Urteil vom Landgericht Magdeburg (9. Zivilkammer) - 9 O 1085/14

Tenor

1.) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 87.978,28 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.09.2014 zu zahlen.

2.) Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten in dessen Eigenschaft als ehemaliger Geschäftsführer der insolventen Elektro T GmbH Schadensersatz in Höhe von 87.978,28 € wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld.

2

Der Beklagte ist der ehemalige Geschäftsführer der inzwischen insolventen Elektro T GmbH in S.

3

Die Elektro T GmbH wurde mit dem Bau der Kabeltrasse von der M Windpark W GmbH & Co. KG im Rahmen der Errichtung der Windkraftanlage in W und von der M Windpark L GmbH & Co. KG im Rahmen der Errichtung der Windkraftanlage in L beauftragt. Die Elektro T GmbH beauftragte wiederum die Klägerin mit den notwendigen Bohrungen für den Bau der Kabeltrassen für beide Bauvorhaben.

4

Die Klägerin stellte mit den als Anlage K1 vorgelegten Rechnungen ihren Restwerklohn in Höhe von 87.978,28 € für die von ihr erbrachten Werkleistungen der Elektro T GmbH in Rechnung, nämlich mit der Rechnung Nr. 2013-13.1 für das Bauvorhaben L einen Restwerklohn in Höhe von 16.672,95 €, mit der Rechnung Nr. 2013-13.3 für das Bauvorhaben L einen Werklohn in Höhe von 16.908,80 €, mit der Rechnung Nr. 2013-26 für das Bauvorhaben W einen Restwerklohn 14.218,80 € und mit der Rechnung Nr. 2013-26.1 für das Bauvorhaben W einen Restwerklohn in Höhe von 40.177,65 €.

5

Die Elektro T GmbH glich diese Rechnungen nicht aus.

6

Am 201.2.2014 stellte die Elektro T GmbH einen Insolvenzantrag und das Insolvenzverfahren wurde vor dem AG Magdeburg unter der Geschäftsnummer 340 IN 1063/13 eröffnet.

7

Die Klägerin meint nunmehr, dass sie einen Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer der Elektro T GmbH habe, da die Elektro T GmbH die Vergütung für die von der Klägerin erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen als Baugeld von deren Auftraggeber erhalten habe.

8

Weiter behauptet die Klägerin, dass der Beklagte als Geschäftsführer der Beklagten das vereinnahmte Baugeld entgegen seiner Verpflichtung nicht an die Klägerin ausgezahlt habe, sondere für andere Zwecke verwendet habe.

9

Die Klägerin beantragt,

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den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 87.978,28 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz gemäß § 247 ZPO seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

13

Der Beklagte meint, die Voraussetzungen nach dem BaufordSiG seien nicht gegeben und es liege keine fällige Forderung vor.

14

Weiter trägt der Beklagte vor, dass die von der Klägerin erstellten Bohrprotokolle über die von dieser vorgenommenen Bohrleistung durch die M gerügt und nicht akzeptiert worden seien und aus diesem Grund auch im Rahmen der erstellten Abrechnungen nicht bezahlt worden seien.

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Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

16

Aufgrund des Beweisbeschlusses des Landgerichts Magdeburg vom 20.01.2014 hat das Gericht durch Vernehmung der Zeugen Jörn T und Heiko S Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2015 und 06.10.2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und begründet.

18

Der Klägerin hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 87.978,28 € aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1 BauFordSiG.

19

§ 1 BauFoSiG ist wie auch bereits der frühere § 1 GSB nach unumstrittener Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, in dessen persönlichen Anwendungsbereich, die am Bau tätigen Handwerker fallen.

20

Die Voraussetzungen des § 1 BauFordSiG liegen auch vor, weshalb die Klägerin auch einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB hat.

21

Der Klägerin stehen gegen die in Insolvenz verfallene Elektro T GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte war, offene Werklohnforderungen in Höhe der Klageforderung zu. Entgegen der Auffassung des Beklagten reicht es, wenn die betreffende Werklohnforderung ausweislich der als Anlage K 4 vorgelegten Mitteilung des Insolvenzgerichts vom 23.06.2014 zur Tabelle festgestellt ist.

22

Ferner steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Elektro T GmbH Baugeld in die Klageforderung weit übersteigender Höhe erhalten hat.

23

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Elektro T GmbH auch Baugeldempfängerin im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG. Bei dem von der M Windpark W GmbH & Co. KG und der M Windpark L GmbH & Co. KG gezahlten Geld handelt es sich um Baugeld und daher ist die Elektro T als Baugeldempfängerin im Sinne des BauFordSiG zu qualifizieren.

