Urteil vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern (4. Senat) - L 4 R 102/10
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 23. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Witwenrente.
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Die Klägerin heiratete am ... Mai 2005 J. (Versicherter). Dieser verstarb nach einer Tumorerkrankung Oktober 2005.
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Mit Rentenantrag vom 18. Oktober 2005 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente. Zu dem Antrag legte die Klägerin der Beklagten neben der Heiratsurkunde vom ... Mai 2005 und der Sterbeurkunde vom ... Oktober 2005 ein Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 22. März 2005 und eine Lohnbescheinigung der Autohaus D. GmbH vom 15. November 2005 vor.
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Ausweislich des Urteils des Amtsgerichts Rostock vom 22. März 2005 wurde die vorherige Ehe des Versicherten an diesem Tage geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde gemäß § 628 Nr. 4 ZPO a.F. (jetzt: § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG) abgetrennt. Das Amtsgericht hat dies damit begründet, dass der Versicherte an einem schweren Bronchialkarzinom leide. Im Hinblick auf den gesundheitlichen Zustand des Versicherten sowie die mit dem Scheidungsverfahren verbundenen psychischen Belastungen sei eine Abtrennung wegen schwerer Härte geboten gewesen.
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Nach einer Lohnbescheinigung der Autohaus D. GmbH vom 15. November 2005 war die Klägerin dort seit September 2004 beschäftigt. Ihr Bruttoarbeitsentgelt betrug im Oktober 2005 2.200,24 €‚ von September 2004 bis Dezember 2004 insgesamt 8.125,00 € und von Januar 2005 bis Oktober 2005 insgesamt 23.932,43 €. Das von der Klägerin voraussichtlich von November 2005 bis Dezember 2005 erzielte Bruttoarbeitsentgelt wurde mit insgesamt 4.400,00 € angegeben.
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Mit Bescheid vom 23. Januar 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab, weil die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe und die Annahme einer Versorgungsehe nach § 46 Abs. 2 a SGB VI nicht widerlegt sei.
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Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 13. Februar 2006. Zur Begründung trug sie vor, dass der Versicherte sich von seiner früheren Ehefrau bereits am 23. Januar 2004 getrennt habe und bereits im August 2004 zu ihr in ihr Haus gezogen sei. Seither habe eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen ihnen bestanden. Eine frühere Heirat sei jedoch objektiv unmöglich gewesen, weil der Verstorbene erst habe geschieden werden müssen. Die Rechtskraft der Scheidung sei erst am 22. März 2005 eingetreten. Die Vermutung einer Versorgung könne in ihrem Fall bereits deshalb nicht greifen, weil die Klägerin aufgrund ausreichenden eigenen Einkommens auf eine Versorgung durch den Verstorbenen nicht angewiesen sei. Sie habe im April 2005 über ein Einkommen in Höhe von 1.435,31 € netto und im Mai 2005 in Höhe von 2.044,84 € netto verfügt, wozu die Klägerin entsprechende Gehaltsbescheinigungen beifügte. Demgegenüber habe der Versicherte zu dieser Zeit lediglich Krankengeld von netto 852,90 € monatlich bezogen, wozu die Klägerin eine entsprechende Bescheinigung der BKK vom 17. August 2004 beifügte. Davon habe der Versicherte noch monatlich 223,00 € Kindesunterhalt zahlen müssen.
