Endurteil vom Landgericht München II - 7 O 5322/18

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, Software im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Benutzung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern,

- nämlich die Kommunikationsanwendung … App oder kerngleiche Ausführungsformen - die geeignet ist zur Anwendung eines Verfahrens zum Ermöglichen einer Interaktion zwischen einem ersten Client und einem zweiten Client, wobei der erste Client ein elektronisches tragbares Gerät ist, das mit einem ersten Server verbindbar ist, wobei der zweite Client zumindest mit dem ersten Server oder einem weiteren Server, der zur Kommunikation mit dem ersten Server fähig ist, verbindbar ist,

wobei das Verfahren Folgendes aufweist:

Verfügbarmachung eines ersten Profils, das mit dem ersten Client verknüpft ist, an den ersten Server, Verfügbarmachung eines zweiten Profils, das mit dem zweiten Client verknüpft ist, an den ersten Server,

Bestimmen, dass ein gegebener Aspekt des ersten Profils und ein entsprechender Aspekt des zweiten Profils gleich sind, wobei der zweite Client aus einer Menge von Clients stammt, denen zueigen ist, dass sie ein Profil mit einem entsprechenden Aspekt haben, welcher der gleiche wie der gegebene Aspekt ist, Pushen eines ersten Signals, das für eine Liste der Menge von Clients zumindest teilweise repräsentativ ist, an den ersten Client, und Einladen des ersten Clients und/oder des zweiten Clients, eine gegenseitige Verknüpfung einzuleiten.

(EP … 114 B1, Anspruch 1, mittelbare Verletzung)

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und schriftlich in einer geordneten Aufstellung (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, (1) in welchem Umfang die Beklagte seit dem 24. September 2011 die unter Ziff. I bezeichneten Handlungen begangen hat, (2) in welchem Umfang die … Ltd. seit dem 24. September 2011 die unter Ziff. I bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar jeweils unter Angabe

a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, einschließlich der Rechnungsnummer und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der einzelnen Angebote (unter Vorlage schriftlicher Angebote), aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu a) und b) entsprechende Belege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,

wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte nicht-gewerbliche Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten sind.

III. Es wird festgestellt, dass (1) die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch seit dem 24. September 2011 begangene Handlungen der Beklagten gemäß Ziffer I. entstanden ist und noch entstehen wird und (2) die Beklagte als Gesamtschuldnerin mit der … Ltd. verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch seit dem 24. September 2011 begangene Handlungen der … Ltd. gemäß Ziffer I. entstanden ist und noch entstehen wird.

IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

V. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffern I., II. und IV. gegen Sicherheitsleistung wie folgt vorläufig vollstreckbar:

Ziffer I: 1.000.000 €, Ziffer II: 250.000 €, Ziffer IV: in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents … 144 B1 (im Folgenden: Klagepatent) und nimmt die Beklagte wegen mittelbarer Patentverletzung in Anspruch. Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet im englischen Original wie folgt:

„1. A method of enabling an interaction between a first client and a second client, the first client being a handheld electronic device connectable with a first server, the second client being connectable with one of the first server and another server that is capable of communication with the first server, the method comprising:

making available to the first server a first profile associated with the first client;

making available to the first server a second profile associated with the second client;

determining that a given aspect of the first profile and a corresponding aspect of the second profile are the same, the second client being among a set of clients identified as having a profile with a corresponding aspect that is the same as the given aspect;

pushing to the first client a first signal that is at least partially representative of a listing of the set of clients; and inviting the first client and/or the second client to initiate an association with one another.“

Die Klägerin greift mit der Klage die Kommunikationsanwendung „… App “ an.

Die Beklagte ist im iTunes AppStore als Anbieterin der angegriffenen Ausführungsform angegeben. Ob sie zu Recht als Anbieterin genannt wird, ist zwischen den Parteien streitig. Des Weiteren ist die Beklagte (für sich gesehen unstreitig) die Konzernmutter der …-Gruppe. Inwieweit dies in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht eine Steuerungs- und Kontrollmöglichkeit für die Beklagte gegenüber ihrer Tochtergesellschaften … Ltd. schafft, ist zwischen den Parteien ebenfalls streitig. Die … Ltd. ist - für sich gesehen unstreitig - für das Angebot der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie - mit redaktionellen Änderungen - geschehen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung,

hilfsweise die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage der Beklagten gegen den deutschen Teil des Klagepatents (FBD-FB ...2 mit Anlagen FBD-FB ...3). Sie beantragt weiter hilfsweise die Einräumung der Möglichkeit, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden zu können.

Die Klägerin wendet sich gegen eine Aussetzung.

Die Beklagtenseite bestreitet eine Patentverletzung; insbesondere sieht sie Merkmale 1, 1.5, 1.6 und 1.7 nicht als benutzt an. Die Beklagte sei auch nicht passivlegitimiert, weil sie die angegriffene Ausführungsform nicht selbst anbiete und der Vorwurf einer Verantwortlichkeit der Beklagten für das Handeln ihrer Tochtergesellschaft nicht schlüssig vorgebracht sei. Im Übrigen sei das Klagepatent offensichtlich nicht rechtsbeständig. Es fehle die Patentfähigkeit (Neuheit). Dies gelte besonders angesichts des Gegenstands der Druckschriften US 2004/0006548 A1 („Mahmood“, K 4), US 2003/0004743 A1 („Callegari“, K 5) und der US 6,549,768 B 1 („Fraccaroli“, K 6).

