Beschluss vom Landgericht Mönchengladbach - 5 T 287/16
Tenor
Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss des Amtsgerichts Grevenbroich vom 15.07.2016 (30 M 1185/16) abgeändert. Der Gerichtsvollzieher S wird angewiesen, die Kostenrechnung vom 20.04.2015 (DR II 449/15) dahingehend zu berichtigen, dass die Gebühr für die gütliche Einigung nach Nr. 207 KV GvKostG i.H.v. 16,00 EUR nicht erhoben wird. Eine Entscheidung über die Gerichtskosten ist nicht veranlasst; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
1
Gründe:
2I.
3Die Gläubigerin erteilte dem Gerichtsvollzieher den Auftrag, dem Schuldner die Vermögensauskunft abzunehmen und übersandte an ihn die Vollstreckungsunterlagen. Für den Fall, dass der Schuldner die Vermögensauskunft bereits geleistet haben sollte, forderte sie den Gerichtsvollzieher zur Übersendung einer entsprechenden Abschrift des Vermögensverzeichnisses auf.
4Der Gerichtsvollzieher stellte danach fest, dass der Schuldner am 05.08.2014 eine Vermögensauskunft abgegeben hatte. Dies teilte er der Gläubigerin mit Schreiben vom 20.04.2015 mit und übersandte an sie zugleich eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses sowie die ihm überlassenen Vollstreckungsunterlagen. Ferner stellte er der Gläubigerin insgesamt 62,05 EUR in Rechnung, wobei er auch eine Gebühr gemäß Nr. 207 KV GvKostG i.H.v. 16,00 EUR berücksichtigte.
5Mit Schreiben vom selben Tag forderte er den Schuldner zur gütlichen Einigung auf und kündigte für den Fall des fruchtlosen Fristablaufes die Veranlassung einer weiteren Eintragung in das Schuldnerverzeichnis an.
6Gegen die Kostenrechnung vom 20.04.2015 haben die Gläubigerin sowie die Landeskasse Erinnerung eingelegt, soweit der Gerichtsvollzieher eine Gebühr gemäß Nr. 207 KV GvKostG erhoben hat. Diese Erinnerung hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 15.07.2016 zurückgewiesen. Gegen den Beschluss vom 15.07.2016 hat die Landeskasse unter dem 25.07.2016 mit der Begründung Beschwerde eingelegt, dass eine gütliche Erledigung nach Absendung der Schreiben vom 20.04.2015 nicht mehr möglich gewesen sei. Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15.09.2016 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
7II.
8Die zulässige Beschwerde ist begründet.
9Die im Tenor genannte Kostenrechnung ist zu berichtigen, da die Gebühr gemäß Nr. 207 KV GvKostG i.H.v. 16,00 EUR vorliegend nicht entstanden ist.
10Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf und der Kammer (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2016 - I-10 W 104/16; Landgericht Mönchengladbach Beschlüsse vom 26.07.2016 - 5 T 209/16 und vom 12.08.2016 - 5 T 213/16) ist bei der vorliegenden Auftrags- und Gesetzeslage die Entstehung der Gebühr gemäß Nr. 207 KV GvKostG i.H.v. 16,00 EUR grundsätzlich möglich.
11Voraussetzung ist jedoch, dass der Gerichtsvollzieher, zumindest formelhaft, einen Versuch einer gütlichen Erledigung unternimmt. Zu berücksichtigen ist indes, dass der Gerichtsvollzieher aus eigener Kompetenz keine materiell-rechtlichen Vereinbarungen mit dem Schuldner treffen kann, so dass sich der Versuch der gütlichen Erledigung regelmäßig ohnehin in den beiden Maßnahmen, die § 802b Abs. 2 S. 1 ZPO vorsieht (Zahlungsfrist oder Ratenzahlung) erschöpfen wird (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2016 – 10 W 104/16).
