Beschluss vom Landgericht Mannheim - 4 Qs 39/17; 4 Qs 42/17

Tenor

Die Beschwerden der V. GmbH, vertreten durch Dr. B. und Dr. H., vom 26. Oktober 2017 und 27. Oktober 2017 gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Mannheim vom 06. Oktober 2017, Az. 42 Gs 1674/17 und 42 Gs 1678/17, werden kostenpflichtig (§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht Mannheim ordnete in dem von der Staatsanwaltschaft zum damaligen Zeitpunkt noch gegen Unbekannt geführten Ermittlungsverfahren mit den mit der Beschwerde angegriffenen Beschlüssen vom 06.10.2017 wegen des Verdachts der Brandstiftung die Auskunftserteilung über Verkehrsdaten, einschließlich der gespeicherten Standortdaten i.S.d. §§ 96, 113b TKG, die u.a. betreffend den Anschluss 0173-(…) vom 15.09.2017, 15:00 Uhr, bis 16.09.2017, 03:00 Uhr angefallen sind, gem. §§ 100g Abs. 2 S. 1 und S. 2 Nr. 1h, 100g Abs. 1 Nr. 1, 100a Abs. 2 Nr. 1s, 101a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2, 100a Abs. 3 und 4, 100e StPO sowie die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin gem. §§ 103, 105, 94, 98 StPO nach Speichermedien, auf denen die oben genannten Verkehrsdaten gespeichert sind, sowie deren Beschlagnahme an. Vorangegangen war dieser Anordnung ein weiterer Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 22.09.2017, Az. 42 Gs 1587/17, in dem die Beschwerdeführerin gem. §§ 100g Abs. 1 und Abs. 2 StPO zur Auskunftserteilung über die zuvor genannten Verkehrsdaten (einschließlich Standortdaten) i.S.d. §§ 96, 113b TKG verpflichtet worden war, aber daraufhin nur Verbindungsdaten und keine Standortdaten übermittelt hatte, was die Staatsanwaltschaft veranlasste, nochmals die Auskunftserteilung und zudem die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin zu beantragen.
Bei Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses hat die Beschwerdeführerin sodann die gem. § 96 TKG gespeicherten Standortdaten herausgegeben.
Mit ihrer Beschwerde greift sie die Anordnung der Auskunftserteilung über Verkehrsdaten - soweit sie sich auf die Herausgabe von Standortdaten bezieht - sowie den Durchsuchungsbeschluss insbesondere deshalb an, da eine Erhebung retrograder Standortdaten durch die Strafverfolgungsbehörden gem. §§ 94, 98, 100g und 103 StPO sie in ihren Grundrechten verletze. Zudem seien die Beschlüsse auch vor dem Hintergrund, dass gemäß einer Entscheidung des OVG Münster die in §§ 113a ff. TKG vorgesehenen Speicherpflichten mit dem Recht der Europäischen Union nicht vereinbar seien und die Bundesnetzagentur daraufhin erklärt habe, die Speicherpflichten bis auf weiteres nicht durchzusetzen, rechtswidrig. Eine Erhebung der nach § 96 TKG gespeicherten retrograden Standortdaten sei in der derzeit gültigen Fassung von § 100g StPO nicht vorgesehen.
II.
Die von den Vertretern der Beschwerdeführerin eingelegten Beschwerden sind zwar gem. § 304 StPO zulässig, in der Sache aber unbegründet. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Mannheim vom 06.10.2017 waren rechtmäßig.
Die Auskunftserteilung der bei der Beschwerdeführerin gespeicherten Daten und deren zwangsweise Sicherstellung konnten mit den Beschlüssen vom 06.10.2017 angeordnet werden, da die Beschwerdeführerin auf die rechtmäßige Auskunftsanordnung vom 22.09.2017 hin die Auskunft nicht bzw. nur unvollständig erteilt hatte. Eine Umgehung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 100g StPO ist damit gerade nicht verbunden (siehe Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 100g Rn. 44).