Die Klägerin hat auf Antrag der Beklagtenseite Prozesskostensicherheit geleistet.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf sämtliche gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie alle gerichtlichen Verfügungen, Beschlüsse und Protokolle Bezug genommen. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 9.10.2019 erläuterte die Beklagte ihre Argumente zu Auslegung und Aussetzung. Wo erforderlich, stellt das Gericht diese in den Entscheidungsgründen dar.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Das Verfahren ist nicht mit Blick auf die anhängige Nichtigkeitsklage auszusetzen.

A.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das LG München I nach § 32 ZPO (analog) (i. V. mit § 38 Nr. 1 BayGZVJu) international und örtlich sowie nach § 143 PatG ausschließlich sachlich zuständig. Das Feststellungsinteresse für die Schadensersatzklage liegt vor, § 256 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin kann ohne Auskunft und Rechnungslegung ihre Ansprüche nicht beziffern.

B.

Die Klage ist auch begründet.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Ermöglichung einer Interaktion zwischen einem ersten und einem zweiten Client. Die Patentschrift bezeichnet den Gegenstand des Klagepatents mit „System und Verfahren zum Halten von Informationen, die aktuell sind und einem Nutzer direkt auf einem tragbaren elektronischen Gerät zur Verfügung stehen“.

1. Der Gegenstand des Klagepatents betrifft eine Interaktion zwischen zwei Clients, die mittels eines Matchingprozesses ermittelt worden sind. Der erste Client ist anspruchsgemäß ein tragbares elektronisches Gerät. Er muss sich mit einem ersten Server verbinden können. Der zweite Client muss sich zumindest mit dem ersten Server oder einem weiteren Server, der mit dem ersten Server kommunizieren kann, verbinden können. Daraus folgt zugleich, dass der zweite Client anspruchsgemäß ein elektronisches Gerät ist, das aber nicht mobil sein muss.

Figur 12 des Klagepatents zeigt den Aufbau der Struktur der Kommunikation:

Bezugszeichen 76 zeigt das Kommunikationsnetzwerk.

Anspruchsgemäß macht das Verfahren dem ersten Server (Bezugszeichen 72) zwei Profile verfügbar, die jeweils mit dem ersten und dem zweiten Client verknüpft sind (Merkmale 1.3 und 1.4). Sodann bestimmt das Verfahren, dass ein bestimmter Aspekt beider Profile übereinstimmt, wobei der zweite Client aus einer Menge von Clients stammen muss, die den bestimmten Aspekt aufweisen. Das Verfahren schickt („pushing“) dem ersten Client sodann ein erstes Signal, das zumindest teilweise repräsentativ für die Liste der Menge von Clients ist. Sodann werden der erste und/oder der zweite Client eingeladen, eine gegenseitige Verknüpfung einzuleiten.

Das Klagepatent adressiert die Signalebene. Anspruch 1 ist gerätebezogen.

2. Im Stand der Technik war aus der WO 00/22860 ein Verfahren bekannt, bei dem ein Nutzer in einem drahtlosen Kommunikationsnetzwerk eine automatisierte Benachrichtigung erhält, wenn ein anderer vorausgewählter Nutzer sich in einen vorbestimmten Bereich begibt, [0005]. Aus der EP 1 199663 A2 war ein Verfahren bekannt, bei dem im Rahmen einer Online-Auktion zwei Endgeräte über einen Peer-to-Peer Kommunikationskanal miteinander verbunden werden, sofern sich die jeweils angegebenen Kaufs- und Verkaufskriterien decken, [0006].

3. Das Klagepatent kritisiert diesen Stand der Technik nicht explizit. Es beschreibt es indes als wünschenswert, für mobile Endgeräte mit W-Lan-Zugang wichtige oder vom Nutzer erwünschte Daten vorzuhalten. Des Weiteren sei wünschenswert, diese Informationen sehr schnell und ohne weiteres zugänglich zur Verfügung zu stellen, [0004].

Als Aufgabe des Klagepatents lässt sich hieraus ableiten, entsprechende Daten in einer Weise zur Verfügung zu stellen, dass sie ohne weiteres zugänglich („readily accessible“) sind, [0004] Satz 4. Soweit die Beklagte die Aufgabe vor dem Hintergrund des Erteilungsverfahrens dahingehend formulierte, auf effiziente Weise ein flexibles Benachrichtigungssystem bereitzustellen, ist dem nicht zu folgen, weil diese Aufgabenstellung bereits Teile der Lösung enthält („flexibel“).

Zur Lösung schlägt das Klagepatent ein Verfahren nach Anspruch 1 vor.

Die Kammer gliedert Anspruch 1 im Wesentlichen - mit redaktionellen Änderungen - wie die Klägerin (K-D-3):

1. Verfahren zum Ermöglichen einer Interaktion zwischen einem ersten Client und einem zweiten Client,

1.1 wobei der erste Client ein elektronisches tragbares Gerät ist, das mit einem ersten Server verbindbar ist,

1.2 wobei der zweite Client zumindest mit dem ersten Server oder einem weiteren Server („one of the first server and another server…“), der zur Kommunikation mit dem ersten Server fähig ist, verbindbar ist,

wobei das Verfahren Folgendes aufweist:

1.3 Verfügbarmachung eines ersten Profils, das mit dem ersten Client verknüpft ist, an den ersten Server,

1.4 Verfügbarmachung eines zweiten Profils, das mit dem zweiten Client verknüpft ist, an den ersten Server,

1.5 Bestimmen („determining“), dass ein gegebener Aspekt des ersten Profils und ein entsprechender Aspekt des zweiten Profils gleich sind, wobei der zweite Client aus einer Menge von Clients stammt, denen zueigen ist („identified as having“), dass sie ein Profil mit einem entsprechenden Aspekt haben, welcher der gleiche wie der gegebene Aspekt ist,

1.6 Pushen („pushing“) eines ersten Signals, das für eine Liste der Menge von Clients zumindest teilweise repräsentativ ist, an den ersten Client, und

