Urteil vom Landgericht Stendal (1. Zivilkammer) - 21 O 151/11
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Teilschmerzensgeld in Höhe von 95.000,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 9.6.2011 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 33.810,44 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 9.6.2011 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird ferner verurteilt, die Klägerin von Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte RA KL in Höhe eines Betrages von 1.105,51 Euro freizustellen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen weiteren Schäden ab Klagerhebung (6.7.2011) zu ersetzen, die aus dem Verkehrsunfallereignis vom 7.3.2010 resultieren, soweit kein Anspruchsübergang auf öffentlich-rechtliche Versorgungsträger oder sonstige Dritte vorliegt.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 23 % und die Beklagte zu 77 %.
7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schmerzensgeld und Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalles in Anspruch.
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Der Verkehrsunfall ereignete sich am 7.3.2010 auf der Bundesstraße 188 in der Nähe der Ortslage Hottendorf. Die Klägerin war Insassin des von dem Beteiligten CC geführten Personenkraftwagens der Marke Mazda mit dem amtlichen Kennzeichen SDL-…... Während der Fahrt hatte die Klägerin den Sicherheitsgurt angelegt. Der Beteiligte CC befuhr die Bundesstraße in Richtung Hottendorf. Der weitere Beteiligte DD befuhr mit dem Personenkraftwagen VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen X die Bundesstraße aus Richtung Hottendorf kommend in Richtung Gardelegen. Zwischen den Ortschaften Jävenitz und Hottendorf geriet der Beteiligte DD in einer Rechtskurve auf die Gegenfahrbahn. Dort kam es zu einem Zusammenstoß der Fahrzeuge. Der Beteiligte DD verstarb noch an der Unfallstelle. Durch den Unfall erlitt die Klägerin erhebliche Verletzungen. Die Verletzungen und Verletzungsfolgen stehen im Einzelnen zwischen den Parteien im Streit.
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Nach dem Unfall wurde die Klägerin zunächst in das Klinikum Gardelegen eingewiesen. Nach der Primärversorgung wurde sie in die Klinik für Neurochirurgie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg zur weiteren Therapie verlegt. Am 7.4.2010 wurde die Klägerin in die Medianklinik NRZ Magdeburg zur neurologischen Frührehabilitation verlegt. Dort befand sie sich bis zum 12.8.2010. Am 13.12.2010 schloss sich eine Rehabilitationsmaßnahme an, die bis zum 7.1.2011 andauerte. Am 23.1.2011 stürzte die Klägerin und zog sich eine LWS-Prellung mit immobilisierenden Schmerzen zu. Aufgrund des Sturzes befand sie sich bis zum 25.1.2011 in stationärer Behandlung.
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In der Folgezeit zahlte die Beklagte an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 55.000,00 Euro sowie Schadensersatz in Höhe von 2013,11 €. Mit Schreiben vom 25.5.2011 forderten die Bevollmächtigten der Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 8.6.2011 zur Zahlung weiterer Ansprüche in Höhe von 182.761,35 Euro auf. Der Betrag ist Gegenstand des Rechtsstreits.
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Der Ehemann der Klägerin EE wurde zwischenzeitlich zum Betreuer der Klägerin bestellt.
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Die Klägerin behauptet, sie habe durch den Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma mit intracranieller Blutung, eine nicht dislozierte Dens-Franktur (Effendi-li-Fraktur) ohne neurologisches Defizit, eine Thoraxkontusion, ein stumpfes Bauchtrauma ohne Anhalt für eine intraabdominelle Verletzung, eine Beckenschaufelfraktur links sowie größere subcutane Wunden in beiden Leistenregionen und eine größere Hautwunden am Handrücken rechts erlitten. Das durch den Verkehrsunfall bedingte Schädel-Hirn-Trauma habe gravierende motorische Defizite und Hirnleistungsdefizite zur Folge gehabt. Ein bestehe ein kombiniert neurologisch-psychiatrisches Störungsbild nach Schädel-Hirn-Trauma. Eine Streckung im rechten Ellenbogengelenk sei nur bis 160 Grad möglich. Ferner sei die Feinmotorik im Bereich der rechten Hand eingeschränkt. Aufgrund ihres unfallbedingten Allgemeinzustandes könne sie Gehstrecken ohne Hilfsmittel nur ca. 10 m zurücklegen. Ihr Auffassungsvermögen sei unfallbedingt verlangsamt. Ebenso sei die Konzentration reduziert. Gleiches gelte für die Merkfähigkeit, das Gedächtnis und insbesondere das