12Vorliegend hat der Gerichtsvollzieher jedoch keinen hinreichenden Versuch unternommen, um eine gütliche Erledigung herbeizuführen. Er war nämlich nach dem Absenden der Schreiben vom 20.04.2015 nicht mehr dazu in der Lage, eine gütliche Einigung gemäß § 802b Abs. 2 S. 1 ZPO herbeizuführen. Es fehlten gemäß der §§ 754 Abs. 1, 802a Abs. 2 Nr. 1 ZPO die rechtlichen Voraussetzungen für die Einräumung einer Zahlungsfrist bzw. für die Gestattung einer Ratenzahlung. Voraussetzung ist insofern unter anderem, dass der Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung beauftragt und ihm die vollstreckbare Ausfertigung des Titels übergeben wurde (Zöller/ Stöber, 30. Auflage, § 802b, Rn. 4). Hieran fehlt es, weil der Vollstreckungsauftrag erledigt und der Gerichtsvollzieher nicht mehr im Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels war.
13Hier ist am 20.04.2015 Erledigung eingetreten. Wenn nämlich ein weiterer Gläubiger in der 2- jährigen Sperrfrist gemäß § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO einen Vollstreckungsauftrag erteilt hat, eine Vermögensauskunft einzuholen und Tatsachen für eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse nicht geltend oder nicht glaubhaft gemacht hat, hat der Gerichtsvollzieher ihm einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zuzuleiten. Den Schuldner hat der Gerichtsvollzieher zugleich davon in Kenntnis zu setzen, dass dem zu bezeichnenden neuen Gläubiger ein Ausdruck des letzten Vermögensverzeichnisses zugeleitet worden ist. Zugleich hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis zu belehren, wenn er die Forderung des neuen Gläubigers nicht innerhalb eines Monats befriedigt. Der Auftrag des weiteren Gläubigers auf Einholung einer Vermögensauskunft ist damit erledigt (Zöller/ Stöber, 30. Auflage, § 802d, Rn. 13- 15). Nach diesen Maßstäben war der hier konkret in Rede stehende Vollstreckungsauftrag beendet. Der Gerichtsvollzieher hat festgestellt, dass der Schuldner binnen der 2- jährigen Sperrfrist, nämlich am 05.08.2014, schon einmal die Vermögensauskunft abgegeben hat. Ferner hat er mit Schreiben vom 20.04.2015 an den Gläubiger einen Ausdruck des letzten Vermögensverzeichnisses übermittelt. Mit Schreiben vom selben Tage hat er zudem dem Schuldner die nötigen Auskünfte erteilt.
14Weiterhin war der Gerichtsvollzieher mit der Absendung der Vollstreckungsunterlagen nicht mehr zum Abschluss einer Vereinbarung gemäß § 802b ZPO legitimiert. Gemäß § 754 Abs. 2 ZPO gilt er dem Schuldner gegenüber zur Vereinbarung einer Zahlungsvereinbarung gemäß § 802b ZPO ermächtigt, wenn ihm der Titel übergeben wird. Ferner muss er im Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels sein. Bleibt er im Besitz des Titels, ist er auch nach der Erledigung des Auftrages noch ermächtigt (Zöller/ Stöber, 30. Auflage, § 754, Rn. 5). Dies war hier jedoch nach dem 20.04.2015 nicht mehr der Fall. Er hat sich durch die Absendung der Vollstreckungsunterlagen seines Besitzes entledigt. Der Gerichtsvollzieher hat nämlich mit Schreiben vom 20.04.2015 die Vollstreckungsunterlagen an die Gläubigerin zurückgesandt und hierdurch die tatsächliche Sachherrschaft an der vollstreckbaren Ausfertigung des Titel verloren.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.
16Die Voraussetzungen der Zulassung der weiteren Beschwerde (§ 66 Abs. 4 GKG) liegen nicht vor.
17als Einzelrichter |
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Referenzen
- 5 T 209/16 1x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Amtsgericht Grevenbroich - 30 M 1185/16 1x
- ZPO § 802d Erneute Vermögensauskunft 1x
- § 66 Abs. 8 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 754 Vollstreckungsauftrag und vollstreckbare Ausfertigung 2x
- ZPO § 802a Grundsätze der Vollstreckung; Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers 1x
- § 66 Abs. 4 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 802b Gütliche Erledigung; Vollstreckungsaufschub bei Zahlungsvereinbarung 4x
- 10 W 104/16 2x (nicht zugeordnet)
- 5 T 213/16 1x (nicht zugeordnet)