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Die Tumorerkrankung des Versicherten sei erstmals im Juli 2004 diagnostiziert worden. Der Versicherte habe eine Chemotherapie mit fünf Zyklen durchlaufen. Danach habe sich der Zustand deutlich gebessert. Der Versicherte habe mit der Klägerin in der Zeit ab dem 19. August 2005 einen zweiwöchigen Urlaub an der polnischen Ostseeküste verbracht. Ein weiterer gemeinsamer Urlaub sei als Schiffsreise auf der “Aida“ für Januar 2006 geplant gewesen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 01. März 2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
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Hiergegen hat die Klägerin am 19. März 2007 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus der Widerspruchsbegründung wiederholt und vertieft. Sie und der Versicherte hätten die Hoffnung gehegt, ein normales Leben weiterführen zu können. Zu keiner Zeit sei ihnen bewusst gewesen, dass das Leben des Versicherten so schnell enden könnte. Die unmittelbare Todesursache sei im Übrigen eine akute Lungenembolie gewesen und nicht das zuvor vorhandene Bronchialkarzinom. Nach alledem sei es weder der alleinige noch der überwiegende Zweck der Eheschließung gewesen, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Daran hätten die Eheleute weder anlässlich der Eheschließung noch danach bis zum Tod des Versicherten gedacht.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 23. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. März 2007 zu verurteilen, der Klägerin eine Witwenrente zu gewähren.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Versicherten seinerzeit behandelnden Ärzte eingeholt.
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Dr. K. von der Klinik für Strahlentherapie des Universitätsklinikums A-Stadt vom hat am 08. August 2008 berichtet, dass sich der Versicherte dort erstmalig im Januar 2005 zur Strahlentherapie des Primärtumors im Bereich der Lunge befunden habe. Dann sei ab 30. August 2005 bei neu diagnostizierten Hirnmetastasen eine erneute Therapie erfolgt. Währenddessen habe sich eine Meningeosis carcinomatosa entwickelt. Die Bestrahlungen im thorakalen Bereich bis Mitte März 2005 seien vom Versicherten gut vertragen worden. Ein kleinzelliges Bronchialkarzinom im vorhandenen Stadium werde primär mit einer kurativen Intention, also mit dem Ziel der Heilung des Versicherten, therapiert. Die Prognose eines Versicherten mit Meningeosis carcinomatosa sei hingegen äußerst schlecht. Ziel sei dann die kurzzeitige Symptomverbesserung. Eine Heilung sei auf gar keinen Fall mehr möglich. Spätestens am 17. September 2005 seien die Ehefrau und der Sohn des Versicherten entsprechend informiert worden.
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Der Facharzt für Innere Medizin Dr. W. hat am 07. Oktober 2008 über die Behandlung zwischen dem 28. Juli 2004 und dem 09. September 2005 berichtet. Am 29. Juli 2004 sei bei dem Versicherten ein kleinzelliges Bronchialkarzinom diagnostiziert worden. Der Versicherte sei bereits seit Juli 2004 über die schlechte Prognose informiert worden. Während der ersten Chemotherapie von August 2004 bis Januar 2005 habe sich der Zustand des Versicherten verbessert. Begründete Hoffnung auf eine dauerhafte Verbesserung oder gar Wiederherstellung des Gesundheitszustandes habe Ende Mai 2005 aber nicht mehr bestanden; vielmehr sei mit einem baldigen Ableben des Versicherten zu rechnen gewesen. Der Versicherte sei über seinen Gesundheitszustand und dessen Folgen informiert gewesen.
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Dem Befundbericht war ein Arztbrief der Klinik für Strahlentherapie des Universitätsklinikums A-Stadt vom 30.September 2005 beigefügt. Hiernach sei der Nachweis einer Lebermetastasierung am 04. April 2005 erfolgt. Danach habe der Versicherte sich von April 2005 bis Juli 2005 einer erneuten Chemotherapie unterziehen müssen. Am 16. August 2005 seien beim Versicherten dann Hirnmetastasen nachgewiesen und ab 14.September 2005 eine simultane Radiochemotherapie begonnen worden. Diese habe nach der am 20. September 2005 diagnostizierten Meningeosis carcinomatosa abgebrochen werden müssen.
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Die Hausärztin und Fachärztin für Allgemeinmedizin DM G. hat am 01. Dezember 2008 berichtet, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten zwischenzeitlich verbessert gehabt habe. Nach der Therapie sei es dem Versicherten sehr gut gegangen; eine Aussage über die Lebenserwartung könne grundsätzlich bei niemandem gegeben werden. Mit einem baldigen Ableben habe Ende Mai 2005 nicht gerechnet werden können.