24

Nach der Neufassung des § 1 BauFoSiG ist auch ein Unternehmer, der nur ein Teilgewerk des Baus zu erbringen hat, so wie die Elektro T GmbH im Rahmen der Bauvorhaben W und L, die mit dem Bau der Kabeltrasse für die beiden Windkraftanlagen beauftragt war, als Baugeldempfänger im Sinne der Vorschrift anzusehen sein.

25

Nach dem Wortlaut unterfällt die nunmehr insolvente Elektro T GmbH ohne Not der Definition einer Baugeldempfängerin im Sinne des § 1 BauFordSiG (vgl. LG Klewe, BeckRS 2015, 10786).

26

§ 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG definiert Baugeld als Beträge, die der Empfänger von einem Dritten für eine im Zusammenhang mit der Herstellung des Baues oder Umbaus stehende Leistung, die der Empfänger dem Dritten versprochen hat, erhalten hat, wenn an dieser Leistung andere Unternehmer aufgrund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrags beteiligt waren.

27

Die Elektro T GmbH erhielt Zahlungen von der M Windpark W GmbH & Co. KG und der meridian Windpark L GmbH & Co. KG im Zusammenhang mit deren Bauvorhaben in W und in L für den Bau der Kabeltrasse des Windparks L und des Windparks W. An dieser Leistung war die Klägerin aufgrund des zwischen dieser und der Elektro T GmbH geschlossenen Vertrages über die Erbringung der dafür notwendigen Bohrleistungen für den Bau der Kabeltrasse beteiligt.

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Danach war die Elektro T GmbH zwar keine Generalunternehmerin, entgegen der Auffassung des Beklagten war diese dennoch Baugeldempfängerin.

29

Vor dem Inkrafttreten des BauFordSiG entsprach es zwar ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum bis dahin geltenden GSB, dass der lediglich mit einem Teil des Baus beauftragte, nicht Empfänger von Baugeld ist (vgl. BGH, BauR 2000, 573). Baugeldempfänger konnten nach dieser Rechtsprechung nur Bauträger, Generalunternehmer und Generalübernehmer sein, da nur diese sich hinsichtlich des Teils der ihnen als Vergütung gezahlten Beträge einem Treuhänder annähern. Eine solche Treuhändereigenschaft fehlte nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei demjenigen, der nur Teilbereiche des Bauvorhabens verrichtet.

30

Nach der nunmehrigen Änderung der Rechtslage und Neufassung des Gesetzes ist das Erfordernis entfallen, eine treuhänderähnliche Stellung für die Baugeldempfängereigenschaft zu verlangen (Werner Pastor, Der Bauprozess, 15 Auflage, Rn. 2379; LG Klewe, BeckRS 2015, 10786). Dieser Ansatz der bisher geltenden Rechtsprechung hat nämlich keinen Eingang in den Gesetzestext des BauFordSiG gefunden.

31

Darüber hinaus wurde durch das am 01.01.2009 in Kraft getretene BauFordSiG der bisherige Baugeldbegriff nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG erweitert. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung. Diese lässt nämlich darauf schließen, dass mit der Neuregelung des BauFordSiG eine Erweiterung des Baugeldbegriffs einhergehen sollte.

32

Insoweit heißt es in der Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur dinglichen Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen (BauFordSiG) wörtlich: „In Nummer 2 wird der Baugeldbegriff erweitert und konkreter an der Neufassung des § BGB § 641 BGB ausgerichtet. Es sind alle Gelder erfasst, die ein Unternehmer in der Kette nach dem Bauherrn erhält, auch Eigenmittel.“ (vgl. BT-Drucksache 15/3594, S. 23).

33

Dafür spricht auch die Zielstellung der Gesetzesänderung. Erklärtes Ziel des BauFordSiG war es, die Zahlungsmoral vor allem in der Baubranche zu stärken. Dem tatsächlichen Missstand, dass Hauptunternehmer Zahlungen ihrer Auftraggeber für (Teil-) Leistungen der Subunternehmer entgegennehmen und den auf die Subunternehmerleistung entfallenden Teil der Vergütung nicht weiterleiten, sollte abgeholfen werden.