Altgedächtnis. Sie leide unter Depressivität mit reduziertem Antrieb. Sie leide ferner unter generellen kognitiven Leistungseinbußen und könne im alltäglichen Leben nur mit Unterstützung der Familie zurecht kommen. Zuvor habe sie den gesamten Haushalt allein geführt; aufgrund des Unfalls sei sie zu keinerlei Haushaltstätigkeiten mehr in der Lage. Von besonderer Bedeutung sei die Antriebsarmut. Über 30 Minuten hinaus sei keine Beschäftigung möglich. Sie bedürfe stets der Ermutigung sowie der ständigen Aufsicht. Selbständig könne sie lediglich die eigene kleine Körperpflege realisieren. Ihre gesamte weitere Lebensführung sei durch den Unfall vollständig entwertet. Sie könne weder einen Pkw führen noch an der Seniorensportgruppe in ... auf absehbare Zeit teilnehmen. Auch könne sie ihrem Hobby als Mitglied der Singgemeinschaft nicht mehr aktiv nachgehen. Die Freizeitbeschäftigung der Klägerin beschränke sich nunmehr auf das Ausfüllen von Kreuzworträtseln. Zur Regulierung des Gehirnwassers befinde sich auch eine Drainage unterhalb der Schädeldecke. Diese Drainage werde zeitlebens nicht mehr entfernt werden können. Aufgrund des Unfalles sei bei der Klägerin auch eine vollständige Neuversorgung der Zahnprothesen erforderlich geworden. Auch der Krankenhausaufenthalt vom 20.6. bis 13.7.2011 im Fachklinikum Uchtspringe sei unfallbedingt erforderlich gewesen. Noch immer befinde sich die Klägerin in neurologisch-phsychiatrischer sowie physio- und ergotherapeutischer Behandlung. Der Sturz am 23.1.2011 beruhe auf den unfallbedingt erlittenen Verletzungen. Die Fahrtkosten für den Ehemann seien notwendig und medizinisch indiziert gewesen, zumal sich die Klägerin zunächst längere Zeit im Koma befunden habe. Gleiches gelte für die Besuche der Tochter. Auch während ihres stationären Aufenthaltes vom 13.12.2010 bis 6.1.2011 sei die Anwesenheit des Ehemannes der Klägerin erforderlich gewesen, da die Klägerin hilflos gewesen sei. Ohne die Anwesenheit des Ehemannes wäre die Klägerin nicht in der Lage gewesen, Behandlungen wahrzunehmen und sich aus der häuslichen Umgebung zu entfernen. An eine eigenständige Lebensführung der Klägerin sei nicht mehr zu denken. Gleiches gelte für die Führung des Haushaltes. Zwar seien die Gartenarbeiten überwiegend von dem Ehemann der Klägerin vorgenommen worden, die Klägerin habe jedoch 20 % hiervon getragen. Dies entspreche einem Anteil von 4 Stunden wöchentlich. Im Übrigen habe die Klägerin durchschnittlich 40 Stunden für den Haushalt aufgewandt, Hiervon entfielen auf den Einkauf 8 Stunden, die Essenszubereitung 15 Stunden, Geschirrspülen 4 Stunden, Staubsaugen und Wischen 4 Stunden, Fußboden wischen und Wäsche waschen jeweils 2 Stunden, Bettwäsche wechseln 0,5 Stunden, Bügeln 2,5 Stunden, Fensterputzen 2,5 Stunden, Wohnung aufräumen 2 Stunden und Kleinreparaturen 0,5 Stunden. Von den insgesamt 43 Stunden wöchentlich entfielen auf die Klägerin mindestens 40 Stunden. Für den Haushaltsschaden sei ein Stundensatz von 10,00 Euro mindestens in Ansatz zu bringen, so dass sich ein Haushaltsführungsschaden von 400,00 Euro wöchentlich errechne. Für die Zeit vom 7.3.2010 bis einschließlich 5.6.2011, mithin für einen Zeitraum von 65 Wochen, errechne sich demgemäß ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von insgesamt 26.000,00 Euro. Darüber hinaus seien Fahrkosten für den Ehemann der Klägerin in Höhe von insgesamt 6.092,03 Euro, Besuchskosten für die Tochter in Höhe von 3.584,60 Euro und Auslagen für die Klägerin (Kleidung, Pflegeartikel, Zuzahlungen sowie Differenzkosten für die Zahnbehandlung) in Höhe von insgesamt 4.098,05 Euro entstanden. Aufgrund der von der Klägerin erlittenen Verletzungen sei auch mit dem Eintritt weiteren Schadens zu rechnen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen,
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1. an die Klägerin 145.000,00 Euro Teilschmerzensgeld im Wege der Teilklage zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 9.6.2011 zu zahlen,
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2. an die Klägerin weitere 37.761,35 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 9.6.2011 zu zahlen,
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3. die Klägerin von Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte RA KL, in Höhe eines Betrages von 1.105,51 Euro freizustellen sowie