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Das Sozialgerichts hat die Beklagte durch Urteil vom 23. Februar 2010 verpflichtet, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. März 2007 auf den Antrag vom 18. Oktober 2005 eine Witwenrente zu gewähren.
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Die Klage habe in vollem Umfang Erfolg. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente aus § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VI.
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Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VI hätten Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt habe, unter anderem Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie das 47. Lebensjahr vollendet haben.
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Diese Voraussetzungen lägen für die Klägerin vor. Sie sei seit dem Tode des Versicherten am 03. Oktober 2005 Witwe, habe danach nicht wieder geheiratet und das 47. Lebensjahr vollendet. Der Versicherte sei in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert gewesen und habe die allgemeine Wartezeit erfüllt. Dies stelle auch die Beklagte nicht in Abrede.
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Der Rentenanspruch der Klägerin sei nicht durch § 46 Abs. 2 a SGB VI ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift hätten Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens 1 Jahr gedauert habe, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
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Vorliegend habe die am 26. Mai 2005 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem am 03. Oktober 2005 verstorbenen Versicherten zwar weniger als ein Jahr gedauert. Die Kammer sei in Würdigung der besonderen Umstände des Falles aber davon überzeugt, dass für die Klägerin und ihren Ehegatten die Hinterbliebenenversorgung der Klägerin weder der alleinige noch der überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei. Vielmehr sei es nach der Überzeugung der Kammer weit überwiegender Zweck der Eheschließung gewesen, die bereits seit August 2004 zwischen der Klägerin und ihrem Versicherter praktizierte Lebensgemeinschaft möglichst zeitnah nach der vorher notwendigen Scheidung des Versicherten von seiner früheren Frau auch durch den förmlichen Akt der Eheschließung für sich zu besiegeln. Die Annahme einer alleinigen oder überwiegenden Versorgungsmotivation der Klägerin und des Versicherten liege hier nach der Überzeugung der Kammer ausgesprochen fern.
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Bereits der objektive Verlauf der Erkrankung des Ehegatten der Klägerin und die widersprüchlichen Angaben der behandelnden Ärzte über die Prognose sprächen hier eher dagegen, dass der Klägerin und dem Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung Ende Mai 2005 bewusst war, dass der Versicherter mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb kurzer Zeit versterben würde. Das beim Versicherten am 29. Juli 2004 diagnostizierte kleinzellige Bronchialkarzinom sei zunächst zwischen August 2004 und Januar 2005 chemo- und radiotherapeutisch erfolgreich therapiert worden. Der Nachweis einer Lebermetastasierung sei erst am 04. April 2005 erfolgt. Dem habe sich von April 2005 bis Juli 2005 eine erneute Chemotherapie angeschlossen. Erst nach der Eheschließung am 26. Mai 2005 seien am 16.August 2005 dann Hirnmetastasen nachgewiesen und sei ab 14.September 2005 eine simultane Radiochemotherapie begonnen worden. Diese habe nach der am 20.September 2005 diagnostizierten Meningeosis carcinomatosa abgebrochen werden müssen.
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Während Dr. W. in seinem Befundbericht vom 07. Oktober 2008 angebe, dass der Versicherte bereits seit Juli 2004 über die schlechte Prognose für die Erkrankung informiert gewesen sei und eine begründete Hoffnung auf eine dauerhafte Verbesserung oder gar Wiederherstellung des Gesundheitszustandes Ende Mai 2005 nicht bestanden habe, habe DM G. in ihrem Befundbericht vom 01. Dezember 2008 gemeint, mit einem baldigen Ableben des Versicherten habe Ende Mai 2005 noch nicht gerechnet werden müssen. Dem Befundbericht des Dr. K. vom 08. August 2008 habe sich hingegen entnehmen lassen, dass eine äußerst schlechte Prognose für die Erkrankung erst seit der Entwicklung der am 20. September 2005 diagnostizierten Meningeosis carcinomatosa bestanden habe. Dieser Zeitpunkt habe deutlich nach der Eheschließung am .... Mai 2005 gelegen.