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 22.09.2017, Az. 42 Gs 1587/17, in dem die Beschwerdeführerin gem. §§ 100g Abs. 1 und Abs. 2 StPO zur Auskunftserteilung über die bereits genannten Verkehrsdaten (einschließlich Standortdaten) i.S.d. §§ 96, 113b TKG verpflichtet worden war, erging frei von Rechtsfehlern.
a. Die Voraussetzungen für die Anordnung zur Übermittlung der bereits angefallenen und noch anfallenden Verkehrsdaten, einschließlich der Standortdaten, waren gem. §§ 100g Abs. 2, S. 1, S. 2 Nr. 1h, 100e StPO i.V.m. § 113b Abs. 2 bis 4 TKG für den gesamten betroffenen Zeitraum erfüllt. Es lag insbesondere der notwendige Verdacht auf Begehung einer Katalogstraftat gem. § 100g Abs. 2 Nr. 1h StPO, die auch im Einzelfall schwer wiegt, vor.
b. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann § 100g Abs. 2 StPO nach der aktuellen Gesetzeslage auch volle Geltung beanspruchen. So hat das BVerfG die zwei unmittelbar nach Inkrafttreten der neuen Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung eingereichten Eilanträge auf deren Außerkraftsetzung mit den Beschlüssen vom 8.6.2016 - 1 BvR 229/16 und 1 BvQ 42/15 - zurückgewiesen. Das BVerfG hat hierzu insbesondere ausgeführt, dass die anlasslose Bevorratung sensibler Daten über praktisch jedermann für staatliche Zwecke zwar einen erheblichen Einschüchterungseffekt bewirken kann, weil das Gefühl entsteht, ständig überwacht zu werden. Der in der Speicherung für Einzelne liegende Nachteil verdichtet und konkretisiert sich aber erst durch den Abruf der Daten zu einer möglicherweise irreparablen Beeinträchtigung, der nur unter den qualifizierten Voraussetzungen von § 100g Abs. 2 StPO möglich ist. Angesichts dieser qualifizierten Voraussetzungen hat das öffentliche Strafverfolgungsinteresse derartiges Gewicht, dass die Aussetzung der Vorschriften durch eine einstweilige Anordnung trotz der für den Einzelnen entgegenstehenden Nachteile nicht geboten ist (vgl. hierzu auch BeckOK StPO/Bär, 28. Ed. 22.07.2017, StPO § 100g Rn. 52-58). Dass Unionsrecht dazu verpflichten könnte, die angegriffenen Vorschriften außer Kraft zu setzen, ist nach Auffassung des BVerfG nicht ersichtlich (BVerfG, Beschluss vom 08.06.2016 - 1 BvR 229/16, BeckRs 2016, 48517).
Der EuGH hat unabhängig hiervon in zwei verbundenen Vorabentscheidungsersuchen zu Art. 15 der RL 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation in der durch die RL 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 geänderten Fassung), die vom OVG Stockholm und vom Berufungsgericht für England und Wales eingereicht worden waren und die nationalen Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung in Schweden und im Vereinigten Königreich betreffen, mit Urteil vom 21.12.2016 (NJW 2017, 717) unter anderem Folgendes ausgeführt: Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die für Zwecke der Bekämpfung von Straftaten eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung sämtlicher Verkehrs- und Standortdaten aller Teilnehmer und registrierten Nutzer in Bezug auf alle elektronischen Kommunikationsmittel vorsieht. Er ist des Weiteren dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die den Schutz und die Sicherheit der Verkehrs- und Standortdaten, insbesondere den Zugang der zuständigen nationalen Behörden zu den auf Vorrat gespeicherten Daten zum Gegenstand hat, ohne im Rahmen der Bekämpfung von Straftaten diesen Zugang ausschließlich auf die Zwecke einer Bekämpfung schwerer Straftaten zu beschränken, ohne den Zugang einer vorherigen Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsbehörde zu unterwerfen und ohne vorzusehen, dass die betreffenden Daten im Gebiet der Union auf Vorrat zu speichern sind.
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Das OVG Münster hat daraufhin mit Beschluss vom 22.6.2017 (Az. 13 B 238/17, BeckRS 2017, 114873) für den dortigen Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung zur anlasslosen Speicherung von Verkehrsdaten nach § 113b TKG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorläufig ausgesetzt, da die nationalen Regelungen zur Speicherpflicht gegen die europarechtlichen Vorgaben des EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2016 verstoßen würden. Zudem hat die Bundesnetzagentur auf Grund dieser Entscheidung erklärt, auf eine gem. § 149 TKG mögliche Verhängung von Bußgeldern gegen die Provider, welche die Vorgaben der §§ 113a–113g TKG ab dem 1.7.2017 nicht umsetzen, bis auf weiteres zu verzichten. Die Entscheidung des OVG Münster entfaltet jedoch ausschließlich Wirkung gegenüber dem dortigen Antragsteller. Eine verbindliche Entscheidung über die Verfassungs- und Europarechtskonformität des Vorratsdatenspeicherungsgesetzes haben allein das BVerfG oder der EuGH zu treffen (vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung, „Zu den Auswirkungen auf den Strafprozess bei einer möglicherweise bestehenden Unvereinbarkeit des Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten mit dem EuGH-Urteil v. 21.12.2016 zur Vorratsdatenspeicherung“, WD 7, 3000-191/16). Darüber hinaus betrifft die Entscheidung des OVG ausschließlich § 113b TKG, nicht § 100g StPO. Dementsprechend hat das OVG Münster bei seiner Entscheidung die in § 100g StPO normierten, qualifizierten Voraussetzungen für den Abruf bei der Prüfung der europarechtlichen Vorgaben nicht berücksichtigt.
