Urteil vom Landgericht Mönchengladbach - 7 O 31/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin nimmt für sich in Anspruch, führender Transport- und Lagerversicherer der Firma ……….. zu sein. Sie macht gegen die Beklagte Ansprüche aus übergegangenem Recht der Firma …………… wegen der Beschädigung von eingelagerter Elektronik geltend.
3Die Firma Toshiba …………. ist mit der Beklagten durch einen Logistikvertrag vom 29.01.2013 verbunden. Aufgrund dieses Vertragsverhältnisses lagert die Firma …………… ständig Elektronik- und IT-Waren im Lager der Beklagten in Regensburg. Die dort eingelagerten Waren werden nach Anweisung der Firma ……… von der Beklagten an Transportunternehmen übergeben und an Kunden verschickt.
4Ziffer 6.2 des Rahmenvertrages sieht vor, dass bei Sachschäden aufgrund Beschädigung die Haftung der Beklagten nach Maßgabe der ADSp (jeweils neueste Fassung) greifen soll. Etwas anderes gelte bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Wegen des weiteren Inhalts des Rahmenvertrages wird auf die zu den Akten gereichte Vertragskopie Bezug genommen.
5Am 04.08.2015 kam es im Lager der Beklagten in Regensburg zu einer Beschädigung eingelagerter Ware, namentlich von elektronischen Netzteilen, LED-Lampen und so genannten LED-Baselights. Ein Leiharbeitnehmer der Beklagten, …………., wollte eingelagerte Ware kommissionieren. Zu diesem Zweck wollte er mittels eines Gabelstaplers Ware aus den Regalen nehmen. Dabei benutzte er einen so genannten Schubmast-Stapler, der für diesen Teil des Lagers aufgrund seiner Höhe nicht geeignet war. Herr Maurer fuhr mit diesem Gabelstapler gegen die Sprinkleranlage. Hierdurch wurde Wasser freigesetzt, was zu einer Durchnässung von elektronischen Netzteilen, LED-Lampen und so genannten LED-Baselights führte. Die Einzelheiten und der Schadensumfang sind zwischen den Parteien streitig.
6Am 05.08.2014 wurde der Schaden durch Mitarbeiter der Beklagten und der Firma …………. besichtigt. Letztere zog zusätzlich einen Sachverständigen hinzu. Wegen der Feststellungen des Sachverständigen wird auf die schriftlichen Ausführungen (Bl. 8A ff GA) Bezug genommen. Für seine Tätigkeit stellte der Sachverständige der Firma ………….. einen Betrag von 1.584,59 € netto in Rechnung.
7Die Klägerin behauptet, sie sei führender Transport- und Lagerversicherer der Firma …………... Sie sei berechtigt, versicherte und regulierte Schäden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gerichtlich geltend zu machen. Insgesamt seien 768 Stück elektronische Netzteile, 54 Stück LED-Lampen und 219 Stück LED-Baselights beschädigt worden. Die Durchnässung sei so stark gewesen, dass ein Verkauf der Teile nicht mehr möglich gewesen sei. Dies gelte auch für einen so genannten Havarie-Verkauf. Die beschädigten Teile hätten einen Wert von 14.201,04 € netto gehabt. Zum Schadenshergang behauptet die Klägerin, in der Lagergasse habe es eine Höhenbegrenzung durch Warnbarken gegeben. Der Mitarbeiter …………. sei zunächst mit dem Gabelstapler gegen die Warnbarken gefahren, habe seine Fahrt aber gleichwohl noch einige Meter fortgesetzt bevor er gegen die Sprinkleranlage gestoßen sei.
8Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung folgender Schadenspositionen:
9Warenwert: 14.201,04 €
10Gutachterkosten: 01.584,59 €
11Abzüglich Teilzahlung: 05.000,00 €
12Rest: 10.785,63 €
13Die Klägerin beantragt,
14die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an sie 10.785,63 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2015 zu zahlen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin sei auf eine Gewichtshaftung beschränkt, die durch die vorprozessuale Zahlung abgegolten sei. Sie behauptet, der Mitarbeiter ………….. sei von ihr geschult und angewiesen worden, die im Kleinteilbereich platzierten Lagerflächen weder zum Ein- noch zum Auslagern von Sendungen mit einem Schubmast-Stapler zu befahren. Die Einhaltung dieser Weisung sei auch überwacht worden. Das Gesamtgewicht der beschädigten Ware habe 2.120,28 Kilo betragen. Die Beklagte ist der Auffassung, die Haftung sei nach 27.2 ADSp auf den Höchstbetrag von 5.000 € beschränkt.
18Wegen des weiteren Tatsachenvorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20I.
21Die Klage ist unbegründet.
221.
23Dabei kann zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass sie führender Transportversicherer der Firma ………….. ist, ihrer Versicherungsnehmerin ein Schadensersatzanspruch nach § 475 Abs. 1 HGB gegen die Beklagte dem Grunde nach zusteht und dieser Anspruch auf die Klägerin übergegangen ist.
242.