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Bei dieser Sachlage und den divergierenden Einschätzungen der behandelnden Ärzte liege die Annahme äußerst fern, die behandelnden Ärzte hätten der Klägerin und des versicherten bereits vor dem 26. Mai 2009 übereinstimmend ein Bewusstsein dafür vermittelt, dass ein Ableben des Versicherten in naher Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund sei für die Kammer der Vortrag der Klägerin, sie und der Versicherte hätten die Hoffnung gehegt, ein weitgehend normales Leben weiterleben zu können, und ihnen sei zu keiner Zeit bewusst gewesen, dass das Leben des Versicherten so schnell enden könnte, nachvollziehbar und glaubhaft. Eine dahingehende innere Überzeugung der Klägerin und des Versicherten sei nach außen auch durch die Pläne für eine Seereise mit der “Aida“ im Januar 2006 zu Tage getreten. Zwar sei diese Seereise noch nicht durch eine verbindliche Buchung konkretisiert gewesen. Gleichwohl sehe die Kammer keinen Anlass, an dem entsprechenden Vortrag der Klägerin zu zweifeln.
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Gegen die Annahme einer alleinigen oder überwiegenden Versorgungsmotivation der Klägerin und des Versicherten sprächen zudem die zum Zeitpunkt der Eheschließung aktuellen und absehbaren Einkommensverhältnisse. Ausweislich der Lohnbescheinigung der Autohaus D. GmbH vom 15. November 2005 sei die Klägerin dort seit September 2004 beschäftigt gewesen. Ihr Bruttoarbeitsentgelt habe im Oktober 2005 2.200,24 €‚ von September 2004 bis Dezember 2004 insgesamt 8.125,00 € und von Januar 2005 bis Oktober 2005 insgesamt 23.932,43 € betragen. Das von der Klägerin voraussichtlich von November 2005 bis Dezember 2005 erzielte Bruttoarbeitsentgelt sei mit insgesamt 4.400,00 € angegeben worden. Mit diesem Einkommen sei die Klägerin - gemessen an dem durchschnittlichen Einkommen in Mecklenburg-Vorpommern - ohne Weiteres in der Lage gewesen, ihren laufenden Lebensunterhalt auf leicht überdurchschnittlichem Niveau zu bestreiten. Demgegenüber habe der Versicherte ausweislich der Bescheinigung der BKK vom 17.August 2004 zu dieser Zeit lediglich Krankengeld in Höhe von netto 852,90 € monatlich bezogen, wovon er noch monatlich 223,00 € Kindesunterhalt zu zahlen gehabt habe. Aus diesem Einkommen werde deutlich, dass - wenn man das vorhandene Vermögen außer acht lasse - zum Zeitpunkt der Eheschließung im Mai 2005 eher der Versicherte in Teilen seinen laufenden Unterhalt aus dem Einkommen der Klägerin bestritten habe, also von ihr teilweise habe versorgt werden müssen.
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Schließlich gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass die Ehegatten zwischen der Erkrankung und der Eheschließung irgendwelche Dispositionen für eine Versorgung der Klägerin nach dem Ableben des Versicherten getroffen hätten, obwohl derartige Dispositionen angesichts der Vermögensverhältnisse durchaus nahe gelegen hätten. Eine der beiden für den Versicherten bestehenden Lebensversicherungen habe einen Sohn des Versicherten begünstigt. Die andere Lebensversicherung sei nach den Angaben der Klägerin, an denen zu zweifeln die Kammer keinen Anlass habe, erst kurz vor dem Ableben des Versicherten auf die Klägerin “umgeschrieben“ worden. Das vom Versicherter der Klägerin hinterlassene Barvermögen in Höhe von 40.000,- € sei nach den Angaben der Klägerin nach dem Ableben auf die Kinder des Versicherten aufgeteilt worden, ohne dass die Klägerin daran teilgehabt habe.