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4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche materiellen und immateriellen weiteren Schäden ab Klagerhebung zu ersetzen, die aus dem Verkehrsunfallereignis vom 7.3.2010 resultieren, soweit kein Anspruchsübergang auf öffentlich-rechtliche Versorgungsträger oder sonstige Dritte vorliegt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte bestreitet die Verletzungen sowie die Verletzungsfolgen und dass diese kausal auf den Verkehrsunfall zurückzuführen sind. Den Vortrag zu den Schadenspositionen hält sie überwiegend für unsubstantiiert. Der Verweis auf Anlagenkonvolute ersetze nicht den erforderlichen substantiierten Vortrag. Hinsichtlich der geltend gemachten Fahrkosten sei nicht ersichtlich, dass diese in vollem Umfang erforderlich gewesen seien, um den Heilungsverlauf zu verbessern. Gleiches gelte für die Begleitung des Ehemannes für den stationären Aufenthalt vom 13.12.2010 bis 6.1.2011. Zu den Kosten der Klägerin fehle jedweder Vortrag. Der Haushaltsführungsschaden werde indes in Abrede gestellt. Der Vortrag sei auch nicht glaubhaft. Der Stundensatz sei überhöht. Als Nettovergütung könne lediglich ein Betrag von 8,00 Euro pro Stunde angesetzt werden. Das von der Klägerin geltend gemachte Schmerzensgeld sei weit übersetzt. In Betracht der behaupteten Verletzungen sei allenfalls ein Schmerzensgeldanspruch von 78.650,00 Euro gerechtfertigt. Insoweit sei auch das Alter der Klägerin zu berücksichtigen, die bereits das Renteneintrittsalter erreicht gehabt habe. Erhebliche Beeinträchtigungen in ihrer weiteren Amtsführung und Berufsausübung seien daher nicht mehr erwarten. Ferner sei der Feststellungsanspruch unzulässig. Es sei nicht ersichtlich, dass weitere Schäden absehbar seien, welche in Zukunft zu weiteren Ansprüchen führen könnten. Hinsichtlich der außergerichtlichen Tätigkeit der Bevollmächtigten der Klägerin sei nicht dargetan, weshalb einer Abweichung von der Mittelgebühr gerechtfertigt sei. Es handele sich bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Verkehrsunfall um keine überdurchschnittliche Leistung eines Fachanwaltes für Verkehrsrecht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
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Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 22.2.2012 (Bl. 144 – 150 d.A. Bd. I) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Facharztes für Neurochirurgie Dr. med. GG vom 5.11.2012 (Bl. 1 – 19 d.A. Bd. II) sowie hinsichtlich der mündlichen Ausführungen des Sachverständigen auf das Sitzungsprotokoll vom 3.7.2013 (Bl. 109 – 114 d.A. Bd. II) verwiesen. Gemäß der prozessleitenden Verfügung vom 17.5.2013 (Bl. 99R Bd. II d.A.) hat das Gericht ferner den Ehemann der Klägerin als Vertreter der Klägerin angehört und die Zeugin Beate HH vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird ebenfalls auf das vorgenannte Sitzungsprotokoll vom 3.7.2013 verwiesen.
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Ferner waren die Akten der Staatsanwaltschaft Stendal 125 UJs 3036/10 beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und in dem im Urteilstenor ersichtlichem Umfang begründet.
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Die erhobene Teilklage ist zulässig. Die Einheitlichkeit des Schmerzensgeldanspruchs schließt nicht aus, den zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung feststehenden Mindestbetrag durch ein Teilurteil zuzusprechen (BGH MDR 2004, S. 701, 702).
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Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 95.000,00 Euro sowie ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 33.810,44 Euro gemäß den §§ 7 Abs. 1, 11 StVG, 115 VVG zu.
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Durch den Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Personkraftwagens wurde die Klägerin an ihrem Körper verletzt und an der Gesundheit beschädigt. Der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs hat den Unfall auch unstreitig aufgrund des besonderes groben Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 StVO allein schuldhaft verursacht. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach zu 100 % steht zwischen den Parteien auch außer Streit.
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Aufgrund der von der Klägerin durch den Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen sowie der Verletzungsfolgen hält das Gericht insgesamt ein Schmerzensgeld in Höhe von 150.000,00 Euro für gerechtfertigt. Abzüglich des von der Beklagten hierauf geleisteten Vorschusses in Höhe von insgesamt 55.000,00 Euro verbleibt ein restlicher Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 95.000,00 Euro.