34

Aus diesen Gründen ist entgegen der Auffassung des Beklagten der Ansicht des Landgericht Limburg nicht zu folgen, die Formulierung in § 1 Abs. 3 BauFordSiG „alle Gelder“ solle nur den Umfang der maßgeblichen Gelder über die grundpfandrechtlich gesicherten hinaus beschreiben (vgl. LG Limburg, BeckRS 2013, 14552).

35

Mit dieser Einschätzung korreliert die Empfehlung des Rechtsausschusses vom 25.06.2008, die angedachten Änderungen zum BauFordSiG nicht zurückzustellen, um die nachhaltigen Verbesserungen für Handwerker zu schaffen, die am Ende einer längeren Lieferkette stehen (vgl. BT-Drucksache 16/9787, S. 19).

36

Danach ist vielmehr in jeder Zahlung des jeweiligen in der Vertragskette vorgelagerten Auftraggeber an seinen jeweiligen Nachmann Baugeld zu sehen (vgl. LG Klewe, BeckRS 2015, 10786).

37

Nimmt man somit an, ein Nachunternehmer, der nur mit der Erstellung eines Teilgewerks beauftragt ist, könne unter der Voraussetzung, dass ihm ein Generalunternehmer erhaltenes Baugeld auszahle, dadurch Empfänger von Baugeld nach Nr. 2 werden, solange er nicht das letzte Glied der Kette darstelle, ist kein Grund ersichtlich, ihm diese Eigenschaft nicht zuzuschreiben, sollte er direkt vom Bauherren mit der Erstellung eines Teilgewerks beauftragt werden.

38

Aus den beschriebenen Gründen geht das Gericht deshalb von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des BauFordSiG auf den vorliegenden Fall aus.

39

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist auch davon auszugehen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Beträge von der M Windpark W GmbH & Co. KG und der M Windpark L GmbH & Co. KG an die Elektro T GmbH geflossen sind. Insoweit hat der Zeuge Heiko S in seiner Vernehmung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 06.102015 überzeugend ausgesagt, dass die M alle die Klägerin betreffenden Leistungen, nämlich die als Anlage K6 vorgelegten von der Elektro T GmbH insoweit gestellten Abschlagsrechnungen bezahlt hat. Darüber hinaus hat der Zeuge Heiko S in seiner Vernehmung im Termin zur mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt, dass die M auch mit der Leistung der Klägerin zufrieden war und es insoweit keine Beanstandungen gab.

40

Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass diese Aussage zwar im Widerspruch mit der Aussage des Zeugen Jörn T steht, der insoweit ausgesagt hat, dass die M nicht mit den Leistungen der Klägerin zufrieden war und daher auch nur teilweise die Abschlagsrechnungen insoweit ausgeglichen hat, nämlich auf die 7. Abschlagsrechnung für das Bauvorhaben W nur 12.642,58 €, für die 8. Abschlagrechnung für das Bauvorhaben W gar nichts und für die 9. Abschlagsrechnung für das Bauvorhaben L nur 48.269,09 €.

41

Das Gericht hat jedoch keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Heiko S. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass dieser im Gegensatz zu dem Zeugen Jörn T, der der Sohn des Beklagten ist, aufgrund der fehlenden Nähe zu einer Partei kein Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Darüber hinaus ist hervorzuheben, dass der Zeuge Heiko S in seiner Vernehmung sehr überlegt und ruhig wirkte.

42

Auch nach Vorhalt der anders lautenden Aussage des Zeugen Jörn T blieb der Zeuge Heiko S bei seiner Aussage und belegte diese mit den entsprechenden Überweisungsbelegen, die als Anlage zum Protokoll der Mündlichen Verhandlung vom 06.10.015 genommen worden sind. Hieraus ergibt sich eindeutig, dass alle die Leistung der Klägerin betreffenden Abschlagsrechnungen ausgeglichen worden sind, nämlich hinsichtlich der 8. Abschlagsrechnung 26.396,58 €, hinsichtlich der 7. Abschlagsrechnung 15.045,15 € und hinsichtlich der 9. Abschlagsrechnung
57.440,22 €.

43

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Elektro T GmbH von der M aufgrund dieser Abrechnungen für die Leistungen der Klägerin insgesamt 98.881,95 €, die sie nicht an diese ausgereicht hat.

44

Ungeachtet dessen liegt auch ein Fall von § 1 Abs. 3 Nr. 1 BauFordSiG vor. Nach der Legaldefinition vom § 1 Abs. 3 Nr. 1 BauFordSiG zählen hierzu Beträge, die zum Zwecke der Bestreitung der Kosten eines Baus in der Weise gewährt werden, dass zur Sicherung der Ansprüche des Geldgebers eine Hypothek oder Grundschuld an dem zu bebauenden Grundstück dient oder die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück erst nach gänzlicher oder teilweiser Herstellung des Baues erfolgen soll.