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All diese Umstände belegten nach Auffassung der Kammer, dass für die Klägerin und ihren Ehegatten im Jahr 2005 die Dokumentierung der Zusammengehörigkeit durch die Eheschließung und der Kampf gegen die Krankheit und das Zusammenstehen während dieser Zeit deutlich höheres Gewicht gehabt hätten als die Sicherung der Versorgung der Klägerin in späterer Zeit.
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Gegen das ihr am 24. März 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12. April 2010 Berufung eingelegt.
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Gemäß § 46 Abs. 2 a SGB VI hätten Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige Zweck der Heirat gewesen war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Vermutung könne widerlegt werden, wenn besondere Umstände vorlägen, die trotz der kurzen Ehedauer nicht auf eine „Versorgungsehe“ schließen ließen. Besondere Umstände könnten vorliegen, wenn die Heirat zur Sicherung der erforderlichen Betreuung oder Pflege des anderen Ehegatten erfolgte und dabei der Tod des Ehegatten bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen sei. Ferner dann, wenn die tödlichen Folgen einer Krankheit bei Eheschließung nicht vorhersehbar gewesen seien.
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Die Klägerin habe die Ehe mit dem Versicherten am ... Mai 2005 geschlossen. Der Versicherte sei am ... Oktober 2005 verstorben. Damit sei die Mindestdauer von einem Jahr nicht erfüllt gewesen. Aus dem fachärztlichen Befundbericht der Praxis Dr. F. & Dr. W. vom 09. Juni 2005 sei zu entnehmen, dass am 29. Juli 2004 bei dem versicherten ein kleinzelliges Bronchialkarzinom diagnostiziert worden sei. Das kleinzellige Bronchialkarzinom sei erfahrungsgemäß eine prognostisch ungünstige Form einer Geschwulsterkrankung der Bronchien. Es sei zunächst eine Polychemotherapie erfolgt. Befundlich seien im April 2005 multiple Lebermetastasen festgestellt worden, die erneut mit Polychemotherapie behandelt worden seien. Nach dem o.g. Befundbericht der Praxis Dr. F. & Dr. W. vom 09. Juni 2005 sei jedoch nur eine partielle Remission erreicht worden. Todesursache sei dann eine akute Lungenembolie bei kleinzelligem Bronchialkarzinom am ... Oktober 2005 gewesen.
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Im klinischen Verlauf zeichne sich das kleinzellige Lungenkarzinom durch eine rasche Metastasierung über Blutweg und Lymphbahnen in Skelett, Knochenmark, Leber und Gehirn aus. Daher stehe die sofortige Chemotherapie im Vordergrund der Behandlung. Hierauf reagiere das kleinzellige Lungenkarzinom empfindlich, sodass bei der Mehrzahl der Versicherten eine Schrumpfung der Geschwulst erreicht werden könne. Jedoch beginne der Tumor bei den meisten Betroffenen nach einigen Monaten erneut zu wachsen. Weitere Behandlungsversuche blieben dann wirkungslos. Dies sei die Ursache dafür, dass die meisten Erkrankten binnen zweier Jahre an der Erkrankung stürben.
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Der Versicherte sei nach Aussage von Dr. W. bereits seit Juli 2004 über die schlechte Prognose informiert worden. Während der ersten Chemotherapie von August 2004 bis Januar 2005 habe sich sein Zustand zwischenzeitlich verbessert. Am 04. April 2005 sei eine Lebermetastasierung nachgewiesen worden. In der Folge habe sich der Versicherter erneut von April bis Juli 2005 einer Chemotherapie unterziehen müssen. Begründete Hoffnung auf eine dauerhafte Verbesserung oder gar Wiederherstellung des Gesundheitszustandes habe daher Ende Mai 2005 nicht mehr bestanden; vielmehr sei mit seinem baldigen Ableben zu rechnen gewesen. Im Zeitpunkt der Eheschließung seien der Klägerin und dem Versicherten der grundsätzliche lebensbedrohende Charakter der Erkrankung, mithin ihre tödlichen Folgen bekannt gewesen.