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Das Schmerzensgeld soll den von dem Verletzten erlittenen Schaden angemessen ausgleichen. So soll der Verletzte einen Ausgleich für die erlittenen Schmerzen und Leiden erhalten; das Schmerzensgeld soll ihn in die Lage versetzen, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, die die erlittenen Beeinträchtigungen jedenfalls teilweise ausgleichen. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld dem Verletzten Genugtuung verschaffen für das, was ihm der Schädiger angetan hat (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 253 Rn. 4).
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Die Höhe des Schmerzensgeldes ist unter umfassender Berücksichtigung aller für die Bemessung maßgebenden Umstände festzusetzen; es hat in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Dauer der Verletzung zu stehen (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 253 Rn 15 m.w.N.). Zu den Bemessungsfaktoren gehören namentlich das Ausmaß und die Schwere der Verletzungen und der Schmerzen, die Dauer stationärer Behandlungen, die Belastung durch Operationen und andere Behandlungsmaßnahmen, dauernde Behinderungen und das Alter des Verletzten (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 253 Rn 15 ff m.w.N.).
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin durch den Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Traum mit intracranieller Blutung, eine nicht dislozierte Dens-Fraktur, eine Thoraxkontusion, ein stumpfes Bauchtrauma ohne Anhalt für intraabdominelle Verletzungen, eine Beckenschaufelfraktur links, größere subkutane Wunden in beiden Leistenregionen und eine größere Hautwunde am Handrücken rechts erlitten hat.
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Auf der Grundlage der Gerichtsakten, medizinischer und bildgebender Befunde sowie einer Untersuchung der Klägerin hat der Sachverständige Dr. GG die behaupteten Verletzungen bestätigt. Im Ergebnis der bildgebenden Untersuchung bestand ein bei der Klägerin ein schweres Schädelhirntrauma, eine Fraktur des zweiten Halswirbelkörpers, eine Mehrfachfraktur am Beckenkamm links, eine ausgedehnte Subarachnoidalblutung mit Einblutungen in die Hirnkammer sowie um den Hirnstamm sowie zusätzlich größere Hautwunden im Bereich der linken und rechten Leiste und eine offene Durchtrennung der Haut im Arm und des Handrückenbereichs rechts. Aufgrund des Verletzungsmusters war eine dringliche Verlegung in die Universitätsklinik für Neurochirurgie in Magdeburg erfolgt, in welchem die Klägerin intubiert, sediert und beatmet eingetroffen ist. Nachdem eine Kontrolle der Dens-Fraktur im CT eine Dislokation zeigte, erfolgte Crutchfieldanlage zur Extension des Frakturbereiches. Von einem dorsalen Zugang aus konnte die Dens-Fraktur am 17.3.2010 stabilisiert werden. Am 24.3.2010 musste eine Tracheotomie vorgenommen werden. Am 29.3.2010 erfolgte eine externe Ventrikelableitung, da CT-Verlaufskontrollen des Schädels eine Ventrikelerweiterung gezeigt hatten. Die Drainage wurde entfernt, als die Klägerin in die Frührehabilitation verlegt wurde. Sie traf dort in einem reduzierten Allgemeinzustand ein. Sie war soporös, aber erweckbar und scheinbar grob orientiert. Sie wurde durchgängig beatmet. Nachdem am 28.4.2010 eine computertomographische Untersuchung einen Anhalt für einen posttraumatischen Hydrocephalus ergeben hatte, wurde die Klägerin am 30.4.2010 in die Universitätsklinik für Neurochirurgie Magdeburg zurückverlegt. Dort erfolgte am 3.5.2010 die Anlage eines Hirnwassershunts über ein Ventil bis in die freie Bauchhöhle. Anschließend wurde die Klägerin wieder zurück in das NRZ Magdeburg verlegt. Im weiteren Verlauf war die Klägerin nicht mehr auf eine Beatmung angewiesen. Sie hellte zunehmend auf und konnte mobilisiert werden. Die Trachealkanüle wurde entfernt. Intern wurde die Klägerin von der Intensivpflegestation auf die Station für kognitiv stark beeinträchtigte Patienten verlegt. Am Ende der Rehabilitation war die Klägerin in der Lage, kurze Strecken ohne Hilfsmittel zu bewältigen und zwei Etagen mit Geländeerfassung zu überwinden.
