Beschluss vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 11 KR 3149/15 ER

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollstreckung wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Vollstreckung von Beitragsforderungen der Beklagten.
Der am … 1962 geborene Kläger beantragte am 15.09.2013 die Aufnahme als Selbständiger in die freiwillige Krankenversicherung bei der Beklagten.
Unter dem 29.09.2013 bestätigte die Beklagte die Aufnahme als freiwilliges Mitglied in der Kranken- und Pflegeversicherung zum 01.12.2013 ohne Anspruch auf Krankengeld und wies darauf hin, dass die Beiträge aus einem Einkommen in Höhe von 2.600,00 EUR berechnet würden.
Mit Schreiben vom 08.10.2013 teilte der Kläger mit, dass er nicht mehr als 2.000,00 EUR verdienen werde.
Mit Bescheid vom 24.10.2013 (Bl 9 Verwaltungsakte) setzte die Beklagte freiwillige Beiträge ab 01.12.2013 in Höhe von 313,29 EUR zur Krankenversicherung und 46,49 EUR zur Pflegeversicherung fest, da die Einnahmen unterhalb der Mindestbemessungsgrenze liegen würden und daher aus 2.021,50 EUR zu berechnen seien. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass die Beiträge unter Vorbehalt anhand der geschätzten Einnahmen berechnet worden seien, die endgültige Höhe werde aus dem ersten Einkommenssteuerbescheid zu der selbstständigen Tätigkeit ermittelt. Der Einkommenssteuerbescheid müsse daher sofort übermittelt werden, eine spätere Vorlage könne zu finanziellen Nachteilen führen. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurden nicht eingelegt. Einkommenssteuerbescheide wurden gleichfalls nicht vorgelegt.
Mit Bescheid vom 19.12.2013 (Bl 12 Verwaltungsakte) passte die Beklagte die Beiträge zum 01.01.2014 an die neue Mindestbemessungsgrenze von 2.073,75 EUR an. Im Bescheid wurde ausgeführt, dass der Kläger den komfortablen Bankabruf nutze, sodass keine weitere Veranlassung erforderlich sei. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurden nicht eingelegt.
Am 21.02.2014 mahnte die Beklagte die Beiträge für die Zeit ab dem 01.12.2013 inklusive Säumniszuschläge und Mahnkosten an, insgesamt 743,40 EUR, setzte eine Zahlungsfrist bis 09.03.2014 und wies auf das Ruhen der Leistungsansprüche hin.
Mit Bescheid vom 16.03.2014 (Bl 18 Verwaltungsakte) stellte die Beklagte ein Ruhen des Leistungsanspruchs gemäß § 16 Abs 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ab dem 22.03.2014 fest, da keine Zahlungen auf die offenen Beiträge erfolgt seien. Dem Bescheid war der Nachweis über die Anspruchsberechtigung hinsichtlich Akutbehandlungen, sowie ein Erfassungsschein beigefügt.
Am 21.03.2014 wurden von der Beklagten die Beiträge für Februar 2014 inklusive Säumniszuschläge und Mahnkosten in Höhe von 374,78 EUR angemahnt und eine Zahlungsfrist bis zum 07.04.2014 gesetzt.
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Mit Schreiben vom 22.03.2014 kündigte der Kläger an, seine Beiträge ab dem 01.04.2014 pünktlich zu zahlen. Hinsichtlich der rückständigen Beiträge bat er um eine Ratenzahlung von 100,00 EUR monatlich.
11 
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 03.04.2014 mit, dass die Forderung erfolglos angemahnt und bereits das Hauptzollamt mit dem Einzug beauftragt worden sei, sodass eine Ratenzahlungsvereinbarung nicht mehr in Betracht komme.
12 
Am 23.04.2014 wurden die Beiträge für März 2014 in Höhe von 374,78 EUR inklusive Säumniszuschläge und Mahnkosten angemahnt und eine Frist bis zum 10.05.2014 gesetzt.
13 
Am 21.05.2014 wurden die Beiträge für April 2014 in Höhe von 374,78 EUR inklusive Säumniszuschläge und Mahnkosten bis 07.06.2014 angemahnt.
14 
Eine weitere Mahnung über 378,78 EUR unter Fristsetzung bis zum 07.07.2014 für die Beiträge betreffend den Monat Mai 2014 erfolgte am 20.06.2014.
15 
Beiträge zahlte der Kläger nicht, sondern kündigte mit Schreiben vom 04.07.2014 die Versicherung (Bl 29 Verwaltungsakte).