45

Nach der Beweisaufnahme, nämlich der Vernehmung des Zeugen Heiko S, kann davon ausgegangen werden, dass die von der M an die Elektro T GmbH ausgereichten Beträge aus einem Darlehen herrühren, das die Bank gegen Einräumen eines Grundpfandrechts als Sicherheit gewährt hat. Der Zeuge Heiko S hat hierzu ins seiner Vernehmung angegeben, dass die von der M gezahlten Beträge Werklohn im Zusammenhang mit der Errichtung eines Baus war, nämlich der Windparks in W und L sowie deren Anbindung an das Stromnetz zur Einspeisung der produzierten Energie und dass die gezahlten Beträge aus Darlehen stammen, welche grundpfandrechtlich gesichert sind sowie dass die damit zur Verfügung gestellten Mittel an das Projekt gebunden waren und insoweit auch ein Mittelnachweis erstellt werden musste.

46

Der Beklagte hat auch als Geschäftsführer der Elektro T GmbH gegen die ihm nach § 1 BauFordSiG obliegende Verwendungspflicht verstoßen. Die nach dem Zeugen Heiko S ausgereichten Baugelder sind unstreitig nicht mehr vorhanden. Der Baugeldgläubiger hat einen Verstoß gegen die Verwendungspflicht nach § 1 Abs. 1 BauFordSiG darzulegen und zu beweisen. Zur schlüssigen Darlegung des Schadensersatzanspruches reicht aber der hier erbrachte Nachweis, dass der Verwendungspflichtige Baugeld in mindestens der Höhe der Forderung des Baugläubigers empfangen hat und von diesem Geld nichts mehr vorhanden ist, ohne dass eine fällige Forderung des Baugläubigers befriedigt worden wäre. Es ist dann Sache des Baugeldempfängers, die ordnungsgemäße Verwendung des Baugeldes, d.h. seine Auszahlung an andere Baugläubiger, darzulegen (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 141; OLG Hamburg, BauR 1994, 123; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 1363).

47

Darüber hinaus genießt die Klägerin eine Beweiserleichterung, da die Vermutungsregelung nach § 1 Abs. 4 BauFordSiG Anwendung findet. Es ist daher Sache des beklagten, die ordnungsgemäße Verwendung des Baugeldes, d.h. seine Auszahlung an andere Baugläubiger oder den hälftigen angemessenen Wert der Eigenleistung nach § 1 Abs. 2 BauFordSiG darzulegen.

48

Erforderlich ist jedoch eine substantiierte Darlegung und Aufschlüsselung dahin, welche Zahlungen auf das Bauwerk geleistet worden sind und in welcher Art und Weise empfangenes Baugeld an die jeweiligen Bauhandwerker weitergeleitet worden ist (vgl. OLG Dresden, NJW-RR 1999,1469)

49

Dies ist dem Beklagten vorliegend nicht gelungen, insbesondere nicht in den Schriftsätzen der Beklagtenvertreterin vom 30.06.2015 und 30.09.2015, weshalb von einem Pflichtenverstoßes Beklagten auszugehen ist.

50

Hierauf hat das Gericht auch mehrfach hingewiesen. Dennoch ist es dem Beklagten auch mit dem letzten Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.09.2015 nicht gelungen, den Vortrag hinreichend zu substantiieren. Aufgrund des Hinweise des Gerichtes hierzu bereist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.01.015, worauf sogar der Klägervertreter in seinem Schriftsatz vom 28.07.2015 hingewiesen hat, war dem Beklagten entgegen des Antrages seiner Prozessbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 06.10.2015 ein Schriftsatznachlass auf diesen Hinweis nicht zu gewähren. Vielmehr bestand keine Pflicht des Gerichtes erneut darauf hinzuweisen, dass der Vortrag der Beklagtenseite immer noch nicht ausreicht und schon gar nicht hierfür ein Schriftsatznachlass zu gewähren.

51

Zum einen ist bereits die Liste der erhaltenen Baugelder in den Schriftsätzen der Beklagtenvertreterin vom 30.06.2015 und 30.09.2015 unvollständig, wie die Beweisaufnahme ergeben hat. Insoweit findet sich dort nirgends die von dem Zeugen Heiko S glaubhaft bekundete und durch den Überweisungsträger belegte Zahlung für die 8. Abschlagsrechnung für das Bauvorhaben W. Außerdem stimmen die dort aufgeführten Beträge nicht mit den Überweisungsträgern belegten Zahlungsbeträgen überein.