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Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, dass die durch den Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen, insbesondere das schwere Schädel-Hirn-Trauma mit intracraniellen Blutungen, die armbetonte Halbseitenlähmung rechts und die Ausbildung eines posttraumatisch/posthämorrhagischen Hydrocephalus mit erheblichen Hirnleistungdefekten in der frühen Zeit nach dem Trauma und bleibende kognitive Einbußen im täglichen Leben verursacht hat. Durch eine Kontraktur der Muskulatur infolge der Halbseitenlähmung rechts ist die Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk Folge der durch den Unfall verursachten Hirnverletzung. Kognitiv bestehen weiter Gedächtnisdefizite sowie eine psychomotorische Verlangsamung. Die Klägerin ist bleibend auf die Hilfe Dritter angewiesen. Aufgrund der motorischen Beeinträchtigungen infolge der Hemiparese rechts und der kognitiven Einbußen durch die Störung des Neugedächtnisses, der eingeschränkten Merkfähigkeit und Initiativlosigkeit ist die Klägerin nicht in der Lage, ihren Haushalt zu führen. Auf der Grundlage der zahnärztlichen Befundung ist ferner davon auszugehen, dass auch eine prothetische Neuversorgung erforderlich war. Eine ärztliche und therapeutische Behandlung der Klägerin, insbesondere Physio- und Ergotherapie ist weiter erforderlich. Soweit der Klägerin am 3.4.2010 ein Shuntsystem zur Hirnwasserableitung implantiert wurde, kommt eine Entfernung nur bei einer entzündlichen Komplikation des Ventilsystems in Frage und ist eine Notwendigkeit in der Behandlung der Infektion. Es wird nur revidiert bzw. erneuert werden, wenn zu einem späteren Zeitpunkt eine mögliche Fehlfunktion des Ventilsystem vermutet oder offensichtlich ist. Unstreitig sind auch die Krankenhausaufenthalte im Anschluss an den Verkehrsunfall. Hinsichtlich des Krankenhausaufenthaltes vom 20.6. bis 13.7.2011 vermochte sich der Sachverständige mangels entsprechender Angaben zu weiteren Behandlungen insbesondere zu der Notwendigkeit der stationären Behandlung nicht zu erklären.
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Auf der Grundlage der Anhörung des Ehemannes der Klägerin als deren gesetzlicher Vertreter sowie der Vernehmung der Zeugin HH hat der Sachverständige ferner die beschriebenen Einbußen für plausibel erachtet und durch die Primärverletzung des Hirns erklärt, die auch zu grundlegenden Störungen des Antriebs geführt haben. Bei der Klägerin bestehen grundlegende Störungen des Antriebs sowie Störungen in der Erinnerung, die ebenfalls durch die Verletzung erklärbar sind. Grundlegende Dinge wie die Aufnahme von Nahrung und die Entleerung des Darms sowie solche, die ein Wohlfühlen hervorrufen, kann die Klägerin schon gelegentlich wollen. Alles Weitere erfordert eine übermäßige Konzentration, die immer wieder auch von außen an die Klägerin herangetragen werden muss. Hierbei ist die Klägerin aber auch nicht zu jeder Zeit in der Lage, entsprechend adäquat zu reagieren. Ferner hat der Sachverständige aufgrund der Anhörung des Ehemannes der Klägerin erläutert, dass der Sturz im Januar 2011 mit höchster Wahrscheinlichkeit durch die Gangunsicherheit bedingt ist und, dass die geschilderten Beeinträchtigungen primär durch den Unfall erlittenen Verletzungen verursacht sind.
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Die Ausführungen des Sachverständigen beruhen auf den zutreffenden Anknüpfungspunkten, die sind in sich schlüssig und nachvollziehbar.
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Auf der Grundlage der Anhörung des Ehemannes der Klägerin sowie der Zeugin HH ist auch davon auszugehen, dass es der Klägerin heute lediglich möglich ist, sich für eine Viertelstunde auf niedrigem Niveau zu unterhalten, sofern keine störenden Einflüsse wie Radio, Fernseher oder Ähnliches vorhanden sind. Auch einfache Übungstätigkeiten wie Malen, Singen oder das Durchführen von Spielen wie Memory ist der Klägerin allenfalls bis zu 20 Minuten möglich. Sie bedarf der Überwachung, Anleitung und Pflege wie ein kleines Kind. Sie ist antriebslos und zu keinerlei Tätigkeiten im Haushalt in der Lage. Sie nimmt nur noch eingeschränkt an dem Leben in der Familie teil. Sie ist bleibend auf die Hilfe Dritter angewiesen. Plausibel und anschaulich haben der Ehemann der Klägerin sowie die Zeugin HH auch die Wesensveränderung der Klägerin beschrieben.