1.7 Einladen des ersten Clients und/oder des zweiten Clients, eine gegenseitige Verknüpfung einzuleiten.

4. Einige dieser Merkmale bedürfen näherer Erläuterungen.

a) Merkmal 1 legt den Zweck des Verfahrens dar: Es soll eine Interaktion zwischen zwei Clients ermöglichen.

aa) Clients sind, wie sich aus den Merkmalen 1.1 und 1.2 ergibt, elektronische Endgeräte.

bb) Der erste Client muss ein mobiles Endgerät sein, während der zweite Client nicht mobil sein muss. Der Fachmann (ein Informatiker mit Kenntnissen in der Client-Server Architektur und Kommunikation, S. 2 Protokoll vom 5.9.2019) erkennt, dass die Clients von den Nutzern, die mittels der Clients eine Anwendung nutzen, zu trennen sind. Auch wenn die Anspruchsbeschreibung Nutzer (user) und Endgerät (client) streckenweise (etwa in [0045] und [0047]) gleichsetzt, und auch das Profil des Clients das des Nutzers sein kann ([0022], [0023]), ist der Anspruch gerätebezogen formuliert.

cc) Interaktion meint eine Kommunikation, wie die Erläuterung in Beschreibungsstelle [0046] zeigt. Sie kann etwa durch einen zwischengeschalteten Server erfolgen, [0046].

b) Merkmal 1.7 erläutert, dass - der Zweckangabe entsprechend - einer der oder beide Clients eingeladen werden, eine gegenseitige Verbindung einzugehen.

aa) Die gegenseitige Verknüpfung („association with one another“) im Sinne des Merkmals 1.7 ist darauf ausgerichtet, eine Interaktion im Sinne einer Kommunikation durchzuführen. Von welcher Dauer die Verknüpfung ist, bestimmt das Klagepatent nicht näher. Technischfunktionell setzt das Klagepatent, auch bei Erfüllung der Zweckangabe, keine dauerhafte Verbindung voraus.

bb) Die Verknüpfung im Sinne des Merkmals 1.7 müssen genau die zwei Clients eingehen, die das klagepatentgemäße weitere Verfahren durchlaufen haben. Da der Anspruch gerätebezogen formuliert ist, sieht er eine Interaktion und Verknüpfung von bestimmten Endgeräten vor, die - in Geräteidentität - den patentgemäßen Matchingprozess durchlaufen haben. Das folgt aus dem Umstand, dass die nach den Merkmalen 1.3 und 1.4 am Server hinterlegten Profile der zwei Clients („the“) in dem Matchingschritt nach Merkmal 1.5 abgeglichen werden. Auch das anspruchsgemäße übermittelte Signal (Merkmal 1.6) betrifft die derart abgeglichenen Clients, und zwischen den als „Match“ ermittelten Clients wird schließlich die Verknüpfung eingeleitet.

cc) Merkmal 1.7 adressiert nicht, durch wen die Einladung erfolgt. Soweit in [0046] der Server adressiert ist, handelt es sich nur um eine bevorzugte Ausführungsform, die den Anspruch grundsätzlich nicht beschränkt. Auch aus dem Umstand, dass in dem Anspruch neben den Clients nur der Server genannt wird, folgt nicht, dass der Server die Clients einladen muss. Denn der Anspruch ist insoweit offen formuliert („comprising“) und verbietet nicht das Hinzutreten weiterer, im Anspruch nicht adressierter Beteiligter. Ebenso wenig verbietet der Anspruch einen Zwischenschritt zwischen dem Übersenden der Liste und der Einladung.

b) Merkmal 1.5 betrifft den Matching-Prozess zwischen den Profilen zweier Endgeräte.

aa) Das Profil eines Endgeräts kann das Profil seines Nutzers sein, wie die Beklagtenseite unter Bezugnahme auf [0022], [0023] unterstreicht. Das gilt indes - entgegen der Einschätzung der Beklagten - unabhängig davon, mit wie vielen Endgeräten ein Nutzerprofil genutzt wird. Gerade weil der Anspruch gerätebezogen und nicht nutzerprofilbezogen formuliert ist, kann das Verfahren auch mehrere Geräte vergleichen, die mit demselben Nutzerprofil verbunden sind. Es wird jeweils das Profil des Clients verglichen, der im Zeitpunkt des Zugriffs mit dem fraglichen Nutzerprofil verbunden ist. Funktionell ist daher nicht erforderlich, dass ein Nutzerprofil mit nur einem Gerät verbunden ist.

(bb) Die zwei Profile müssen des Weiteren in einem bestimmten Aspekt übereinstimmen, und der zweite Client muss aus einer Menge von Clients stammen, die diesen (selben) Aspekt mit dem ersten Client teilen.

c) Merkmal 1.6 betrifft die Übermittlung eines Matchingergebnisses an den ersten Client.

aa) Ein „Pushen“ im Sinne des Merkmals 1.6 setzt eine Datenübertragung von Daten an einen Client ohne vorherige ausdrückliche Anfrage bestimmter Daten durch den Client voraus. Die klagepatentgemäße Differenzierung zwischen „push“ und „pull“ ist hier zu beachten. [0003] erläutert die pull-Methode dahingehend, dass das mobile Endgerät mittels eines Signals Daten anfordert, und ein Server als Reaktion hierauf die gewünschten Daten übermittelt. Bei der push-Methode hingegen werden Daten auch ohne explizite Abfrage von dem Server an das mobile Endgerät übermittelt. Das klagepatentgemäße Pushen schließt daher eine vorherige Kommunikation zwischen Client und Server nicht aus, solange keine explizite Abfrage erfolgte. Es kann dahinstehen, ob der Fachmann üblicherweise unter einem Push-Signal nur ein solches versteht, das keine Handlungen des Nutzers des Endgeräts oder Abfragen des mobilen Endgeräts im Hintergrund zum Erhalt der Informationen voraussetzt. Denn die Beschreibung stellt insoweit das Lexikon des Klagepatents dar (BGH GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube).