25Denn eine etwaige Schadensersatzforderung der Firma ………… ist durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten i.H.v. 5.000 € nach § 362 Abs. 1 BGB aufgrund von Erfüllung erloschen. Denn die Haftung der Beklagten für Schäden an eingelagerten Gut ist nach 24.1.1 und 2 ADSp auf eine Gewichtshaftung mit einem Schadenshöchstbetrag von 5.000 € begrenzt.
26Aufgrund der Verweisung in Ziffer 6.2 b) des Rahmenvertrages ist Ziffer 24 ADSp im Vertragsverhältnis der Firma …………… zur Beklagten anwendbar. Denn die Vertragsklausel bestimmt, dass für alle Dienstleistungen – mit Ausnahme der unter 6.2 a) genannten Handlungen (hier nicht einschlägig) – die Beklagte nach Maßgabe der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen haftet. Aufgrund der individualvertraglichen Bezugnahme kann auch dahinstehen, ob Ziffer 24 ADSp einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält. Die tatbestandlichen Voraussetzungen von Ziffer 24.1 ADSp liegen vor, da eingelagerte Ware beschädigt wurde. Aufgrund des Gesamtgewichtes der beschädigten Waren ist Ziffer 24.1.2 einschlägig, die eine Haftungsbegrenzung auf 5.000 € je Schadensfall vorsieht.
273.
28Der Anwendung der beschränkten Gewichtshaftung steht auch nicht Ziffer 27 ADSp entgegen, da die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein qualifiziertes Verschulden nicht vorliegen. Im Einzelnen:
29a.
30Der Schaden ist zunächst nicht durch ein grobes Verschulden eines Erfüllungsgehilfen der Beklagten als Lagerhalterin eingetreten, 27.1., 1. Alternative ADSp. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte Das Verhalten des Mitarbeiters ……….erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Er hat zwar fahrlässig gehandelt, nicht aber grob fahrlässig. Der Einsatz eines Gabelstaplers war generell geeignet, die zu kommissionierende Ware aus den Regalen zu nehmen. Es handelte sich auch um eine Routinehandlung, bei der es durchaus vorkommen kann, dass ein falsches Werkzeug, hier ein für diesen Lagerbereich nicht zugelassener Gabelstapler, benutzt wird. Die Nutzung falschen Werkzeugs ist bei Routinehandlungen eine häufige Schadensursache. Eine grobe Fahrlässigkeit kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Mitarbeiter …….. zunächst gegen die Warnbarke gefahren ist, die dem Schutz der dahinter liegenden Sprinkleranlage dient. Selbst wenn der Mitarbeiter ………. aufgrund überhöhter Geschwindigkeit nicht schnell genug zum Stehen kam, handelt es sich um einfache Fahrlässigkeit, nicht grobe Fahrlässigkeit. Letztlich hat die Klägerin auch keinen konkreten Sachverhalt dazu vorgetragen, dass die Organisation des Betriebes der Beklagten in Bezug auf die Vermeidung einer Beschädigung der Sprinkleranlage so nachlässig war, dass der Vorwurf grober Fahrlässigkeit gemacht werden kann.
31b.
32Der Schaden beruht auch nicht auf der Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, Ziffer 27.1, 2. Alternative ADSp. Der Lagerhalter schuldet aus dem mit seinem Auftrageber geschlossenen Vertrag neben der Obhut über das Gut vor allem auch die Aufbewahrung der übergebenen Ware in einem dafür geeigneten Lager. Die Erfüllung dieser Hauptleistungspflicht des Lagerhalters ermöglicht erst die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages (BGH VersR 2015, 260). Aus dem Umstand, dass während der Obhutszeit ein Schaden an dem eingelagerten Gut eingetreten ist, darf aber nicht generell geschlossen werden, dass der Lagerhalter gegen eine vertragswesentliche Pflicht verstoßen hat. Ansonsten liefe Ziffer 24 ADSp leer, da in diesem Falln jede Beschädigung während der Obhutszeit unter ein qualifiziertes Verschulden fallen würde. Maßgeblich ist, welche konkreten Maßnahmen der Einlagerer ergreifen muss, um das konkret eingelagerte Gut gegen typischerweise drohende Gefahren zu schützen. Hierzu gehört beispielsweise die Auswahl eines geeigneten Lagerplatzes (OLG Schleswig, Transportrecht 2013, 310). Dies schließt den Schutz des Lagergutes vor äußeren Einwirkungen wie mechanischen Belastungen, Wasser oder Feuer ein. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt. Der Lagerhalter muss als vertragswesentliche Pflicht das Gut nur vor typischen Gefahren in der konkreten Lagersituation schützen. Dies bedeutet beispielsweise, dass das Dach einer Lagerhalle dicht sein muss oder dass beispielsweise Vorrichtungen zum Schutz vor Feuer, wie Brandmelder oder eine Sprinkleranlage funktionstüchtig sein müssen. Nicht zu den vertragswesentlichen Pflichten gehört der Schutz davor, dass eine Sprinkleranlage dadurch beschädigt wird, dass ein zu großer Gabelstapler benutzt wird und es dadurch zu einer Durchnässung des Lagergutes kommt.
33II.
34Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 ZPO.
35Gebührenstreitwert: 10.785,63 €.
36Der Vorsitzende………….. |
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