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In Anbetracht der Schwere der Verletzungen, der Verletzungsfolgen und bleibenden Beeinträchtigungen erscheint auch in Anbetracht des Lebensalters der Klägerin insgesamt ein Schmerzensgeld in Höhe von 150.000,00 Euro auf der Basis einer vollständigen Haftung angemessen. Als Vergleichsentscheidungen hat das Gericht insoweit namentlich das Urteil des OLG Nürnberg vom 25.4.1997 (VersR 1998, S. 731, 732) sowie das Urteil des LG Hildesheim vom 7.2.2001 (zitiert nach Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge, 27. Aufl., Nr. 2789) herangezogen und den Preissteigerungsindex berücksichtigt.
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Darüber hinaus steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 33.810,44 Euro zu.
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An Fahrtkosten für den Ehemann kann die Klägerin den geltend gemachten Betrag in Höhe von 4.292,40 Euro für 146 Fahrten a` 140 km vom Wohnort nach Magdeburg in dem Zeitraum vom 8.3. – 31.7.2010 ersetzt verlangen.
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Besuchskosten naher Angehöriger können haftungsrechtlich als Heilbehandlungskosten und daher als eigene Kosten des Geschädigten anzusehen sein (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, a.a.O., § 249 Rn. 8 und 9). Voraussetzung hierfür ist, dass die Besuche für die Gesundung des Verletzten nach seiner Befindlichkeit medizinisch notwendig sind. Von einer medizinischen Notwendigkeit ist bereits dann auszugehen, wenn objektiv betrachtet eine realistische Chance eines Heilerfolges, einer Linderung oder Verhinderung weiterer Verschlechterung besteht (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 249 Rn. 8 und OLG Naumburg, NJW-RR 2011, Seite 245, 246).
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Im vorliegenden Fall erhalten die Aufwendungen ein entscheidendes Gepräge durch den Verletzten selbst. Unstreitig befand sich die Klägerin zunächst im Koma. Darüber hinaus hat die Median Klinik NRZ Magdeburg unter dem 10.9.2010 bestätigt, dass die Besuche des Ehemannes der Klägerin für die Patientin eine große emotionale Unterstützung dargestellt haben, die aus ärztlicher Sicht gewünscht und befürwortet worden sei. Der erzielte Behandlungserfolg sei auch durch diese Maßnahme positiv beeinflusst worden. Darüber hinaus hätten durch die tägliche Anwesenheit des Ehemannes der Klägerin jederzeit alle notwendigen Absprachen für den weiteren Behandlungsverlauf ohne zeitliche Verzögerung erfolgen können. Ebenso hat der Sachverständige Dr. GG bestätigt, dass tägliche Besuche eines Angehörigen auch auf einer Intensivstation in einer Phase, in der der Patient selbst noch nicht richtig ansprechbar ist, einen positiven Einfluss auf den Gesamtverlauf haben können. Noch wesentlicher war der regelmäßige Besuch des Ehemannes in der Frühphase der Rehabilitation sowie während des gesamten Aufenthaltes im NRZ Magdeburg.
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Vor diesem Hintergrund bestehen an der Erstattungspflicht der Fahrtkosten keine Zweifel. Die Anzahl der Fahrten sowie die gefahrenen Kilometer sind unstreitig. Insgesamt kann daher eine Erstattung von insgesamt 20.440 km verlangt werden. Der in Ansatz gebrachte Betrag von 0,21 Euro pro Kilometer liegt unterhalb der nach ständiger Rechtsprechung der Kammer in Anlehnung an den Fahrtkostenersatz nach § 5 Abs. 2 S. 1, Ziffer 1 JVEG für angemessen erachteten Pauschale von 0,25 € und ist daher nicht zu beanstanden.
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Die Klägerin kann ferner die Erstattung der Fahrtkosten in Höhe von 9,66 Euro für die Fahrt von ... nach Gardelegen für 46 km a 0,21 Euro ersetzt verlangen.
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Von den Auslagen laut der Anlage in Höhe von 632,47 Euro kann die Klägerin lediglich 218,72 Euro ersetzt verlangen, und zwar den Rezeptanteil in Höhe von 16,97 Euro, die Parkgebühren in Höhe von insgesamt 35,00 Euro sowie die Zuzahlungen für die Krankenhaustage und den Rettungswagen in Höhe von 30,00 Euro. Für die im Jahr 2008 angeschaffte Brille schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO den zu ersetzenden Wert der Brille nach Abzug „Neu für Alt“ auf ¼ des Neupreises, d.h. auf 136,75 Euro. Es errechnet sich so ein Gesamtbetrag von 218,72 Euro. Nicht ersetzt verlangen kann die Klägerin das Porto für den Einschreibebrief; hierzu fehlt jeglicher Vortrag.
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Die Klägerin kann ferner nicht die Kosten für die Begleitperson für den stationären Aufenthalt in der Rehaklinik vom 13.12.2010 bis 6.1.2011 ersetzt verlangen.