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Das Argument der Klägerin, sie habe den Versicherten aufgrund der noch nicht geschiedenen Ehe mit seiner 1. Frau nicht eher heiraten können, sei nicht geeignet, die Vermutung für das Vorliegen einer Versorgungsehe zu widerlegen. Ferner sei davon auszugehen, dass die Klägerin als Angestellte eines Autohauses nicht in vollem Umfang in der Lage gewesen sei, die Betreuung und Pflege des Verstorbenen zu sichern. Insgesamt sei die Beklagte daher der Auffassung, dass die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe in diesem Fall nicht widerlegt worden sei.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Rostock aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hat sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie auf das angefochtene Urteil bezogen. Die Frage der Betreuung und Pflege des Verstorbenen habe sich bis September 2005, somit bis zur Aufnahme in das Krankenhaus nicht gestellt. Bis dahin seien Pflege und Betreuung nicht erforderlich gewesen, da der Versicherte einer Betreuung und Pflege nicht bedurft habe. Seit Beginn des Zusammenlebens im Juli/August 2004 habe er den Haushalt versorgt, sauber gemacht und gekocht, da das Kochen sein Hobby gewesen sei. Auch habe er den Garten versorgt. Zwar habe es immer mal Tage gegeben, an denen er sich nicht wohl gefühlt habe. Die Klägerin habe ihn zwar in der Regel auch zu den Arztterminen und zu den Behandlungen begleitet. Bis September 2005 sei der Versicherte jedoch in der Lage gewesen, sich selbst zu versorgen und sei ohne Pflege und Betreuung ausgekommen.
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Der Versicherte sei zudem wegen seiner vorherige Ehe gehindert gewesen, die Klägerin früher zu heiraten. Allein hierin habe ein objektiver Grund gelegen, der eine Versorgungsehe widerlege.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
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Zu Recht hat das Sozialgericht die Beklagte zur Gewährung einer großen Witwenrente verurteilt. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. März 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dieser steht ein Anspruch auf große Witwenrente zu. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG den Begründungen der angegriffenen Entscheidung an und weist ergänzend auf Folgendes hin:
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Zwar ist gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 1. Januar 2002 eingeführt worden ist und für alle seit dem 1. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt, § 242a Abs. 3 SGB VI, der Anspruch auf eine Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat Dies gilt indes nicht, wenn besondere Umständen des Falles die Annahme nicht rechtfertigen, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
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Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat nur etwas mehr als 4 Monate, nämlich vom ... Mai 2005 bis zum ... Oktober 2005 dauern können, sodass der Tatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 1 SGB VI erfüllt ist. Es liegen aber besondere Umstände vor, auf Grund derer trotz der kurzen Ehedauer die Annahme einer Versorgungsehe nicht gerechtfertigt ist.
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Der Begriff der „besonderen Umstände“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der von den Rentenversicherungsträgern und den Sozialgerichten mit einem bestimmten Inhalt ausgefüllt werden muss und dessen Beurteilungsspielraum der vollen richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R -, juris Rn. 18).
- 49
Als besondere Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die (gegebenenfalls auch voneinander abweichenden) Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten an (BSG, a.a.O. Rn. 21 mit weiteren Nachweisen auf seine Rechtsprechung). Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nach dem Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in der Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG, a.a.O.). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend (überwiegend wichtig) gewesen ist.
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Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des Zwecks der Heirat darf dabei nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würde. Eine abschließende Typisierung oder Pauschalisierung der von der Versorgungsabsicht verschiedenen Gründe im Rahmen des § 46 Abs. 2a SGB VI ist angesichts der Vielgestaltigkeit von Lebenssachverhalten nicht möglich. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten Einzelfalles. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat sind nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung, ob die Ehe mit dem Ziel der Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen worden ist, einzubeziehen.
- 51
Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer (äußerer) Umstand im Sinne des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist dann anzunehmen, wenn der Tod des Versicherten, hinsichtlich dessen bisher kein gesundheitliches Risiko eines bestehenden Ablebens bekannt war, unvermittelt (plötzlich/unerwartet) eingetreten ist. Denn in diesem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat war, dem Ehegatten eine Hinterbliebenenversorgung zu verschaffen (BSG, a.a.O. Rn. 26)
- 52
Im Gegenschluss wird bei einer Heirat zu einer Zeit, in der der Versicherte offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidet, regelmäßig der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt.