bb) Eine Liste ist merkmalsgemäß „zumindest teilweise repräsentativ für eine Liste der Menge von Clients“, wenn sie für die Liste im Sinne des Merkmals 1.5 oder eines Teils dieser Liste repräsentativ ist. Nicht merkmalsgemäß ist die Übersendung der gesamten Liste gefundener Übereinstimmungen, wie eine funktionelle Betrachtung ergibt: Das Klagepatent will dem Endnutzer bedeutsame oder erwünschte Informationen schnell und einfach zugänglich zur Verfügung stellen. Die Übermittlung einer gesamten Liste entspricht diesem Ziel nicht, da schon die Übermittlung - je nach Umfang der Liste - sehr lange dauern und dem Nutzer eines mobilen Endgeräts Verarbeitungsprobleme bereiten kann.

(cc) Die Formulierung „at least partially“ stellt klar, dass die Liste zumindest für einen Teil der Menge der in Merkmal 1.5 ermittelten Clients repräsentativ sein muss. Aus vorgenannten Gründen erlaubt sie nicht die Übersendung der gesamten Liste.

II.

Die angegriffene Ausführungsform verletzt das Klagepatent jedenfalls mit der Funktionalität „P.y.m.k. “, weil eine mittelbare Patentverletzung nach § 10 Abs. 1 PatG vorliegt.

1. Eine angegriffene Ausführungsform ist z. B. die Kommunikationsanwendung „… App “, insbesondere die Funktionalität „XYZ/ P.y.m.k. “, in der Version 210.0 der App, genutzt mit einem iPhone mit der iOS Version 12.1.2.

2. Die Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung sind gemäß § 10 Abs. 1 PatG erfüllt. Der Gefährdungstatbestand nach § 10 PatG wird objektiv und subjektiv jedenfalls durch die Funktionalität „P.y.m.k. “ verwirklicht.

a) Mittel ist die angegriffene Ausführungsform („… App “) als Software, weil sie ein Gegenstand ist, der selbst noch nicht die Lehre des Patentanspruchs (wortsinngemäß oder äquivalent) verwirklicht, aber geeignet ist, zur unmittelbaren Benutzung der Erfindung (in wortsinngemäßer oder äquivalenter Form) verwendet zu werden. Mittel können auch nicht körperliche Gegenstände sein, eine Beschränkung auf körperliche Gegenstände ist nicht gerechtfertigt.

b) Dieses Mittel bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung. Die … App steuert eine sie nutzende elektronische Vorrichtung, und lässt sie den beanspruchten Gegenstand ausführen. Da die in Anspruch 1 enthaltenen Merkmale maßgeblich durch die … App verwirklicht werden, trägt die angegriffene Ausführungsform damit zum erfindungsgemäßen Leistungsergebnis maßgeblich bei.

c) Die angegriffene Ausführungsform „… App “ ist objektiv zur unmittelbaren Patentbenutzung geeignet. Wird die angegriffene Ausführungsform von dritter Seite bestimmungsgemäß auf einem elektronischen Gerät genutzt, sind die Voraussetzungen zur Anwendung des Verfahrens nach Anspruch 1 hergestellt. Das angegriffene Mittel ist geeignet, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Nach der objektiven Beschaffenheit der angegriffenen Ausführungsform und seiner Einbindung in iOS ist dies der Fall, weil eine unmittelbare wortsinngemäße Benutzung der geschützten Lehre mit allen ihren Merkmalen durch die Nutzer möglich ist. Dass diese Nutzung auch stattgefunden hat, ist unstreitig.

Patentanspruch 1 wird durch die Nutzer wortsinngemäß benutzt. Auch hinsichtlich der streitigen Merkmale 1, 1.5, 1.6 und 1.7 verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent. Die Benutzung der übrigen Merkmale des geltend gemachten Patentanspruchs 1 ist zu Recht unstreitig.

aa) Merkmal 1 ist verwirklicht, wenn ein Nutzer den Matchingprozess mit ein und demselben Gerät durchläuft.

(A) Durchläuft ein Nutzer mit seinem Nutzerprofil nicht alle von Anspruch 1 aufgestellten Verfahrensschritte durchgängig mit demselben Gerät (das heißt von Hinterlegung des Profils bei dem ersten Server, bis zur Einladung, eine Verknüpfung einzuleiten), verwirklicht dies den Anspruch nicht. Denn nach oben dargestellter Auslegung ist der Matchingprozess und die anschließende Verbindung zwischen zwei Geräten gerätebezogen. Nutzt ein Nutzer das in Anspruch 1 dargestellte Verfahren mithin zeitlich auseinandergezogen mit mehreren Endgeräten, verlässt dies das beanspruchte Verfahren.

(B) Gleichwohl wird der Anspruch verwirklicht, wenn ein Nutzer während des Verfahrens nur ein und dasselbe Gerät benutzt.

Unstreitig werden durch die App Nutzerprofile miteinander verknüpft, die auf dem …-Server hinterlegt sind. Die Endgeräte, mit denen die Nutzer auf ihr Nutzerprofil zugreifen, werden durch die App mit dem Nutzerprofil verknüpft. Eine Interaktion der Nutzerprofile setzt technisch eine (jedenfalls mittelbare) Interaktion der Geräte voraus, mittels derer die Nutzerprofile aufgerufen werden.