16 
Am 22.07.2014 mahnte die Beklagte die Beiträge für Juni 2014 in Höhe von 374,78 EUR bis 08.08.2014 an, am 21.08.2014 die Beiträge für Juli 2014 in Höhe von 374,78 bis 07.09.2014, am 19.09.2014 die Beiträge für August 2014 in Höhe von 374,78 EUR bis 06.10.2014 und letztlich am 21.10.2014 die Beiträge für September 2014 in Höhe von 374,78 EUR bis 07.11.2014.
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Am 10.11.2014 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben, welches diese mit Beschluss vom 28.11.2014 an das Sozialgericht Ulm (SG) verwiesen hat. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Beklagte eine nicht gerechtfertigte Forderung über den Gerichtsvollzieher einzutreiben versuche. Er habe im Oktober 2013 Insolvenz beantragt und befinde sich in der Wohlverhaltensperiode. Er habe mehrmals versucht, mit der Beklagten eine Ratenzahlungsvereinbarung zu schließen, dies sei abgelehnt und stattdessen die Versichertenkarte gesperrt worden. Ein Notkrankenschein sei nicht ausgestellt worden, sodass die Beklagte ihm einerseits sämtliche Ansprüche versagt habe, andererseits aber Anspruch auf rückständige Beiträge erhebe.
18 
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Kläger sei vom 01.12.2013 bis 29.09.2014 Mitglied gewesen und als Selbstständiger unter Vorbehalt eingestuft worden. Beiträge seien die meiste Zeit keine gezahlt worden, ein Widerspruch gegen die Beitragsbescheide liege nicht vor. Gegenwärtig laufe die Vollstreckung, wobei nur Beiträge vollstreckt würden, welche nach dem Insolvenzverfahren entstanden seien.
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Mit Urteil vom 23.04.2015 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Kläger wende sich gegen die Vollstreckung von Beiträgen, die aufgrund des bestandskräftigen Bescheides vom 24.10.2013 in der Gestalt des Bescheides vom 19.12.2013 zur Zahlung fällig geworden seien. Auch die Mahnungen, die Regelungsgehalt nur hinsichtlich der Säumniszuschläge und Mahnkosten hätten, seien nicht mit Widerspruch angegriffen worden. Vor der Erhebung einer Anfechtungsklage bedürfe es eines Vorverfahrens nach §§ 78 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG), sodass die Prozessvoraussetzungen nicht vorliegen und die Klage unzulässig sei. Im Übrigen seien die bestandskräftigen Verwaltungsakte rechtmäßig, da die Beklagte die Voraussetzungen des § 240 SGB V eingehalten habe. Der habe Kläger keine Nachweise vorgelegt, die auf niedrigere Einnahmen schließen lassen könnten. Die Beklagte gehe davon aus, dass nur vorläufige Beitragsbescheide erlassen worden seien, die einer endgültigen Festsetzung, auch für die Vergangenheit noch zugänglich sein könnten. Nicht zu prüfen sei, ob dem Kläger Vollstreckungsschutz zu gewähren sei. Die §§ 198 bis 201 SGG würden nämlich nur für die Vollstreckung aus gerichtlichen Entscheidungen, Anerkenntnissen, Vergleichen, Kostenfestsetzungsbeschlüssen und Vollstreckungsbescheiden zugunsten eines Beteiligten gelten, nicht aber für die Vollstreckung aus Verwaltungsakten. Soweit die Vollstreckung durch das zuständige Hauptzollamt als Vollstreckungsbehörde erfolge, sei Vollstreckungsschutz in diesen Fällen durch die Finanzbehörden zu gewähren.
20 
Gegen das ihm am 07.05.2015 mittels Postzustellungsurkunde zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 12.05.2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Ihm werde von der Beklagten untersagt, einen Arzt aufzusuchen.
21 
Mit Schreiben vom 11.06.2015, beim Senat am 23.06.2015 eingegangen, hat der Kläger die Aussetzung der laufenden Vollstreckung bis zur Entscheidung in der Hauptsache beantragt.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten des Hauptsacheverfahrens erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
23 
Der Antrag vom 23.06.2015 ist zulässig, aber nicht begründet.
24 
Der Antrag des Klägers war als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend auszulegen, die Antragsgegnerinnen zur Unterlassung von Vollstreckungsmaßnahmen aus ihren bestandskräftigen Forderungsbescheiden wegen rückständiger Beiträge zu verpflichten. Aus dem Vorbringen des Klägers ist - trotz Nachfragen durch den Senat - nicht ersichtlich, ob und ggf gegen welche einzelnen Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung er sich wendet.
25 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 86b Abs 2 Satz 1 SGG.