- 53
Der Versicherte hat vorliegend zur vollen Überzeugung des Senats am 26. Mai 2005 bereits an einer solchen Krankheit gelitten. Zu dieser Zeit waren schon Metastasen in der Leber gefunden worden. Selbst dann, wenn man bei einem kleinzelligen Bronchialkarzinom von zunächst - relativ - guten Heilungschancen ausgehen kann, weil eine Chemotherapie hier - zunächst - oft gut anschlägt (wie vorliegend auch dokumentiert), sind diese Perspektiven doch nachhaltig gerade dann verschlechtert, wenn es nach der Chemotherapie doch noch zu den vorliegenden Metastasierungen kommt.
- 54
Der Klägerin ist jedoch zuzugeben, dass die Hausärztin Dr. G. die Perspektiven im Zeitpunkt der Heirat optimistischer gesehen und dies dem Versicherten und der Klägerin zur Überzeugung des Senats auch mitgeteilt hat. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend geschildert, wie sie und der Versicherte sich bereits seit der ersten Diagnose auch auf hoffnungsvollere Befunde konzentriert hätten, obwohl ihnen (auch dies von Anbeginn) die Lebensbedrohlichkeit der Krankheit bewusst gewesen seien. Die Unsicherheit ihrer Prognosen wurde dabei durch weitere Widersprüche in den ärztlichen Einschätzungen gestützt. So stand der an die Hausärztin gerichtete Arztbrief des Internisten Dr. W. vom 09. Juni 2005 (deutliche Besserung trotz Lebermetastasen; dieser Befund sei mit dem Versicherten besprochen worden) in einigem Widerspruch zu dessen Befundbericht vom 07. Oktober 2008 an das Sozialgericht (bereits zum Zeitpunkt der Heirat sei mit einem baldigen Ableben zu rechnen gewesen). Die im Scheidungsverfahren von dem Versicherten offenbar vorgebrachten Gründe für eine Abtrennung des Versorgungsausgleichsverfahrens („schwere[s] Bronchialkarzinom“) legen indes wiederum nahe, dass die Klägerin und der Versicherte von Anbeginn der Krebserkrankung über den lebensbedrohlichen Charakter und die Möglichkeit auch eines baldigen Ablebens im Bilde waren, wenn sie auch - nachvollziehbar – die Hoffnung hatten, dass dies nicht eintreten würde. Das latente Wissen um eine grundsätzlich lebensbedrohliche gesundheitliche Erkrankung im Sinne einer Parallelwertung in der (medizinischen) Laiensphäre genügt aber in der Regel, um den Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI zu erfüllen.
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Jedoch ist auch bei einer solchen, nach objektiven Maßstäben schwere Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Dementsprechend steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme („Vermutung“) einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden. Der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist nur dann erfüllt, wenn er gemäß § 202 SGG i. V. m. § 292 ZPO voll bewiesen ist, also in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 128 Rn. 3b). Wenn diese Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft.
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Die Klägerin konnte die Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI daher nur widerlegen, wenn sie im vorgenannten Sinne des Vollbeweises nachgewiesen hat, dass ein der - vermuteten - Versorgungsabsicht zumindest gleichwertiger Heiratsgrund tragend war. Dies ist ihr gelungen.