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Nach Auffassung der Kammer ist auch sonst nicht ersichtlich, dass Verfassungs- oder Unionsrecht derzeit dazu verpflichten könnte, § 100g StPO und §§ 113a, 113b TKG nicht anzuwenden.
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Das BVerfG hat mit Beschluss vom 26.03.2017 - Az. 1 BvR 3156/15 - entschieden, dass auch nach dem Urteil des EuGH vom 21.12.2016 aus den unveränderten Gründen der Beschlüsse vom 8.6.2016 - 1 BvR 229/16 und 1 BvQ 42/15 - eine Außerkraftsetzung von § 100g StPO und §§ 113a, 113b TKG nicht in Betracht kommt. Dem stehen nach der Entscheidung des BVerfG auch nicht die Anforderungen des Unionsrechts an nationale Bestimmungen für den Erlass vorläufiger Maßnahmen zur Aussetzung der Anwendung nationaler Bestimmungen bei Unionsrechtswidrigkeit entgegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.03.2017, Az. 1 BvR 3156/15).
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Das Urteil des EuGH vom 21.12.2016 bezieht sich nicht auf deutsches Recht, sondern auf Gesetze von Schweden und des Vereinigten Königreiches, die keine klaren und präzisen Regeln sowie keine grundsätzliche vorherige richterliche Kontrolle für den Zugang zu auf Vorrat gespeicherten Daten vorsehen (vgl. hierzu Generalanwalt beim EuGH Schlussantrag v. 19.7.2016 – C-698/15, BeckRS 2016, 81559). Die Kammer hegt auf Grund der restriktiven Vorgaben der deutschen Regelung derzeit keine Zweifel an deren Vereinbarkeit mit Unionsrecht und sieht daher keine Veranlassung, ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV zu stellen. Statt einer auf der Ebene der Speicherung nicht erfüllbaren Beschränkung stellen die deutschen Bestimmungen den Abruf der Standortdaten unter einen absoluten Richtervorbehalt, (§§ 101a, 100e StPO), machen ihn insbesondere vom Vorliegen eines Verdachts hinsichtlich einer auch im Einzelfall besonders schweren Katalogtat abhängig (§ 100g Abs. 2 StPO) und sehen vielfältige Rechtsschutzmöglichkeiten (insbesondere § 101a Abs. 6, 101 Abs. 5-7 StPO) sowie umfassende Garantien für einen wirksamen Schutz der gespeicherten personenbezogenen Daten (§ 101a StPO) vor (vgl. Bär, NZWiSt 2017, 81, beck-online; BeckOK StPO/Bär, 28. Ed. 22.07.2017, StPO § 100g Rn. 52-58).
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c. Wenn die Netzbetreiber auf Grundlage der Entscheidung des OVG Münster und der Erklärung der Bundesnetzagentur seit dem 01.07.2017 Vorratsdaten i.S.d. § 113b TKG nicht speichern, hat dies somit zur Folge, dass für die Sicherheitsbehörden solche Standortdaten für einen Abruf nach § 100g Abs. 2 StPO nicht zur Verfügung stehen. Da die Rechtmäßigkeit des Abrufs hierdurch aber nicht berührt wird, ist es jedenfalls zulässig, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 100g Abs. 2 StPO auf nach § 96 TKG gespeicherte Vorratsdaten zurückzugreifen, auch wenn deren Abruf auf der Grundlage von § 100g Abs. 1 StPO nach § 12 EGStPO nur bis zum 29.07.2017 möglich war (vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2017, Az. 12 Qs 31/17 und LG Hamburg, Beschluss vom 29.08.2017, Az. 604 Qs 14/17).