26 
Die Antragsgegnerinnen sind bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts. Für die Vollstreckung von Verwaltungsakten gilt daher gemäß § 66 Abs 1 Satz 1 SGB X das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes (VwVG). Das Verwaltungszwangsverfahren und der Vollstreckungsschutz richten sich nach § 5 Abs 1 VwVG bei einer (drohenden) Vollstreckung durch das Hauptzollamt nach bestimmten Vorschriften der Abgabenordnung (AO). Verwiesen wird ua auf § 322 Abs 1 Satz 2 AO. Nach dieser Bestimmung sind auf die Vollstreckung die für die gerichtliche Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften, namentlich die §§ 864 bis 871 ZPO und das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung anzuwenden. Der Verweis in § 322 I 2 AO auf die zivilprozessualen Vorschriften umfasst nicht nur die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, sondern auch die allgemeinen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung, dh die §§ 704 –802 ZPO und damit dem Wortlaut nach auch die §§ 767 und 769 ZPO. Ob gleichwohl über die Verweisungskette in § 5 VwVG weder die Vorschrift des § 767 ZPO noch die des § 769 ZPO anzuwenden ist, da sich das VwVG nur an die Vollstreckungsbehörden richtet, nicht aber den Rechtsschutz im Verfahren der Verwaltungsvollstreckung regelt § 5 VwVG (so für das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Baden-Württemberg, VGH Baden-Württemberg 16.11.2011, 3 S 1317/11, NVwZ-RR 2012, 129), lässt der Senat offen. Nach Ansicht des BSG beweist die Systematik des § 66 SGB X, dessen Abs 1 Satz 1 für die Vollstreckung durch Behörden des Bundes auf die Vorschriften des VwVG verweist, dass die gerichtliche Überprüfung der Vollstreckungsmaßnahmen in die Zuständigkeit der Finanzgerichte fällt (§ 33 Abs 1 Nr 2 Finanzgerichtsordnung). Nur in den Fällen des § 66 Abs 1 Satz 2 SGB X (Anordnung der Ersatzzwangshaft in Angelegenheiten der Sozialhilfe) werde die Angelegenheit ausdrücklich den Sozialgerichten zugewiesen (BSG 25.09.2013, B 8 SF 1/13 R, SozR 4-1500 § 51 Nr 11).
27 
Der Antragsteller hat sein Anliegen - trotz Aufforderung - nicht konkretisiert. Mit seinem gesamten Vorbringen macht er geltend, dass die Beitragsforderung unbegründet sei. Damit kann sein Antrag nur so verstanden werden, dass er auch mit seinem Antrag auf Vollstreckungsschutz ausschließlich materiell-rechtliche (inhaltliche) Einwendungen geltend macht. Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt selbst sind aber nach § 256 AO außerhalb des Vollstreckungsverfahrens zu verfolgen. Eilrechtsschutz erfolgt gegenüber der Behörde, die die Vollstreckung angeordnet hat (hier: die Antragsgegnerin), über eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG, mit der die Zwangsvollstreckung vorläufig eingestellt werden kann (BayLSG 29.04.2014, L 7 AS 260/14 B ER, juris; LSG Niedersachsen-Bremen 28.01.2008, L 11 AL 165/07 ER, juris).
28 
Nach § 86b Abs 2 Satz 1 kann das Gericht der Hauptsache (hier das Landessozialgericht) auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen (Regelungsanordnung). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung).
29 
Der Antrag hat keinen Erfolg, da ein Anordnungsanspruch nicht vorliegt.
30 
Die Beitragsbescheide der Antragsgegnerin/Beklagten vom 24.10.2013 und 19.12.2013 enthalten eine richtige und verständliche Belehrung über den zulässigen Rechtsbehelf des Widerspruchs. Rechtsmittel gegen die gem § 86 a Abs 2 Nr 1 SGG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Bescheide hat der Kläger nicht eingelegt. Die Bescheide sind damit zwischen den Beteiligten bindend geworden (§ 77 SGG). Eine Erfüllung der Beitragsforderung, die eine weitere Vollstreckung unzulässig machen würde (vgl § 767 ZPO), wird nicht geltend gemacht. Im Gegenteil ist der Antragsteller der Auffassung, die Forderung nicht erfüllen zu müssen.
31 
Soweit die Rechtsprechung in Ausnahmefällen einen Anspruch nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung für Sachverhalte offensichtlich rechtswidriger Beitragsbescheide anerkannt hat (vgl Thüringer LSG 10.06.2015, L 6 KR 430/15 B ER; LSG Berlin-Brandenburg 13.11.2013, L 9 KR 254/13 B ER), sind diese Voraussetzungen vorliegend ersichtlich nicht gegeben. Vielmehr entsprechend die Beitragsbescheide der Beklagten vom 24.10.2013 und 19.12.2013 nach summarischer Prüfung den gesetzlichen Vorgaben.