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Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass aus dem neurologisch-phsychopathologischen Aufnahmebefund sowie dem neuropsychologischen Bericht der Moritz Klinik Bad Klosterlausnitz nicht hervorgeht, dass die Klägerin hilflos und ohne die Anwesenheit ihres Mannes nicht in der Lage war, Behandlungen wahrzunehmen und sich überhaupt aus der häuslichen Umgebung zu entfernen. Bei der Aufnahme wurde die Klägerin als zu Ort, Zeit, Situation und Person orientiert bezeichnet. Zwar mag die Anwesenheit des Ehemannes der Klägerin dieser die Teilnahme an den Gesprächen und Übungen erleichtert haben. Den Ausführungen des Sachverständigen folgend hat er damit aber seine Bestimmung als Betreuer seiner Ehefrau erfüllt. Die Aufwendungen erhalten daher ihr Gepräge durch die Person des Ehemannes der Klägerin.
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Insgesamt errechnet sich so ein Erstattungsanspruch in Höhe von 4.520,78 Euro.
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Die Fahrtkosten für die Tochter kann die Klägerin nicht ersetzt verlangen.
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Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, er könne nicht entscheiden, ob wöchentliche oder vierzehntägige Besuche der Tochter ebenfalls medizinisch angezeigt seien. Überdies ergibt sich aus der Anlage K13 zur Klagschrift, dass in der Zeit vom 8.3. bis 5.4.2010 die Anwesenheit der Tochter erforderlich war, weil der Ehemann der Klägerin aufgrund eigener Verletzungen Hilfe bei seiner Versorgung und Pflege benötigte. Mangels weiteren Vortrages sind die Besuche der Tochter als aufgrund der engen persönlichen Verbundenheit zu ihrer Mutter erfolgt anzusehen. Ungeachtet der sozialen Erwünschtheit solcher Besuche sind diese nicht als Schaden des Verletzten zu werten und von diesem zu unterscheiden.
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An Auslagen kann die Klägerin ferner insgesamt 3.289,66 Euro ersetzt verlangen.
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Die bei dem Verkehrsunfall beschädigte Kleidung, nämlich eine Winterjacke aus dem im Jahr 2008 für 199,00 Euro, die Kurzarmstrickjacke aus dem Jahr 2010 für 29,00 Euro, die Hose aus dem Jahr 2009 für 69,00 Euro, den ungefütterten Blazer aus Wildseide aus dem 2009 für 79,00 Euro sowie die Seidenbluse ohne Arm aus dem Jahr 2010 für 49,00 Euro schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO insgesamt auf einen Wert nach Abzug „Neu für Alt“ von 100,00 Euro. Die Klägerin kann ferner die Zuzahlungen für die Halsstütze in Höhe von 10,00 Euro, das Krankenhaus in Magdeburg, das Krankenhaus in Gardelegen in Höhe von insgesamt 290,00 Euro ersetzt verlangen. Gleiches gilt für die Buntstifte für die Therapie in Höhe von 10,28 Euro, das Lernmaterial für die Therapie nebst T-Shirt in Höhe von 11,98 Euro, das Malbuch für die Therapie von 5,00 Euro, d.h. in Höhe von 27,26 Euro sowie das Malbuch nebst Spiel für die Therapie in Höhe von 11,95 Euro. Bei den weiter aufgeführten Pflegeartikeln nebst Kleidung (T-Shirts, Socken, Badeanzug und Maniküreset, Seiftücher, Nachthemden und Ähnliches) geht das Gericht mangels weiteren Vortrages von Sowiesokosten aus. Die Auslagen für Inkontinenzartikel, Medikamente, Zuzahlungen, Knete für die Ergotherapie, Hofklingel am Bett, Handläufe in Flur und Bad sowie für die Schlupfhosen in Höhe von insgesamt 1.062,24 Euro sind indes erkennbar durch den Verkehrsunfall bedingt. Diese Kosten hat die Beklagte auch nicht substantiiert bestritten. Ferner kann die Klägerin die Kosten für die Inkontinenzauflage und das Blutdruckmessgerät von 12,99 Euro und 10,99 Euro ersetzt verlangen. Auch der Zahnersatz in Höhe der Differenzkosten von 1.764,23 € war nach der zahnärztlichen Befundung durch den Verkehrsunfall veranlasst. In Abzug zu bringen sind jedoch die Portokosten für die Zahnversicherung; auch hierzu fehlt es an einem Vortrag der Klägerin.
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Der Klägerin steht schließlich für die Zeit vom 7.3.2010 bis 5.6.2011 ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 26.000,00 Euro zu.
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Den Ausführungen des Sachverständigen folgend ist die Klägerin zu keinerlei Haushaltstätigkeiten mehr in der Lage.
