsmacht liefe die Beklagte Gefahr, dass der vertretene Minderjährige den Überweisungsauftrag nicht gegen sich gelten lassen müsste. Der unstreitige Sachverhalt begründet massive Verdachtsmomente für einen Missbrauch der elterlichen Vertretungsmacht nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall nicht. Diese lassen sich aus der Rückschau nicht bereits damit begründen, dass das Amtsgericht Eckernförde auf Initiative der Beklagten hin und sich auf dem Kenntnistand der Beklagten befindend, die Eltern der Klägerin bat, ein Vermögensverzeichnis hinsichtlich der Vermögenswerte der Klägerin einzureichen. Diese Aufforderung geschah nicht, weil das Familiengericht seinerseits Anhaltspunkte für einen evidenten Missbrauch der elterlichen Vertretungsmacht sah. Gemäß § 1640 Abs. 1, S. 1 BGB haben die Eltern das ihrer Verwaltung unterliegende Vermögen des Kindes zu verzeichnen und dieses Verzeichnis dem Familiengericht einzureichen. Da das Familiengericht aufgrund fernmündlichen und anschließend schriftlichen Hinweises der Beklagten vom 04.03.2013 einen Hinweis darauf erhalten hatte, dass ein Betrag in Höhe von 140.000,00 € in das Vermögen der minderjährigen Klägerin übergegangen sein könnte, bestand Anlass, die Eltern zur Einreichung eines Vermögensverzeichnisses aufzufordern. Keineswegs ergibt sich aus dem Tätigwerden des Amtsgerichts allerdings ein konkreter Hinweis darauf, dass das Amtsgericht aus dem ihm mitgeteilten Sachverhalt bereits den konkreten Verdacht auf einen Vertretungsmissbrauch ableitete. Die Aufforderung zur Einreichung eines Vermögensverzeichnisses ergibt sich bereits aus dem Hinweis der Beklagten auf die eingegangene Gutschrift. Dem gegenüber hat das Amtsgericht Maßnahmen zur Abwendung einer drohenden Gefährdung des Kindesvermögens im Sinne von § 1666 Abs. 1 BGB nicht getroffen. Dem Schreiben des Amtsgerichts vom 16.08.2013 an die Beklagte lässt sich nicht entnehmen, dass das Amtsgericht zu irgendeiner Zeit davon ausgegangen ist, dass eine Gefährdung des Kindesvermögens in Betracht gezogen wurde. Wenn die Beklagte in ihrem an das Familiengericht gerichteten Schreiben vom 21.08.2013 zu referieren vorgibt, das Gericht habe Schreiben seinem vom 16.08.2013 mitgeteilt, es bestehe aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse „kein Anlass mehr, das Guthaben auf dem Kindeskonto zu sperren“, dann handelt es sich um eine unzutreffende Wiedergabe des amtsgerichtlichen Schreibens. Ergibt sich danach keinerlei Hinweis, dass das Familiengericht zu irgendeinem Zeitpunkt den Verdacht des Missbrauchs elterlicher Vertretungsmacht sah, ist erst Recht nicht festzustellen, dass die Beklagte angesichts derselben Umstände Anlass für die Annahme eines evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht hatte. Zur Begründung eines solchen Sachverhalts kann die Beklagte insbesondere nicht den formalen Aspekt anführen, dass das eingerichtete Girokonto der Klägerin nur für eigene Rechnung eingerichtet wurde. Dieser allein im Verhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits wirkende Umstand sagt nichts über das den Einzahlungen tatsächlich zugrunde liegende und allein maßgebliche Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und der Klägerin. Es belegt insbesondere nicht, dass dem nur eine Schenkung zugrunde gelegen haben kann. Gegen die Annahme evidenten Missbrauchs spricht hier insbesondere, dass die Mittel, die der Gutschrift auf dem klägerischen Girokonto zugrunde liegen, von den Eltern selbst stammen, was der Beklagten bekannt war. Es konnte deshalb nicht der Verdacht aufkommen, die Eltern der Klägerin wollten hier einen größeren Vermögenswert an sich bringen, der der Klägerin von dritter Seite zugewandt worden war. Die Beklagte kann sich danach auf keinen Sachverhalt berufen, der evident auf einen Missbrauchsverdacht hindeutete. Schließlich kann die Beklagte auch nicht anführen, dass die Eltern der Klägerin mit den gewünschten Kontobewegungen auf dem Girokonto der Klägerin beabsichtigten, gesetzliche Vorgaben zu umgehen. Abgesehen davon, dass es an hinreichend substantiierten Behauptungen zu konkreten Verdachtsmomenten gegen die Eltern der Klägerin fehlt, worauf sie gerichtsseits hingewiesen worden war, hat die Beklagte ihre Weigerung, die Überweisung auszuführen, tatsächlich offenkundig auf derartige Verdachtsmomente auch nicht gestützt. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte ohne erkennbar veränderte Umstände im Übrigen die Überweisung nunmehr vorgenommen hat, nachdem das Amtsgericht mitgeteilt hatte, dass eine Gefährdung des Kindesvermögens nicht festgestellt werden konnte. Nach alledem waren die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen.


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