32 
Für freiwillige Mitglieder wird die Beitragsbemessung nach § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt; sofern und solange Mitglieder Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegen, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs 2 S 1 SGB V). Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig tätig sind, gilt als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze, bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste, für freiwillige Mitglieder, die einen monatlichen Gründungszuschuss nach § 93 des Dritten Buches oder eine entsprechende Leistung nach § 16b des Zweiten Buches erhalten, der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (§ 240 Abs 4 Satz 2 SGB V). Dabei können Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden, § 240 Abs 4 Satz 6 SGB V. Aus der gesetzlichen Regelung folgt, dass für die Beitragsbemessung bei nicht vorgelegten Nachweisen als Höchstbeitrag der dreißigste Teil der jeweils gültigen Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 SGB V in Ansatz zu bringen ist (Peters in: KassKomm, § 240 SGB V Rn 28).
33 
Beitragsbescheide müssen die Beiträge selbstständig Erwerbstätiger in der Regel endgültig festsetzen und dürfen sich zur Bestimmung der maßgeblichen Einnahmen auf die bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens vorhandenen neuesten Steuerunterlagen stützen (BSG 01.08.2007, B 12 KR 34/07 B, juris). Bei der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit lässt die Rechtsprechung auch einen vorläufigen Beitragsbescheid zu, den die Krankenkasse bei Vorlage des ersten Einkommenssteuerbescheides ändern darf (vgl BSG 22.03.2006, B 12 KR 14/05 R, BSGE 96, 119, SozR 4 – 2500 § 240 Nr 5). Waren die Beiträge bei Beginn der Tätigkeit durch einstweiligen Bescheid geregelt worden, so waren geringere Einnahmen für die endgültige Beitragsfestsetzung auch dann rückwirkend zu berücksichtigen, wenn die sie nachweisenden Steuerbescheide erst im Widerspruchsverfahren vorgelegt wurden (BSG 11.03.2009, B 12 KR 30/07 R, SozR 4 – 2500 § 240 Nr 10). Werden allerdings vom Selbstständigen mögliche Nachweise zu seinen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorgelegt, gilt nach Maßgabe des § 240 Absatz 1 Satz 2 SGB V die Beitragsbemessungsgrenze als beitragspflichtige Einnahme, was zu Höchstbeträgen führt. Im Übrigen kommt nach einer endgültigen Festsetzung eine Veränderung der Beitragsbemessung nur zum 1. Tag des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats, also nur für die Zukunft in Betracht, § 240 Abs 4 Satz 6 SGB V (vgl Peters, aaO, § 240 Rn 56 f). Bei hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen freiwilligen Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenkasse darf eine Anpassung der Beitragshöhe an ein niedrigeres Einkommen erst und nur zum Beginn des auf die Vorlage des letzten (maßgeblichen) Einkommensteuerbescheids folgenden Monats vorgenommen werden (vgl BSG 02.09.2009, B 12 KR 21/08 R, BSGE 104, 153, SozR 4-2500 § 240 Nr 12). Die Beklagte hat den Kläger im Bescheid vom 24.10.2013 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beiträge unter Vorbehalt anhand der geschätzten Einnahmen berechnet worden seien, die endgültige Höhe werde aus dem ersten Einkommenssteuerbescheid zu der selbstständigen Tätigkeit ermittelt. Nachweise über seine Einkommensverhältnisse hat der Kläger trotz Aufforderung zu keinem Zeitpunkt vorgelegt.
34 
Der Antragsteller hat im Übrigen keine Umstände geltend gemacht hat, die eine unbillige Härte, die mit den guten Sitten nicht vereinbar wäre, begründen würde (Rechtsgedanke des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG bzw des § 756a ZPO). Allein die mit der Zahlung auf eine rechtmäßige Beitragsforderung für den Kläger verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind (vgl Senatsbeschluss vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B). Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein keine unbillige Härte. Auch das Insolvenzverfahren steht nicht entgegen, da die Beklagte nur Beitragsforderungen vollstreckt, die nach dem Insolvenzverfahren entstanden sind (Bl 27 SG-Akte).
35 
Schließlich begründet auch das von der Beklagten verfügte Ruhen des Anspruchs keine unbillige Härte, sondern entspricht der Rechtslage. Der Anspruch auf Leistungen für Versicherte, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen, ruht; ausgenommen sind nur Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Das Ruhen endet erst, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder wenn Versicherte hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches werden (§ 16 Abs 3a Satz 2 iVm mit Abs 3a Satz 1 SGB V).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
37 
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

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