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Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hat der Ehemann der Klägerin auch die vorherige Haushaltstätigkeit seiner Ehefrau umfänglich und anschaulich beschrieben. Er hat hierzu detailliert die Aufgabenteilung geschildert und erläutert, dass die Klägerin zuvor das eigene Gemüse und Obst aus dem Garten, vom Grünkohl bis zu den Kirschen verarbeitet und das Essen ausschließlich frist vorbereitet hat. Er hat den Tagesablauf geschildert und die Haushaltstätigkeit der Klägerin auf täglich 6 bis 7 Stunden geschätzt zuzüglich der Gartenarbeit im Sommer. Er hat auch die vorgetragenen einzelnen Tätigkeiten im Rahmen der bisherigen Haushaltstätigkeit der Klägerin bestätigt.
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Im Einklang hiermit hat die Zeugin HH plastisch geschildert, dass nach ihrem Eindruck die Klägerin nur am Putzen, Waschen und Bügeln war und ihre Mutter deshalb keine Zeit hatte, ein Hobby zu pflegen. Der Haushalt sowie der Tagesablauf waren hierbei straff durchorganisiert einschließlich des Wochenendes. Die Klägerin hat auch nach den Schilderungen der Zeugin HH das Essen aufwendig zubereitet und den wöchentlichen Aufwand hierfür auf 20 Stunden geschätzt. Den Aufwand für das Staubsaugen und Wischen hat sie auf mindestens 6 Stunden geschätzt. Zu dem Wechseln der Bettwäsche hat sie ferner ausgeführt, dass die Bettwäsche im Sommer wöchentlich und im Winter aller 2 Wochen gewechselt wurde. Hierbei hat die Klägerin nicht nur das Bettzeug abgezogen, sondern auch sogleich die Matratzen abgesaugt. Das Fensterputzen hat die Zeugin HH mit einem wöchentlichen Aufwand von 3 Stunden veranschlagt unter Einbeziehung des Waschens der Gardinen. Die weiteren Angaben hat sie ebenfalls bestätigt. Unsicherheiten in der Einschätzung hat sie deutlich gemacht. Die Zeugin war ungeachtet einer erkennbaren Betroffenheit über den Zustand ihrer Mutter erkennbar um objektive Angaben bemüht.
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Auf der Grundlage der vorgenannten Angaben schätzt das Gericht den wöchentlichen Aufwand zur Haushaltsführung auf mindestens 40 Stunden. Bei 65 Wochen ergibt sich so ein Aufwand von insgesamt 2600 Stunden.
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Der in Ansatz gebrachte Stundensatz von 10,00 Euro pro Stunde erscheint dem Gericht auch angemessen (§ 287 ZPO; vgl. hierzu auch LG Frankfurt DAR 2008, S. 29, 30).
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Bereits aufgrund der Implantation des Shuntsystems zur Hirnwasserableitung kann eine Komplikation nicht ausgeschlossen werden. Die schweren Verletzungsfolge, namentlich das erlittene schwere Schädel-Hirn-Trauma legen ebenfalls die Wahrscheinlichkeit eines Spätschadens nahe.
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Die Klägerin kann ferner von der Beklagten die Freistellung von den vorgerichtlichen Gebührenansprüchen ihrer Prozessbevollmächtigten verlangen. Der in Ansatz gebrachte Gesamtgegenstandswert ist unter Berücksichtigung des Feststellungsanspruches gerechtfertigt. Das Bestreiten der 2,0-Geschäftsgebühr ist schon in Betracht des Umstandes, dass die Beklagte die vorgerichtlich angefallenen Gebühren mit einem Satz von 2,0 bezahlt hat, nicht substantiiert. Die Klägerin kann daher den Differenzbetrag unter Berücksichtigung der außergerichtlichen Zahlung in Höhe von 1.105,51 Euro ersetzt verlangen.
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Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß den §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Aufgrund der mit Schreiben vom 25.5.2011 gesetzten Zahlungsfrist befand sich die Beklagte ab dem 9.6.2011 in Verzug.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
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Referenzen
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- § 2 Abs. 1 Satz 1 StVO 1x (nicht zugeordnet)
- 125 UJs 3036/10 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 1x
- ZPO § 256 Feststellungsklage 1x
- ZPO § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung 3x
- BGB § 286 Verzug des Schuldners 1x
- StVG § 11 Umfang der Ersatzpflicht bei Körperverletzung 1x
- BGB § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung 1x
- BGB § 247 Basiszinssatz 4x
- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 1x
- StVG § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt 1x
- §§ 7 Abs. 1, 11 StVG, 115 VVG 1x (nicht zugeordnet)