Beschluss vom Landgericht Wuppertal - 9 T 98/22
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Solingen, 10 C 162/22 vom 25.5.2022 wird verworfen.
1
Gründe
2I.
3Die gemäß §§ 936, 922, 567 I Nr. 2 ZPO grundsätzlich statthafte und hier auch form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil der erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht ist (dazu nachfolgend zu 1.). Eines vorherigen gerichtlichen Hinweises hierauf bedurfte es nicht, weil die Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg gehabt hätte (dazu nachfolgend zu 2.).
41.
5Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Einstweiligen Verfügung im Wege des Beschlusses ist nur zulässig, wenn der Streitwert (Beschwer) 600,- EUR übersteigt. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers und der Systematik der in der ZPO geregelten Rechtsmittelverfahren, die Grenze des § 511 Abs. 2 ZPO auch bei Beschwerden gegen die Zurückweisung einer Einstweiligen Verfügung heranzuziehen. Vor Einführung des § 937 Abs. 2 ZPO, wonach das Gericht den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung zurückweisen kann, entschied das Gericht ausschließlich im Urteilsverfahren. Entsprechend war als Rechtsmittel die Berufung statthaft und die Grenze des § 511 Abs. 2 ZPO bei der Zulässigkeit zu berücksichtigen. Mit der Einführung des § 937 Abs. 2 ZPO wollte der Gesetzgeber dem Interesse des Antragstellers Rechnung tragen, weil dieser bei einer möglichst frühen Entscheidung ohne vorherige mündliche Verhandlung sogleich das Rechtsmittelgericht anrufen kann. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber in diesem Zuge auch die Zulässigkeit des Rechtsmittelverfahrens erweitern wollte (Kammer, 9 T 163/14, Rn. 4, juris, mit weiteren Nachweisen auch zur Gegenansicht). Der Streitwert bzw. die Beschwer beläuft sich gemäß § 3 ZPO auf unter 500 €, deshalb dahinstehen kann, welcher der nachfolgenden Berechnungsansätze der Vorzug zu geben wäre.Wird auf den ursprünglich zu zahlenden monatlichen Abschlag von 100 € einerseits und den neuen in der Grundversorgung zu zahlenden Abschlag von 209 € und einer maximal zwölfmonatigen weiteren Laufzeit des Vertrages abgestellt, ergibt sich ein Betrag von 1.308 €. Da es sich bei dem vorliegenden Verfahren jedoch nicht um das Hauptsacheverfahren, sondern um eine beabsichtigte vorläufige Regelung handelt, sind hiervon nur ein Drittel anzusetzen, sodass sich 436 € ergeben.Stellt man stattdessen mit den in der Beschwerdebegründung angegebenen Werten auf 99,88 € einerseits und 128,84 € andererseits ab, ergibt sich eine noch geringere Beschwer.
62.
7Die Beschwerde hätte auch in der Sache keinen Erfolg. Jedenfalls würde es sich im Falle einer Stattgabe des Antrages des Beschwerdeführers um eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache handeln.Ein Titel, der über die bloße Sicherung eines Anspruchs hinausgeht, weil der Gläubiger durch ihn vorläufig oder sogar endgültig befriedigt wird, darf als Leistungsverfügung nur unter engen Voraussetzungen ergehen. So wird gefordert, dass - erstens - der Gläubiger dringend die sofortige Erfüllung seines Anspruchs benötigt, dass - zweitens - ein Hauptsacheverfahren nicht sinnvoll möglich ist, weil die Leistung, soll sie nicht ihren Sinn verlieren, dringend erbracht werden muss, und dass - drittens - die dem Gläubiger ohne Erlass eines Titels drohenden Nachteile nicht nur schwer wiegen, sondern darüber hinaus außer Verhältnis zu den dem Schuldner drohenden Schäden stehen (BGH, I ZB 96/16, juris). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Antragsteller ist nicht dringend auf die sofortige Erfüllung seines Anspruches angewiesen, weil er entsprechend der Regeln der Grundversorgung mit elektrischer Energie versorgt wird. Angesichts der von dem Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung angegebenen zu erwartenden Mehraufwendungen durch die Ersatzbeschaffung der elektrischen Energie drohen auch keine Nachteile, die schwer wiegen und außer Verhältnis zu den dem Schuldner drohenden Schadens stehen.
8II.
9Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.III.Der Streitwert für das erstinstanzliche und für das Berufungsverfahren wird einheitlich auf bis 500 € festgesetzt, wobei zur Begründung auf die obigen Ausführungen Bezug genommen wird.
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Referenzen
- ZPO § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen 1x
- 9 T 163/14 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 511 Statthaftigkeit der Berufung 2x
- I ZB 96/16 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 937 Zuständiges Gericht 2x
- 10 C 162/22 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x