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Denn sie konnte den Senat davon überzeugen, dass die Heirat hier in Verwirklichung einer innigen Liebesbeziehung erfolgte. Eine solche Beziehung reicht für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung für sich zwar regelmäßig noch nicht aus. Denn die Heirat muss sich darüber hinaus als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellen (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 16. Oktober 2012 - L 11 R 392/11, zitiert nach Juris Randnummer 27, Urteil vom 22. Juni 2010 - L 11 R 1116/08 -). Dabei wird regelmäßig zu fragen sein, warum bei einem etwaig bereits länger bestehenden Heiratswunsch nicht früher geheiratet wurde (sondern erst nach Kenntnis der lebensbedrohlichen Krankheit). Gerade in der Beantwortung dieser Frage liegt aber eine Besonderheit des vorliegenden Falls: Denn die Klägerin und der Versicherte mussten vor ihrer Heirat die Scheidung des Versicherten abwarten. Dieser war noch im Trennungsjahr bei der Klägerin eingezogen; hierin und im Verkauf seines Hauses kann - mit dem Sozialgericht - ein hinreichendes Indiz für die behauptete ursprüngliche Heiratsabsicht gesehen werden. Beide Ereignisse standen in zeitlicher Nähe zur Erstdiagnose der Krankheit, dass sie als Resultat einer bereits vor der Erstdiagnose getroffenen Entscheidung plausibel sind; sie erfolgten jedenfalls weit vor der gravierenden Verschlimmerung durch die Lebermetastasierung. Die Heirat selbst erfolgte zwar erst nach dieser Diagnose, aber so zeitnah nach der - prozessual forcierten - Scheidung, dass sie jedenfalls aus einem bereits lange vor der Krankheitsverschlimmerung gefassten Entschluss resultieren konnte.
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Ferner schließt sich der Senat dem Sozialgericht auch darin an, dass finanzielle Erwägungen vorliegend deshalb nicht ausschlaggebend für die Heirat gewesen seien dürften, weil die Klägerin der Hauptverdiener zu Lebzeiten des Versicherten gewesen ist. Zwar ist die Vermutung einer Versorgungsehe nicht nur dann gegeben, wenn mit der Heirat eine zukünftige Versorgung des hinterbliebenen Ehegatten beabsichtigt worden ist, sondern auch dann, wenn die spätere Versorgung nicht intendiert gewesen ist. Dem Gesetz kann nämlich nicht entnommen werden, dass die Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI nur bei solchen Witwern und Witwen gelten soll, die selbst keine eigenen ausreichenden Einkünfte haben (vgl. Urteil des Bayerischen LSG vom 18. April 2007 - L 19 R 603/04 - ). Bei der Zusammenschau möglicher Motive der Klägerin und des Versicherten für ihre Heirat ist die vorliegend auffällige Verkehrung der Einkommensverhältnisse zu Fällen (etwa dem vom BSG, a.a.O., beurteilten Fall), in denen Versicherte durch eine kurzfristige Heirat in den Genuss eines Zahlbetrages aus der Witwenrente kommen würden, nicht ohne indizielles Gewicht. Es stützt das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anschaulich und überzeugend dargelegte Motiv, sie habe dem Versicherten durch die Verwirklichung des bereits vor der Erkrankung gemeinsam getroffenen Heiratswunsches vor allem in den sich abzeichnenden schweren Zeiten der lebensbedrohlichen Erkrankung beistehen wollen und hierdurch eine - der körperlichen Pflege äquivalente – krankheitslindernde und damit lebensverlängernde Hilfe gewähren wollen.
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Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil Gründe hierfür nicht ersichtlich sind, § 160 Abs. 2 SGG.
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Referenzen
- SGG § 153 1x
- § 46 Abs. 2 a SGB VI 3x (nicht zugeordnet)
- § 242a Abs. 3 SGB VI 1x (nicht zugeordnet)
- § 628 Nr. 4 ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- 11 R 392/11 1x (nicht zugeordnet)
- § 46 Abs. 2a SGB VI 5x (nicht zugeordnet)
- 19 R 603/04 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 292 Gesetzliche Vermutungen 1x
- 13 R 55/08 1x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 140 Abtrennung 1x
- § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VI 2x (nicht zugeordnet)
- SGG § 202 1x
- SGG § 193 1x
- SGG § 160 1x
- 11 R 1116/08 1x (nicht zugeordnet)
- § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI 5x (nicht zugeordnet)
- § 46 Abs. 2a Halbsatz 1 SGB VI 1x (nicht zugeordnet)