Soweit die Beklagte dies anders sieht, hat sie den Vortrag der Klägerin nicht hinreichend substantiiert bestritten. Sie verneint in der Duplik die Behauptungen der Klägerin, und legt sodann dar, dass die Funktionalität nicht auf die Verknüpfung von Geräten abzielt. Sie hat nicht weiter erläutert, dass die Verknüpfung von Geräten durch die App nicht erfolgt, und wie ohne (zumindest mittelbare) Kommunikation der Geräte die Nutzerprofile untereinander interagieren können.

Soweit die Beklagte in der Quadruplik unterstreicht, nach dem Vortrag der Klägerin finde eine Verknüpfung zwischen Nutzerprofil und Gerät erst statt, wenn die zwei Geräte eine Verbindung eingingen (Merkmal 1.7), bezieht sich dies auf die Möglichkeit einer auseinandergezogenen Verfahrensweise, die das Gericht ohnehin nicht als anspruchsverwirklichend ansieht (unter (A)). Dieser Aspekt kann daher dahinstehen.

bb) Merkmal 1.5 ist ebenfalls erfüllt.

Das Matching von Nutzerprofilen, die mit Geräten - wenn auch nicht dauerhaft - verbunden sind, reicht nach o.g. Auslegung für eine Verwirklichung aus.

Des Weiteren steht der Umstand, dass in der P.y.m.k. -Funktionalität Nutzer in einer Liste angezeigt werden, die eine Eigenschaft mit dem ersten Nutzer teilen, ohne dass es sich dabei um dieselbe Eigenschaft handeln müsste, nicht der Patentbenutzung entgegen. Denn jedenfalls dann, wenn der Nutzer nur eine Eigenschaft angegeben hat, wird die Liste nur Personen umfassen, die diese Eigenschaft mit dem Nutzer teilen - mithin werden sie alle untereinander durch dieselbe Eigenschaft verbunden sein.

Hinzu kommt, dass nach oben dargelegter Auffassung die Liste nur teilweise repräsentativ für die gefundene Überschneidungsmenge sein muss. Dass die Liste in diesem Sinne zumindest teilweise repräsentativ ist, hat die Beklagte nicht bestritten.

cc) Auch Merkmal 1.6 ist als verwirklicht anzusehen.

(A) Das ist hinsichtlich der Funktionalität „Pymk“ unstreitig.

(B) Daher kann dahinstehen, ob auch die Funktionalität DP das Merkmal erfüllt.

dd) Merkmal 1.7 ist ebenfalls erfüllt.

Der Nutzer kann - für sich gesehen unstreitig - aus der ihm angezeigten Liste einen einzelnen Nutzer auswählen, und mittels des Add Friends-Button eine Kontaktanfrage an die ausgewählte Person schicken. Die Anzeige des Add Friend-Buttons setzt eine anspruchsgemäße Einladung, eine gegenseitige Verknüpfung einzuleiten, schon voraus, da es anderenfalls nicht zu der Anzeige kommen würde.

Die Behauptung der Beklagten in der Quadruplik, es fehle an einer Einladung auf Geräteebene, hat sie nicht näher erläutert. Sie steht im Widerspruch zu ihrer in der Duplik erfolgten Darlegung, der Button werde vom Mobilgerät generiert. Letzteres bedeutet, dass das Mobilgerät ein Signal erhalten muss, den Button anzuzeigen. Das setzt eine patentgemäße Einladung voraus.

Ebenso verbietet der Anspruch nach obiger Auslegung nicht einen Zwischenschritt zwischen der Übersendung der Liste und der Einladung. Daher ist unerheblich, dass dem Nutzer der Add Friend-Button erst angezeigt wird, nachdem er eine Person aus der ihm übersandten Liste ausgewählt hat. Im Übrigen setzt die Anzeige auf Geräteebene schon eine patentgemäße Einladung voraus, s.o.

Durch die Verbindung der Nutzerprofile erfolgt auch eine Verknüpfung der Endgeräte im Sinne des Merkmals 1.7, und zwar der Endgeräte, die im Zeitpunkt des Zugriffs auf das Nutzerprofil von dem Nutzer eingesetzt werden. Die Verbindung ist nach o.g. Auslegung auf eine Interaktion ausgelegt. Die Nutzerprofile können aber nur miteinander kommunizieren, wenn die eingesetzten Endgeräte zumindest mittelbar interagieren. Des Weiteren erfasst die App (unstreitig) Informationen über die Geräte, die auf die App. Nutzerprofil und Gerät im Zeitpunkt der Nutzung sind mithin verknüpft, damit auch die Geräte, mittels derer auf die jeweiligen Profile zugegriffen wird. Eine zeitlich auseinander gezogene Verfahrensführung mit unterschiedlicher Hardware ist nicht patentgemäß, wie oben dargestellt. Daher erübrigen sich die Überlegungen S. 13 Duplik.

Dass Nutzer nach einer Verknüpfung der Nutzerprofile mittels Endgeräten und (zeitweiliger) Verknüpfung von Endgeräten auch mit einem anderen Endgerät auf ihr Nutzerprofil zugreifen können, steht dem nicht entgegen. Insoweit geht die Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform über das Klagepatent hinaus. Denn die klagepatentgemäße Verknüpfung auf Geräteebene muss nicht auf Dauer angelegt sein, während die angegriffene Ausführungsform gerade eine dauerhafte Verknüpfung auf Nutzerebene erreichen will. Das ändert aber nichts an der Verwirklichung der Merkmale des Anspruchs des Klagepatents.