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Eine direkte Anwendung von § 100g Abs. 2 StPO i.V.m. § 96 TKG kommt nicht in Betracht, da § 100g Abs. 2 StPO ausschließlich auf § 113b TKG verweist. Den Fall, dass Daten i.S.v. § 113b TKG nicht abgerufen werden können, weil die Netzbetreiber die gesetzlichen Speicherpflichten nicht umsetzen, hat der Gesetzgeber nicht geregelt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass er für den verfahrensgegenständlichen Fall auch einen Abruf der nach § 96 TKG gespeicherten Daten über § 100g Abs. 2 StPO zugelassen hätte, wenn er ihn bei Erlass des Gesetzes gekannt hätte. Denn schon aus der Normierung der Übergangsfrist selbst ergibt sich der Wille des Gesetzgebers, dass insbesondere beim Verdacht auf Begehung einer Katalogstraftat gem. § 100g Abs. 2 StPO lückenlos retrograde Standortdaten abgerufen werden sollen. Das Ende der Übergangsfrist wurde vom Gesetzgeber in Erwartung der Umsetzung der Speicherpflicht nach § 113b StPO ab dem 01.07.2017 (vgl. § 150 Abs. 13 TKG) auf den 29.07.2017 bestimmt. Nach Auffassung der Kammer müssen retrograde Standortdaten - unabhängig davon, ob sie nach § 96 TKG oder nach § 113b TKG gespeichert wurden - wegen des überragenden öffentlichen Interesses an einer wirksamen Verfolgung schwerer Straftaten (vgl. hierzu BVerfG Beschl. v. 8.6.2016 – 1 BvQ 42/15, BeckRS 2016, 48515 und BVerfG, Beschluss vom 11.3.2008 - 1 BvR 256/08) unter den gegenüber § 100g Abs. 1 StPO qualifizierten Voraussetzungen des § 100g Abs. 2 StPO weiterhin abgerufen werden können. Dies gilt insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden, bei denen die Standortdaten geeignet sind, neue Hinweise für die Ermittlung der Täter zu erlangen und andere erfolgversprechende Ermittlungsansätze im frühzeitigen Stadium des Ermittlungsverfahrens nicht ersichtlich sind (vgl. LG Hamburg, Beschluss vom 29.08.2017, Az. 604 Qs 14/17).
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Dem steht auch nicht entgegen, dass die analoge Anwendung von gesetzlichen Regelungen, die zu Grundrechtseingriffen, insbesondere in das Fernmeldegeheimnis gem. Art. 10 GG, ermächtigen, in der Vergangenheit als unzulässig angesehen wurde, da ansonsten das rechtsstaatliche Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit verletzt wird (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 27.10.2016 – 1 BGs 107/16). Vorliegend besteht nämlich die Besonderheit, dass diesem Gebot auch bei analoger Anwendung von § 100g Abs. 2 StPO genüge getan wird, da nicht etwa eine neue Pflicht zur Speicherung von Daten begründet, sondern nur auf den ohnehin auf Grund der Speicherung nach § 96 TKG bestehenden „Datenpool“ für den Datenabruf zurückgegriffen wird; Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs bleiben aber identisch. Hinzu kommt, dass die gem. § 96 TKG zu Abrechnungszwecken gespeicherten Daten bis zum 29.07.2017 unter den schwächeren Voraussetzungen des § 100g Abs. 1 StPO retrograd erhoben werden durften, sodass sie erst Recht unter den schärferen Bedingungen des § 100g Abs. 2 StPO erhebungsfähig sind (vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2017, Az. 12 Qs 31/17).
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Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung der Kammer auch nicht aus dem Beschluss des BGH vom 03.08.2017 - Az. 1 BGs 237/17 - zu der Frage, ob für die retrograde Funkzellenabfrage gem. § 100g Abs. 3 i.V.m. 100g Abs. 1 Nr. 1 StPO Standortdaten herangezogen werden dürfen. Hierzu hat der Ermittlungsrichter des BGH entschieden, dass die Erhebung von retrograden Standortdaten nunmehr ausschließlich auf der Grundlage von § 100g Abs.2 StPO i.V.m. § 113b TKG zulässig ist. Die Frage, ob unter den gegenüber § 100g Abs. 1 StPO verschärften Bedingungen des § 100g Abs. 2 StPO in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift eine rückwirkende Erhebung der gem. § 96 TKG gespeicherten Standortdaten möglich ist, weil nach § 113b TKG gespeicherte Daten nicht zur Verfügung stehen, hat der BGH hiermit gerade nicht entschieden.
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2. Hinreichende Erfolgsaussichten für eine Durchsuchung gem. § 103 StPO bestanden ebenfalls, da zum einen im Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung noch nicht bekannt war, aus welchem Grund die Beschwerdeführerin keine Standortdaten herausgegeben hatte und zudem die Telekommunikationsanbieter aller Erfahrung nach derzeit jedenfalls retrograde Standortdaten nach § 96 TKG speichern. Dementsprechend hat die Beschwerdeführerin diese Standortdaten dann auch bei Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses herausgegeben.

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