52

Darüber hinaus ist in den Schriftsätzen vom 30.06.2015 und 30.09.2015 nicht ersichtlich, dass die dort in der Liste aufgeführten Unternehmen tatsächlich ebenfalls Baugläubiger gewesen sind. Zudem steht die Liste, in der über 41verschiedene Unternehmen aufgelistet sind, im Widerspruch zu den Angaben des Zeugen Jörn T, der angegeben hat, lediglich mit drei weiteren Subunternehmern zusammengearbeitet zu haben und ansonsten nur Material eingekauft oder ausgeliehen zu haben. Von über 41 Unternehmen war insoweit jedoch keine Rede. Darüber hinaus ist auch diese Liste unvollständig, da die an die Klägerin getätigte Zahlung in Höhe von 5.000,00 € nicht vermerkt ist. Insoweit ist jedoch unstreitig, dass 5.000,00 € an die Klägerin gezahlt worden sind. Darüber hinaus hat der Beklagte trotz mehrfacher Ankündigung die Originalkontoauszüge, genau wie das Baubuch, nie vorgelegt.

53

Schlussendlich sind auch die Eigenleistungen nicht hinreichend substantiiert dargestellt worden. Dahinstehen kann daher die Frage, ob der Einbehalt des Baugeldes für Eigenleistungen an weitere Voraussetzungen - wie die Eintragung im Baubuch vor der Entnahme und vor der weiteren Verwendung des Baugeldes - gebunden ist.

54

Der Beklagte hat insoweit bereits nicht die behaupteten und klägerseits bestrittenen Eigenleistungen der Elektro T GmbH nicht schlüssig dargelegt. Insoweit hat der Beklagte schon nicht dargelegt in welchem Umfang und in welcher Art die Elektro T GmbH Eigenleistungen erbracht hat, so dass auch eine Entscheidung über den hälftigen angemessenen Eigenanteil nicht möglich ist.

55

Darüber hinaus gilt, dass soweit die Baugelder - wie vorliegend - nach Bautenstand in Raten ausgezahlt werden, die Verwendungsregeln des § 1 Abs. 2 BauFordSiG für jede einzelne Rate gilt (vgl. RGZ 84, 188; Schulze-Hagen, NJW 1986, 2407). Dies hat zur Folge, dass der selbst bei der Herstellung beteiligte Baugeldempfänger davon nur so viel behalten darf, dass damit 50 % seiner mit dieser Rate abzugeltenden Leistungen abgedeckt werden. Von dem Rest muss er die Forderungen all der Baubeteiligten befriedigen, die für diesen Bauabschnitt, für den die Rate bestimmt war, Leistungen erbracht haben. Sind diese befriedigt, so darf er alles, was von dieser Rate noch nicht verbraucht ist, auf seine Leistungen anrechnen. Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass die Beteiligung des Baugeldempfängers am Baugeld auf die der jeweiligen Rate korrespondierenden Eigenleistungen beschränkt ist (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 728). Damit soll verhindert werden, dass der Baugeldempfänger das Entnahmerecht auf Kosten der Baugläubiger zu seiner Vorwegbefriedigung einsetzt. Diesem Grundgedanken trägt die lediglich monatsweise und auf die Eigenleistungen beschränkte Darstellung des Beklagten auch nicht Rechnung.

56

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Elektro T GmbH mithin Baugeld in mindestens der Höhe der Forderung der Klägerin empfangen und von diesem Betrag ist nichts mehr vorhanden, ohne dass eine fällige Forderung der Klägerin befriedigt worden ist.

57

Der Klägerin ist durch die zweckwidrige Verwendung des Baugeldes auch ein Schaden entstanden. Dieser besteht aus der zur Zahlung ausstehenden Bauforderung in Höhe der geltend gemachten Klageforderung.

58

Für den Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1 BauFordSiG ist die vorsätzliche Verletzung der Baugeldverwendungspflicht erforderlich (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 141). Die maßgeblichen Elemente des Vorsatzes sind daher die Kenntnis der die Baugeldeigenschaft begründenden Umstände, des Empfangs von Baugeld sowie von dessen zweckwidriger Verwendung (OLG Dresden, Urteil vom 10.12.1998, Az. 19-U-1807/97). Dabei ist auf die Person des Handelnden, bei Kapitalgesellschaften auf die nach § 14 StGB verantwortliche Person abzustellen (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 141), wobei bedingter Vorsatz genügt.

