Beschluss vom Landgericht Neubrandenburg (2. Zivilkammer) - 2 T 63/17

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 31.03.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Waren (Müritz) vom 23.03.2017, Az. 603 M 117/17 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Gläubiger bei einem Beschwerdewert von bis … € auferlegt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Gläubiger hat zur Vollstreckung einer Forderung aus einem Vollstreckungsbescheid vom 27.07.2006 mit Schreiben vom 17.01.2017 den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf dem vorgeschriebenen Formular beantragt und in dem beim Amtsgericht nur einfach eingereichten Antrag als von der Schuldnerin zu beanspruchen Betrag eine Restforderung aus der Hauptforderung in Höhe von … € angegeben.

2

Mit Verfügung vom 23.01.2017 hat das Amtsgericht dem Gläubiger unter Fristsetzung von 2 Wochen u.a. auf folgende, einer antragsgemäßen Entscheidung entgegenstehende Hindernisse hingewiesen:

3

„Da offensichtlich bereits Teilzahlungen erfolgt sind, wird um Vorlage einer Forderungsaufstellung (mid. 2-fach) gebeten, damit die Schuldnerin in der Lage ist, die noch offene Restforderung zu prüfen.

4

Es wird um Einreichung eines berichtigten Pfändungs- und Überweisungsbeschlussentwurfes nebst Forderungsaufstellung gebeten. Des Weiteren ist zur Erstellung einer Beschluss Ausfertigung mid. ein weiterer vollständiger Beschlussentwurf hier vorzulegen“.

5

Nachdem der Gläubiger daraufhin mit Schreiben vom 31.01.2017 seine Verpflichtung zur Erfüllung der vorstehenden Nachreichungen mit der Begründung, dass er hierfür keine Rechtsgrundlage sehe, bestritten hatte, hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts mit Verfügung vom 02.02.2017 dem Gläubiger unter Setzung einer weiteren Frist von einer Woche mitgeteilt, dass er an seiner bereits mitgeteilten Rechtsauffassung uneingeschränkt festhalte und es weitere Hinweise nicht bedürfe. Mit Beschluss vom 22.03.2017 hat das Amtsgericht den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unter Berufung auf seine zuvor mit gerichtlichen Hinweis mitgeteilte Rechtsauffassung im vollen Umfang zurückgewiesen.

6

Gegen diesen ihm am 24.03.2017 zugestellten Beschluss richtet sich die am 31.03.2017 beim Landgericht eingegangene Beschwerde des Gläubigers vom 10.02.2017, die der Gläubiger mit seiner Auffassung, dass weder für die geforderte Forderungsaufstellung, noch für die Einreichung von Antragsmehrausfertigungen eine Rechtsgrundlage bestehe, begründete.

7

Daraufhin hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts zunächst bezüglich der geforderten Forderungsaufstellung u.a. auf die diesbezügliche Kommentierung in Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn. 465, 466 verwiesen und nachdem der Gläubiger mit Schreiben vom 23.04.2017 seinen Rechtsbehelf ausdrücklich aufrechterhalten hat, durch Beschluss vom 28.07.2017 diesem nicht abgeholfen und die Verfahrensakte ordnungsgemäß der Beschwerdekammer des Landgerichts Entscheidung vorgelegt.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Verfahrensganges wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

9

Die vom Gläubiger eingelegte Beschwerde ist als der im vorliegenden Fall statthafte Rechtsbehelf, insoweit als sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) zu werten. Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde des Gläubigers ist jedoch nicht begründet.

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Für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses besteht aufgrund der gem. § 829 Abs. 4 ZPO erlassenen Zwangsvollstreckungsformularverordnung - ZVFV - seit dem 01.03.2013 Formzwang. Dies hat jedoch grundsätzlich zu keiner Änderung bezüglich der inhaltlichen Anforderungen an einen entsprechenden Antrag oder die Prüfungspflichten des Vollstreckungsgerichts vor Erlass des entsprechenden Beschlusses geführt.