Darüber hinaus ist die Bereitstellung der Möglichkeit der Kommunikation über Instant Messaging eine Einladung im Sinne des Klagepatents. Das bestreitet die Beklagtenseite letztlich auch nicht. Richtig ist, dass die Betätigung des Buttons durch den Nutzer bereits die Einleitung der Verbindung ist und nicht die Einladung hierzu. Die Bereitstellung des Buttons an den Nutzer aber ist die klagepatentgemäße Einladung.

d) Das Angebot oder die Lieferung im Inland zur Benutzung der Erfindung im Inland ist erfolgt.

aa) Die Beklagte bietet das Programm „… App “ im Inland zur Benutzung im Inland und damit die angegriffene Ausführungsform an, indem zum Beispiel im App Store von Apple die Anwendung „… App “ zum Herunterladen und zur Installation auf iOS-Geräten angeboten wird.

Zwar bestreitet die Beklagte, dass sie die angegriffene Ausführungsform für den deutschen Markt anbietet, verweist darauf, dass der Eintrag im App Store von Apple unzutreffend sei, und sieht vielmehr ihre europäische Tochtergesellschaft, … Ltd., als verantwortlich an. Dieses Bestreiten ist jedoch unsubstantiiert. Da die Einträge im App Store seit Klageerhebung und während des gesamten Prozesses unverändert geblieben sind, reicht das Vorbringen der Beklagten nicht aus, um den Vorwurf der Klägerin zu entkräften.

bb) Unabhängig hiervon besteht eine Verantwortlichkeit der Beklagten auch dann, wenn das Gericht unterstellt, dass die … Ltd. für die inländischen Vertriebshandlungen allein verantwortlich ist. Denn beide Gesellschaften handeln als Mittäter und die Beklagte muss sich das Handeln ihrer Mittäterin zurechnen lassen.

(A) Mittäterschaft besteht, weil ein arbeitsteiliges Vorgehen aufgrund eines gemeinsamen Tatplans (nämlich: die … App mit der angegriffenen Funktionalität auch in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreiben) vorliegt.

(B) Die irische Tochtergesellschaft der Beklagten ist eine weisungsgebundene Gesellschaft und wird von der Mutter, der hiesigen Beklagten kontrolliert und beherrscht. Hierin liegt ihr Tatbeitrag.

Dass die … Ltd. weisungsgebunden gegenüber der Beklagten ist, bestreitet die Beklagte nicht hinreichend substantiiert. Sie zieht sich allgemein darauf zurück, dass die Klägerin ihrerseits nur pauschal vorgetragen habe, wenn sie unter anderem Strategieaussagen aus einem Jahresbericht vorlegt, den die Beklagte bei der US-Börsenaufsichtsbehörde eingereicht hat. Aus diesem ergibt sich unstreitig, dass die Beklagte die angegriffene … App als „ihr Produkt“ bezeichnet und Einnahmen hieraus als „ihre Einnahmen“ bewertet. In diesem Sinne liest sich auch der Vortrag der Beklagten im Rahmen des Vollstreckungsschutzantrags, wonach der Konzern der Beklagten durch die Vollstreckung eines Unterlassungstitels den Konzern der Beklagten wirtschaftlich belastet würde.

Die Beklagte trifft eine sekundäre Darlegungslast, weil die Klägerin alle ihr zur Verfügung stehenden - öffentlich verfügbaren - Erkenntnismöglichkeiten über die rechtliche und tatsächliche Einbindung der Beklagten in die Handlungen der … Ltd. sowie über eine entsprechende Weisungsgebundenheit dieser Gesellschaft gegenüber der Beklagten ausgeschöpft hat. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass die von der Klägerin vorgelegten Informationen nicht ausdrücklich die Bundesrepublik Deutschland betreffen. Im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast wären nach Überzeugung der Kammer der Beklagten nähere Angaben zu den genannten Umständen ohne weiteres möglich und auch zumutbar gewesen.

Auf Grundlage des Vortrags der Beklagtenseite war auch die Anhörung des Zeugen S. nicht erforderlich; sie hätte nur der Ausforschung gedient. Ebenso wenig brauchte die Kammer dem Antrag der Klägerin auf Vorlage der Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge nachzugehen.

e) Auch der subjektive Tatbestand ist gegeben.

Die subjektive Bestimmung des Abnehmers zur unmittelbaren patentverletzenden Verwendung ist offensichtlich, weil die angegriffene Ausführungsform die patentverletzende Funktionalität vorsieht und davon auszugehen ist, dass sie entsprechend ausgeführt wird, auch weil sie entsprechend beworben wird. Die objektive Eignung und die Verwendungsbestimmung der Abnehmer sind für die Beklagte offensichtlich. Die … App ist von der Beklagten auf die patentgemäße Benutzung zugeschnitten und wird hierfür explizit angeboten.

III. Die Beklagte ist passivlegitimiert, s.o.

IV.

Wegen der Patentverletzung hat die Klägerin die folgenden Ansprüche:

1. Der Anspruch auf Unterlassung folgt aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG. Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform besteht Wiederholungsgefahr mit Blick auf die Tathandlungen „anbieten“ und „liefern“. Denn die Wiederholungsgefahr wird durch die festgestellten rechtswidrigen Benutzungshandlungen indiziert.

Ein Schlechthinverbot ist gerechtfertigt. Die angegriffene Ausführungsform kann technisch und wirtschaftlich sinnvoll nur in patentverletzende Weise verwendet werden. Die Matchingfunktion ohne die patentverletzende Verwirklichung der Anspruchsmerkmale zu verwenden (etwa nur in dem Fall, dass der Nutzer den Matchingprozess nur mit Unterbrechung und Nutzung verschiedener Geräte) scheidet aus.

2. Der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung folgt aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1, Abs. 3 PatG, §§ 242, 259 BGB.