59

Der Beklagte hatte Kenntnis - jedenfalls in Form des bedingten Vorsatzes - von der Tatsache, dass es sich um Baugeld handelte. Denn Vorsatz liegt auch dann vor, wenn der Baugeldempfänger die baugeldbegründenden Umstände für möglich oder nicht ganz fernliegend hielt und einen Verstoß gegen die Verwendungspflicht gegen diesen Fall billigend in Kauf nahm oder sich zumindest damit abfand (vgl. BGH, BauR 1991, 237). So liegt hier der Fall.

60

Bauvorhaben werden regelmäßig durch Darlehen von Banken finanziert, die sich durch entsprechende Grundpfandrechte absichern. Dabei ist auch nicht zu übersehen, dass eine Absicherung von Krediten durch Grundpfandrechte mit erheblichen Vorteilen verbunden ist, insbesondere mit geringeren Zinsen. Der Beklagte hat keinerlei Umstände für die Annahme vorgetragen, dass der Bauherr Rücklagen gebildet habe, die es ihm ermöglicht hätten, das Bauvorhaben ohne Darlehen zu finanzieren. Der Beklagte hat als Geschäftsführer der Elektro T GmbH das Vorliegen von Baugeld mithin billigend in Kauf genommen, wenn er sich keine näheren Kenntnisse darüber verschafft hat, wie die Bauherrin die Mittel zur Bestreitung der Baukosten aufgebracht hat und woher diese kommen, sondern insofern gleichgültig bleibt (vgl. OLG Dresden, OLGR 2000, 44; OLG Dresden, Urteil vom 23.06.1999, Az. 12-U-637/99, OLG-NL 1999). Im Hinblick auf das nicht unerhebliche Gesamtvolumen musste der Beklagte die Begründung von Baugeld als wahrscheinlich in Betracht ziehen. Denn ab einer gewissen Größenordnung muss bei nahezu allen Bauvorhaben ernsthaft mit der Inanspruchnahme von Fremdmitteln gerechnet werden. Dem Beklagten musste als Geschäftsführer einer GmbH bewusst gewesen sein, dass solche Zahlungen in der Regel fremdfinanziert und grundpfandrechtlich abgesichert sind. Ob er im konkreten Fall die Bestimmung des § 1 BauFordSiG kannte, ist unerheblich. Als Geschäftsführer muss er sie kennen und befindet sich ggf. in einem vermeidbaren Verbotsirrtum (vgl. BGH, NJW-RR 1990, 914; OLG Dresden, OLGR 2000, 44; OLG Bamberg, IBR 2001, 310).

61

Der Beklagte ist Schadensersatzschuldner, weil er als Geschäftsführer der Elektro T GmbH und Baugeldempfänger die deliktische Verantwortung für die Zweckentfremdung von Baugeld trägt (vgl. OLG, Dresden, BauR 2002, 486). Der Beklagte als ehemaliger Geschäftsführer der GmbH haftet hierbei persönlich. Zwar ist ein haftungsrechtlicher Zugriff auf den Geschäftsführer einer GmbH grundsätzlich nicht möglich. Für den Fall, dass der Empfänger des Baugeldes eine juristische Person ist, haften aber ausnahmsweise die Geschäftsführer persönlich. Der Sinn und Zweck der Regelung, nämlich die zweckgerechte Verwendung des Baugeldes, würde nicht erfüllt, wenn im Falle der Bauträgerinsolvenz ein Zugriff auf die verfügungsbefugten natürlichen Personen unmöglich wäre. Wenn und soweit der Geschäftsführer einer baugeldempfangenden GmbH vorsätzlich gegen seine Verwendungspflicht aus § 1 BuFordSiG verstoßen hat und deshalb die Werklohnforderungen Dritter nicht erfüllt, ist deshalb eine Verurteilung des Geschäftsführers persönlich möglich (vgl. BGH, BauR 1986, 370; BGH, VersR 1984, 1071; BGH, VersR 1982, 193).

62

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf die von ihr geltend gemachten Zinsen aus §§ 288 Abs. 2, 291 BGB.

63

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

64

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckung folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

65

Der Streitwert wird nach §§ 63 Abs. 2, 48 Abs. 1, 43 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO auf Gebührenstufe bis 90.000,00 € festgesetzt.


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