11

Unabhängig davon, dass wie der BGH u.a. mit seinem Beschluss vom 15.06.2016, Aktz. VII ZB 58/15 nochmals eindeutig festgestellt hat, das Vollstreckungsgericht nicht befugt ist, eine von dem Gläubiger vorgenommene Verrechnung an ihn geleisteter Zahlungen auf ihre Richtigkeit gemäß § 367 Abs. 1 BGB hin zu überprüfen, da materiell-rechtliche Fragen einer Prüfung durch das Vollstreckungsgericht im streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren grundsätzlich entzogen sind, obliegt dem Vollstreckungsgericht u.a. auch bezüglich des Vollstreckungsgegenstandes weiterhin zumindest eine (wenn auch eingeschränkte) Schlüssigkeitsprüfung. Dabei muss das Vollstreckungsgericht, ausgehend von dem insbesondere auch für das Vollstreckungsverfahren geltenden Bestimmtheitsgrundsatz u.a. prüfen, inwieweit sich aus dem Antrag auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss das Zugriffsobjekt und der Umfang des Zugriffs klar und unzweifelhaft erkennen lassen. So muss der Umfang des Zugriffs (Betrag der Vollstreckungsforderung) klar erkennbar sein, d.h. die Forderung des Gläubigers muss nach Hauptsache, Zinsen, Prozess- und Vollstreckungskosten bestimmt oder zumindest bestimmbar im Pfändungs- und Überweisungsbeschlussantrag angegeben sein. Insoweit ist es grundsätzlich erforderlich, dass entweder, soweit möglich im Beschlussantrag selbst oder falls dies nicht möglich sein sollte, in einer gesonderten Forderungsaufstellung eine entsprechende Aufschlüsselung nach Hauptforderung, Zinsen und Kosten vorgelegt wird (Steder in: Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, 1, Auflage, A. Pfändung von Forderungen - Allgemein, Rn. 208 ff.).

12

Auch wenn nur wegen eines Teilbetrages vollstreckt wird, ist grundsätzlich gleichwohl eine Forderungsaufstellung entsprechend der Titulierung über die Gesamtforderung unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen beizufügen (a.a.O., Rn. 171).

13

Zwar kann für die Vollstreckung aus Vollstreckungsbescheiden bei Vorliegen der in § 829 a ZPO genannten rechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich auch ein vereinfachter elektronischer Vollstreckungsantrag im dort genannten Sinne ausreichen. Jedoch auch in einem derartigen Fall obliegt es grundsätzlich dem pflichtgemäßen Ermessen des Vollstreckungsgerichts, zu entscheiden, inwieweit die eingereichten, von § 829 a ZPO als Mindestvoraussetzung genannten Unterlagen im jeweiligen Einzelfall ausreichend sind oder ob es erforderlich ist, auf der Grundlage von § 829 a Abs. 2 ZPO den Gläubiger zum Nachweis von weiteren Vollstreckungsvoraussetzungen aufzufordern.

14

Unabhängig davon, dass sich aus der vorliegenden Verfahrensakte bereits nicht eindeutig ergibt, ob hier, abgesehen von der nicht elektronischen Einreichung des Antrages, zumindest ansonsten ein Fall vorliegt, der bei elektronischer Einreichung nach § 829 a ZPO hätte abgewickelt werden können, kann die Nachforderung einer entsprechenden Forderungsaufstellung zumindest im Ergebnis auf jeden Fall nicht als Ermessensüberschreitung Seitens des Amtsgerichts gewertet werden. Einerseits ergibt sich aus dem im Gläubigerantrag vom 17.01.2017 genannten Betrag von … € tatsächlich nicht, inwieweit es sich hierbei ausschließlich nur um einen Restbetrag bezüglich der Hauptforderung aus dem schließlich nachbenannten und offensichtlich auch zwischenzeitlich nachgereichten Vollstreckungstitel (einem Vollstreckungsbescheid vom 27.07.2006) gehandelt hat, andererseits bestand auf Seiten des Amtsgerichts spätestens ab dem Zeitpunkt, nachdem der Gläubiger statt einer, allem Anschein nach mit weniger Aufwand verbundenen Forderungsaufstellung, mit seinem Schreiben vom 31.01.2017 ca. 2 DIN A4 Seiten allein zur Begründung seiner Weigerung zur Abreichung einer solchen Forderungsaufstellung zur Gerichtsakte gereicht hatte, eine konkrete Veranlassung den vom Gläubiger begehrten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht ohne Vorliegen einer schlüssigen Forderungsaufstellung zu erlassen.

15

Soweit vom Rechtspfleger des Amtsgerichts auch um die Nachreichung eines weiteren vollständigen Beschlussentwurfes gebeten wurde, hätte die vom Gläubiger ebenfalls verweigerte Nachreichung zwar für sich allein genommen dem Erlass des von ihm angestrebten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses rechtlich nicht entgegengestanden, da sich hieraus nur kostenrechtliche Konsequenzen zum Nachteil des Gläubigers auf der Grundlage des Kostenverzeichnisses zum GKG, dort Nummer 9000 ergeben hätten. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts war jedoch im vorliegenden Fall wegen der Nichtnachreichung einer Forderungsaufstellung aus den vorgenannten Gründen daran gehindert, den vom Gläubiger begehrten Beschluss zu erlassen. Da insoweit keine fehlerhafte Entscheidung des Amtsgerichts feststellbar ist, kann der vorliegende Rechtsbehelf des Gläubigers nur zurückgewiesen werden.

16

Die Kostenentscheidung resultiert aus § 97 ZPO.

17

Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind im vorliegenden Fall nicht gegeben, da es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung handelt (§ 574 ZPO).

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