Die Beklagte ist auch verpflichtet, über die Nutzungshandlungen der … Ltd. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Möglichkeit hat, über Nutzungshandlungen der … Ltd. Auskunft zu erteilen. Die (insoweit darlegungs- und beweisbelastete) Beklagte hat nicht dargetan, dass ihr eine solche Auskunft unmöglich ist, § 275 BGB. Sie hat auch die mittels des Jahresberichtes K-D-4 substantiierte Behauptung der Klägerin, die Beklagte kontrolliere die … Ltd., nicht substantiiert bestritten (s.o.).

3. Der Schadensersatzanspruch folgt aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG.

a) Hinsichtlich der Handlungen der Beklagten folgt dies aus dem oben Gesagten.

b) Soweit die Beklagte auch gesamtschuldnerisch für Handlungen der … Ltd. in Anspruch genommen wird, folgt ihre Haftung aus § 840 Abs. 1 BGB.

Die … Ltd. ist für sich gesehen passivlegitimiert. Die Klägerin hat dargelegt, dass in den Nutzungsbedingungen der angegriffenen Ausführungsform - für sich gesehen unstreitig - auf die … Ltd. als Anbieterin verwiesen. Als Anbieterin ist auch sie verantwortlich für die mittelbare Patentbenutzung durch die angegriffene Ausführungsform. Daher ist sie neben der Beklagten als Täterin anzusehen.

Auf die Frage der Verantwortlichkeit der Beklagten für die … Ltd. als ihre Tochtergesellschaft kam es daher an dieser Stelle nicht an.

C.

Eine Aussetzung mit Blick auf die von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage nach § 148 ZPO ist nicht veranlasst.

I.

Die Einleitung eines Einspruchsverfahrens oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellen als solches keinen Grund dar, das Verfahren auszusetzen. Anderenfalls würde man dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beimessen, die ihm nach dem Gesetz gerade fremd ist (BGH GRUR 1987, 284 - Transportfahrzeug). Bei der gebotenen Interessenabwägung hat grundsätzlich das Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung des ihm erteilten Patents Vorrang (siehe Cepl/Voß-Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, § 148 ZPO Rn. 106 mwN). Denn das Patent bietet nur eine beschränkte Schutzdauer. Für die Dauer der Aussetzung ist das Schutzrecht mit Blick auf den Unterlassungsantrag, der einen wesentlichen Teil des Schutzrechts darstellt, noch zusätzlich praktisch aufgehoben. Daher kommt eine Aussetzung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Vernichtung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Cepl/Voß-Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, § 148 ZPO Rn. 107 mwN).

Für die Neuheitsprüfung ist zu ermitteln, welche technischen Informationen eine Entgegenhaltung dem Fachmann offenbart, und zwar unmittelbar und eindeutig (BGH GRUR 2009, 382, 384, Rn. 25 - Olanzapin).

II.

Das Verfahren ist nach diesen Maßstäben nicht auszusetzen.

Nach Auffassung der Kammer ist der Gegenstand des Klagepatents in der erteilten Fassung patentfähig. Die von der Beklagten im Rahmen ihres Aussetzungsantrags geltend gemachten Nichtigkeitsargumente greifen nicht durch. Der Gegenstand des Klagepatents ist insbesondere neu und wird durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

1. Der Gegenstand der entgegengehaltenen Druckschrift Mahmood (FBD-FB ...4) steht der Patentfähigkeit des Gegenstands des Klagepatents nicht entgegen.

a) Die Druckschrift offenbart ein Profil-Matching von Mobiltelefonen in einem Kommunikationssystem. Die Telefone übermitteln persönliche Informationen an einen Server, der einen Abgleich dieser Informationen vornimmt und eine Liste „gefundener Personen“ an ein Telefon übermitteln kann („The server also comprises means for transmitting to the telephone a list of the found persons which (…)“, [0007]). Der Abgleich kann auf einen speziellen Befehl hin oder automatisch bei Erhalt persönlicher Informationen erfolgen, [0012].

b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 wird durch die Entgegenhaltung nicht offenbart.

Es werden nicht sämtliche beanspruchte Merkmale gezeigt. „Mahmood“ offenbart kein merkmalsgemäßes „Pushen“. Die „means for transmitting“ sind für den Fachmann nicht unmittelbar und eindeutig als Mittel zum Pushen einer Nachricht zu erkennen. Das folgt insbesondere nicht aus dem Umstand, dass eine Offenbarung einer Nachrichtenübermittlung mittels Pull-Methode fehlt. „Mahmood“ adressiert die Art der Übermittlung schlicht nicht weiter; die Druckschrift lässt offen, ob die Übermittlung mittels „push“ oder „pull“ erfolgt. Auch der automatische Abgleich lässt den Fachmann nicht zwingend schlussfolgern, dass die anschließende Übermittlung des Ergebnisses des Abgleichs automatisch erfolgt.

2. Der Gegenstand der entgegengehaltenen Druckschrift Callegari (FBD-FB ...5) steht der Patentfähigkeit des Gegenstands des Klagepatents ebenfalls nicht entgegen.

a) Diese US-Patentanmeldung offenbart ein Verfahren und ein System zum Abgleich persönlicher Daten, unter anderem von Konsumenten- und Händlerdaten. Das Verfahren lokalisiert den Konsumenten anhand eines von ihm verwendeten Gerätes und benachrichtigt den Konsumenten über die Nähe zu einem Händler, wenn der Konsument in einen bestimmten örtlichen Bereich kommt. Die Benachrichtigung wird dem Konsumenten mittels eines push-Signals übermittelt, ohne dass der Konsument aktiv nach dem Händler suchen muss. Die Anmeldung offenbart auch grundsätzliche Ansätze des Matchings von Personen mit gegenseitigen Interessen, [0113].

b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 wird durch „Callegari“ ebenfalls nicht offenbart. Insbesondere offenbart die Druckschrift Merkmal 1.7 nicht. Zwar offenbart [0113] die Übersendung einer Liste an einen Nutzer. Was mit dieser Liste weiter geschieht, kann - auch der Fachmann - der Anmeldung indes nicht (unmittelbar und eindeutig) entnehmen. Zwar sieht [0113] S. 3 vor, dass der Nutzer mithilfe des Systems neue Personen kennen lernen kann, deren Profile mit seinem übereinstimmen. Dass hierfür eine gerätebezogene Verknüpfung erfolgt, offenbart die Beschreibungsstelle indes nicht.

Das folgt auch nicht aus [0115]. Zwar beschreibt „Callegari“ dort die Möglichkeit eines follow-up Messaging. Dass dies mittels elektronischer Geräte erfolgen kann, entnimmt der Fachmann der Beschreibung vielleicht wegen der in [0115] S. 3 angesprochenen „safeguards“ und „handshaking-procedures“. Der Kammer ist zwar bekannt, dass heutzutage handshaking procedures bei der Kommunikation zwischen Systemen eine Rolle spielen. Dass der Fachmann den Begriff schon im Zeitpunkt der Priorität von „Callegari“ derart verstanden hat, hat die Beklagte jedoch weder schriftsätzlich noch im Termin dargelegt. Als Beispiel benennt die Anmeldung darüber hinaus ein „location based message center“. Dass der Fachmann hierunter eine Vorrichtung versteht, die zwingend eine elektronische Organisation voraussetzt, erschließt sich der Kammer nicht unmittelbar und eindeutig. Hierzu hat die Beklagte im Termin auch keine weiteren Erläuterungen erbracht. Daher erschließt sich der Kammer auch nicht, dass der Fachmann aus dem Begriff handshaking procedures den Rückschluss ziehen muss, dass eine Verknüpfung zweier Geräte erfolgen muss.

3. Auch die Entgegenhaltung Fraccaroli (FBD-FB ...6) steht der Patentfähigkeit des Klagepatents nicht entgegen.

a) Diese Anmeldung offenbart ebenfalls eine Vorrichtung zum Matchen von Nutzern eines drahtlosen Kommunikationsnetzwerks.

b) „Fraccaroli“ offenbart kein Pushen im Sinne des Merkmals 1.6 des Klagepatents. Dass der Übersendung des entsprechenden Nachrichtensignals, mit dem die Basisstation die Mobilfunkstation über eine Übereinstimmung informiert, keine explizite Anfrage vorausgeht, offenbart die Beschreibung in Spalte 10, Zeilen 40-52, nicht unmittelbar und eindeutig. Dies folgt auch nicht aus Spalte 9, Zeile 66 bis Spalte 10, Zeile, oder Spalte 5 Zeilen 4 bis 11: Hier wird nur beschrieben, dass der Matching-Prozess automatisch ausgeführt wird. Dass dies auch die anschließende Übermittlung des Ergebnisses des Abgleichs erfasst, ist nicht unmittelbar und eindeutig ersichtlich. Aus dem Umstand, dass Fraccaroli keine ausdrückliche Anfrage des Mobilgeräts offenbart, folgt ebenfalls keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung eines Push-Signals. Fraccaroli adressiert diesen Punkt schlicht nicht.

Des Weiteren offenbart die Anmeldung kein Signal, das im Sinne des Merkmals 1.6 zumindest teilweise repräsentativ ist für eine Liste der Übereinstimmungen. Spalte 9 Zeilen 24-28 und 35-39 offenbart schon keine Liste, sondern adressiert die Bekanntgabe einzelner Matches. Eine inkrementelle Erstellung der Liste (Logbook) ist ebenso wenig merkmalsgemäß wie die Übersendung einer vollständigen Liste der ermittelten Matches, wie oben dargelegt. Die einzelne Übersendung mehrerer gefundener Matches, wie Fraccaroli sie vorsieht, führt von der Lehre des Klagepatents fort.

4. Soweit die Beklagte sich schließlich auf fehlende Technizität stützt, begründet auch dieser Ansatz keine Aussetzung. Anspruch 1 ist zweifelsfrei technisch, weil der Matching-Prozess und die Einleitung von Verbindungen signal- und gerätebezogen erfolgen.

D.

I.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Kosten des Rechtsstreits waren vollumfänglich der Beklagtenseite aufzuerlegen. Auf die Frage, ob auch die Funktionalität „Discover People“ das Klagepatent verletzt, kommt es auch im Rahmen der Kostenentscheidung nicht an, weil jedenfalls dieselbe angegriffene Ausführungsform betroffen ist.

II.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 2 und 3 ZPO. Sie gliedert sich wie erkannt. Die Sicherheitsleistung ist dabei an dem Streitwert zu orientieren. Der Feststellungsantrag ist nicht vorläufig vollstreckbar. Die Entscheidung über die Kosten ist nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

E.

Dem Antrag nach § 712 ZPO der Beklagten ist nicht stattzugeben. Die Beklagte hat nur eine wirtschaftliche Belastung behauptet, ohne Tatsachen vorzubringen, die das Tatbestandsmerkmal „nicht zu ersetzender Nachteil“ erfüllen.

F.

Sofern die Beklagten mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Oktober 2019, der nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangen ist, Tatsachen vorgetragen haben, sind diese wegen § 296a ZPO als verspätet zurückzuweisen. Ein Anlass, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO wieder zu eröffnen, besteht nicht. Die vorgebrachten rechtlichen Argumente hat die Kammer für ihre Entscheidung aber zur Kenntnis genommen und insofern berücksichtigt.

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